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Geschrieben von Bella-Italia am 05.11.2020, 9:29 Uhr

Bitte auf nordisch-Frage an DK Ursel

Mir hat heute ein Kumpel von einem Kumpel erzählt, dass es weder im finnischen, noch im schwedischen, norwegischen oder dänischen das Wort "bitte" gibt.
Also im Sinne von "Kannst du mir BITTE mal das.. geben".
In nordischen Ländern würde man sich mit sowas nicht aufhalten.
Er selber ist halber Finne und spricht zusätzlich noch dänisch.
Finde ich spannend und bin mal gespannt, ob DK Ursel das bestätigt.
Außerdem gibt es nach seiner Aussage im finnischen kein Futur. Man sagt "ich hacke Holz" und dann ist es egal, ob heue oder morgen.

 
12 Antworten:

Re: "Bitte" auf nordisch-Frage an DK Ursel

Antwort von Leena am 05.11.2020, 9:53 Uhr

Kann ich für Isländisch bestätigen. Wenn ich sagen will "gibst du mir die Butter bitte?", sage ich "viltu rétta mér smjörið, takk". Wörtlich ist das aber "willst du mir die Butter reichen, danke".

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Re: "Bitte" auf nordisch-Frage an DK Ursel

Antwort von sun1024 am 05.11.2020, 10:14 Uhr

Dann gibt es im Isländischen wohl einfach einen anderen Weg, das zu sagen, mit "danke" am Ende.

Im Französischen gibt es ja streng genommen auch kein eigenes Wort für "bitte", bei denen ist der Ausdruck wörtlich übersetzt "wenn es dir gefällt"/"wenn es Ihnen gefällt".

LG sun

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Re: "Bitte" auf nordisch-Frage an DK Ursel

Antwort von DK-Ursel am 05.11.2020, 10:18 Uhr

Hej!

Ich kann das natürlich nur für Dänisch mit Bestimmtheit sagen,aber das ist es richtig.
Es gibt zwar ein "værsgo`", das eigentlich "vær så god" (sei so gut) bedeutet, aber das sagt man nicht,wenn man eine Aufforderung freundlicher gestalten will.
Das sagt man höchstens, wenn man jemandem etwas reicht.
Kann ich das Salz haben? - Ja, "vær så god" .

Trotzdem würde ich nicht sagen, daß der Finne Recht hat. Die Begründung ist nämlich zweifelhaft.
Die Dänen sind erstens sehr höflich (wie oft ich mal in einem Bäckerladen "tak" (also danke) gesagt bekam konnte ich nachher kaum zählen:
Was soll es sein? - 1 Roggenbrot.
Ja tak, sonst noch etwas? - Ja, 2 Brötchen.
Ja, tak - sonst noch etwas? - Nein danke.
Ja tak, das macht ..., tak . - ich reiche dasGeld:
Tak. .- ich bekomme das Wechselgeld: macht ... zurück, tak.
Ich sage Auf Wiedersehen.
Man ruft mr freundlich nach: Farvel og tak!

Zum andern umschreiben sie es eben, und das hält deutlich länger auf als das kleine "bitte".
Siehe oben: Kann ich das Salz haben?
Aber oft fordern sie auch auf, indem sie wörtlich übersetzt sagen: versuch, still zu sein!
Versuche, mir zuzuhören! Versuche...
Und damit meinen sie eigentlich weniger, daß jemand einen echten Versuch machen soll, sondern daß sie wünschen, daß es so passiert!
Ich habe mich anfangs immer sehr gewundert, wieso man Kinder aufforderte ZU VERSUCHEN herzukommen, mit dem Schreien aufzuhören oder seine Plünnen im KIGA zu finden.
ICH wollte immer, daß sie das einfach tun, basta und : bitte!

Das machen sie aber auch bei Aufforderungen an Erwachsene, und dadurch klingt eine deutsche Aufforderung oft unhöflicher und ruppiger für dän. Ohren., weil das kleine "bitte" untergeht.

Gruß Ursel, DK

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Nachtrag

Antwort von DK-Ursel am 05.11.2020, 10:58 Uhr

Schriftlich schreibe ich weniger "versucht, dies und das zu zu machen", sondern oft auch " I werdet gebeten"...
Die Dänen haben 2 Formen für Passiv, die eine entspricht unserer (Hilfsverb und Part. Perfekt), die andere ist kürzer und wird daher oft auch mündlich verwendet.
"I bedes udfylde skemaet" - Ihr werdet gebeten, das Schema auszufüllen.

Was das Futur angeht, so gibt es das hier, allerdings nimmt man -wie ja auch im Deutschen - sehr oft das Präsens, wird klar ist,daß eine Handlung erst in der Zukunft liegt.
Ich sage ja auch nicht: "Ich werde morgen auch wieder zum Bäcker gehen", sondern "ich gehe morgen wie ..." Oder: Weihnachten feiern wir nur zu ... - statt: Weihnachten werden wir nur zu ... feiern.

Die dänische Form wird mit dem Verb "ville", eigentlich eben "wollen" (Modalverb) gebildet, was natürlich zu Verwechslungen (meistens der leichteren Art) führen kann:
Jeg vil fejre jul med min familie - ich werde Weihnachten mit meiner Familie feiern kann dann auch bedeuten: Ich will/möchte Weihnachten mit meiner Familie feiern.
Noch blöder, wenn man keinen Konjunktiv hat, den bilden sie dann mit derselben Form,die das Imperfekt/Präteritum hat:
Jeg ville fejre jul med min familie: ich würde Weihnachten mit meiner Familie feiern.
Kann aber genauso heißen: Ich wollte Weihnachten mit meiner Familie feiern...

Klingt aber komplizierter als es ist. Meistens ist aufgrund des Zusammenhangs ja klar, was man meint.

Nun sind aber alle Fragen beantwortet - oder?

Gruß Ursel, DK

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Re: "Bitte" auf nordisch-Frage an DK Ursel

Antwort von shinead am 05.11.2020, 11:11 Uhr

Im Schwedischen gibt es „snälla“, bitte.

Snälla ge mig saltet.
Gibst Du mir bitte das Salz.

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Re: noch ein Nachtrag

Antwort von DK-Ursel am 05.11.2020, 11:29 Uhr

Man könnte auch "giv mig venligst ... - gib mir freundlicherweise... "--- aber das ist selten..

Gruß Ursel, DK

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Re: "Bitte" auf nordisch-Frage an DK Ursel

Antwort von Bella-Italia am 05.11.2020, 11:55 Uhr

Vielen Dank euch.

Finde ich echt spannend.

Der Kumpel erzählte noch, dass er in einem Archiv arbeitet, wo auch Bücher ins Ausland verliehen werden.
Die Bestellung eines Dänen würde 3 Zeilen füllen, die Bestellung eines Franzosen 3 Seiten :-)

Und "snälla" werde ich in Zukunft auch benutzen. Klingt goldig.

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Re: "Bitte" auf nordisch-Frage an DK Ursel

Antwort von Korya am 05.11.2020, 12:07 Uhr

Ich kann zwar kein Wort Finnisch (außer kippes), aber ein finnischer Freund hatte das mit dem fehlenden Futur auch mal erzählt.

Und wenn es stimmt, das Finnisch gaaanz weit mit dem Mongolischen eine Basis hat, dann passt das ja. Koreanisch und Japanisch haben auch keine Zukunftsform.

Mein japanisches Team hat unseren gesamten letzten pre-Corona-Bierabend über versucht, die feinen Unterschiede der verschiedenen Zukunftsformen im Englischen zu ergründen. Sie fanden es unglaublich faszinierend, aber ich glaube, sie haben bis heute nicht so richtig verstanden, wozu man sowas eigentlich braucht.

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Auch andere "Sprachmelodie"

Antwort von Leena am 05.11.2020, 20:30 Uhr

Die Sprachmelodie ist dabei eben auch eine andere. Bei "gibst du mir die Butter, bitte..?", geht man am Ende mit der Stimme hoch, ist ja eine Frage, macht man ja so auf Deutsch.

Beim Isländischen "viltu rétta mér smjörið, takk" geht man aber mit der Stimme runter.

Andererseiits - während man auf Deutsch "Hä?" fragt, wenn man was nicht versteht, und mit der Stimme hochgeht, sagt man auf Isländisch aber "Ha!", geht mit der Stimme runter und es klingt - für deutsche Ohren - wie ein triumphierender Ausruf, ja!, genau!, ha!

Und wenn der Isländer dann nachfragt "Ha!", dann versteht man es als Durchschnitts-Deutscher völlig falsch...

Völkerverständigung ist kompliziert! :-)

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Re: Auch andere "Sprachmelodie"

Antwort von Zwergenalarm am 05.11.2020, 20:48 Uhr

Das ist wie das Nicken und Kopfschütteln bei den Bulgaren, da ist das genau umgekehrt. Hätte mich schon fast mal Kopf und Kragen gekostet, zumindest war ich sehr betrunken nach dem „Gespräch“

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Witzig

Antwort von Trini am 05.11.2020, 22:06 Uhr

Auf norddeutsch heißt das "Magst du mal...?"

Ich bin immer versucht zu sagen " Nö, ich mag nicht."

Trini

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Re: Auch andere "Sprachmelodie"

Antwort von DK-Ursel am 05.11.2020, 23:21 Uhr

Witzig, daß Du das gerade jetzt erwähnst, Leena - wir haben es vorhin iin der Chorpause hervorgeholt:
Ich hatte eine Studie von 2000, wo sich dt. Touristen über unfreundliche dän. Touristikmitarbeiter beschwerten.
Darüber war ich zunächst äußerst erstaunt, weil ich eigentlich nur Positives von Touristen gehört habe - die sind ja alle soviel netter als die Deutschen, daß man gar auswandern will.
Witzigerweise, so fand die Studie heraus, .sprechen die Dänen mehr mit dem Körpersprache.
Auch hier kann man staunen.
Verbinden wir Körpersprache nicht eher mit Spaniern ,Italienern, Südländern als den unterkühlten Nordlichtern?
Aber in der Tat:
Der Ton an sich ist eher kurz und knapp und daher natürlich sehr direkt und .--- unhöflich, und die Deutschen können die Körpersprache und Mimik dann nicht deuten, sehen oder gar verstehen.
Man bekommt den Schlüssel (und mangels "bitte" lächelt der Mitarbeiter vielleicht nur, wenn er sagt: Hier, Ihr Schlüssel.
Da fehlen dem Deutschen dann eben die Bittschöns und sowas.

Diese Studie ging natürlich noch intensiver darauf ein, weil sie sich auch mit Mitarbeiterschulung befaßte - und natürlich muß man den Mitarbeitern auch zugute halten ,daß sie sich in einer Fremdsprache bewegten, die sie meistens nur schlecht beherrschen --- auch meine Grauzonen auf Dänisch sind deutlich weniger als auf Deutsch, immer noch, auch wenn ich mir natürlich schon ein paar Farben mehr als nur Schwarz und Weiß wie am Anfang meines Lebens hier zugelegt habe.

Zeigt aber alles, wie schwer es ist, sich zu verständedigen und zu verstehen - Sprache allein genügt nicht. Im Gegenteil:
Ich habe vielen Auswanderern aber auch Einheimischen gesagt:
Ihr glaubt, die Integrations- und Verständigungsprobleme sind vorbei, sobald jemand die Sprache kann. Weit gefehlt, da fangen sie eigentlich erst wirklich an.

(Werbung ist ja auch total unterschiedlich von Land zu land - wie man in Dtld. und anderswo Computer oder Autos verkaufen muß, muß man studieren - das kann man nicht einfach 1:1 übertragen.)

Gruß Ursel, DK

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