Ich würde als Mutter ebenfalls eine Strafarbeit schreiben und dem Kind...

statt nur der verlangten Unterschrift folgenden handschriftlich verfassten Text mitgeben:

"Vergesslichkeit, Teil 2

Hier schreibt die Mutter von xy über Vergesslichkeit.

Ich habe in meinem Leben schon öfters etwas vergessen. Als Kind hatte ich wie mein(e) Sohn/Tochter nicht immer alle meine Schulmaterialien dabei, aber mir wurde immer von meinen Schulkameraden geholfen, die mir Stifte, Blätter und Turnsachen liehen. So habe ich gelernt, dass ich nicht allein dastehe, wenn ich einen Fehler mache und dass ich mich auf andere verlassen kann. Hatten meine Kameraden wiederum etwas vergessen, habe ich ihnen ausgeholfen.

Auch in meinem Beruf habe ich schon Sachen vergessen, ohne als unzuverlässig zu gelten, denn ich habe verständnisvolle Kollegen, die mir helfen. Auch meine Chefs wissen, dass sie ebenfalls Menschen sind, denen Fehler unterlaufen können. Deshalb wurde ich nie bestraft, wenn ich etwas vergaß, schon gar nicht mit einer unnötigen Arbeit. Die Tatsache, dass ich etwas versäumt hatte, war bereits beschämend genug. Im Privatleben baue ich lieber auf gute Freunde, als auf Listen zum Abhaken. So kann ich zum Beispiel ganz unbesorgt in den Urlaub fliegen. Auch wenn ich vergessen haben sollte, alle Fenster zu schließen, wird meine Freundin dies für mich nachholen, wenn sie die Pflanzen gießt. Ich habe auch schon einmal vergessen, meinen Schlüssel abzuziehen, den hat dann der freundliche Nachbar für mich verwahrt. Ich weiß, dass ich mich in solchen Situationen auf andere verlassen kann und sie mich auf mich: das heißt für mich Zuverlässigkeit.

Das Verständnis dafür, dass wir alle Menschen sind und keine Computer, dass wir etwas vergessen können und Fehler machen und dass wir in diesen Situationen auf andere bauen können und nicht allein dastehen, halte ich für wichtiger als alle Listen zum Abhaken. Solche Checklisten sind sicher wichtig und sehr hilfreich, wenn es um das Leben anderer geht - bei Piloten zum Beispiel oder während einer Operation. Bei einem vergessenen Biologiebuch gibt es andere Lösungen.

Sie sehen, ich habe eine andere Meinung zu Vergesslichkeit und Zuverlässigkeit als sie und verfolge ein anderes Erziehungsziel. Deshalb teile ich diese Strafarbeit mit meinem Kind, denn wenn mein Kind nun zum dritten Mal in diesem Schuljahr etwas vergessen hat, dann lag dies sicher nicht nur in ihrer Verantwortung, sondern auch an meiner Erziehung.

Mit freundlichen Grüßen, Unterschrift"