Rund ums Kleinkind - Forum

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Geschrieben von sunnydani am 21.11.2021, 11:11 Uhr

Bin am verzweifeln!

Mein Großer war auch ein sehr forderndes Kind, das wegen jeder Kleinigkeit Wutanfälle hatte.
Und auch ich habe das meiste mit viel Spiel, Spaß, Kompromissen versucht zu lösen, aber ich habe mich dennoch klar und deutlich durchgesetzt.
Man kann alles zuerst ausprobieren, aber irgendwann ist Schluss und zwei Stunden zu spät kommen, nur weil Kind sich nicht anziehen mag, gibt es bei mir nicht. Da ist Schluss und dann wird eben gebrüllt.
Man muss als Mama dieses Gebrüll auch aushalten können. Es ist klar, dass das Kind brüllt, weil es nun mal das erreichen will, was es möchte. Und es ist auch normal, dass es negative Gefühle gibt, das darf auch das Kind merken und lernen. Kein Gefühl ist schlecht, auch ein negatives Gefühl kann angenommen und akzeptiert werden, man muss nur lernen damit umzugehen.

Ich habe sehr früh angefangen, die Gefühle der Kinder zu benennen. Wenn sie wütend waren, hab ich gesagt: "Jetzt bist du aber zornig, so richtig wütend. Ich weiß das, aber wir müssen jetzt trotzdem los." Und dann hab ich manchmal angefangen das Lied vom kleinen Wutmonster zu singen oder irgendwas anderes oder ich habe das Gebrüll ignoriert und mich anderen Tätigkeiten gewidmet.
Wurde ich getreten oder geschlagen, hab ich die Hand oder den Fuß festgehalten und "Stopp" gesagt und mich dann vom Kind abgewandt, den Raum verlassen oder wieder einer anderen neutralen Tätigkeit zugewandt. In den meisten Fällen haben sie dann aufgehört oder eben noch eine Weile weitergetobt und sind dann wieder hergekommen.
Der Große hat selbst schwer aus seinen Wutausbrüchen herausgefunden, der hat auch schon mal eine Stunde getobt. Hatten wir keinen wichtigen Termin hab ich ihn dann eben toben lassen. Ich war in der Nähe, habe immer wieder meinen Arm zum Kuscheln oder was auch immer angeboten, aber hat er nicht aufgehört, hat er eben gebrüllt und getobt.

Es ist Kräfte zehrend, aber so lernen sie, dass es eben auch schlechte Gefühle gibt, dass sie die auch haben dürfen, aber dass es trotzdem nicht immer nach ihrem Kopf geht. Und sie lernen Mama ist da und begleitet mich durch, sie kann mir aber nicht jedes schlechte Gefühl abnehmen oder mich davor schützen.
Später dann, als er größer wurde, haben wir auch Vereinbarungen getroffen oder Kompromisse gemacht oder ich habe gesagt, er soll mal eine Runde ums Haus laufen, im Trampolin springen, in seinen Boxsack schlagen, bis die Wut weg ist und er sich wieder beruhigt hat. Das geht mit einem 2-jährigen Kind noch nicht wirklich. Du kannst ihm schon ein Wutkissen anbieten, also einen Polster, in den er schlagen darf, wenn er wütend ist.
Ich sage zum Kleinen auch immer, du kannst in das Kissen schlagen, aber nicht auf mich. Klappt manchmal, manchmal nicht.

Wenn der Große sich nicht anziehen wollte und ich aber raus wollte und alle Ablenkungsversuche, die ich auf Lager hatte, nicht geklappt haben, dann bin ich alleine raus und hab ihn drinnen lassen. Ich hab es ihm vorher einmal angekündigt und es dann gemacht. In den meisten Fällen hat es keine fünf Minuten gedauert und er wollte mitkommen und hat sich dann anziehen lassen.

Ich biete meist zwei Dinge zur Auswahl an, ich sage klar und deutlich, was ich möchte und was ich nicht möchte und es gibt maximal eine Chance (das ist bei uns die letzte Chance) und dann wird die Konsequenz durchgezogen (in diesem Fall, dass ich allein rausgehe und Kind muss alleine drinnen bleiben). Natürlich geh ich dann nur vor die Tür und warte nur kurz, aber fürs Kind bin ich aus dem Blickfeld und weg und ich habe das eingehalten, was ich gesagt habe.

Brüllen bringt nichts, du musst dem Kind klar und deutlich sagen, was du willst, nicht zu viel reden und erklären, sondern in kurzen, prägnanten Sätzen und dann Taten setzen. Handlungen bringen viel mehr als langes Gerede. Logische Konsequenzen, die gleich in der Situation gemacht werden und dich sonst vom Kind abwenden. Den Raum verlassen, aus der Situation gehen, eine andere Tätigkeit, z.Bsp. Geschirrspüler einräumen, machen und das Kind toben und brüllen lassen. Wenn es merkt, es hat durch sein Gebrülle nicht mehr deine volle Aufmerksamkeit und du rackerst dich nicht ab, nur um das Gebrülle abzustellen, dann ist es nicht mehr so interessant.
Dem Kind zeigen, dass du es verstehst (indem du sagst, dass es jetzt sehr wütend ist), ihm vermitteln, dass es in Ordnung ist, aber jetzt dennoch das gemacht wird, was du sagst und die Aufmerksamkeit auf was anderes lenken, damit das Kind mit seinem unerwünschten Verhalten (dem Gebrülle) nicht völlig im Mittelpunkt steht und merkt, dass es mit einem anderen Verhalten eher erreicht, was es will.
Selber musst du versuchen ruhig zu bleiben. Das ist nicht leicht, ich weiß, mein Großer hat mich extrem an meine eigenen Grenzen gebracht, weil er so gefordert hat und wir teilweise Tage hatten, an denen er so lang und so viel gebrüllt hat, dass er abends heiser war und absolut keine Stimme mehr hatte. Aber er hat sich einfach nicht beruhigt und hat sich aufgeführt, dass nichts geholfen hat. Da mussten wir beide durch und es hat sich im Laufe der Zeit gelegt. Er konnte dann mit etwa 4 Jahren schon gut mitteilen, dass er wütend war oder dass er gerade traurig war, etc. Er musste dann nicht mehr jedes Mal ausflippen, weil er sagen konnte: "Es macht mich so wütend, dass ich das jetzt nicht darf." und dabei hat er fest mit dem Fuß auf den Boden gestampft. Und ich ihm gesagt habe: "Ich verstehe dich und weiß das, aber jetzt geht es eben nicht." Dann haben wir zusammen überlegt, ob es einen Kompromiss gibt oder wann das geht, was er will und das Thema dann auch oft auf was anderes umgelenkt.

Es ist eine Übungssache und es braucht viel Kraft und innere Ruhe. Ich bin kurz vor die Tür und hab bis 10 gezählt, wenn ich gemerkt habe, ich rege mich gerade so auf, dass ich am liebsten losbrüllen würde. Ich habe wirklich bewusst neutrale Tätigkeiten angefangen, um meinen Fokus auf was anderes zu legen. Und ich hab mir immer gesagt, dass es eine Phase ist, dass es normal ist, aber dass eben manche Dinge dennoch nicht gehen und ich die Mama bin, die gewisse Dinge einfach entscheidet.

Noch ein Beispiel:
Zähne putzen wollte der Große in dem Alter auch absolut nicht. Es waren echt Kämpfe. Wir haben auch alles ausprobiert, mit Tricks, Liedern, etc. Wenn gar nichts geholfen hat, hab ich ihm gesagt, er bleibt so lange im Badezimmer, bis die Zähne geputzt sind und bin hinaus gegangen und hab die Tür hinter mir zugemacht. Er natürlich getobt, gebrüllt, wollte mir nachlaufen. Ich hab ihn wieder genommen, wieder ins Bad gestellt, wieder gesagt, er bleibt hier, bis die Zähne geputzt sind.
Dieses Spiel ging teilweise eine halbe Stunde lang, aber irgendwann hat er sich die Zähne zumindest so putzen lassen, dass ich nicht geschlagen und getreten wurde und selber keine Gewalt anwenden musste.
Irgendwann (in ruhigen Momenten) hab ich ihm gesagt, wenn das Zähneputzen abends immer so lang dauert, dann müssen wir früher damit anfangen und er darf abends nicht so lange spielen. Oder es geht sich die Gute-Nacht-Geschichte nicht mehr aus. Da hat er dann auch mal zu denken angefangen und gemeint, er will aber nicht früher ins Bad gehen und er will auch seine Geschichte. Dann hab ich gesagt, dann muss er sich die Zähne gleich putzen lassen.
Dann ging es wieder für ein paar Tage und dann ging der Zirkus wieder von vorn los. Insgesamt haben wir sicher über Monate Kämpfe damit gehabt, aber irgendwann hat er es kapiert und dann war es vorbei und nie mehr Thema.

Er hat einfach gelernt, er kann sich auf meine Aussagen verlassen. Es hat ihm Sicherheit gegeben, dass er wusste, was passiert, weil ich es ihm genau so gesagt habe, wie ich es dann gemacht habe. Und das geht alles ohne selber zu brüllen und ohne Gewalt anzuwenden. Aber man braucht viel Ruhe, Geduld und Kraft dafür.

Ich weiß nicht, ob dir mein Text jetzt was gebracht hat. Diese Phase ist einfach anstrengend und zehrt extrem. Aber sie geht vorbei und du tust deinem Kind nichts Schlechtes, wenn du dich durchsetzt. Im Gegenteil, du zeigst ihm, dass du die Mama bist, die weiß, was gut für ihn ist und die stark ist und ihm zeigt, dass sie immer da ist, aber dass sie auch die Richtung lenkt, in die es geht, die in einem sicheren Rahmen genug Freiheit für eigene Entscheidungen lässt, aber auch genug Führung gibt, um das Kind nicht zu überfordern. Die Mama, auf die sich dein Kind verlassen kann und die es durch den Zorn und die Wut durchbegleitet und ihm zeigt, wie es mit diesen Gefühlen umgehen kann, sich aber nicht aufopfert und abrackert, um dem Kind alles abzunehmen.

Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute!

 
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