Die Geburt

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Geschrieben von schroedingerskruemel am 26.04.2024, 8:15 Uhr

Unangenehme Frage - Geburt

Eine Geburt ist eine Grenzerfahrung, die jeder anders wahrnimmt. Eines bleibt jedoch bei allen gleich... all das, worüber du dir Sorgen machst, wird nicht mehr relevant sein.

Da bist auch du kein "spezieller" Fall. Du bist ein Mensch, der an seine Grenzen getrieben wird. Der die Kontrolle abgeben muss. Und wird. Das, was uns alles so anerzogen ist, die ganze Sozialisation... du wirst sehen, dass das alles nur eine ganz papierdünne Schicht ist.

Du wirst nicht mit dem Silberbesteck an einer Tafel sitzen und ohne Ellenbogen auf dem Tisch die Melone klein schneiden, wenn du in eine Situation kommst, in der du Hunger hast. Dann wirst du mit beiden Händen alles in dich hineinstopfen, was dir in die Finger kommt.

Unter den Wehen wirst du mehr und mehr von deinem Gefühl und deinem Instinkt geleitet. Wenn etwas nicht ganz so läuft, dann wird es dir schnurzpielegal sein, wer das an deinem Bett steht. Du wirst keine Gedanken an Schamhaftigkeit verschwenden.

Ich weiß, dass ist das, was du nicht hören willst, aber hey, ich habe bei der Geburt meiner Tochter ein Stück aus der Lehne des Gebärbettes gebissen. Ich habe vor den Augen von vier medizinischen Teammitgliedern eine großen Haufen gekackt. Ich habe geschrien, wie noch nie in meinem Leben.

Meine größte Angst war immer die, bei der Geburt meine Würde zu verlieren. Zu einem instinktgetriebenen Tier zu werden. Und so ist es auch gekommen. Und darauf war ich NICHT vorbereitet. Weil ich auch so ein "spezieller Fall" sein wollte, der ganz verschämt einmal "Hoppla" sagt und das Baby ist da.

Es war nicht schön, und es mussten ein paar Jahre vergehen, bis ich akzeptieren konnte, was da passiert ist. Unter der Geburt verliert niemand seine Würde. Im Gegenteil. Es kommt eine archaische Kraft zum Vorschein, die uns die Nebensächlichkeiten völlig egal sein lassen. Am Ende des Tages ist mein Kackhaufen nur ein Kackhaufen gewesen. Die Welt dreht sich weiter.

Sofern du eine vaginale Geburt möchtest, wirst du dich mit diesen unangenehmen Dingen auseinandersetzten müssen. Du wirst dich in einer Situation sehen, in der du noch nie warst. In der du dich nicht kennst. In der dir der Mensch, der dir begegnet, völlig fremd sei kann... für den du dich vielleicht sogar schämst.

Du musst die Frage nicht beantworten, aber ich möchte sie stellen: Geht es noch um ganz andere Dinge? Hast du Erfahrung mit dem Übertreten sexueller Grenzen machen müssen? Das kann bei einer Geburt zu einem nicht beherrschbaren, massiven Problem werden. Über soetwas solltest du mit deiner Hebamme reden. Mit irgendwem, der sich für die Geburt zuständig fühlt. Das braucht Zeit und Raum, und den Mut, ggf. gegen eine vaginale Geburt zu argumentieren.

Ich glaube, es geht eben eher darum... um dich und darum, wie du die Situation bewältigst. Darauf solltest du dich fokussieren. Nicht darauf, ob dein armer Partner mit ansehen muss, wie ein anderer Mann deinen MuMu anfasst. Entschuldige, aber das ist eine sexistische, misogyne Haltung. Wenn dein Partner echt so denkt, dann ist er einfach nur unreif und gehört kräftig in den Arsch getreten. Er kann mal versuchen, etwas von der Größe einer Wassermelone aus der Öffnung einer Mandarine zu pressen, und dann noch an etwas Sexuelles zu denken.

Wenn dein Typ so tickt, dann rate ich dir, lass ihn zu Hause. Und das meine ich ernst. Überlege dir gut, ob er eine Geburt aushält. Ob er ertragen und verarbeiten kann, wie du dich verhälst, wie deine Genitalien aussehen werden. Da ist kein Tuch drüber wie im Film. Du wirst da mit unten nackig liegen, hocken, knien, schaukeln, deine Beine werden angehoben und in die Hüften der Hebammen gestemmt werden.

Glaubst du, dass er das schafft? Es gibt Männer, die das nicht aushalten. Die ein eigenes Trauma davontragen, was daraus resultieren kann, dass eure Sexualität danach gestört ist.

Im Krankenhaus müssen Begleitpersonen übrigens unterschreiben, dass sie sich freiwillig einer potentiell traumatisierenden Erfahrung aussetzen, für die die Klinik keine Verantwortung übernimmt.

Redet darüber. So offen, wie es geht.

Du kannst natürlich alles ablehnen, aber dann denke die Situation zu Ende. Was ist, wenn sich der Kopf des Kindes nicht so einstellt, dass er geboren werden kann? Was ist, wenn die Hebamme den Arzt dann um einen Ultraschall bittet? Was ist, wenn etwas schlecht läuft, und der Arzt die rät, eine Mirkoblutuntersuchung am Kopf des Kindes zu machen? Was ist, wenn du eingeleitet wirst, und der Arzt dir ein Propess-Bändchen legt? Oder wenn dein Baby per geburtshilflichen OP, also Saugglocke oder Zange geholt werden muss? Und was ist mit Geburtsverletzungen? Lässt du die dann nicht nähen, wenn da ein männlicher Arzt kommt?

Mit scheint es, als pokerst du und setzt auf zwei Dinge, die dir nicht garantiert werden: a) Ein Klinikum voller weiblicher Mitarbeiter der Geburtshilfe, an dem Tag, an dem du gebären wirst. b) Eine natürliche, interventionsfreie Geburt, die von selbst losgeht und ohne Komplikationen ist.

Du kannst natürlich die Dinge so gestalten, wie du es willst, aber dann kannst du nicht alles haben. Jenseits von Selbstzahler mit Wunschtermin kannst du in eher Standardklinik nicht wählen. Wie meine Vorschreiberinnen schon sagten, findest du am ehesten, was du suchst, bei außerklinischen Geburten: Beleghebamme, Geburtshaus. Ein hebammengeführtee Kreißsaal an einer Klinik erscheint wie die Goldene Mitte.

Aber... auch da... es können Komplikationen auftreten, und dann kommt der Rettungsdienst mit ggf. männlicher Besatzung.

Du willst das alles nicht hören, und du hast jedes Recht, die Realität auszublenden. Aber das schützt dich nicht davor, dass dich die Realität in den Hintern beißen kann.

Besser ist es, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn all das ein Riesenproblem ist, von dem du sagst, dass es deine psychische Gesundheit gefährdet... dann kann auch die Überlegung sein, den Geburtsmodus zu ändern. Manchmal können Schwangere sich aus unterschiedlichen Gründen nicht auf eine vaginale Geburt einlassen. Das ist okay. Dafür gibt es die Option eines Kaiserschnitts oder einer Bauchgeburt. Manchmal rettet das etwas, was bei einer vaginalen Geburt verloren zu gehen droht. Du musst dich vor niemandem rechtfertigen. Nur vor dir selbst. Und vor dem, was für dich machbar ist, und was nicht. Dafür musst du und kannst nur du die Verantwortung übernehmen.

 
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