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Geschrieben von Muckelchen2020 am 07.09.2019, 13:24 Uhr

Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Hallo ihr Lieben,

ich habe folgendes Problem:
Wenn meine Kinder sich komplett daneben benehmen und ich sie bestrafe, geht es mir echt mies. Ich habe Mitleid und würde am liebsten heulend zu ihnen gehen mich entschuldigen... Vor allem bei der Kleinen (4).
Mal paar Beispiele: sie will Kika glotzen, ich sage geh noch ke halbe Stunde was spielen dann darfst du. Dabei stehe ich vor ihr. Die tritt volle Kanone gegen meine Knie, dass sie nach hinten gedrückt werden... Tat echt weh, ich sie am Arm gepackt und lauter gesagt, dass sowas gar nicht geht und ich da echt verletzt werden könnte. Sie voll am bocken, schreien und zetern. Hab ich sie gepackt und vor die Tür gesetzt... So und jetzt weint sie bitterlich... Aber so leise fast wimmernd als wäre sie grade "gebrochen" worden...
2. Wir waren Wandern und an einer Felswand musste sie an die Hand, zu mal sie grade eh nicht gehört hat und absichtlich Blödsinn am Abgrund gemacht hat. Also hab ich sie zwangsweise an die Hand genommen, um sie zu schützen... Sie am kreischen, brüllen, zerren, schlagen und beißt mir nen mords blauen Fleck in den Arm. Ich hab versucht auf Augenhöhe zu reden, klappt natürlich nicht... Später ging das und hab ihr gesagt, dass das doch nur zu ihrem Schutz war an die Hand zu kommen und dass sie bitte da bleibt bis die gefährliche Ecke rum ist... Sie läuft wieder schluchzend und leise weinend und mit ganz schlaffem Arm neben mir her.
Ich fühl mich da soooooo Elend. Als würde ich sie brechen und kaputt machen... Aber man MUSS sie doch erziehen... Ich weiß auch, dass sie wahrscheinlich keinen Schaden nimmt, aber MIR tut es unfassbar weh. Das kann doch nicht gesund sein, wenn ich ständig solche Unterdrückten schlimmen Gefühle und schlechtes Gewissen habe.
Was kann man denn in solchen Situationen anders machen? Oder ist das normal, dass man sich als Mama permanent schuldig fühlt?
Sorry für den langen Text.
LG

 
9 Antworten:

Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von Mutti69 am 07.09.2019, 14:02 Uhr

Wenn ich ein schlechtes Gewissen habe und das kommt durchaus vor, dann habe ich auch etwas falsch gemacht, so reflektiert bin ich schon. Von wegen, man MUSS sie doch erziehen ist dann eine ziemlich dünne Ausrede.
Hab Mut und nimm auch negative Gefühle respektvoll an.

Nutze die Situationen in denen du dich anschließend unwohl fühlst und wachse daran.

War der Streit wirklich nötig?
Wollte ich etwas wichtiges vom Kind oder wollte ich Normen erfüllen (erst 1/2 Stunde Spielen, dann Fernsehen)?
Hätte man einen besseren Kompromiss finden können? Finden, NICHT vorgeben!
Habe ich in der Gefahrensituation verbal und vor allem nonverbalen die berechtigte Angst und Sorge ausdrücken können?
Rede ich Zuviel?
Rede ich Zuwenig?
Wäre MIT dem Kind statt über das Kind sinnvoller? Habe ich die Zeit dafür, es MIT dem Kind zu tun? Warum habe ich keine Zeit?

In der Situation mit dem KIKA schauen wolltest du das Kind erpressen. Du wolltest ein gesundes Maß erzwingen, sie wollte das aber gerade in diesem Moment nicht.

„Ja, klar, komm, wir schauen zusammen eine Sendung und dann hab ich Lust, wir suchen Draußen ein paar schöne Blumen, die pressen wir dann!“

„Ahhhhhhhhh! Hilfe! Das ist total steil hier! Ich hab Angst um dich! Komm, ich halt dich ganz fest, damit mein Schatz nicht abstürzt! Hälst DU mich auch fest?!“

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von cube am 08.09.2019, 7:54 Uhr

Ich glaube, das Problem ist die Auffassung, dass Erziehung etwas mit bestrafen zu tun hat.
Worum es aber eigentlich gehen sollte, sind logische Konsequenzen. Für die braucht man auch kein schlechtes Gewissen zu haben.
Und: erwarte von einem Kleinkind nicht, dass er Verständnis für deine Sichtweisen hat und sich entsprechend kooperativ verhält. Genau das soll es ja erst lernen - aber das dauert Jahre :-)
Zu sagen "erst spielen, dann TV" ist vollkommen ok. Das sie das nicht will, ist aber auch klar und daher verständlich, dass sie sich dagegen wehrt. Du musst da eigentlich gar nichts weiter machen, außer ruhig bleiben und bei deiner "Ansage" Erst spielen, dann TV bleiben. Sie kann ja gerne bocken - du brauchst darauf dann aber gar nicht weiter eingehen.
Tritt sie dich - ist das unabhängig von Bockigkeit wegen "jetzt kein TV" ein ganz anderes Thema. Darauf kannst du dann reagieren mit "tut mir weh, deswegen gehe ich jetzt mal in einen anderen Raum". DU gehst weg - nicht sie wird vor die Türe gestellt. Das ist nämlich eine Strafe - und dafür fühlst du dich dann schlecht.
Felswand: macht sie Unsinn, erkläre ich ruhig und freundlich, dass das hier gerade gefährlich ist und wenn sie nur Unsinn macht, sie eben an deiner Hand gehen muss. Sie kann nun entscheiden. Macht sie Unsinn, nimmst du sie eben an die Hand. Dazu brauchst du auch nicht laut werden, sie fest packen oä. Du setzt nur die logische Konsequenz um und dafür brauchst du kein schlechtes Gewissen zu haben.
Beißt sie dich, du kannst sie aber nicht loslassen - wirst du wohl mal die Zähne zusammen beißen müssen, ihr deutlich sagen, dass dir das weh tut und dann - wenn es nicht mehr gefährlich ist - da noch mal mit ihr drüber reden.

Ich habe aber den Eindruck, du erwartest zu viel Verständnis bzw Gehorsam von einer 4-jährigen und wirst sauer bzw. fühlst dich sozusagen persönlich angegriffen, wenn sie nicht auf dich hört/gehorsam ist.

Ich muss auch sagen: eine 4-jährige, die so fest tritt und beißt, dass du verletzt wirst, ist nicht so ganz im Rahmen des normalen Wehrens. Kann es sein, dass du in deiner Wut über ihre Respektlosigkeit dir gegenüber sie evt. auch recht fest anpackst und si edas eben entsprechend zurück gibt? Ansonsten würde ich sagen, solltest du generell noch mal darüber nachdenken, wo du evt. nicht konsequent genug bist. Also entweder doch Dinge erlaubst, die du vorher eigentlich verboten hast oder mal nein mal ja zur gleichen Sache sagst (heute ist TV ok, morgen plötzlich nicht mehr zB).
Das verwirrt Kinder - und verwirrte Kinder reagieren heftig, weil sie nicht verstehen können, warum das, was gestern ok war heute plötzlich Mama sauer macht.

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von pauline-maus am 08.09.2019, 21:00 Uhr

Ja das kenne ich, gerade wenn ich mein Kind dann friedlich schlafend im Bett liegen sehe ,mit einem lächeln im Gesicht.
Genau dann kommt ein schlechtes gewissen über bestimmte kritische Situationen der Zurechtweisung meinerseits , die ich als erwachsener eher und besser in eine andere Richtung hätte lenken können.
Aber Erziehung und Interaktion mit Kindern findet nicht immer nach Lehrbuch oder Anleitung statt, sondern haendelt viel mit Emotionen, daher ist meines Erachtens schon eine reflektion viel wert,um damit vielleicht für kommende Situationen vorbereitet zu sein.

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von Bela66 am 08.09.2019, 21:15 Uhr

Strafen als Erziehungsmaßnahme zeigen sowieso kaum Wirkung, das haben Wissenschaftler längst beobachtet. Ich würde daher gar keine Strafen verhängen (Kind vor die Tür setzen), sondern energisch „Nein“ sagen, das reicht. Und aus gefährlichen Situationen kannst Du Dein Kind einfach herausnehmen - ohne Stress.

Entscheidend ist nämlich, WIE Du das machst: Wenn Du Deine Tochter z. B. genervt und hart am Arm packst, wenn sie am Abgrund zappelt, dann übst Du natürlich eigentlich Rache für ihr Verhalten und lässt Deine Aggression aus. Wenn Du sie dagegen ruhig und gelassen an der Hand nimmst, um sie zu schützen, spürt sie den Unterschied und ist hinterher auch nicht „gebrochen“.

Vielleicht reagierst du ja öfters ungewollt aggressiv - und schämst Dich deshalb hinterher. Und das wäre in diesem Fall ja auch berechtigt. Optimalerweise ist man als Mutter souverän, ruhig, gelassen. Klappt nicht immer, ich weiß, das geht mir auch manchmal so, und es ist ja auch menschlich. Aber es sollte zumindest das Ziel sein.

Wenn Du das Gefühl hast, sehr oft wütend zu werden und hinterher von Schuldgefühlen geplagt wirst, dann geh‘ doch einfach ein, zwei Mal zur Erziehungsberatung. Kostet nichts, und sie helfen dort wirklich gern, denn dafür sind sie ja eingestellt.

Vielleicht arbeitest Du außerdem ein wenig an Deiner eigenen Vergangenheit: Wie waren Deine Eltern zu Dir, wenn Du Dich falsch verhalten hast? Waren sie auch genervt, gereizt oder zu streng? Es hilft, sich klar zu machen, dass man Vieles einfach unreflektiert wiederholt. Sind nur so Gedanken, als Anstoß.

LG

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von Monroe am 08.09.2019, 22:02 Uhr

Ich schließe mich meinen Vorrednerinnennim Großen und Ganzen an.
Was Mutti schreibt finde ich unheimlich wichtig. Die meisten Situationen lassen sich entschärfen, wenn man mit dem Kind redet und es nicht vor vollendete Tatsachen stellt. Die Situation bei eurer Wanderung hätte man mit Kommunikation gar nicht erst so weit kommen lassen müssen.
Und auch die Situation wegen dem Fernsehen. Da hätte ein Kompromiss geholfen. Es hilft unglaublich, wenn man dem Kind Zugeständnisse macht und Dinge erlaubt ohne wenn und aber. Einfach auch mal ja sagen.
Und zum anderen eben die Absprache. Wenn du eine bestimmte Sendung am Tag erlaubst, sprecht euch ab, welche das sein soll.es muß ja nicht immer die gleiche sein. Frag sie was sie sehen möchte und sag ihr, wann es läuft. Das vereinfacht schon viel und dämmt Diskussionen und Gezicke deshalb sehr ein.
Zum anderen ist übermäßiger Fernsehkonsum eben auch oft Grund für Zickerei. Die Kinder sitzen stumpf davor und werden so auch überreizt und dann kann man wirklich nicht mehr viel von ihnen verlangen. Daher helfen euch diese Absprachen eben auch doppelt. Mehr als eine Sendung (20 Min) sollte es bei 4 Jährigen nicht sein.

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von kirshinka am 09.09.2019, 10:08 Uhr

Man MUSS sie nur schützen - nicht erziehen.
Man muss auch nicht strafen.

Dein Beispiel mit dem Treten - hat meine auch gemacht - ich bin ausgewichen, habe gesagt, dass ich nicht getreten werden will und bin selbst raus gegangen.

Wandern würde ich mit 4-jährigem nicht am Abgrund. Aber hey - muss jeder wissen - ich würde vorwarnen und dann auch an die Hand nehmen.

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von Anna3Mama am 09.09.2019, 22:01 Uhr

Hallo,

kann es sein, dass Du selbst gerade sehr gestresst bist?
Zu viel um die Ohren hast und oder dünnhäutiger bist?

Klingt für mich, als wärst Du hochemotional. Sowohl in dem Moment, wo Du mit dem Kind interagierst (und es scheint ja ein direkter Spiegel Deiner Emotionen zu sein) als auch hinterher.

Oder ist Dein Kind gerade hoch emotional und es färbt auf Dich ab?

Auf jeden Fall würde ich an Deiner Stabilität arbeiten. Gönn Dir Auszeiten, mach regelmäßig Sport, vielleicht hilft auch Passionsblumenextrakt oder Johanniskraut.

Statt wie eine Furie (sorry, so klingt es) aufs Kind loszugehen, lieber erst mal auf 10 zählen, rausgehen aus der Situation.

Ehrlich gesagt, versteh ich, dass Du eine Kurzschlussreaktion bekommst, wenn Du heftig getreten wirst oder das Kind am Abhang rumzappelt und in Gefahr ist. Es ist absolut menschlich. Aber am besten kommt man aus solchen Situationen raus, wenn man selbst in Balance ist.

Warum Deine Kleine aber so heftig tritt, zetert, bockt und schreit und absichtlich Blödsinn am Abgrund treibt ... steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht gibts es da auch eine Stellschraube, das Mädel etwas ausgeglichener zu bekommen.

Und nein, dieses ständige schuldig fühlen sollte wirklich nicht sein.
Wenn Du es schaffst, ruhig zu bleiben und Konsequenzen aus voller Überzeugung auszusprechen und nicht "im Effekt", hast Du auch kein schlechtes Gewissen.

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von Anna3Mama am 10.09.2019, 9:55 Uhr

"Im Affekt" natürlich

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Re: Emotionale Probleme bei Mama durch Erziehung

Antwort von Schniesenase am 10.09.2019, 21:25 Uhr

Hallo Muckelchen,

ich stimme vielen zu, die hier schon geantwortet haben: Strafen macht die Beziehung kaputt, bringt aber nichts außer dass sich das Kind aufgrund seiner Unterlegenheit am Ende eben fügen muss. Es versteht dadurch nichts besser, und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit lernt es auch nicht das, was die Strafenden mit der Strafe bezwecken. Bestrafung macht klein und hilflos, ohnmächtig. Du wirst dieses Gefühl auch erlebt haben und die kleine "Muckelchen" versteht darum ihr verzweifeltes Kind in der Situation sehr gut. Insofern sind Deine Gefühle super. Sie zeigen Dir, dass es andere Wege gibt.

Ich nehme mal Situation 1: Dein Kind tritt Dir voll gegen die Beine und tut Dir damit sehr weh. Du wirst wütend und reagierst entsprechend. Das Kind ist aber erst 4 und hat impulsiv gehandelt. Es könnte die Kurve kriegen, aber weil Du nun mit so viel Energie und Ärger gegenan gehst, ist es hilflos. Es kann nicht mehr gewinnen, alle Hintertüren sind zu, es kann nicht mehr das Gesicht wahren und dennoch "gut" sein. Dann kommt folglich die Überschussreaktion - Geschrei, Getrete usw. Am Ende wird das Kind bestraft, es muss raus und fühlt sich, als die emotionale Übersprungsreaktion, die es nicht mehr kontrollieren konnte, vorbei ist, hundeelend. Das tun sie immer nach solchen Anfällen, und genau dann muss man sie spätestens "retten", damit sie wissen, dass sie dennoch geliebt werden, egal was. Dein Kind fühlt sich in dieser Situation nun als falsches, schlechtes Kind, das nicht liebenswert ist, weshalb Du es in diesem Moment auch nicht liebst (das fühlt das Kind, das meine ich nicht).

Alternative: Du kennst Dein Kind. Es will fernsehen. Gibt es dazu Regeln? Wurde darüber gesprochen, dass fernsehen ok ist, aber nicht unbegrenzt und auch nicht egal was? In dem Alter sollen es nicht mehr als 20 Minuten täglich sein, und eigentlich sollte ein Erwachsener die Dinge auch noch mitschauen, damit das Gesehene auch verarbeitet werden kann. Wenn Du das alles weißt und weil Dir die Gesundheit und das Wohlbefinden Deines Kindes wichtig sind, musst Du diese Grenze setzen (muss das Kind dann wissen, das doziere ich nicht Dir, sondern versuche es so auszudrücken, dass deutlich wird, dem Kind wird klar, es gibt Gründe für Dein Handeln, Du verbietest nicht willkürlich). Nun kann es mal sein, dass Kindi eine Sendung schauen möchte (z.B. Lassie oder Bibi und Tina), die wenig mehr als 20 Minuten dauert. Das ist dann ein Verhandlungsspielraum, den ich nicht kategorisch ausschließen würde. Damit lernt die Kleine ja auch, dass ihr Wort auch Gehör findet. In diesem Alter habe ich dann meinem Kind gesagt, dass ich eine bestimmte Sache fertig machen muss und mir dann Zeit nehmen kann, mit ihr zu schauen. Damals waren es maximal 15 Minuten. Wenn das Kind darauf mit Trotz reagiert, kannst Du bedauern, dass es nicht anders geht, aber dennoch freundlich darauf bestehen und anerkennen, dass das für die Kleine gerade doof ist und Du ihren Frust verstehst. Genau dieser Verstehen-Teil ist so wichtig! Dann muss sie nicht gegen Dich wüten, und sie fühlt sich liebgehabt, trotz Absage. Und dann ist es, irgendwann, auch möglich zu sagen, dass Du gar keine Zeit hast an dem Tag, aber morgen mit ihr eine gemütliche Fernsehzeit einlegen kannst (unbedingt das Versprechen halten!).

Dann würde ich dem Kind eine Alternative anbieten, wie es seinen Ärger ablassen kann. Es kann nicht sein, dass sie Dich ernsthaft verletzt. Das ist schon krass. Da muss sie wirklich sehr hilflos sein. Wichtigster Schritt wäre, ihren Frust, wenn er kommt, anzuerkennen, also ihr zu sagen, dass Du total gut verstehst, dass sie traurig oder enttäuscht ist, es aber LEIDER gerade nicht geht, später (oder anders) schon. Wenn sie dann auf Dich losgehen will, kannst Du in der Situation nicht mehr erklären. Da kannst Du nur noch sagen, dass Du jetzt rausgehst, weil sie Dir wehtut, und dass sie gern zu Dir kommen oder Dich rufen darf, wenn sie sich so weit beruhigt hat, dass sie das nicht mehr tut. Sie darf schreien, toben, stampfen, auf Kissen hauen, sich ins Bett werfen und ihre Kuscheltiere durch die Gegend werfen etc. Es ist alles erlaubt, was niemanden verletzt und nichts kaputt macht. Boxsack ist auch eine Möglichkeit oder ein ganz großes Kissen zum Bearbeiten. Nur wichtig ist, dass sie sich richtig fühlt mit ihren Gefühlen. Die Gefühle sind nicht falsch. Ihre Art, sie auszudrücken, die ist noch nicht angemessen, und das kann sie lernen.

Ich habe meine Tochter in solchen Situationen immer gefragt, ob ich rausgehen soll, damit sie sich abreagieren kann, ohne dass ich verletzt werde. Sie fand das schrecklich und hat mich immer gebeten, dazubleiben. Und das habe ich dann auch immer gemacht und einfach abgewartet, bis sie sich ausgetobt hatte, manchmal mit, manchmal ohne Körperkontakt.

Situation 2: Das ist eine schlimme Situation. Auch hier wird Dir Ruhe helfen. Wenn sie geschützt werden muss, dann ruhig und sachlich, und dann muss sie. Sie darf auch gern wissen, wie weh es Dir getan hat, aber eben nicht so, dass sie keinen Ausweg weiß. Sie muss immer das Gefühl haben, sie kann wieder zu Dir kommen, sagen, dass es ihr Leid tut und fühlen, dass Du sie dennoch, egal, was sie macht, immer liebst. Das ist so wichtig. Dass Beißen überhaupt nicht geht, ist klar, aber das ist bei ihr vielleicht auch wirklich Ausdruck der ohnmächtigen Unterlegenheit, die sie empfindet.

Ich habe mich übrigens bisweilen bei meinem Kind entschuldigt, wenn meine Reaktion auch zu heftig war. Wir sind alle nur Menschen und haben vor allem noch diese alten Erziehungsmuster in uns verankert. Zum Beispiel habe ich mal, als sie andauernd mit der Tür knallte und auf andere Weise provozierte und sich ungerührt davon zeigte, was ich/wir wollten wutentbrannt gesagt, dass, wenn sie nicht aufhörte, Weihnachten, Ostern und Geburtstag für sie ausfielen. Eine komplett bescheuerte Überreaktion (auch Eltern sind davor nicht gefeit), hirnrissig und in dem Moment für sie absolut unverständlich. Ich habe mich entschuldigt. Nicht dafür, dass ich mir ein anderes Verhalten von ihr wünsche, sondern weil das so hart und fies war und ihr wehgetan hat. Das war falsch. Wir haben dann zusammen lange geweint und gekuschelt, und es hat uns sehr gut getan. Also wenn Du findest, dass Du überreagiert hast, dann geh doch hin und sage es ihr, dass es Dir Leid tut, dass das nicht richtig war und erkläre ihr, warum es für Dich in dem Moment so schwer war. Umso leichter kann sie verstehen, dass ihre eigenen Ausfälle auch verständlich sind und man es wieder in Ordnung bringen kann. :-)

Zur Willkürlichkeit: Wenn das Kind das Gefühl hat, willkürlich und ohne Grund Verbote und Einschränkungen zu bekommen, dann fühlt es sich zurückgesetzt und machtlos. Es weiß auch nicht, worauf es sich verlassen bzw. einstellen kann. Darum, falls mein Kind mal was will, das ich nicht ad hoc entscheiden kann, ohne Fehler zu machen, sage ich als Antwort: "Moment, darüber muss ich nachdenken. Lass mich das hier erst beenden, dann sprechen wir." Mein Kind (7) kennt das schon lange und geht dann spielen. Wenn ich fertig bin, habe ich nachdenken können, und gehe dann sehr verlässlich zu ihr und spreche sie auf ihre Frage an. Wenn wir so verlässlich sind, verlassen sich die Kinder darauf, ernst genommen zu werden, und dann können sie auch mit kleinen zeitlichen Rückstellungen besser umgehen. Ich würde da auch immer Kompromisse suchen. Kind soll sich wirksam und wichtig erleben. Das geht bei manchen Sachen nicht, aber oft eben doch.

Falls Du das alles sehr schwierig findest, kann ich Dir auch nur mal den Weg zu einer Erziehungsberatungsstelle empfehlen. Die sind sehr kompetent und können einem echt gut weiterhelfen.

Viel Erfolg!

Viele Grüße

Sileick

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