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Geschrieben von Alhambra am 11.03.2016, 15:35 Uhr

Mir wird schlecht

Ich hoffe, dass es nur "Honig-ums-Maul-schmieren" ist, weil die Türkei am langen Erpresser-Hebel hinsichtlich der Flüchtlinge sitzt.

Aber ich würde doch mal behaupten, dass die Türkei nie soweit von einem EU-Beitritt entfernt war wie im Moment. Da würde ich doch einfach mal zum Thema schweigen und nicht unnötig Öl ins Feuer gießen.
Aber es war auch klar, dass der Deal "Opfer" verlangt. Mich würde es nicht mal wundern, wenn Erdogan fleißig Milliarden absahnt und bei Ablehung hinsichtlich EU-Beitritt gleich alle Flüchtlinge direkt losschickt.

Aus der Geschichte wird am Ende ein erniedrigender Machtkampft auf dem Rücken Kriegsflüchtligen.


http://www.spiegel.de/politik/ausland/heiko-maas-und-von-der-leyen-sehen-eu-perspektive-fuer-tuerkei-a-1081781.html

*****
Bundesregierung: Maas und von der Leyen sehen EU-Beitrittsperspektive für Türkei

Verteidigungsministerin von der Leyen und Justizminister Maas halten einen EU-Beitritt der Türkei für möglich. Das sagten die Politiker dem SPIEGEL. Allerdings dürfe das Thema nicht mit der Flüchtlingskrise vermengt werden.
Er sei "grundsätzlich" dafür, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas dem SPIEGEL mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei. Allerdings dürfe das Thema nicht mit der Flüchtlingskrise vermengt werden.

"Ich bin dafür, dass die Kapitel Justiz und Menschenrechte endlich eröffnet werden", so Maas gegenüber dem SPIEGEL. "Dann muss die Türkei liefern, etwa bei Pressefreiheit und rechtsstaatlicher Justiz."

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sieht Chancen, das Land in die Europäische Union aufzunehmen, falls die Gespräche mit der Regierung in Ankara erfolgreich verlaufen sollten.

Es sei "richtig, die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei jetzt weiterzubringen", sagte von der Leyen dem SPIEGEL. Dieser Prozess werde "über Jahre laufen" und sei "auch für die Menschen in der Türkei gut".

Ähnlich äußerte sich der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt: "Beitrittsverhandlungen bedeuten, dass am Ende der Verhandlungen auch ein Beitritt stehen kann. Ob die Türkei am Ende die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, können wir nur durch die Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel testen." Hardt betonte aber: "Abstriche von dem, was in der EU Recht und Gesetz ist, wird es nicht geben."

"Ich begrüße es ausdrücklich, wenn es wieder zu einer stärkeren Annäherung zwischen der EU und der Türkei käme", sagte auch Unions-Fraktionsvize Franz Josef Jung. "Es gibt zu viele Fragen, die wir besser gemeinsam regeln können - über die Migrationsfrage und den Syrien-Konflikt hinaus."

Am Montag war zwischen der EU und der Türkei eine Grundsatzeinigung in der Flüchtlingskrise zustande gekommen. Allerdings sind noch viele Fragen offen. Die türkische Regierung verlangt von der EU im Gegenzug für ihre Hilfe neben zusätzlichem Geld und Visa-Erleichterungen für türkische Staatsbürger auch beschleunigte EU-Beitrittsverhandlungen.

 
18 Antworten:

Re: Mir wird schlecht

Antwort von DK-Ursel am 11.03.2016, 15:47 Uhr

Hej!

ja, da staune ich allerdings auch.
Wir haben schon genug angehende Diktaturen in der EU, um die wir uns auch mal kümmern sollten...

Gruß Ursel, DK

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Innerhalb der EU?

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 15:58 Uhr

Wen meinst du? Polen?

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Re: Mir wird schlecht

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 16:21 Uhr

"Die Türkei muss in Sachen Rechtsstaatlichkeit liefern" ist gut. Erst heute wurde wieder der türkische Verfassungsgerichtshof von Erdogan bedroht. Es geht um die Freilassung 2er Journalisten, die über türkische Waffenlieferungen nach Syrien berichtet hatten.

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Re: Mir wird schlecht

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 16:21 Uhr

"Die Türkei muss in Sachen Rechtsstaatlichkeit liefern" ist gut. Erst heute wurde wieder der türkische Verfassungsgerichtshof von Erdogan bedroht. Es geht um die Freilassung 2er Journalisten, die über türkische Waffenlieferungen nach Syrien berichtet hatten.

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Re: Mir wird schlecht

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 16:26 Uhr

Unbeeindruckt von der Kritik aus der EU wird der Takt der Strafverfolgung politisch Andersdenkender in der Türkei augenscheinlich immer schneller.

Ankara/Athen – Gegen Mittag hat es ihn wieder erwischt. "Ich fordere Staatsanwälte und Richter zu Ernsthaftigkeit und Recht auf", twitterte Ekrem Dumanli am Freitag. Der neuerliche Haftbefehl war gerade bekannt geworden. Das letzte Mal holte ihn die Polizei aus seinem Chefredakteursbüro in Istanbul heraus. Mittlerweile hat Dumanli die Führung der türkischen Tageszeitung Zaman abgegeben. Die ist vergangene Woche ohnehin unter Zwangsverwaltung gestellt worden und druckt nun Lobartikel auf die Regierung.


Auch Bülent Kenes, der Ex-Chef des englischsprachigen Schwesterblatts Today's Zaman, ist wieder in der Tretmühle der türkischen Justiz. Beiden wird Beleidigung des Präsidenten, Verbreitung terroristischer Propaganda und Beteiligung an Umsturzplänen vorgeworfen. Eine Woche Kritik aus der EU an der fortgesetzten Beschneidung der Medien- und Meinungsfreiheit in der Türkei hat offenbar nicht die geringste Wirkung gehabt.


Am 5. März erschien "Zaman" zuletzt als unabhängige, kritische Zeitung.

foto: afp/john macdougall
"Dieb Tayyip"

Noch am Tag nach dem EU-Türkei-Gipfel am vergangenen Montag wurde ein Journalist von Birgün,einer kleinen linken Zeitung, zu 21 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Baris Ince hatte einen Text geschrieben, mit Initialen zu Beginn jedes Absatzes, die in einer Reihe gelesen "Dieb Tayyip" ergaben. Das war das Schimpfwort gegen den heutigen türkischen Staatspräsidenten Tayyip Erdogan während der Korruptionsaffären im Dezember 2013.

34 Journalisten sitzen derzeit in türkischen Gefängnissen – Ince, Dumanli und Kenes noch nicht mitgezählt -, doch die Bestrafung von Meinungsäußerungen hat in diesen Tagen ein selbst für Landesverhältnisse spektakuläres Ausmaß erreicht.

Zwangsverwaltung

Die Zwangsverwaltung von Zaman und – seit dieser Woche – auch der Nachrichtenagentur Cihan wird als Todesstoß gegen die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, eines früheren Verbündeten Erdogans, gesehen.

464 Ermittlungen eröffnete der türkische Staat aber bisher auch gegen Dozenten und Professoren an Universitäten, die im Jänner eine Petition unterschrieben hatten. Das gab ein Komitee der "Akademiker für den Frieden" diese Woche bekannt. Mehr als 1000 Hochschullehrer hatten in der Petition ein Ende der Militäroperationen in den kurdischen Städten im Südosten der Türkei verlangt. Staatschef Erdogan nannte sie "Verräter". Rund 30 von ihnen sollen ihre Arbeit verloren haben.

Kritik am Verfassungsgericht

Auch Erdogans Kritik am Verfassungsgericht und die Drohungen der Regierungspresse und der dem Staatschef ergebenen Politiker gegen Gerichtspräsident Zühtü Arslan wollen nicht verstummen. Das türkische Höchstgericht hat nun seine Begründung für das Urteil veröffentlicht, das zur Freilassung zweier renommierter Journalisten aus der Untersuchungshaft geführt hatte.

Can Dündar, der Chefredakteur von Cumhuriyet, der wichtigsten Oppositionszeitung, und der Leiter des Ankara-Büros, Erdem Gül, saßen drei Monate in Haft und warteten auf die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens wegen Spionage. Erdogan hatte selbst geklagt.

Unangemessene Entscheidung

Das Höchstgericht fand jedoch, die Untersuchungshaft stehe in keinem angemessenen Verhältnis zur eigentlichen "Tat": dem Verfassen eines Zeitungsartikels. Zudem lagen sechs Monate zwischen der Veröffentlichung von Dündars und Erdems Bericht über einen mutmaßlichen Waffentransport an Rebellen in Syrien im Jahr 2014, der vom türkischen Geheimdienst eskortiert, dann von der Gendarmerie jedoch gestoppt und gefilmt worden war. Beiden Journalisten droht eine lebenslange Gefängnisstrafe für den Bericht. (Markus Bernath, 12.3.2016)
der standard

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Re: Mir wird schlecht

Antwort von Silvia3 am 11.03.2016, 16:41 Uhr

Ja, der Eimer, in den ich kotzen könnte, kann gar nicht groß genug sein.

Sind die denn völlig verblödet? Wir schaffen es nicht mal, die Staaten, die bereits in der EU sind, auf Linie zu bekommen, in den ehemaligen Ostblockländern werden die demokratischen Grundrechte gerade wieder abgeschafft und da bilden die sich ein, die Türkei würde "liefern", wenn sie in der EU wäre. Das muss alles ein böser Alptraum sein!

Silvia

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Re: Mir wird schlecht

Antwort von Joplin am 11.03.2016, 17:19 Uhr

Aber wenn Politikverdrossenheit auftritt,dann ist der Bürger doof. Der Bürger fühlt sich doch langsam gar nicht mehr vertreten..... Weiß auch nicht.

Das kann man natürlich nicht gut finden. Was ist das denn noch für eine Union? Eine Farce....

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EU der 28

Antwort von Benedikte am 11.03.2016, 17:55 Uhr

also, ich glaube, dass unsere Regierung alles tun wuerde um die Fluechtlinge aus Deutschland wegzuhalten. Ob Erdogan hilft oder der Teufel persoenlich. Und dafuer auch alles riskieren wuerden.

Nur, der EU Beitritt ist eine Sache der 28. Die Tuerkei verhandelt seit Ewigkeiten und macht in den wichtigen Kapiteln , darunter Rechtsstaatlichkeit, und darunter Rechte von Minderheiten wie LGBT, Punkten wie Gleichberechtigung und und und wenig Fortschritte. Kopenhagener Kriterien. Reformunwilligkeit. Nur um ein paar Stichworte einzuwerfen.

Von daher- Deutschland wuerde derzeit sicherlich alles tun, auch die Tuerkei heilig sprechen wenn es sein muesste und direkt in die EU- aber andere eben nicht.

von daher......

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Re: EU der 28

Antwort von DK-Ursel am 11.03.2016, 18:05 Uhr

Ja, sicher, Benedikte, damit ist die Türkei npch laaaaange nicht drin in der EU.
Aber bedenklich finde ich es schopn, wenn man ihm öffentlich so um den Bart schleicht...

Naja...vielleicht auch eben gerade, weils ie wissen, daß andere sichda querstellen werden.

Gruß Ursel, DK

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Re: Mir wird schlecht

Antwort von Mehtab am 11.03.2016, 18:26 Uhr

Hallo,

irgendwie ist es schon zum Verzweifeln. Schaut unser Wertekonsens jetzt so aus? Erdogan verletzt unter den Augen der EU sämtliche Menschenrechte, die es gibt, und wird dafür dann noch von der EU gelobt und kommt dem EU-Beitritt immer näher. Irgendwann haben dann die diktatorischen Staaten in der EU noch die Mehrheit.

Viele Grüße

Mehtab

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Re: EU der 28

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 18:32 Uhr

Aber genau dieser Plan, dass die Türkei Flüchtende fernhält wird nicht funktionieren. Und das wird mit jedem Tag klarer: sei es, dass Hollande gegen die Visafreiheit ist, sei es, dass Orban ein Veto gegen die Verteilung der Flüchtlinge aus der Türkei erhebt. Und der Plan Flüchtlinge pauschal in die Türkei zurückzuschicken wird schon rein rechtlich nicht funktionieren.

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der Westbalkan ist zu

Antwort von Benedikte am 11.03.2016, 19:20 Uhr

Lauch,
ich bin mir nicht sicher, ob und wie der Plan mit der Tuerkei funktioniert. Er wird auf alle Faelle abschrecken, denn wer will schon Schleusern zugtausende zahlen um doch wieder in die Tuerkei zu gehen

ansonsten hat Mazedonien die Grenzen zu Griechenland geschlossen. Fest geschlossen. Und inzwischen die meisten der Staaten auf der Route weil sie alle Angst vor Rueckstau haben.

Und Ergebnis ist, dass kaum noch welche kommen.

jedenfalls, bin mal gespannt wie es weitergeht

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Re: der Westbalkan ist zu

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 19:28 Uhr

Ja klar, aber doch nicht wg des Türkei Planes.

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das ist doppelt genaeht

Antwort von Benedikte am 11.03.2016, 19:34 Uhr

und die Tuerkei will ein gescaheft machen

wenn die fuerchten muessen, dass es auch ohne sie geht, werden sie sich mehr anstrengen

sonst sitzt Mazedonien eher in der EU auch wenn die Griechen da Stress machen

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Re: das ist doppelt genaeht

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 19:57 Uhr

Nein, die Türkei ist Teil des Problems. Einerseits ist sie massiv am Schleppergeschäft beteiligt und andererseits spielt sie im Syrien Konflikt eine Rolle.
Und zur Bezahlung der Türkei: es geht um 6 Mrd und dann jährlich (!) 3 Mrd Euro.
Auch daran wird Merkels Plan scheitern.

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Re: das ist doppelt genaeht

Antwort von Benedikte am 11.03.2016, 20:44 Uhr

was sind 3 Milliarden?

Das ist viel bei Privatvermoegen.

Aber fuer den Staat sind es peanuts. Und jeder Fluechtling, der fuer wenig geld regional untergebracht wird und noch mehr jeder Fluechtling, der nicht kommt, ist eine Spardose .

Und der Syrienkonflikt- da spielt jeder eine Rolle. Und Tuerken nach meinem dafuerhalten weniger als Iraner, Saudi Araber, Russen. Von daher, stimmt, aber faellt meines Erachtens nicht weiter ins Gewicht wegen all der anderen player.

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Re: das ist doppelt genaeht

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 20:57 Uhr

Benedikte, die Flüchtlinge werden doch ausgetauscht, für jeden illegal in die EU eingereisten Syrer, den Ankara aus Griechenland zurücknimmt, soll die EU einen der 2,7 Millionen Syrer aufnehmen, die schon in der Türkei leben. Und dann nach Quote verteilen. Und da wirds mit zumindest mit Ungarn scheitern.
Dann die Visafreiheit ab angeblich 01.05. Würde mich wundern, wenn nur Frankreich Vorbehalte hätte.

Peanuts meinst du, bisher ist noch kein Cent geflossen, es waren ja auch nur 3 Staaten mit dem Flüchtlingszustrom belastet. Ob die die Finanzierung alleine übernehmen wollen? Wir werden sehen.

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FAz Blog dazu

Antwort von Lauch1 am 11.03.2016, 21:49 Uhr

Fazit: Je mehr Wirtschaftsflüchtlinge die Türkei durchlässt, desto mehr muß die EU aus der Türkei aufnehmen. Und so ziemlich jede Summe wäre beim UNHCR besser aufgehoben.

Resettlement mit Erdogan: Der Teufel im Merkeldetail
10. März 2016 von Don Alphonso | 235 Lesermeinungen
Man kann nicht sagen, man hätte es nicht wissen können: Im Dezember und im Februar wies der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban auf den Stand der Verhandlungen zwischen der autokratischen Regierung Erdogan und der Regierung Merkel hin, und erwähnte pikante Details. So sollte das vorbereitete Abkommen viel zu schockierend sein, als dass man es jetzt veröffentlichen könnte. Unter anderem ginge es darum, eine halbe Million Flüchtlinge aus der Türkei nach Europa umzusiedeln. Regierungsnahe Medien in Deutschland behandelten diese Informationen despektierlich als populistische Stimmungsmache eines erbitterten Feindes der Willkommenskultur. Glauben fand Orban dagegen auf Seiten, die der Volksaufklärung verpflichteten Journalisten gemeinhin als rechte Verschwörungsprojekte gelten.

Und am Montag liess der türkische Ministerpräsident Ahmet Davuto&;lu in Absprache mit Angela Merkel bei Flüchtlingsgipfel in Brüssel die Bombe platzen, von der Orban gesprochen hat. Die Türkei ist bereit, Flüchtlinge zurück zu nehmen, wenn die gleiche Zahl von Europa aufgenommen wird. Kostet nur sechs Milliarden Euro. Dazu Visafreiheit für alle Türken und Verhandlungen über einen EU-Beitritt. Dazu gibt es gratis das Lob von Merkels Flüchtlingskoordinator Altmaier, die Türkei – die das Flüchtlingselend im kurdischen Teil Syriens selbst mitverursacht, die Medien brutal unterdrückt und deren First Lady Verständnis für das Halten von Sexsklavinnen in Harems hat – die Türkei also hätte sich in der Flüchtlingskrise europäischer als manche EU-Länder verhalten.
Konkrete Zahlen wurden nicht genannt, aber nach den türkisch-deutschen Vorstellungen lässt sich die organisierte Migration nach Europa durch die Schleuseraktivität in der Ägäis leicht steuern: Je weniger die Türkei unternimmt, um Wirtschaftsflüchtlinge aufzuhalten, um so mehr muss Europa zurückschicken, und um so mehr andere Flüchtlinge muss Europa dem überraschenden Plan zufolge direkt übernehmen. Schon die Reduzierung der täglichen Zahl auf weniger als 900 Neuankömmlinge auf den griechischen Inseln gälte der EU-Ratspräsidentschaft zufolge als ein grosser Erfolg. Viktor Orban hat den antizipierten Versuch, diese Zwangsübernahme von Flüchtlingen als EU-Politik durchzusetzen, mit seinem Veto gestoppt. Regierungstreue Medien in München und Hamburg hätten die ungarische Prophetie als Anlass nehmen können, ihre kritische Haltung zu den Informationen von Orban zu überdenken und einzugestehen, dass rechte Verschwörungsseiten im Netz mitunter näher an der Realität als die deutsche Regierungserklärer sind. Statt dessen begrüsste die Süddeutsche Zeitung die Offenheit Ankaras, und die ZEIT erging sich in Erklärungen, wie prima Resettlement bisher funktioniert.

Das letzte grosse Resettlement der sog. jüdischen Kontingentflüchtlinge in Deutschland habe ich lange Jahre tatkräftig und journalistisch begleitet – unter anderem bei einem Interview mit dem damaligen Innenminister Schily vor fast genau zehn Jahren, als das System reformiert wurde. Beginnend mit der Wiedervereinigung hatte sich die Regierung Kohl dem Ziel verschrieben, das jüdische Leben in Deutschland angesichts überalterter und aussterbender Gemeinden aufzufrischen. Juden aus den Nachfolgestaaten der UdSSR konnten mit dem Nachweis ihrer Herkunft nach Deutschland umgesiedelt werden. Wir sprechen hier über rund 220.000 Menschen innerhalb von 25 Jahren – und der Umstand, dass sich nur 70.000 davon tatsächlich noch in den jüdischen Gemeinden Deutschlands finden, zeigt auch, dass das Programm nicht wirklich ein durchschlagender Erfolg war. Schily gab damals offen zu, dass in Osteuropa gravierende Fehler bei der Identitätsprüfung gemacht wurden, und schon in den 90er Jahren zeichnete sich ab, dass sich ein vergleichsweise hoher Anteil der Flüchtlinge die jüdische Identität erschlichen hatte – besonders Odessa galt als Zentrum käuflicher Bescheinigungen, so wie man auch heute in der Türkei syrische Unterlagen kaufen kann.
Es gab bedauerliche Einzelfälle der Einwanderung der russischen Mafia unter jüdischer Tarnung. Es gab viele, die in die USA und nach Israel weiter zogen. Es gibt bis heute Konflikte in einigen jüdischen Gemeinden, die den kulturellen Schock zwischen orthodox-jüdischen und postsozialistischen Lebensvorstellungen nicht überwunden haben – und auch Wladimir Kaminer, entschuldigen Sie bitte meinen zersetzenden Humor, schrieb keine Judendisco, sondern eine Russendisco. Die Überalterung der Gemeinden ist immer noch ein Problem, denn die Jungen gehen oft, während die Alten wegen der guten Versorgung in Deutschland bleiben. Ich erlebte die Integrationsbemühungen über Jahre, und würde sie nicht zwingend als rundum gelungen bezeichnen. Wir reden hier aber über 220.000 Menschen in einem Viertel Jahrhundert, die aus einem europäischen Land mit europäischen Wertvorstellungen kamen, und auf eine Gesellschaft trafen, die erhebliche Mittel für die Integration zur Verfügung stellte. Das muss man bedenken, wenn man hört, die Achse Berlin-Ankara rechne eher mit bis zu einer halben Million Syrer in Europa in nur einem Jahr.

Die Kontingentflüchtlinge waren eine prima Idee mit einer schlechten Ausführung, weshalb ab 2005 nur noch kommen durfte, wer seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte. Das Grundproblem lag in der Unfähigkeit des Staates unter Helmut Kohl, wirklich diejenigen zu identifizieren, die den Zielen des Programms entsprochen hätten, statt jeden zu nehmen, der die passenden Dokumente vorweisen konnte. Das Programm versagte bei der Übernahme, und das mag auch ein Grund sein, warum effektive Resettlementprogramme heute komplex und eher bescheiden sind: Das UN Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR führt jedes Jahr 80.000 derartige Umsiedlungen durch. Davon gingen bis letzten Jahr gerade einmal 300 Personen nach Deutschland, inzwischen sind es 500. Dazu kommen noch deutsche Kontingente von 20.000 Syrern und 19.000 weitere durch die Bundesländer vor dem Ausbruch der Flüchtlingskrise. 20.000 Plätze wurden von der EU letztes Jahr bewilligt, weitere 54.000 Plätze soll die EU schon jetzt bereithalten – sie sind aber Teil jenes gescheiterten Abkommens, mit dem 160.000 Flüchtlinge in Europa umverteilt werden sollten.
Zudem gibt es zwischen dem, was der Merkel-Erdogan-Durchbruch erzwingen soll. und dem, was das Resettlement-Programm des UNHCR tut, gravierende Unterschiede. Länder stellen dem UNHCR Kontingente und Anforderungen an Flüchtlinge zur Verfügung. Das UNHCR sucht in Drittstaaten in Frage kommende Personen aus, die dann von den Aufnahmeländern überprüft und gegebenenfalls bewilligt werden. Das UNHCR ist dabei unabhängiger Vermittler und Dienstleister, der sich an den Wünschen des Aufnahmelandes orientiert, und Kontingente möglichst nach dessen Wunsch füllt. Das ist für die Aufnahmeländer wichtig, denn bei Resettlement handelt es sich nicht um Flucht, die irgendwann wieder vorbei ist, sondern um dauerhafte Umsiedlung – so regelt es auch das letztes Jahr beschlossene Gesetz in Deutschland.

Das UNHCR hat sich damit einen guten Ruf erarbeitet, und die Aufnahmeländer haben volle Kontrolle. Der Merkel-Erdogan-Plan ist etwas ganz anderes: Das UNHCR hat beim Resettlement in der Türkei nichts zu melden, und hat obendrein den Plan bereits entschieden abgelehnt. Es könnte auch nicht mitwirken, weil die Türkei die Flüchtlingsregistrierung und Hilfe in Eigenregie macht. Es gibt keine feste Grenze der Aufnahme – Europa muss dem Plan zufolge so viel nehmen, wie die Türkei aufgrund der Rücknahme anderer Flüchtlinge verlangt. Und die Auswahl dieser Kontingente übernimmt dann auch die Türkei mit ihren regierungsnahen Hilfsorganisationen. Während die Aufnahmeländer beim UNHCR die volle Kontrolle haben, entscheidet gegenüber der EU de facto die Türkei, mit wem sie die Kontingente füllt, und wie viel Auswahlmöglichkeit die EU hat.
Man muss sich die enormen Zahlen vergegenwärtigen: 500 Menschen überprüft und nimmt Deutschland durch das UNHCR momentan pro Jahr auf. Sollte die Regierung Merkel gegenüber der Türkei in einer „Koalition der Willigen“erneut freiwillig in Vorlage gehen, wie sie es schon bei der Grenzöffnung gemacht hat, wird die im Raum stehende Zahl von 200-250.000 Umgesiedelten nach Abzug der bestehenden 74.000 EU-Kontingentplätze realistisch. Dann müsste das – jetzt schon völlig überlastete – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Prüfung vor Ort durchführen. Es muss eine genaue Prüfung sein, denn beim Resettlement erhalten die Teilnehmer nicht nur einen subsidiären Schutz, sondern ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten, Arbeitsgenehmigung, Krankenversicherung, neuerdings auch Familiennachzug, Deutschkurse, Anspruch auf volle Sozialleistungen ab dem ersten Tag – eben genau das, was das Wort “Umsiedlung“ beschreibt. Wenn man zwei Tage zur Prüfung einer Person zugrunde legt – und das ist wirklich nicht viel angesichts des Umstandes, dass die Türkei gross ist und die syrischen Flüchtlinge im Land verteilt sind – braucht man bei einer viertel Million Teilnehmer etwa 500.000 Manntage. Oder auf das Jahr umgerechnet rund 2000 Mitarbeiter in der Türkei. Das BAMF hat momentan nur 6.000 Mitarbeiter. Oder man verzichtet auf die Prüfung und nimmt, was Erdogan schicken lässt. Ob türkische Beamte wohl ehrlicher als die Dokumentenfälscher von Odessa sind?

Das sind die “Details“ des Merkel-Erdogan-Paktes, die bis zum nächsten Gipfel noch zu klären sind. Andere europäische Länder haben gar nicht das Personal, um die Umsiedlung von Hunderttausenden rechtlich zu betreuen, von der faktischen Umsetzung im eigenen Land ganz zu schweigen. Im Kern ist der Resettlementplan eine Neuauflage der Merkelschen Forderung gegen die anderen EU-Länder zur Zwangsaufnahme der Flüchtlinge ohne Obergrenze. Nur kommen beim Resettlement zumindest nach deutschem Recht keine Flüchtlinge, die man in Turnhallen sperren kann, sondern Menschen mit den sofortigen, vollen Ansprüchen an das Sozialsystem, die sie auch einklagen können, und dafür einen Anspruch auf Übersetzer und Anwälte haben – und zwar genau dort, wo sie wollen. Wenn Merkel von “Umsiedlung“ spricht, bräuchte sie sofort auch die nötigen Wohnungen, Betreuer, Ärzte, die gesamte Infrastruktur, die bislang bei der Turnhalle-und-Dixieklo-Politik auf die lange Bank geschoben wurde. Merkel tut sich in der Hinsicht nur leicht, weil die Umsetzung vor Ort Aufgabe der Kommunen ist, die in Brüssel nicht mit am Verhandlungstisch sitzen.
Das ist Resettlement. Ein Deus ex Machina, der der gesamten Handlung der Flüchtlingskrise eine – hier milliardenschwere und irreversible – Wendung zum Migrationsmechanismus mit Schalthebeln in Ankara gibt. Deutsche Staatsmedien regen sich noch immer auf, wenn Horst Seehofer mit Viktor Orban spricht. Orban ist momentan in der EU das Bollwerk gegen einen Mechanismus, der es Erdogan ermöglicht, die deutsche und europäische Migrationspolitik massgeblich zu steuern, und nebenbei in der Türkei und den Kurdengebieten zu tun, was ihm beliebt. Und so lange Merkel fordert, dass die Balkanroute nicht geschlossen werden darf und keine Obergrenze bei der Aufnahme existiert, werden sich eben jene Flüchtlinge in Boote in Richtung zu “Mama Merkel“ setzen, die die Türkei wieder nimmt, um andere nach Europa zu schicken. Damit endet die Flüchtlingskrise nicht. Damit wird sie institutionalisiert.

Falls Sie die Bilder schlimm finden – das ist nicht Syrien. Das ist Oberitalien vor vier Jahren nach dem Erdbeben, als Hilfe nötig war und die Regierung Merkel eisern statt mit freundlichem Gesicht auf dem Sparzwang für Italien beharrte. Deshalb lebten da manche jahrelang in Containern. Die Isolation hat sich Deutschland wirklich verdient.
faz

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