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Geschrieben von Hase67 am 24.08.2021, 9:23 Uhr

Mal ganz doof gefragt

Ich weiß, dass das vielen Leuten so geht, auf ungewohnte Sachen reagieren ja viele erst mal mit Abwehr. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und tendenziell auch eher träge. Mit vielen Dingen setzt man sich erst auseinander, wenn man es muss. Dass die Abwehr gegen "Gendersprech" so groß ist, hängt für meine Wahrnehmung aber nicht nur damit zusammen, dass das ungewohnt klingt, sondern auch damit, was man damit emotional verbindet.

Und da leisten die o.g. Medien-/Pressevertreter in der öffentlichen Wahrnehmung seit Jahren (eigentlich seit Jahrzehnten) ganze Arbeit, indem sie zum einen das Misstrauen gegenüber dem "Mainstream" und der "urbanen, intellektuellen Elite" schüren und zum anderen die Leute, die verunsichert oder auch einfach genervt sind, vermeintlich "da abholen, wo sie stehen". Das fühlt sich gut und gewohnt an, also lesen die Leute das auch gerne. Und feixen sich eins, weil sie sich denken: Na, wenn es da drin steht, kann ich ja nicht ganz so verkehrt liegen. Dann denken also auch noch andere so, und ich bin nicht alleine.

Umgekehrt wird der ÖR-Rundfunk - auch von diesen Medien - als "betreutes Denken" verunglimpft, weil er einen öffentlichen Bildungsauftrag vertritt (zu dem auch gehört, Minderheiten Gehör zu verschaffen) und eben nicht nur von der Einschaltquote oder den Verkaufszahlen lebt. Er hat einen gesellschaftlichen und ja, auch moralischen, Auftrag, und der wird von vielen inzwischen als unangenehme Gängelei und Besserwisserei empfunden. Aber, s. o., das passiert auch nicht im luftleeren Raum, das wird auch von Gegenbewegungen in der Medienlandschaft gepusht.

Wie "glücklich" der oder die einzelne LGBTQ mit solchen Entscheidungen ist, ist wahrscheinlich sehr individuell. Die Anrede im Flugzeug finde ich da noch vollkommen unproblematisch, einfaches "Herzlich Willkommen an Bord" passt ja auf jeden, da gibt es einfach keine Diskussionsgrundlage.

Ob etwas als "vorauseilender Gehorsam" oder "Anbiedern" empfunden wird, kommt wahrscheinlich auch darauf an, wie kritisch oder misstrauisch die jeweilige Person ist. Ich kenne auch nicht viele LGBTQ-Leute persönlich, und die paar, die ich kenne und mit denen ich persönlich zu tun habe, haben sich in ihrem Leben so weit eingerichtet oder sind so etabliert, dass sie keinen großen Anfeindungen mehr ausgesetzt sind. Da spielen viele Faktoren mit rein, wenn - wie eine Kollegin meines Mannes - jemand als Transgender an einer Hochschule arbeitet und da viele Stunden täglich verbringt, ist das Leben und das Umfeld ein anderes und toleranteres als in einem sehr wertkonservativen Unternehmen, wo man sich seine Position erst erkämpfen muss und dabei vielleicht auch noch vom Chef oder seinen Kollegen Steine in den Weg gelegt bekommt oder "hintenrum" gelästert wird. Oder wenn man, wie Feuerschweif oben erzählt hat, in der Stadt unterwegs und rein für das "einfach nur da sein und anders aussehen" angepöbelt wird.

Aber trotzdem ist eine gerechtere Sprache nur ein Baustein von vielen. Die Sprache ändert die Wahrnehmung, aber auch das eher langsam, sie ändert keine diskriminierenden Zustände. Das muss also parallel stattfinden, nur gendersensible Sprache allein ist viel zu wenig. Aber, noch mal: Das ist nicht dazu gedacht, anderen Privilegien wegzunehmen, sondern dazu, Leuten, die wegen ihres Andersseins diskriminiert werden, ihre gleichen Rechte auch zuzugestehen.

 
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