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Geschrieben von Jemima am 28.01.2008, 14:24 Uhr

Wutanfälle - was tun und woher? (lang)

Hallo,

meine kleine Tochter (fast 17 Monate) bekommt in letzter Zeit immer Wutanfälle, wenn ihr irgendwas nicht passt. Sie ist ein echt liebes Mädchen mit einem eigenen Kopf, aber diese Wutanfälle machen mich echt ein bißchen fertig.

Sobald etwas nicht nach ihrer Nase geht, fängt sie an rumzuschreien, in den höchsten Tönen und sobald man sie beruhigen will oder ihr am Ende sogar etwas gibt, was sie haben wollte, oder ihr z.B. nur eine Banane abnehmen musste, um die Schale weiter runterzuziehen, schlägt sie danach, wirft es weg und schreit weiter.

Sie hatte dieses Verhalten schon immer, wenn sie z.B. als ganz kleines Baby nicht sofort ihre Flasche bekommen hat, wenn sie Hunger hatte, dann hat sie auch geschrieen, bis sie anfing zu würgen. Dann geht meistens der Daunmen in den Mund und sie beruhigt sich wieder.

Was mich total frustriert ist, dass sie sich nicht anfassen und trösten lässt, aber sie mag es eh nicht gerne, wenn sie sich nicht frei bewegen kann (gar kein Kuscheltyp) leider.

Ich frage mich nun, werden diese Wutanfälle durch ihre große Schwester ausgelöst, mit der sie konkurrieren muss (34 Monate), durch den Kindergarten, wo sie natürlich viele Eindrücke hat, die sie verarbeiten muss oder ist es eine Wesensart von ihr.

Sie hat, wie gesagt, schon immer einen riesigen Dickkopf gehabt. Man darf sie auch schon seit ca. 2 Monaten nicht mehr füttern, weil sie alleine essen will. Sie geht auch nicht an einer Hand (kann noch nicht alleine laufen), sondern nur an 2 Händen und wenn man eine Hand loslässt, bleibt sie stehen und setzt sich hin. Sie hat mit ca. 8 Monaten mit Gläschen angefangen, aber die mochte sie nicht, hat fast nichts gegessen und irgendwann bin ich dann einfach zu normaler Nahrung übergegangen und dann hat sie gefuttert wie ein Weltmeister und das Fläschchen gehörte in Nullkommanix der Vergangenheit an. Wie ihr seht, sie macht alles so, wie sie will.

Ich weiß nur nicht, wie ich richtig damit umgehen soll. Da die Große auch in der Trotzphase ist, habe ich so oft zwei bockige Kinder zuhause, das macht die Sache nicht eben einfach ;). Hat jemand ähnliche Erfahrungen und einen Rat? Ansonsten musste ich das hier einfach nur mal loswerden.

Liebe Grüße von Denise

 
2 Antworten:

beginn der trotzphase....

Antwort von pittiplatsch80 am 28.01.2008, 17:58 Uhr

völlig normal in dem alter,sicherlich bei euch noch beeinflußt von mehreren "stressfaktoren" wie fremdbetreung (kiga) und konkurrenz der schwester....


guter artikel zum trotz:

Trotz

von Dipl.-Päd. Ines Gärtner

Was ist Trotz?

Der Begriff Trotz impliziert, dass das Kind bewusst etwas gegen den Willen eines anderen tut, was aber nicht der Fall ist. Trotzdem ist Trotz der gängige Begriff, weshalb ich ihn weiter verwende.

Trotz ist eine Entwicklungsphase, die alle Kinder durchlaufen. Er lässt sich nicht vermeiden und ist, falls er ganz ausbleiben sollte, eher ein Zeichen der behinderten Ich-Bildung. Trotz erfolgt im Zuge der Loslösung und Abgrenzung von der Mutter und der Ich-Bildung. Orientiert sich ein Säugling und Kleinstkind noch an der Mutter und hält sie weitgehend für einen Teil seiner eigenen Person, so begreift ein Kleinkind ab dem ca. 18. Lebensmonat zunehmend, dass es eine eigenständige Person ist, die ihre Handlungen selbst verursacht. Diese Ich-Identität ist durch den Spiegeltest nachweisbar. Ein Kind, dass vorher die doppelte Erscheinung der Mutter und des fremden Kindes im Spiegel zur Kenntnis nahm und anlächelte, stellt jetzt erstaunt fest, dass es das selbst ist und versucht beispielsweise einen Fleck auf der eigenen Stirn, den es im Spiegel entdeckte, zu entfernen.
Trotz ist keine Opposition oder gar Widerspenstigkeit gegen die Eltern, sondern bedeutet, dass ein Kind sich selbst, der eigenen Handlungen und der eigenen Entscheidungsmacht bewusst wird. Trotz ist der Weg zu Eigenständigkeit und Autonomie, begleitet von Ungeduld, Spannungszuständen und Disharmonie, was sich in Wut und Trotzanfällen äußert.



Wann tritt Trotz auf?

Trotz und die damit verbundenen Äußerungen der Wut lassen sich nicht grundsätzlich vermeiden, höchstens in wenigen Fällen umgehen. Meist sind die Anlässe austauschbar. Die Äußerungen der Wut, sowohl was die Dauer als auch die Vehemenz und Lautstärke betrifft, haben etwas mit dem Temperament des Kindes zu tun und nicht mit den (fehlenden) pädagogischen Fähigkeiten der Eltern. Kinder in diesem Alter sind unflexibel, haben einen inneren Plan, von dem sie nicht oder nur schlecht abweichen können. Wird ein Kind in seinem Tun unterbrochen, weil die Eltern etwas anderes möchten oder halten die eigenen Fähigkeiten (noch) nicht mit dem Willen mit, kommt es zu Frust und Wut. Enttäuschte Erwartungen, gebrochene Versprechungen und mangelnde Geduld und Ausdauer sind weitere Auslöser. Dazu kommt, dass innere Faktoren wie Müdigkeit, Hunger, Krankheit, neue Umgebung und Stress etc. Trotzäußerungen begünstigen. Ein Kind mit einem bereits stark ausgeprägten Selbstbewusstsein wird wahrscheinlich nicht mit soviel Aggressivität und Wut (Schlagen, Beißen, Wegstoßen der Eltern) reagieren wie ein Kind, bei dem das Selbstbewusstsein noch nicht so stark ausgebildet ist.



Wie verhalte ich mich, wenn mein Kind trotzt?

Oberste Regel ist, das Kind so viel selbst tun zu lassen wie möglich. Jede Einschränkung und Grenzsetzung erlebt das Kind in erster Linie als Kränkung. Es kann noch nicht unterscheiden, welche Regeln sinnvoll und zum eigenen Schutz sind, sondern empfindet nur die Einschränkung und braucht deshalb wenige, sinnvolle Regeln. Starke, autoritäre Einschränkungen statt liebevollem Unterstützen und Korrigieren sind schädlich für die Selbstentwicklung des Kindes. Kinder wollen ernst genommen und respektiert werden und mitentscheiden dürfen.
Eltern sind in dieser Phase vor allem Begleiter und Lenker des Verhaltens. Sie werden manchmal überrascht werden von den starken Gefühlsäußerungen, manchmal auch enttäuscht oder sogar selbst wütend sein, sollten sich aber immer wieder vor Augen führen, dass dieses Verhalten nichts mit Auflehnung und/oder Ablehnung der Eltern zu tun hat, sondern ein normaler und enorm wichtiger Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes ist. Es braucht Geduld, sehr viel Verständnis und oftmals ein Umdenken, wenn ein Kind diesen neuen, bisher unbekannten Weg einschlägt. Plötzlich stößt es die Eltern weg, lässt sich nicht beruhigen oder schmeißt sich gar auf den Fußboden. Trotz dieser offensichtlichen Ablehnung bedeutet das Verhalten nicht, dass die Kinder ihre Eltern nicht mögen, sondern nur, dass sie in diesem Moment von ihren Gefühlen überrannt werden und diese nicht mehr steuern können. Normalerweise wird ein Kind mit einer guten Eltern-Kind-Bindung immer irgendwann den Trost, die Nähe und Umarmung der Eltern suchen. Eltern sollten immer in der Nähe des Kindes bleiben, auch wenn es sich nicht anfassen oder beruhigen lässt. Wichtig ist das Wissen, dass die Eltern auch in dieser Situation da sind.
Kinder brauchen vor allem die Rückmeldung, dass auch diese Äußerungen von vermeintlich negativen Gefühlen auf Verständnis stoßen und erlaubt sind. Gefühle sollten durch die Eltern benannt werden. Ignorieren und Strafen wie z.B. Auszeiten führen in der Regel nur dazu, dass ein Kind noch mehr kämpft, um sich zu behaupten. Kinder wollen Eltern, die ihnen liebevoll notwendige, nicht willkürliche Grenzen vermitteln, sie mit den Kindern zusammen entwickeln, erneuern oder auch weglassen.
Mit zunehmend besserem Sprachgebrauch kann ein Kind seine Bedürfnisse besser artikulieren, das Denken wird differenzierter und die Reaktionen immer flexibler. Im Laufe dieser Entwicklung werden Trotzanfälle und aggressives Verhalten seltener. Kinder mit ca. 4, 5 Jahren werden in der Lage sein, grundsätzliche Grenzen anderer zu akzeptieren und nicht mehr egozentrisch alles um jeden Preis durchsetzen wollen. Mit viel Geduld und Verständnis werden sie sich zu autonomen, selbstbewussten Kindern entwickeln.

Dipl.-Päd. Ines Gärtner für Rabeneltern.org, Mai 2006

http://www.rabeneltern.org/elternsein/wissenswertes/gaertner_trotz.shtml


lg pitti

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ja!

Antwort von ny152 am 28.01.2008, 20:15 Uhr

als mutter eines 4,5jährigen sohnes, der gewissermaßen am ende der trotz-phase steht, kann ich bestätigen, dass JEDES, aber wirklich JEDES wort des von pitti eingefügten textes der wahrheit entspricht. genau so ist es, genauso sollte man mit trotz umgehen, genauso entwickelt sich das kind dann.

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