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Geschrieben von Mucksilia am 21.06.2021, 9:22 Uhr

Feige

Eine sehr gute Freundin (seit 30 Jahren) von mir hat Krebs. Richtig schlimmen Speiseröhrenkrebs mit Metastasen. Mein Bruder (der ist vom Fach) spricht von durchschnittlicher Prognose von 20 %.
Vor 14 Tagen waren wir noch zusammen, da klagte sie über Schluckbeschwerden, Montag drauf eine Magenspiegelung - da haben sie die Engstelle gesehen.
Sie macht ab heute ambulant Chemo, ob man dann noch operiert, zeigt sich.
Es ist mir alles so schlimm, am Anfang habe ich nur geheult. Ich schreibe viel mit ihr per Whatsapp und habe ihr am Wochenende ein Paket gepackt und vor die Tür gestellt. Sie war nicht da und ich war froh darüber.
Ich trau mich nicht, sie zu treffen und ihr persönlich Mut zuzusprechen. Ich habe Angst, keine Hilfe zu sein und sie noch weiter runterzuziehen. Und rumzuheulen. Sie braucht doch jemanden, der sie aufmuntert und ihr Stärke gibt. Ich bin ihre Freundin - das muss ich sein. Und nicht die, die dasitzt und selber völlig fertig ist.
Ich habe keine Ahnung, was ich da machen soll.

 
15 Antworten:

Lass sie entscheiden, ....

Antwort von Trini am 21.06.2021, 11:16 Uhr

...wie viel Kontakt und Aufmunterung sie will.

Beim ersten Mal wollte ich alles hören, aber keine aufmunternden Worte.

Trini

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Re: Lass sie entscheiden, ....

Antwort von Mucksilia am 21.06.2021, 12:01 Uhr

Auf jemand wie dich hatte ich gehofft :-)
Also auf eine Betroffene. Denn man kann nur über so etwas wirklich Info geben, wenn man es durch hat... schlimm genug.

Was wolltest du denn hören?
Totschweigen? Einfach ihre Sorgen anhören? Abwarten, wie es sich entwickelt? Realistisch über die Möglichkeit sprechen, dass sie sterben kann? Boah, wir sind Anfang 50.

Ich weiß noch, dass ich damals, als mein Mann im Krankenhaus während der Chemo in die Nierenschale kotzte, den Seelsorger rauswerfen musste, der während dessen gute Worte suchte..
Mein Mann wollte schlichtweg niemanden sehen.

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Re: Feige

Antwort von daide am 21.06.2021, 14:20 Uhr

Nein, das ist nicht feige. Das ist menschlich.
Vor drei Wochen starb eine Freundin von mir, 7 Monate nach ihrer Krebsdiagnose. Sie ging von Anfang an sehr offensiv damit um, das hat so manchen im Umfeld etwas überrannt, mich auch... Da uns gute 600 km trennten, blieb uns nur das Telefon. Die ersten 2 Anrufe von ihr hab ich nicht angenommen, ich fühlte mich nicht in der Lage, mit ihr zu sprechen. Irgendwann war ich dann soweit und heute bin ich dankbar für diese Gespräche. Wir haben sehr ehrlich miteinander geschrieben und geredet, es waren dann auch wirklich gute, intensive Telefonate, Sprachnachrichten und Mails.
Eine Woche vor ihrem Tod konnte ich sie dann doch noch besuchen, das war für sie und mich sehr wichtig. Ihre Krankheit, ihre Prognose war zu diesem Zeitpunkt gar kein Thema mehr zwischen uns, wir haben uns eineinhalb Stunden über völlig andere Dinge unterhalten, sogar miteinander gelacht.

Ich denke, wenn Deine Freundin um ihre Situation weiß, ist alles erlaubt. Lachen, Weinen, Zuhören, Reden, Schweigen. Sei einfach bei ihr und sei ehrlich. Im Fall meiner Freundin war bereits zu Weihnachten klar: Es gibt keine Konventionen mehr, an die man sich halten muss. Kein "das macht man aber nicht!", kein "sowas darfst Du nicht denken!" - alles war gut so wie es war.

Lass es auf Dich zukommen und sei so wie Du bist. Alles Gute für Deine Freundin, und natürlich auch für Dich.

LG daide

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Re: Feige

Antwort von Mucksilia am 21.06.2021, 14:40 Uhr

Vielen Dank für deinen lieben Text und mein Beileid.
Man gewöhnt sich sicher an den Gedanken. Daran, dass die Freundin, die vor 14 Tagen noch (vermeintlich) gesund war und mit der man fröhlich zusammen gesessen hat, auf einmal schwer krank ist.
Da braucht es wahrscheinlich Zeit.
Sie hat uns jetzt eingeladen, die beiden haben sich ein Wohnmobil gekauft, das kommt nächste Woche- zur Palastbesichtigung.
Da muss man sehen. Ach manno.

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Genau so....

Antwort von Trini am 21.06.2021, 15:20 Uhr

...wäre es mir auch gegangen.

Ich habe mir (gut, es war nie so schlimm, mir half ja OP und Bestrahlung) einfach "Normalität" gewünscht.

Treffen auf einen Kaffee, quatschen über alles Mögliche.
Aber keine "guten Worte".

Und .... wenn sie diese guten Worte braucht, wird SIE es dir signalisieren.

Trini

PS: Das Größte war im Februar diesen Jahres mein Chef: "Meine Mutter ist AUCH an BK gestorben."

Danke!!! Das habe ich NICHT vor.

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Re: Feige

Antwort von Pebbie am 21.06.2021, 21:28 Uhr

Liebe Mucksilla,

ich schließe mich Trini an, auch ich wollte damals als die Diagnose ganz frisch war, niemanden sprechen. In diesen Situationen hat man mit sich selber genug zu tun und braucht niemanden der einem "viel Kraft" wünscht. Das ist seit meinem Krebs der Standartspruch den meine Schwiegermutter im Repertoire hat, und so ziemlich der Einzige.

"Aufgemuntert werden", nein das braucht sie sicher nicht. Aufmuntern kann man Menschen die schimpfen das sie schon seit 3 Wochen ein Gipsbein haben und meckern das sie nicht vernünftig laufen können, aber das Ding in einer Woche los sein werden.

Sie hat sicherlich genug damit zu tun sich mit der Diagnose zu arrangieren und die Chemo zu verarbeiten. Du schreibst das Du sie nächste Tage siehst, dann nimm sie bei passender Gelegenheit in den Arm und sage ihr das Du für sie da bist wenn sie jemanden braucht wenn ihr alles zu viel wird, Das sie Tag und Nacht anrufen kann, oder Wenn und Aber.

Liebe Grüße
Pebbie

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Re: Feige

Antwort von daide am 21.06.2021, 22:18 Uhr

Na, das ist doch ein prima Ansatz! Mit dem Wohnmobil und den potentiellen Reisezielen habt Ihr ein wunderbares Gesprächsthema - und sie hat offenbar ein Ziel, auf das sie hinstreben kann. Das kann durchaus beflügeln, und wenn es trotz allem nicht sein soll, dann kann man sich noch immer hier- und dorthin träumen…

Ja, es braucht Zeit. Ich hab Momente, da will ich das immer noch nicht wahrhaben. Und es gibt Phasen, da habe ich das Gefühl, gut damit zurechtzukommen. Ich knabbere am meisten daran, dass sie gerade mal 42 war, ihre Kinder sind 15 und 11.

Da sein, wann immer Deine Freundin und Du das Bedürfnis danach habt. Das ist schon so viel wert.

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Re: Feige

Antwort von Port am 21.06.2021, 22:38 Uhr

Ich bin da völlig anders. Ich habe sogar schon eine ausgesuchte Person danach gefragt, ob sie mit mir im Ernstfall, wenn ICH das Bedürfnis habe, über den Tod und die Dinge, die ich dann noch regeln möchte und die Ängste sprechen würden, wenn das nächste Umfeld mauern sollte und nicht reden will. Kann ja sein, dass der Mann plötzlich mauert im Fall des Falles. Meine Eltern wären nicht die richtigen Ansprechpartner.

Es gibt inzwischen eine ganz liebe Person, die ich aus dem Forum kenne, die mir sehr nahe ist und die bereit dazu wäre.

Ich finde es auch keineswegs übergriffig, der Freundin anzubieten, über Ängste zu sprechen. Ich würde es anbieten. Ein einfacher Satz: "Magst Du über Angst/Ängste sprechen?" Wenn nichts kommt, ist gut, aber vielleicht kommt beim nächsten Besuch etwas. Gemeinsam heulen tut auch gut.

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Re: Feige

Antwort von Port am 21.06.2021, 23:55 Uhr

Wohlgemerkt habe ich auch im Real Life inzwischen jemanden, mit dem ich darüber reden würde, aber manchmal ist auch jemand, der etwas weiter weg ist, der eher bessere Gesprächspartner bei solchen Dingen.

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Re: Feige

Antwort von Mucksilia am 22.06.2021, 14:27 Uhr

Also so tun, als ob nichts wäre und nur zu dem Thema was sagen, wenn sie damit anfängt? Habe ich das richtig verstanden?

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Re: Feige

Antwort von Trini am 22.06.2021, 16:14 Uhr

Ein "Wie geht es dir? Willst du reden?" ist sicher nicht verkehrt. Aber nicht mehr.

Trini

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Trini, mein Chef auch...

Antwort von Petra28 am 22.06.2021, 17:21 Uhr

Ich: “Ich habe Bk“
Er: “Och, Mensch, das tut mir so leid. Ich kann das Buch von xy empfehlen“
Ich: “Danke, aber die Autorin ist gestorben“
Er: “Aber nicht an Bk, sondern durch etwas, was durch die Behandlung verursacht wurde...“
Ich:

Andererseits war ich belustigt, wie zielsicher er ins Fettnäpfchen getapst ist...

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Mir ist es egal...

Antwort von Petra28 am 22.06.2021, 17:29 Uhr

Man kann zu mir nichts Falsches sagen. Mir macht es auch nichts aus, wenn jemand weint, das spornt mich eher an, zu kämpfen...

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Nein, das hast Du falsch verstanden

Antwort von Pebbie am 22.06.2021, 20:46 Uhr

"Du schreibst das Du sie nächste Tage siehst, dann nimm sie bei passender Gelegenheit in den Arm und sage ihr das Du für sie da bist wenn sie jemanden braucht wenn ihr alles zu viel wird, Das sie Tag und Nacht anrufen kann, oder Wenn und Aber."

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Re: Feige

Antwort von Pamo am 24.06.2021, 16:45 Uhr

Letztes Jahr bekam ein guter Freund (mein Jugendfreund) die Diagnose Rachenkrebs. Ich habe ihn bei allem begleitet, wo er mich dabei haben wollte und mir angehört, was er erzählen wollte (bzw. schreiben, denn er konnte zeitweise nicht sprechen). Ich bin ins Krankenhaus gefahren, ich habe ihm Klamotten gebracht, ich habe mit dem Personal gesprochen, bin mit ihm spazieren gegangen und habe mir seine Ängste angehört, habe mit seiner Familie telefoniert.

Einfach da sein. Authentisch sein. Frag sie, was sie will/braucht. Nimm sie ernst und respektiere ihre Wünsche. Es gibt kein allgemeingültiges Rezept. Es gibt kein richtig und kein falsch.

Übrigens hatte mein Freund eine OP und danach Bestrahlung und es sieht jetzt gut aus. Er war ein äußerst gut informierter Patient, der auch medical papers las und verstand. Möglicherweise wäre er nicht mehr am Leben, wenn er seine Optionen nicht verstanden und so gut entschieden hätte.

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