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Geschrieben von ninas am 29.05.2008, 10:21 Uhr

Und weiter geht es mit den Tyrannen.

ich finde das Thema sehr interessant, und möchte daher einen neuen Thread eröffnen, damit neue Antworten nicht weiter im Monsterthread absaufen.

Leider habe ich den Sternbeitrag nicht gesehen, aber den Artikel im Stern gelesen.
Mein erster Gedanke auf den Artikel deckt sich zu 100% mit Emfuts Antwort.
http://www.rund-ums-baby.de/aktuell/beitrag.htm?id=210751
ich finde auch, dass teils der Artikel überzogen, anderseits aber auch sehr gut zutrifft.

In der Regel erlebe ich eigentlich den Erziehungsstil im gemäßigten Mittelfeld. In 2 Fällen erlebe ich die "Erziehung" genauso wie beschrieben.
Beide Kinder erlebte ich als kleine Kinder als unerträgliche Tyrannen. Die Mutter ließen das Kind grundsätzlich selbst entscheiden. Allerdings empfand ich in beiden Fällen den Umgang mit den Kindern weniger als eine Art Erziehungsstil als eher eine Ohnmacht.
Die Familien lassen sich von den Kindern bestimmen. Erstaunlich finde ich tatsächlich, dass die Kinder selbst anderen gegenüber autoritär auftreten.
Trotzdem ist es nicht so, dass diese Kinder Tyrannen bleiben. Mit ihrer eigenen Intelligenz haben sie gemerkt, dass sie bei anderen nicht mit dieser Art ankommen, und pflegen mit Freunden einen anderen Umgang als mit den Eltern.
Oft habe ich das Gefühl, dass die Entscheidungsfreiheit mit den Kindern die Kinder mehr belastet als wenn Eltern die Entscheidungen mit einer logischen Erklärung übernehmen. Wenn es kalt ist, kann man nunmal nicht im T-Shirt auf die Straße gehen, und wenn man auf das Gymnasium will, ist es nunmal ein Blödsinn auf eine viel zu weit entfernte Schule zu wählen, nur weil da gerade die bewunderte 14jährige ist.
Wenn die Kinder dann aber einen Trotzkopf aufsetzen, muss man nunmal auch seine Elterliche Macht einsetzen.
Wie Elisabeth geschrieben hat, muss man später öfter gegen seine eigene Meinung handeln, weil der Vorgesetzte es so fordert. Logischerweise kann Teamarbeit auch nur funktionieren, wenn man sich einer Mehrheitsentscheidung beugen kann.

Bei beiden Mädchen erlebe ich derzeit Führungsqualitäten. Sie sagen was zu tun ist, weil sie es so gewohnt sind, Sinn und Unsinn werden dann einfach gebeugt. Beide Mädchen neigen zu Jähzorn. Auch wenn sie sich in oberflächlichen Freundeskreisen gut zurechtfinden frage ich mich, wie sie sich später in einer Partnerschaft verhalten werden.

Zu Elisabeths ADSS Aussage.
Ganz so von der Hand zu weisen, ist ein Zusammenhang mit Familienverhalten und Zunahme von ADHS leider nicht, wobei das nicht unbedingt mit der Erziehung zu tun hat sondern eher mit familiären Stress. Eine Bekannte von mir ist Kinderpsychologin, und bittet die Familien erst einmal sich in Alltagssituationen zu filmen. Erstaunlich ist, dass in den meisten Familien keine Ruhe einkehrt. Sehr wichtig ist zum Beispiel die Essensituation.
Ich persönlich sehe eigentlich bei der Zunahme als Ursache die äusseren Einflüsse. Als ich Kind war, konnte ich auf der Straße spielen, bummeln Rollschuhfahren. Wenn ich mir heute die Straßensituation ansehe, so habe ich auf der einen Seite ein enormes Verkehrsaufkommen, und muss mir den Gehsteig mit Radlern teilen, mich beschimpfen lassen, wenn ich vor mich hinträume. Das hat nichts mehr mit meinem ruhigen Schulwegbummel von früher zu tun. Eigentlich eher verwunderlich, dass so wenige Kinder unter diesen Belastungen Störungen in der Wahrnehmung bekommen.
Soll man nun ein Kind, welches unter diesem Stress zu quängeln anfängt eher zurechtweisen, oder besser in die Oase von Mutters Arm nehmen?

Eine Gefahr sehe ich allerdings bei dieser neuen Tyrannenerkenntnis.
Die Eltern (70% sind das NIEMALS) die in dieses Raster fallen werden sich gegen diesen Artikel aussprechen, und die Eltern die ihre Kinder zu eingeengt und streng erziehen werden sich bestätigt fühlen.
In dem Fall spreche ich diese Eltern an:
---->Der "wohlerzogenen" Elterngeneration, die es scheinbar nie gelernt hat, kritisch zu hinterfragen und auf ihr eigenes Gefühl zu vertrauen, sei dank! ---
Zitat von Butterflocke.

@ Hase:
---Allzu plumpe Patentrezepte führen auf die Dauer nicht zu demokratischen Lösungen , sondern zu Totalitarismus. ---



@ Didda
Auch das Anerziehen von Gehorsam ist in meinen Augen Dressur. (aber ich glaube eher, das das reine Wortglauberei ist)
Manchmal müssen Kinder gegen ihren Wille gehorchen, aber nicht um jeden Preis, nur weil wir Eltern sind.
Schließlich wollen eine Generation, die nicht bedingunglos gehorcht, sondern im erkannten Unsinn den Gehorsam verweigert.

 
2 Antworten:

Re: Und weiter geht es mit den Tyrannen.

Antwort von hase67 am 29.05.2008, 11:31 Uhr

Hallo ninas,

ich denke, Extrembeispiele wird fast jeder aus seinem näheren oder entfernteren Bekanntenkreis kennen - ich halte sie aber nicht für symptomatisch für einen gesellschaftlichen Trend.

Nach allem, was ich hier gelesen habe, glaube ich zu erahnen, worum es dem Mann geht - auch ohne das Buch gelesen zu haben. Allerdings finde ich es unglücklich, dass er eigentlich positiv besetzte Begriffe aus der reformpädagogischen Ecke bewusst negativ besetzt - das finde ich reißerisch. Partnerschaftliche Erziehung als Ideal ist grundsätzlich nichts schlechtes, aber eben ein Ideal. In der konkreten Realität erlebe ich vielfach, dass sich die frühere Situation umkehrt (manchmal nur vereinzelt, bei einigen Familien ist das aber schon eine generelle Entwicklung): Früher waren nur die Eltern "okay", und die Kinder mussten sich nach ihnen richten, heute scheint es umgekehrt zu sein (kennt sich jemand mit Transaktionsanalyse aus? Das scheint mir hier das Stichwort zu sein): Die Kinder sind grundsätzlich okay, kommen als unschuldige Engel auf die Welt, und die Eltern sind vom Leben verbogen und müssen sich fragen, wie sie ihren Kindern diese Verbogenheit ersparen.

So, neuer Absatz, sonst wirds zu unübersichtlich: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass innerhalb einer Familie Gleichberechtigung aller Mitglieder das erstrebenswerte Ideal ist - wohlgemerkt, "GleichBERECHTIGUNG", nicht "GleichSETZUNG". Gleichberechtigung setzt nämlich voraus, dass die jeweiligen Bedürfnisse immer in Zusammenschau mit dem jeweiligen Entwicklungsstand, der Aufgabenverteilung und der Position innerhalb der Familie zu sehen ist - natürlich entsteht das völlige Chaos, wenn Drei- oder Vierjährige z. B. darüber entscheiden sollen, wo die Familie ihren Sommerurlaub verbringen soll, weil ihnen ja selbst die Vorstellung fehlt, wo sie überhaupt leben. In diesem Fall ist für jeden klar ersichtlich, dass es völlig widersinnig wäre, eine solche Entscheidung paritätisch zu fällen. Wie aber ist es mit vielen anderen Situationen, wo wir zumindest küchenpsychologisch geschulten, mit dem Idealbild einer sich aufopfernden Mutter großgewordenen Frauen ins Zweifeln geraten? Darf ich mein Kind, das sich beim Früher-Abholen aus dem Kindergarten sträubt, einfach unter den Arm klemmen und zum Mitkommen verdonnern, weil sonst der Turntermin des anderen Geschwisters platzt, auch wenn ich ihm das in der Situation nicht verständlich machen kann? Natürlich brüllt das Kind wie am Spieß, und alle Umstehenden schauen wahlweise teilnahmsvoll, interessiert oder belustigt zu... Darf ich mein Kind zur Hektik drängeln, weil's mir selber eilig ist, auch wenn es das nicht versteht, darf ich ihm sagen, dass ich aber jetzt zu müde bin und gar keine Lust habe, mich bäuchlings mit ihm auf den Spielteppich zu legen und Legoburgen zu bauen? Darf ich das?

Ich glaube, diese Fragen stellen sich viele von uns tagtäglich und schwanken zwischen schlechtem Gewissen, eigenen Bedürfnissen und denen der Kinder, zwischen von außen aufgedrückten, widersprüchlichen Erziehungsidealen und eigenem Perfektions- und Geltungsanspruch. Heraus kommt der verquaste Mix, den wir alle mehr oder weniger praktizieren, und wie wir unsere Kinder erziehen, basiert oft auf einem jahrelangen, persönlichen Entwicklungsprozess mit Ausprobieren, glühendem Befürworten von bestimmten Thesen und anschließend wieder kopfschüttelndem Verwerfen, selber an seiner Aufgabe wachsen und die Kinder immer wieder mal verfluchen...

Ich fände es an dieser Stelle übrigens wirklich interessant, ein Statement von AyLe zu lesen, die seit jeher die These vertritt, dass Eltern anders als die in den von dir und den Damen oben genannten Beispielen authentisch und sie selbst bleiben sollten und nicht das alte, autoritäre Verhältnis auf Kosten ihrer eigenen Interessen umkehren, wofür es auch hier im RUB durchaus glühende Verfechterinnen gibt.

Den Eltern in den genannten Beispielen sollte man vielleicht mal zu bedenken geben, dass sie die Machtverhältnisse umgekehrt haben und damit zwar eine vordergründig bequeme Lösung gefunden haben, dadurch aber eher die natürlichen zwischenmenschlichen Konflikte zwischen sich und ihren Kindern auf die eigene Kappe nehmen - ein so genanntes koabhängiges Beziehungsmuster, das sicher ein schweres Erbe für diese Kinder sein wird...

LG

Nicole

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Leider fehlt mir gerade die Zeit für eine Antwort

Antwort von ninas am 29.05.2008, 11:52 Uhr

aber eigentlich ist deiner auf den Punkt gebrachten Antwort sowieso nicht entgegenzusetzen.
Ich teile deine Sichtweise, und habe mich lieber mehr Zeit genommen deine Antwort ausführlich zu lesen als meinen Senf dazu abzugeben. (wäre sowieso eher Zustimmung).

Anhand der 2 Beispiele wollte ich eher aufführen, dass diese Eltern eher dünner gesät sind. Es gibt diese Eltern aber ich sehe sie nicht mit 70% vertreten.

Sehr gut gefällt mir auch dein Beispiel ein Kind gegen seinen Willen im Kindergarten mitnehmen zu müssen, um die Interessen der anderen Kinder wahrnehmen zu können. Ich glaube, das ist ein sehr gutes Beispiel um Grenzen aufzuzeigen.

Vielleicht schaffe ich es noch ausführlicher auf dein Posting einzugehen, aber ich muss jetzt leider erst mal einige Arbeiten fertig stellen, sonst bekomme ich meine Grenzen gezeigt.

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