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Geschrieben von Hase67 am 19.06.2020, 8:31 Uhr

Angelehnt an eine Diskussion von vor ein Paar Wochen...

Danke für die Erwähnung von Mika Bascha, die ich noch nicht kannte. Ich beschäftige mich nämlich schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken, warum so wenige Frauen (angefangen mit meiner Mutter, die auf dem Papier und in Gedanken Feministin war, in der Praxis aber nicht, aber auch, was meine eigenen Inkonsequenz angeht) nicht viel massiver aufbegehren, sondern letztendlich konfliktscheu agieren statt kämpferisch. Ich meine zu beobachten, dass sich das langsam (sehr langsam) ändert, aber eigentlich auch nur in einem sehr kleinen Kreis junger, gebildeter, global orientierter Frauen.

Ich kannte einige der Argumente von Federici in Zusammenhang mit der Recherche für das feministische Magazin, das ich regelmäßig übersetzt habe (momentan steht die Produktion corona-bedingt). Letztendlich läuft es aber auf eine grundsätzliche Kapitalismuskritik und darauf hinaus, dass Kapitalismus ein männerdominiertes Machtsystem sei. Das wiederum ist sicherlich teilweise historisch so gewachsen, aber auch andere Gesellschaftssysteme sind männer- und machtdominiert, männliche Sexualität wurde auch schon immer (in allen möglichen Gesellschaftssystemen) genutzt, um Macht und Besitzansprüche geltend zu machen. Das ist also nichts exklusiv Kapitalistisches und auch nicht nur durch ein wachstums- und profitorientiertes System zu erklären, es hat meines Erachtens grundsätzlicher damit zu tun, wie Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern definitiert sind. Und ob man sie überhaupt braucht, also ob das eine biologische oder gesellschaftliche Notwendigkeit ist.

Eine Zeitlang habe ich mich auch mit matrifokalen Thesen befasst, die Gesellschaftsformen untersuchen, in denen sexuelle Gewalt kein Thema ist, weil die Frau und Mutter die Keimzelle der Gesellschaft ist und dabei von ihren Brüdern unterstützt wird, sodass die geschlechtliche Liebe von der kleinsten Untereinheit des Gesellschaftssystems abgekoppelt ist - die Frauen haben darin eine absolut selbstbestimmte Sexualität und ein entsprechend entspanntes Verhältnis zum männlichen Geschlechtsorgan, das ist in vielen Gesellschaften auf der Welt ja anders, wo das männliche Geschlechtsorgan einerseits kultisch verehrt und andererseits gefürchtet und als Bedrohung gesehen wird.

Andererseits habe ich aber auch, so interessant und diskutierenswert ich solche grundlegenden feministischen und soziologischen Denkansätze auch finde, immer wieder das Problem, dass sie sehr theorielastig sind, oftmals historische und gesellschaftliche Zusammenhänge sehr stark verkürzt darstellen, sich einzelne Aspekte herausgreifen, die gut in die eigene (oft politisch oder durch das eigene soziologische Umfeld oder die persönliche Brille geprägte) Matrize passen. Und dabei ganz viel Differenziertheit hintenrunter fällt. Oft bewegen sich diese Argumentationen (und auch die Leute, die sie vertreten) so stark nur in ihren eigenen Kreisen, dass man sich zwar untereinander in seiner Argumentation bestärkt und befruchtet, letztendlich aber doch sehr wenig von diesen Ansätzen realgesellschaftlich vorstellbar und umsetzbar ist. Und dass man (oder frau, in dem Fall ich), auch als interessierter Zuleser manchmal staunend davorsteht und denkt: Ja, in sich schlüssig, aber was davon kann ich denn für mich mitnehmen? Was ist denn nicht nur Kopfgeburt und zwar als Theorie interessant, sondern auch pragmatisch umsetzbar?

Vielleicht fehlt mir aber auch die Jugendfrische, die Begeisterungsfähigkeit und die kämpferische Mentalität, um mich davon mehr mitreißen zu lassen. Womit wir wieder bei Mika Bascha wären.

 
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