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Geschrieben von Hase67 am 06.11.2014, 12:01 Uhr

Wenn wir das dritte Reich jetzt mal beiseite lassen können,

@Leewja: Im ersten Moment war ich auch betroffen, so ein (für meine Begriffe auf den ersten Blick krudes) Posting ausgerechnet von Jule (sie ist ja schließlich Lehrerin, aber nicht für Geschichte, oder?) zu lesen. Allerdings habe ich es dann beim nächsten Lesen doch etwas anders verstanden, nämlich in dem Sinne, dass durch das "Bombardement" auf allen Kanälen und die Überbetonung gegenüber anderen Themen eher eine Abwehrhaltung als eine Bewusstmachung kreiert wurde. Da scheinen die Erfahrungen doch irgendwie sehr individuell zu sein in der Generation derer, die jetzt so Mitte bis Ende 30 sind (du gehörst ja auch dazu).

Wir haben die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Folgen seinerzeit auch ausgiebig thematisiert, später im Studium kam dann natürlich noch der französische Part mit Vichy, Collaboration und Résistance hinzu. Ich selbst hatte nie das Gefühl einer "Übersättigung" oder fühlte mich "zum Schuldgefühl gezwungen". Ich könnte auch heute nicht generell sagen, dass ich mich als Deutsche "schuldig" fühle oder dass ich das jemals getan hätte. Ich habe allerdings auch erst mit 35 plus überhaupt angefangen, mich ernsthaft mit geschichtlichen Entwicklungen in dem Sinne auseinanderzusetzen, dass sie die aktuelle (Welt)politik prägen, mein Geschichtsverständnis war davor nicht sehr tief. Der Gesamtüberblick oder das Gespür dafür, was das für die Menschen seinerzeit bedeutete, fehlte mir in Schule und Studium komplett, das hat der Unterricht nie vermittelt.

Für mich kommt in dem Artikel, wie gesagt, viel stärker zum Ausdruck, wie der Krieg Menschen psychologisch geprägt hat: erst die Traumatisierung der direkt betroffenen mit nachfolgender Verdrängung, Depressionen, verleugneten Schuldgefühlen, Aggressionen, dann mit einer einsamen Generation von Kindern, die ihre Eltern nicht über Gebühr beanspruchen durften, dann vielleicht eine Generation von Kindern, die sich trotzig gegen dieses "Schwere, Betroffene" gewehrt hat und viel später dann vielleicht mal Generationen von Kindern, die aufgrund des größeren Abstands auch in der Lage sind zu reflektieren, was da mit ihrer Eltern-, Großeltern- und Urgroßelterngeneration psychisch passiert ist.

Hier in Freiburg gibt es eine Psychologin, die mit alten Menschen arbeitet, deren Kriegs- und Nachkriegstraumata sich erst im Alter, z. B. mit Entwicklung einer Demenz, die die Schleusen der Rationalität wegbrechen lässt, Bahn brechen. Kürzlich gab es dazu einen Artikel in der hiesigen Zeitung, ich fand es gleichzeitig interessant und bestürzend, wie lange man schlimme Erinnerungen wie eine tickende Zeitbombe mit sich herumtragen kann, ohne dass sie je ins klare Bewusstsein dringen...

 
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