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Geschrieben von Chelliii am 07.12.2022, 8:08 Uhr

Medikinet

Hallo,
Vielleicht hat hier jemand das gleiche durch oder kennt sich aus.
Mein Sohn bald 7 Jahre, bekommt seit dem Sommer Medikinet. Angefangen mit 5mg,10mg und am Ende bei Retard 20mg angekommen. Am Anfang lief alles gut, er war konzentrierter, keine Wutausbrüche mehr, falls doch dann konnte er sich schnell wieder runterfahren. Er konnte verschiedene Dinge gut akzeptieren usw.
Er geht seit dem Sommer in die 1.Klasse. Anfangs lief alles perfekt. Er zeigt sehr gute schulische Leistungen (bei dem IQ Test, lag er über den Durchschnitt). Das ist alles kein Problem, aber in den letzten Wochen, hat sich sein Verhalten dermaßen geändert, in der Schule und auch zuhause. Er kann nichts mehr akzeptieren, ist aggressiv ohne Ende, er kann seine Impulse nicht mehr ordentlich steuern. Er stört den Unterricht und wir mussten ihn schon einmal früher von der Schule abholen. Gestern kam wieder eine Email von der Lehrerin, dass er schon ab der 1.Stunde sehr unruhig ist und den Unterricht stört und man nicht wirklich an ihn ran kommt. Die Lehrerin ist wirklich sehr verständnisvoll und versucht ihn wirklich in allem zu unterstützen. Da sind wir sehr froh drüber. Wir haben nächste Woche einen Termin bei dem behandelnden Arzt und hoffen wir können dort eine Lösung finden. Ich denke das Medikinet ist überhaupt nichts für ihn und wir müssen wechseln. Hatte jemand eine ähnliche Situation und welches Medikament, hat euer Kind dann bekommen ? Er bekommt zusätzlich Ergo und ist in einem Verein angemeldet. Wir haben echt richtig Angst, vor allem wie es in der Schule weiter gehen soll. Zuhause ist das alles irgendwie zu Händeln, aber in der Schule muss er nun mal funktionieren.
Ich freue mich über eure Nachrichten!
Liebe Grüße

 
3 Antworten:

Re: Medikinet

Antwort von Jorinde17 am 07.12.2022, 8:34 Uhr

Huhu,

ich arbeite beruflich mit und über Kinder. Also, dass das Medikinet „überhaupt nichts für ihn ist“, ist ja nicht ganz so, denn Ihr hattet bisher ja offenbar gute Erfahrungen damit gemacht. Deshalb würde ich jetzt erstmal hören, was der Arzt sagt, auch über eine eventuelle Anpassung der Dosis. Phenylethylamin (in Medikinet oder Ritalin) ist ja sehr bewährt.

Wenn es damit tatsächlich nicht mehr gut klappt, gibt es den neueren Wirkstoff Atomoxetin (Medikamentenname: Strattera) und noch ein, zwei andere verwandte Substanzen (wie im Medikament Elvanse). Es könnte sein, dass ein Versuch mit einer dieser neueren Stoffgruppen gemacht werden sollte.

Haltet Ihr Euch zusätzlich denn an die verhaltenstherapeutischen Ansätze? Medikamente allein reichen im Grundschulalter nicht mehr aus. Die täglichen Routinen sind mindestens genauso wichtig. Nur die Kombi aus beidem funktioniert wirklich gut.

Also:
- ein sportliches Hobby und tägliche Bewegung draußen, egal bei welchem Wetter. Immer und jeden Tag. Das baut Cortisol ab, das unruhig macht, und beruhigt deshalb.
- dem Kind (realistische) Ziele setzen und diese auch gemeinsam formulieren („Ich will mich in jeder Unterrichtsstunde ein Mal melden; ich möchte in vier Wochen zwei Kilometer joggen können; ich möchte beim Judo bis zum Sommer den nächsten Gürtel schaffen“, „Ich will einen ganzen Satz am Stück lesen können“ usw.)
- bei Erreichen auch kleiner Zwischenziele sofort loben
- viel vorlesen (fokussiert das Gehirn), am besten zweimal täglich kurz
- generell viel loben; aber nicht nur für Leistung, sondern auch für gute Ideen, kleine Handreichungen zu Hause, Empathie, Hilfsbereitschaft etc.
- klare Regeln aufstellen; Konsequenzen bei Regelbruch ankündigen und diese auch einhalten (!)
- eindeutige Anweisungen geben (nicht zu viel reden und erklären)
- typische Reizsignale erkennen und darauf reagieren
- möglichst wenig Bildschirmkonsum (die schnellen Bilder überreizen das Gehirn). Dieser Punkt ist extrem wichtig.
- ein Elterntraining absolvieren (da gibt es viele Angebote, mal googeln)

Es ist oft so, dass der Verhaltensansatz die Medikamentendosis deutlich senken kann, hier darf man nicht nachlassen. Die ganze Familie (also auch der Vater) müssen bei den Punkten einbezogen werden. Gerade ein von ADHS betroffener Junge braucht sehr seinen Vater als positives Vorbild. Dieser muss Zeit mit ihm verbringen, „Männer-Aktionen“ mit ihm machen (am Wochenende zu zweit und ohne Mama), ihm Anerkennung geben, ihn loben, ihn cool finden - das ist seeehr wichtig.

LG

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Re: Medikinet

Antwort von desireekk am 09.12.2022, 3:37 Uhr

Erst Mal unterschreibe ich hier.
Dazu aber noch:

Ich musste damals quer durch den gesamten "Gemüsegarten" der MPH-Präparate bis wir schlussendlich das richtige fanden.

Alle MPH-Präparate, aber die Trägerstoffe sind unterschiedlich und die Freisetzungs-quoten ebenfalls.

Zudem noch die Dosierung... unretardiertes MPH brauch i. d. R. eine geringere Dosis als retardiertes, weil die Retardierung einiges an Wirkstoff "schluckt". 2x unretardierte Tablette war bei uns soviel 30 mg retardiert. Concerta ist nochmal anders...

Es hat bei uns fast 2 Jahre gedauert bis wir endlich "gut" waren und eine dauerhaft funktionierende Medikation hatten.
Und dabei haben wir noch nicht mal auf Strattera oder sonstige andere Wirkstoffe geschaut/ausprobiert.

Erst nach 10 Jahren haben wir nochmal zu was anderem gewechselt...

LG

D

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Re: Medikinet

Antwort von Rote_Nelke am 09.12.2022, 18:12 Uhr

Wir mussten uns auch durch testen, wobei wir viel Unterstützung durch die Lehrerin und Betreuuer der Schule bekommen haben.

Bei uns ist es derzeit morgens kinecteen retard und am Nachmittag untetardiertes medikinet.

Wichtig ist auch, dass die ursprüngliche Dosis nachjustiert werden muss.

Setzt euch auf Wartelisten von Kinderpsychologen, damit er eine Verhaltenstherapie bekommt (Wartezeiten sind bei uns über 18 Monate!), ruf regelmäßig dort an und erinnere sie an euren Therapiebedarf.

Ergotherapie ist super! Aber die Methoden müssen zuhause geübt werden.

Elterntraining ist wertvoll, aber nicht so leicht zu bekommen. In unserer Praxis werden die Bücher "Komm, du schaffst das!" von Britta Winter und das "STEP Konzept für Eltern" empfohlen.

Wichtig ist, dass ihr ihn dabei "erwischt", wenn er etwas gut macht und ihn lobt.

Wir haben eine Belohnungstafel, mit der sich unser Kind Belohnungen verdienen kann. Derzeit sind 30 Minuten Medienzeit (Tablet, Switch) pro 15 Sterne ausgehandelt. In guten Phasen schafft unser Kind 3x30 Minuten pro Woche. Die Punkte müssen jedoch positiv formuliert werden, was nicht immer einfach ist.

Viel Erfolg!

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