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Geschrieben von Mucksilia am 09.08.2019, 9:38 Uhr

Geburtstag ADHSler

Mein ADHSler (sehr stark ausgeprägt) hat keine Freunde. Klingt bitter, ist es auch. Er ist eben durch das ADHS sehr undiplomatisch und wenn er sich mal mit jmd trifft, ist er so aufgeregt, dass er völlig überreagiert - was die anderen wieder abschreckt.Wir versuchen, ihn zu integrieren, aber es ist schwierig. Er geht zu Judo, aber er muss eben zweimal die Woche zu Gruppen-Ergo u LRS-Training.
Bei vielen Sachen (Pfadfinder etc) ist er rausgeflogen wegen auffälligem Verhalten.
Wir unternehmen viel mit ihm u im Urlaub auf dem CP findet er auch immer jemanden.
Er wird auch nie zu Kindergeburtstagen eingeladen.
Jetzt hat er bald Geburtstag, an einem Samstag. In der Woche ist er auf Klassenfahrt von Mi.-Fr. Mein Mann fährt mit als Begleiter, ebenso ein I-Helfer (sonst hätte er nicht mit gedurft).
Im Urlaub hat er schon geweint, weil er nicht weiß, wen er zum Geburtstag einladen soll. Das bricht mir das Herz. Zumal er bei seiner Schwester sieht, wie es auch gehen kann.

Am Sonntag wollen wir klassisch die Familie einladen.
Jetzt überlegen wir, wie wir den Geburtstag selber gestalten.
Ich habe überlegt, am Freitag, vllt. auf der Nachhausefahrt (im Zug) irgendwie Muffins oder so anzubieten und sozusagen mit der Klasse vorzufeiern (bringt vllt mehr als am Montag nachzufeieren, weil da ja Unterricht ist u die Sache sicher kurz ausfällt). Dann müsste ich die 50km zu Bahnhof mit dem Auto fahren u die Sachen hinbringen.
Oder die ganze Klasse für Samstag so um drei auf einen Muffin einladen - was aber, wenn keiner kommt? Die Eltern haben am WE bestimmt was anderes vor.
Mein Mann meint, wir sollen als Familie einen tollen Ausflug machen, zB gibt es in Köln ein Kindermuseum, da gibt es zZ eine Lego-Ausstellung. Und gar keinen einladen.

Was meint ihr? noch andere Ideen?

 
13 Antworten:

Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Zwerg1511 am 09.08.2019, 12:23 Uhr

Wie sieht es denn mit Kindern aus dem Judo der Gruppenergo aus? Das macht er doch wahrscheinlich schon länger und hat dort Kinder kennengelernt.

Ich würde dann etwas machen, was draußen ist. Klettern im Waldseilgarten, Fußballgolf o.ä.

LG und ich wünsche Euch, dass sich wenigstens 1 Kind findet, das mit Deinem Sohn feiert.

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Maca am 09.08.2019, 13:50 Uhr

Hallo,

Ich würde dem Vorschlag deines Mannes folgen und es nicht riskieren, dass dein Sohn erneut eine eindeutige Ablehnung erfährt, denn das hat er nicht verdient.
Seine individuelle Abweichung von “normaler“ sozialer Interaktion ist nicht seine Schuld.
Funktionssysteme in seinem Gehirn arbeiten anders als bei der Mehrheit seiner Mitmenschen und darum ist auch sein Verhalten etwas anders.

Je älter er wird, desto besser wird er:

1. lernen sich anzupassen und seine Impulse besser zu kontrollieren
2. von seinen Altersgenossen akzeptiert, weil ältere Kinder erfahrener sind und daher reflektierter und toleranter gegenüber dem breiten Spektrum menschlicher Verhaltensweisen

Auf dem Weg dorthin kann ich euch als Eltern eines solchen Kindes nur raten, ihn niemals mit neurotypischen Kindern zu vergleichen und Abstand davon zu nehmen, sich für ihn das Gleiche zu wünschen wie für seine normgerechte Schwester.

Zur Zeit passt seine Art nicht so optimal auf die Bedürfnisse seiner Altersgruppe.
Das wird sich ändern und zwar umso mehr, wenn sein Selbstwertgefühl keinen Schaden nimmt!
Nimm seine Trauer ernst, begleite und tröste ihn, macht etwas schönes mit der Kernfamilie (weil IHR IHN liebt und weil IHR mit IHM zusammensein wollt )
aber bestätige ihm nicht in dem Gefühl, dass es ein unglaubliches Drama darstellt, wenn man keine Freunde hat, die zum Geburtstag kommen.
(Freunde sind eben ZUR ZEIT nur etwas für lanweilige Normalos )

Wenn ihr es schafft, diese Einstellung ein wenig zu übernehmen, wird dein Sohn nach und nach eine andere Aussenwirkung entwickeln und sehr viel leichter Kontakte und Beziehungen herstellen können.
Probiert es einfach aus!

LG

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Zwerg1511 am 09.08.2019, 17:25 Uhr

Sehr schön geschrieben Maca.

Eine Frage habe ich noch: Hast Du die Erfahrung gemacht, dass ältere Kinder toleranter sind? Ich empfinde es im Freundeskreises meines Sohnes eher gegenteilig. Als die Kinder im Vorschulalter / Anfang Grundschule waren, haben sie sich gestritten und es gab durchaus den einen oder anderen unschönen Vorfall, aber nach ein paar Tagen war das wieder vergessen. Jetzt mit fast 10 wissen die meisten ziemlich genau, welche Eigenschaften sie am anderen stören und sind viel weniger tolerant. Hier müssen wir als Eltern doch öfter mal eingreifen und in Gesprächen Akzeptanz in bestimmten Situationen predigen.

Ich hoffe die Toleranz kommt dann mit zunehmenden Erwachsenalter wieder mehr zum Vorschein.

So lange kann aber die AP nicht warten. Ich würde weiter versuchen mein Kind zu integrieren. Gibt es bei Euch in der Nähe vielleicht eine Selbsthilfegruppe für Kinder u. Eltern mit ADHS. Hier bei uns werden von dieser Ausflüge, Treffen und sogar Freizeiten veranstaltet. Der Sohn meiner Freundin geht dort regelmäßig hin und hat darüber wirklich Freundschaften geschlossen, weil er so sein konnte wie er ist. Er hat Bestätigung erfahren und sein Selbstwertgefühl wurde unheimlich gestärkt. Das wirkt sich auch positiv auf den Umgang mit anderen aus.

Liebe AP, mir tut es sehr leid, was Dein Sohn durchmachen muss und ich wünsche Euch wirklich, dass er die Selbstbestätigung auch außerhalb der Familie erfährt.

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Anna3Mama am 09.08.2019, 23:00 Uhr

Das klingt schlimm. Tut mir leid für Euren Kleinen.
Wie wäre es, wenn ihr nur einen Jungen einladet, am Sonntag beim Ausflug dabei zu sein?
Einen Jungen mit hoher Sozialkompetenz, der vielleicht als Partner gewonnen werden kann.

Und in ein tolles Kindermuseum geht sicher einer gerne mit.

Vorfeiern mit der ganzen Klasse würde ich nicht.

Was sagt denn Euer betreuender Psychiater zu der Situation?
Hab noch ein paar andere Einträge von Dir angeschaut. Er bekommt ja Tabletten zusätzlich zu Ergo u.s.w.
Kann man an diesem Stellhebel nicht noch was drehen? Andere Dosierung oder anderes Medikament (ich bin absoluter Laie, nur so ein Gedanke)

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Maca am 10.08.2019, 9:38 Uhr

“Hast Du die Erfahrung gemacht, dass ältere Kinder toleranter sind?“

Ja, allerdings wirklich erst später, so mit 13/14, wenn die Neuronen bei den anderen auch pubertätsbedingt verrückt spielen.


“Ich würde weiter versuchen mein Kind zu integrieren“

Wenn das geht, ohne dass das Kind sich und sein Wesen permanent als falsch empfindet und nicht immer in der Angst lebt, doch wieder etwas falsch zu machen und doch wieder ausgegrenzt zu werden, klar, dann unbedingt!
Ein AD(H)S- Kind ist mehr als seine “Störung“ aber diese ist eben auch ein Teil von ihm und ich habe mehrfach die Erfahrung gemacht (besonders bei meiner Tochter), dass es unheimlich wichtig ist, das zu akzeptieren und zu dieser Akzeptanz kann es phasenweise auch gehören, dass die Kontakte mit Gleichaltrigen sich verdammt schwierig gestalten, weil es einfach nicht gut passt.
Das heißt natürlich nicht, dass das Kind nicht an seiner Impulsschwäche arbeiten sollte (und alle therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt, die möglich ist) oder dass man nicht schaut, ob es doch vereinzelt mit sehr sozialen Kindern klappen könnte.
Mir ging es nur darum, sich nicht zu verkrampft auf diese Freundesschiene zu fokussieren und als Eltern zu sehr mitzuleiden, weil das Kind sich dann noch falscher fühlen kann.

Mein ADS-Kind ist nun 15 und ich wünsche mir manchmal die Zeiten zurück, als sie einsam und anhänglich war. Einfach weil sie nie zu Hause ist.
Sie hat sich zu einer selbstbewussten jungen und extrem kommunikativen “Frau“ entwickelt, die viele sehr intensive Freundschaften pflegt und deren Freunde sie genau so lieben, wie sie ist, mit maximalvertorfter ADS-Symptomatik eben.

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Maca am 10.08.2019, 10:01 Uhr

“Bei vielen Sachen (Pfadfinder etc) ist er rausgeflogen wegen auffälligem Verhalten.“

Das fiel mir halt auf.
Er will zwar unbedingt Kontakte, Freunde und dazugehören, schafft es aber vermutlich nicht, seine Impulse über einen längeren Zeitraum gruppentauglich zu kontrollieren.
Da muss man auch die anderen verstehen, ADS-Kinder und ihr Verhalten können eine große Belastung und Stress für alle bedeuten, ohne dass es um Schuld ginge.

Er braucht Zeit, zielführende therapeutische Begleitung und das Gefühl, an sich arbeiten zu können ohne grundsätzlich falsch zu sein.
Der stark ausgeprägte Wunsch dazuzugehören, kann zusätzlichen Druck bedeuten, dem ADS-Kinder nur standhalten können, wenn sie durch Therapie, soziales Kompetenztraining und eventueller Gabe von Psychostimulanzien, sicher gelernt haben, sich angemessen zu verhalten und zu kontrollieren.

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Baerchie90 am 11.08.2019, 19:24 Uhr

Ich würde nicht die ganze Klasse einladen, einfach weil das deinen Sohn schnell überfordern könnte, du schreibst ja selbst, dass er bei Besuch schnell überdreht.

Stattdessen würde ich gucken, ob es vielleicht 1-2 Kinder gibt, die ganz gut mit deinem Sohn können und die dann eben einladen.

Mein Sohn (6) gehört auch eher zur "schnell überdrehten Sorte", entweder passt es perfekt oder gar nicht, wenn er auf Kinder trifft. ^^
Im Kindergarten hat er sich "seine Jungs" rausgesucht, mit denen er gut konnte. Zu seinem letzten Geburtstag saßen die Jungs dann ausschließlich in Sohnemanns Lego-Ecke, bauten vor sich hin und gingen dann schließlich. Mein Sohn fand es großartig. :-)

Was mag dein Sohn denn gerne? Da würde ich ansetzen und schauen, dass ich ein Kind mit ähnlichen Interessen finde. Das kann ja auch ein Kind aus dem Judo sein oder der Nachbarschaft, oder vom Campingplatz oder oder oder. :-)

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von paluja am 12.08.2019, 6:32 Uhr

Hallo zusammen,
ich melde mich hier ja ab und zu zum Thema, da ich beruflich (als Wissenschaftlerin und als Psychologin in eigener Praxis) in den USA mit ADHD Kindern arbeite und manchmal denke, dass es in Deutschland wirklich fehlt an guter Intervention und Betreuung.
Wir arbeiten nach den neuesten evidenz-basierten Richtlinien und machen mit Kindern im Alter Deines Sohnes gezielte "skill building", das besodners die sozialen Probleme fast immer verbessert. Ziel ist es dabei, die Eltern zu trainineren, wie sie die 'skill deficits' der Kinder am besten foerdern. Wichtig ist dabei ein ganz bestimmtes Vorgehen.
Also, liebe Ausgangsposterin, wenn Ihr schon mit einer solchen Intervention betreut werdet (unter dem Namen CPS Training in Amerika bekannt), dann ist es gut. Wenn nicht, melde Dich und ich kann dir zumindest Buecher etc. empfehlen.
Der Grundsatz in der erfolgreichen ADHD Behandlund ist : Skills (and Pills). Und die Skill Komponente ist extrem wichtig.

Liebe Gruesse aus dem Westen,

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Vielen DANK

Antwort von Mucksilia am 12.08.2019, 9:43 Uhr

Vielen lieben Dank für eure Beiträge. Ganz toll!
Wir machen ganz viel, er war letztes Jahr 4 Mo in der Tagesklinik, hat seit Anfang des Jahres in der Schule einen I-Helfer, macht Gruppen-Ergo u Legasthenie-Förderung.
Und wir machen halt so viel mit ihm. Er hat die Inselbegabung Technik, mein Mann war mit ihm in Speyer u Sinsheim jeweils im Technik-Museum. Ich habe zB gestern mit ihm Salzteig modelliert usw.
Er ist ein ganz wunderbarer Junge - sehr liebvoll.
Wir haben ihn die 2. Klasse wiederholen lassen (wegen der starken LRS-Schwäche). In der alten Klasse hatte er einen Freund (der ist hochbegabt u hat selber einen Bruder mit geistiger Einschränkung, also hoher Sozialkompetenz). Aber jetzt leider nicht mehr, der Junge hat die Schule gewechselt.

Wir werden nach Köln fahren , da gibt es ein Technik-Museum für Kinder. Da kann er im "All schweben" u am Flugzeugsimulator üben....

Jmd zum mitnehmen haben wir leider nicht, aber das haben wir auch nie zum Thema gemacht.

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Re: Geburtstag ADHSler

Antwort von Mucksilia am 12.08.2019, 9:43 Uhr

Du hast das ganz toll geschrieben, vielen Dank!

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Re: Vielen DANK

Antwort von Mucksilia am 12.08.2019, 9:45 Uhr

P.S: Wir haben heute einen Termin bei seiner Therapeutin - da sprechen wir es auch nochmal an.

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Re: Geburtstag ADSler - >PN

Antwort von Gucci75 am 12.08.2019, 14:51 Uhr

PN

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off topic, aber weil Du vom Fach bist

Antwort von Strudelteigteilchen am 16.08.2019, 13:22 Uhr

Wegen des Skills-Themas komme ich darauf:

Meinem (inzwischen weitgehend erwachsenen) ADHS-Kind ist kürzlich eine dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) empfohlen worden. Es geht konkret um das "Umlernen", da das Kind sich Verhaltensmuster angewöhnt hat, die ihm zwar helfen, sich "zu sammeln", die aber nicht gesund sind.

Die Theorie der Psychologin ist die:
Das Kind hat instinktiv eigene Strategien entwickelt, um sozialverträglich auf die Umwelt reagieren und in dieser Umwelt funktionieren zu können. Diese Strategien funktionieren, schaden aber auf Dauer dem Kind. Das Kind soll jetzt in einer DBT für sich herausfinden, was diese Strategien konkret bewirken, in welchen Situationen er sie braucht, und wie er sie durch andere Strategien ersetzen kann.

Für mich hört sich das logisch an, das Kind jedoch zweifelt. Besonders der Ursprung dieser Methode, die ja eigentlich für Borderliner entwickelt wurde, schreckt ihn ab. Dazu kommt, daß er sich bissi wie ein Versuchskaninchen fühlt, weil keiner der DB-Therapeuten, die ich bisher in der Stadt gefunden habe, sich mit der Anwendung der Methode bei ADHS'lern auskennt. Immerhin haben zwei schon mit Nicht-Borderlinern gearbeitet, das fand ich ermutigend ;-).

Hast Du eine Meinung dazu?

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