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Geschrieben von marit am 13.02.2004, 12:23 Uhr

@All!

Hallo Frosch,

also diese "netürliche Mutterrolle" laß ich als Argument einfach nicht gelten, dafür gibt es viel zu viele Gegenargumente, die ich bei Bedarf auch gerne erläutere (Stichwort, "Kleinfamilie als Erfindung der Romantik, Nazi-Ideologie, Primatenmütter, die ihre Babys 'Freunden' in die Hand drücken, wenn sie auf Nahrungssuche gehen und vieles mehr).

Wer aber sagt, er entscheidet sich freiwillig dafür, das akzeptiere ich natürlich. Wie könnte ich nicht?

Aber: gerade diejenigen, dich eingeschlossen, die diese Entscheidung freiwillig treffen, sind ja immer mit sehr harten Vorwurfen an Frauen wie mich zur Stelle: das wiederum finde ich unfair und dagegen möchte ich mich dann auch verwahren. Schließlich unterstellst du mir, daß ich Louise nicht liebe, nur weil ich nicht den lieben langen Tag über Ernährung, Alternativen zum Fernsehkonsum und Schulprobleme nachdenken mag.

Ich hatte eine sehr frustrierte Mutter, die gerne gearbeitet hätte, und ich komme aus einer Familie, in der dauernd über Geld gestritten wurde. Die Verwerfung bestand darin, daß meine Mutter immer zu sagen und anzumelden hatte, wann und wofür sie Geld brauchte, während mein Vater als Verdiener sich im Recht fühlte, alles was er wollte unangekündigt zu kaufen. Obwohl bei uns also genug Geld da war, gab es praktisch TÄGLICH Streit darum. Ich habe die Rollenaufteilung meiner Eltern also NICHT genossen. Im Gegenteil: ich wollte mich 10 Jahren freiwillig in ein Interat, um aus dieser Scheiße rauszukommen.

Nun ist es zusätzlich so, daß es heute viel schwieriger ist, mit einem Einkommen auszukommen, ich kenne jedenfalls kaum eine vierköpfige Familie, die das schafft. Wieviele Eltern lassen sich aus finanziellen Gründen nicht scheiden, obwohl die Situation längst für alle beteiligten unhaltbar geworden ist.

Auch wenn ich mir ein Baby wünsche (Louise ist ja nicht meine Tochter), wollen wir es so halten, daß ich nach dem Mutterschutz 4 Monate pausiere (soviel können wir an Sparrücklagen bilden), ich dann meinen Jahresurlaub nehme, mein Mann -falls er dann wieder einen Job hat- danach seinen Jahresurlaub nimmt und wir dann mit ca 10 Monaten für ca 5 Stunden täglich eine Tagesmutter oder Kita in Anspruch nehmen.Meine Arbeitszeiten sind sehr flexibel, so daß ich mich mit meinem Mann gut absprechen könnte.

In vielen Berufen kann man sicher auch mal länger pausieren, ohne daß es einen ganz aus der Bahn wirft. Aber gerade mit guter Ausbildung wird es doch immer schwieriger. Sollen jetzt nur noch Frauen Kinder bekommen, die am Fließband stehen, oder hinter der Wursttheke, oder die einen langweiligen Bürojob haben? Gerade Frauen, die für ihre Arbeit "brennen" können und sollten doch genau diese Begeisterung auch an Kinder weitergeben können.
Klar, Pisa hat gezeigt, daß wir weiter von gleichen Bildungschancen entfernt sind, als wir dachten - dennoch hat eine sehr große Gruppe jeder Generation noch freie Ausbildungs- und Berufswahl. suchen die sich alle blöde Jobs aus, die sie dann doch nicht machen wollen? Ich kann die Frustration von einem jungen Mädchen nachvollziehen, das nach einem Hauptschulabschluß nur eine Lehrstelle 4. Wahl in einem schon nach kurzer Zeit als unpassend empfundenen Beruf findet, das vielleicht gerade frisch verliebt ist und dann beschließt, eben ein Kind zu bekommen und erst mal drei Jahre Erziehungsurlaub zu machen (und dann das zweite zu bekommen). Nur: was ich mir nicht bieten lassen möchte, ist, daß mir eine solche Verzweiflungstat dann auch noch als leuchtendes Beispiel vorgehalten wird. Ich habe nun mal gerade den Beruf, den ich immer haben wollte, habe meine Promotion abgeschlossen, habe einen Partner, der ebenfalls Erziehungsverantwortung übernehmen möchte. Und nun sollen wir keine Kinder bekommen, nur weil wir Milch abpumpen müßten und einige wenige Stunden am Tag auf eine Tagesmutter oder Kita angewiesen wären? Natürlich hängt eine solche Entscheidung auch vom jeweiligen Kind ab, sicher würde ich keiner Tagesmutter ein Schreikind in die Arme drücken und Hals über Kopf verschwinden, aber ich gehe eben auch nicht automatisch davon aus, daß ich als Mutter alles am besten mache.

Diese Überhöhung der Mütter regt mich eben viel mehr auf, als alles andere. Ich habe vielleicht 5 richtig gute Freundinnen, und für weitere ca 20-30 Frauen in meiner Bekanntschaft hege ich eine gewisse Sympathie. Alle anderen, die mir bekannt sind, halte ich für völlig neurotisch, üble Lästermäuler, putzsüchtig oder eßgestört, notorische Lügnerinnen oder für völlig unkontrolliert in fast allem was sie tun (meine Mutter ist übrigens all das zusammen). Und die sollen nun qua Gebährvorgang alle zu besseren Menschen und tollen Kindererzieherinnen werden??? Bei jeder 4. Schwangerschaft, von der ich höre, denke ich "toll", bei allen anderen "quel desastre". Vermutlich würden das andere bei mir auch denken. Umso besser ist es doch, daß nicht ein Mensch allein die Verantwortung für so ein kleines Würmchen trägt (einer allein trägt auch zu schwer daran, finde ich). Wer weiß, was in so einer Atmosphäre von wenig Schlaf, starken Gefühlen, umgewöhnen an eine neue Rolle, Paarkonflikten und unendlichen Bedürfnissen des Babies alles passieren kann...

Hast du mal einen dieser Mütter-filme von Robert Wilson gesehen? Der hat Mütter, die sich selbst für total liebevoll hielten mit ihren Babies gefilmt und dann immer die Szenen zusammengeschnitten, wenn die Babies aus dem Schlaf heraus zu schreien begannen und hochgenommen werden wollten. Auf fast allen Gesichtern spielte sich folgendes ab (was erst in der Zeitlupe offenbar wurde). Eine haßerfüllte aggressive und auch verzweifelte Grimasse, die dann -knapp vorm bettchen- sich mit großer Mühe in ein liebes Mutterlächeln umwandelte.

Allerdings muß man bedenken, daß die Kamera dabei war und daß die Frauen das wußten. Ich will glaube ich gar nicht wissen, wie viele Erwachenen ihre verzweifelt dauerschreienden Kinder anbrüllen oder sogar schütteln.

Alleine schon, weil ich es mir selbst nicht zutraue, immer ruhig und gelassen zu bleiben, finde ich es gut, sich mit der Betreuung abzuwechseln. Denn wenn ein Kind nur eine einzige Bezugsperson hat, und DIE wird dann auch noch ungeduldig oder beängstigend, dann ist DAS sicher ein größeres Trauma, als wechselnde aber gleichbleibend liebevolle Betreuung...

so, jetzt hab ich dummerweise mene ganze Mitagspause durchgeschrieben -war mir aber auch wichtig-...

Ich will dir natürlich gerne zugestehen, daß du eine ganz tolle prima Mutter bist, der 5 Stunden am Tag türmchen aufbauen und umschmeißen lassen WIRKLICH Spaß macht. Aber ich glaub einfach nicht, daß 70% der weiblichen Bevölkerung durch den bloßen Gebährvorgang zu besseren geduldigeren Menschen werden.

 
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