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Geschrieben von Mucksilia am 17.04.2024, 8:55 Uhr

Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Oh Mann, bei uns muss man in der Realschule in der 9. Klasse ein Praktikum machen, jeweils einen festen Tag die Woche.

Mein Sohn (14) hatte in der 8. gerade ein Praktikum für 14 Tage bei einem grossen Filial-Gartenladen und das haben wir mit Ach und Krach rumbekommen. Er hat da in den Regalen totales Chaos veranstaltet und Kunden bedient, obwohl er das (logischerweise) nicht sollte.

Wir haben gar keine Ahnung, wo er dieses Jahres-Praktikum absolvieren soll. Er hat viele Begabungen und ist sehr schlau, das hilft uns aber nicht. Er befolgt eben leider keine Regeln, macht, was er für richtig hält und kann sich nicht unterordnen (weil er alles besser weiß).
Wir haben jetzt gestern schon beim Hilfeplan-Gespräch drüber gesprochen, dass der I-Helfer mitgeht. Aber wohin?

Das hängt mir wie ein Stein im Magen, haben jetzt einen Termin bei einem Berater extra für dieses Thema, aber blöd ist es.

Klar, er kann toll kochen, aber in einer Großküche wird er untergehen.
Klar, er hat totale Ahnung von Flugzeugen, aber der nächste Flughafen ist 100 km entfernt.
Klar, er singt wie ein ausgebildeter Sänger (sagt unsere Nachbarin, die ist Musiklehrerin, ich kann das nicht beurteilen) - bringt uns aber nix.
Er hat eine ausgeprägte Begabung für Mathe und Naturwissenschaften (wir sind eine Apotheker-Familie) , aber was damit tun?
Und für Politik interessiert er sich sehr (kennt alle Politiker, das Tagesgeschehen, alle Flaggen etc).

Das Praktikum soll ja schon auf das Berufsleben vorbereiten, aber ich sehe ihn im Moment in keiner Ausbildung. Und aufs Gymi wechseln - nee, das schaftt er nicht. Nicht, weil er zu blöd ist, aber ich habe bei meiner Tochter gesehen, was das bedeutet (die hat gerade Abi gemacht). Dafür ist er viel zu unsortiert und chaotisch. Und ohne I-Helfer geht gar nichts.

WIr sind froh, dass er bis zu dieser Entscheidung noch 2 Jahre hat (9. und 10.)

Es ist so frustrierend, er könnte so viel und steht sich selber im Weg. Klar, es wird besser (kam auch gestern im HPG raus, da wurde er nur gelobt), aber er ist ... schwierig.

Ich hoffe jetzt auf Eure ultimativen Tipps.

 
19 Antworten:

Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von daide am 17.04.2024, 10:32 Uhr

Ich kann Dir leider nicht besonders weiterhelfen bei der Frage, was für ein Praktikum für Deinen Sohn geeignet wäre. In Eurer(?) Apotheke wäre das nicht möglich? Oder vielleicht in einem Labor in der Nähe? Zahntechniker? Wenn ihn Gesang interessiert - wie wäre es denn mit Theater/Oper? Da singen sie vielleicht nicht immer, aber Stimmbildung/Körperarbeit ist ja vielleicht auch interessant. Habt Ihr ein Technikmuseum in der Umgebung? Da könnte er das Flugzeug-/Technikwissen einbringen und vertiefen. Weiter unten hattest Du mal von der Idee geschrieben, einen Hund anzuschaffen. Könnte er denn einmal die Woche ins Tierheim gehen? Das wollte ich Dir in dem Zusammenhang sowieso noch vorschlagen, ganz unabhängig vom Praktikum. So habt Ihr nicht die volle Verantwortung für ein Tier, aber er kann seine Tierliebe dennoch ausleben (auch wenn das natürlich ganz was anderes ist als einen eigenen Hund zu haben).

Gottseidank sieht die Praktikumsregelung bei uns in BW anders aus: In der 9. Klasse mussten sie zwei Praktika machen, ein Berufspraktikum (1 Woche) und ein Sozialpraktikum (2 Wochen), Beides hat unsere Tochter glücklicherweise dort machen dürfen, wo sie unbedingt hinwollte (Bundeswehr und pferdegestützte Therapie für Kinder) und sie war dort absolut Tic- und nahezu ADHS-Begleiterscheinungsfrei. Klar, ein 8-Stundentag ist anstrengend und beim 2-wöchigen Praktikum war's sehr heiß, da kam körperliche Erschöpfung hinzu. ABER sie hat durchgehalten, das zählt. Und die Praktikumsbescheinigungen/-zeugnisse waren hervorragend. Ich glaube, das hilft ihr mehr als eine gute Note in Mathe...

Wir haben für diese Praktika Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Eigentlich ist die Vorgabe, dass die Praktika rund um den Wohn-/Schulort stattfinden müssen. Nun, die Bundeswehr war knappe 500km weit weg (es musste DIESER Standort sein) und das Therapiezentrum 250km (das kannte sie von einem Projekt der Tourette-Gesellschaft). Wir sind im Wechsel mit ihr dorthin gefahren, haben ein AirBnB angemietet, mein Mann hat mobiles Arbeiten gemacht, ich hatte eine Woche Urlaub. Ein irrsinniger Aufwand, bei dem einem jede "normale" Familie den Vogel zeigt. Aber es hat sich gelohnt.

Das alles hilft Euch natürlich nicht weiter, denn für einen Tag jede Woche kann man das halt nicht machen, selbst wenn man wollte. Aber ich wollte zumindest sagen, dass ich so gut nachvollziehen kann, wie es Dir mit dieser Frage geht. Ich wünsche Euch viel Erfolg bei der Suche nach etwas Geeignetem!

LG daide

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Mucksilia am 17.04.2024, 11:14 Uhr

Ich kann das total verstehen, hätten wir auch so geregelt!

Was hat sie denn bei der Bundeswehr gemacht? Das wäre hier auch Thema.

Und wir haben ein grosses Bundeswehr-Museum vor Ort, aber das hat schon abgelehnt bei dem 14 tägigen Praktikum. Sie hätten keinen Betreuer.

Tierheim war auch im Gespräch, aber die suchen im Moment jemanden, der die Gehege säubert. Das würde dann wahrscheinlich der Praktikant sein.

Es gibt auch ein sehr elitäres Hunde-Hotel, weiß nicht, vielleicht wäre das was. Angeblich sind die da aber sehr posh. Habe schon überlegt, vllt kann er da mal ein paar Tage ein Praktikum machen. Aber das wäre dann ohne I-Helfer.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von ohno am 17.04.2024, 12:40 Uhr

Hallo Mucksilia,

also er ist in der 7. aktuell?

Ich wollte einen ähnlichen Beitrag erstellen, denn meine Gedanken kreisen auch schon, obwohl es noch 2 Jahre hin ist...

Das die I-Kraft da mitgeht, wäre schonmal super, wenn er das mit 16 dann noch will...

Ich würde das wirklich an ihm festmachen und nicht daran, ob es in der Nähe ist. Ich hab das mit den "festen" Tagen nicht verstanden, aber wenn es zusammenhängende Tage sind, könnte er das ja "sonstwo" machen.

Für ihn müsste es etwas sein, wo er freigeistig bleiben kann. Als erstes fällt mir da, wenn Du Kochen ansprichst, zb eine Behindertenstätte ein. Dort gibt es geschultes Personal, die mit seinem Wesen klarkommen werden. Wo er nicht untergeht wie in einer Großküche, die zudem auch richtig Stress bedeutet.

Ansonsten hast Du vieles aufgezählt, was er wahrscheinlich nie so machen kann wie Gesunde: im Team arbeiten, nach und mit Regeln arbeiten, Verantwortung für andere übernehmen. Großküche, rund ums Flugzeug, Apotheke.

Und da bin ich bei der Politik. Hat er eine Partei, mit der er sich identifiziert? Da kann ich mir ein Praktikum für ihn gut vorstellen. Meistens sind es kleine Regionalbüros, die gerne mal Praktikanten aufnehmen. Dort bekommt er diese und jene Aufgaben, die er "einfach" nach seinem Tempo und Temperament abarbeitet. So findet er heraus, ob die politische Bühne etwas für ihn wäre. Das sind ja auch keine Großraumbüros, alles übersichtlich und kein Stress. Vielleicht kann er sogar einen Wahlkampf mit gestalten. Und, sollte er Gefallen daran finden, ist er im politischen Berufsfahrwasser beruflich gut abgesichert.

Theater/Bühne/Gesang - würde ich im Bereich Hobby lassen. Zu emotionsbehaftet und manchmal brotlose Kunst. Da lieber mal einen Workshop als Spaß an der Freude.

Meine Tochter hätte den Girlsday jetzt auch gerne am Theater gemacht, hat leider nicht geklappt. Aber fürs Praktikum sehe ich es nicht als sinnig an, weil es halt keine zukunftsorientierte Sparte mehr ist (leider!)

Bundeswehr - ich wäre da unsicher, da er schwer/keine Regeln einhält. Nicht, dass er an den Drills zerbricht. Gibt auch schöne Studiengänge bei der BW, aber wenn Du ihn nicht als Student siehst, dann wird das auch so sein.

Meine Tochter will später Schauspiel studieren oder Wissenschaftlerin werden. Oh man ich weiß auch nicht...

VG ohno

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Maca am 17.04.2024, 12:52 Uhr

“Er hat eine ausgeprägte Begabung für Mathe und Naturwissenschaften (wir sind eine Apotheker-Familie) , aber was damit tun?“

Auf jeden Fall nach der 10. Klasse in die Oberstufe eines Gymnasiums wechseln.
Ein sehr ( oder hochbegabtes?) ADHS- Kind braucht kognitive Auslastung genauso wie ein fittes Kind ohne Aufmerksamkeitsstörung.
Meiner Erfahrung nach, steigt die Fähigkeit sich zu fokussieren mit der Zunahme von
Herausforderungen.
In der Oberstufe kann dein Sohn seinen Neigungen entsprechend einen MINT- Schwerpunkt setzen.

Ich kenne euren Hintergrund nicht, wundere mich nur, dass ihr das Gymnasium so kategorisch ausschließt.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Mucksilia am 17.04.2024, 12:55 Uhr

Liebe Ohno, auch an dich ein dickes Dankeschön. Ich kann da viel mitnehmen.

Er muss praktsich das gesamte Schuljahr jeden Mittwoch zu diesem Praktikum. Also geht es nicht weiter weg.

Mein Schwager ist Koch bei der Caritas (leider woanders), aber vllt kann ich ihn mal fragen. Ich weiß, das da auch Menschen mit Einschränkung mit kochen.

Ausserdem ist mein Mann Mitglied in einer klassischen Partei - da werde ich gleich mal mit ihm drüber sprechen....

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Mucksilia am 17.04.2024, 13:04 Uhr

Du hast Recht. Aber im Moment würde er das nicht hinbekommen.
Der I-Helfer muss überwachen, dass er die HA ins HA-Heft einträgt und wir müssen sehen, dass er den Ranzen packt.
Einmal die Woche müssen wir diesen ausleeren und gefühlt 1000 lose Arbeitsblätter gemeinsam abheften.
Gestern um 21.00 Uhr fiel ihm ein, dass er heute einen Englisch-Vokabeltest schreibt - der sich als Klassenarbeit herausgestellt hat. Sein Kommentar "Oh, Mist".
Er hat einfach mit Schule so viele negative Erfahrungen gemacht, dass er alles ablehnt.
Weil er eben anders ist als andere. Und leider haben viele Lehrer da keine Lust drauf, gefragt sind eher Mädchen, die ordentlich schreiben und nicht auffallen.
Er war sogar zwischendrin mal ein Jahr gar nicht in einer öffentlichen Schule, sondern in einem Projekt, wo er dort mit dem I-Helfer den Stoff separat gemacht hat (weil er viele Geräusche nicht filtern kann und in der Schule völlig überfordert war).
Es hilft nicht, wenn man schlau und begabt ist, aber, wie soll ich sagen, dem dem strengen Schema von Gymnasien nicht entspricht. Und dort wird gar kein Verständnis gezeigt oder Rücksicht genommen (bei uns hier zumindest). Es wird ja besser und insofern würde ich mich freuen, wenn er sich bis dahin sortiert kreigt.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von ohno am 17.04.2024, 13:07 Uhr

Hallo Maca,

was sind denn Deine Erfahrungen, die Du ansprichst? Das würde ich gerne wissen, damit ich Deinen Beitrag besser einordnen kann. Danke Dir und VG, ohno

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Maca am 17.04.2024, 13:14 Uhr

Oh je, da haben wir wirklich ganz andere Erfahrungen gemacht und unseren beiden sehr „anders auffälligen“ Kindern ist das System Schule immer entgegengekommen.

Ab der Oberstufe konnten sie lernen und sich organisieren wie sie wollten, mit der Zettelwirtschaft war es dann sowieso endgültig vorbei ( interessierte keinen mehr, was man damit machte).
Außerdem gab es einen Klausurenplan für das Halbjahr, so dass man sich darauf gut einstellen konnte.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Maca am 17.04.2024, 13:40 Uhr

Meine Kinder sind beide leicht ablenkbar und zeigten schon immer eine übersichtliche Konzentrationsspanne.
Das große Kind hat eine ausgeprägte ADHS ( ohne H) mit Komorbiditäten ( wie z.b. Legasthenie).
Ich hatte zeitweise gedacht, es sei besser, dieses Kind vor Überforderungen zu schützen.
Damit lag ich falsch. Es brauchte Herausforderungen und konnte die Konzentration besser aufrechterhalten und zielgerichtet einsetzen, wenn die Aufgaben seinen Möglichkeiten und Interessen entsprachen.
Ab der Oberstufe lief es problemlos.
Im Studium ( ausgerechnet Jura) klappt es ebenfalls super, auch wenn es sich dort wirklich wie ein Alien fühlt und ganz oft diese typischen ADHS-Gedanken hat wie „ich gehöre hier nicht hin“.

Bei meinem Sohn ist es noch ausgeprägter.
Der kann sich nur ansatzweise länger konzentrieren, wenn es richtig abstrakt und kompliziert wird.


Ich habe hier manchmal den Eindruck, dass manche Familien in einem Setting leben, in dem (Schule u.a. mit einbezogen) man diagnostizierten ADHSlern ( und anderen Formen der Neurodivergenz) automatisch weniger zutraut als sie eigentlich zu leisten vermögen.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Dezemberbaby2012 am 17.04.2024, 15:14 Uhr

Hallo Mucksilia,

ich fühle mit euch! Wir hatten dieses Thema im ganz kleinen gerade hier mit dem (allerersten) Boys Day. Erst dachte ich - so ein Praktikumsplatz wird für meinen Sohn nie klappen, aber dann haben wir mit ihm zusammen ein paar interessante Möglichkeiten erarbeitet. Leider waren wir viel zu spät dran, alles interessante war schon besetzt und er wird den Boys Day jetzt ausfallen lassen. Aber für nächstes Jahr sind wir jetzt schon vorbereitet.

Ich würde mich vielleicht nicht so sehr nach der Berufs- und Zukunftsfähigkeit des Praktikums richten, sondern wirklich eher nach seinen Interessen und Stärken.

Ansonsten bin ich übrigens ganz klar bei Maca - ich denke, dein Sohn gehört aufs Gymnasium (auch wegen der dann möglichen ganz anderen Auswahl an Berufen), aber das könnt ihr natürlich besser einschätzen.

Ich würde bei der Praktikumswahl bzw. im Vorgespräch schauen, dass er dort auf jeden Fall selbst etwas bewegen kann. Ich musste lachen, als ich deinen Bericht zum Gartenmarkt-Praktikum las - das könnte 1:1 mein Sohn sein!!
Und: offensichtlich berät den Sohn gerne Kunden - das ist doch auch schonmal ein Ansatz. Von Restaurant- und Großküche würde ich abraten, dort herrscht strenge Disziplin und ein rauer Umgangston.

Ich schreib mal ein paar Praktikums-Ideen, die für mein Kind in Frage kamen, vielleicht ist ja noch was für euch dabei:

Tierpfleger im Zoo/Tierpark
Tierheim
Hunde-/Katzenhotel
Hundephysiotherapeut/-osteopath
Hundetrainer
Tierfriseur
Tiergestützte Therapie/Reiterhof
Kleinerer Tier-/Gartenmarkt
Tierarzt (Achtung, evtl. Blut!)
———
Blumenladen/Floristik
Garten- und Landschaftsbauer/Gärtner
Gartenbauamt
Nabu
———
Betreuer in der Seniorenpflege / Altentherapeut (also nicht pflegerische Aufgaben, sondern die Senioren im Seniorenheim beschäftigen, mit ihnen spielen)
———
Museeum
Forschungseinrichtung einer Universität
———-
Kindergarten
———
(Kleinerer) Spielzeugladen
———
Opernhaus oder Musicaltheater
Tanzschule
Musik(hoch)schule
———
Glasbläser
Keramikwerkstatt
Goldschmied
Kerzenmacher
———-
Innenarchitekt
———-
Konditorei
———-
Fotograf
———-
Justiz/Gefängnis
———
Wahlkreisbüro eines Abgeordneten
Regionale Parteizentrale (aber da wird er wenig aktiv sein können)
———

Vielleicht war ja noch irgendeine Idee für euch dabei. Ich drück euch jedenfalls die Daumen, dass ihr was Schönes findet!

LG Dezemberbaby

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von daide am 17.04.2024, 21:32 Uhr

Abgesehen vom I-Helfer, den wir ja nicht haben, ist die Situation bei uns ähnlich. Gymnasium/Abi wäre von den intellektuellen Anforderungen her sicherlich richtig und gut, aber vom Organisatorischen her ist es einfach nicht machbar. Auch hier quasi ausschließlich lose Blätter, null Struktur, keine Selbstorganisation. Fast jede Klausur kommt überraschend, weil sie’s im Vorfeld einfach nicht mitgekriegt hat oder nicht mehr auf dem Schirm hatte. Sie hat nie gelernt zu Lernen. Uneinsichtige Lehrer („Ein bisschen zusammenreißen wäre gut.“) tun ein Übriges.
Zudem ist Schule für sie so negativ besetzt, dass es ihr quasi körperliche Schmerzen bereitet, dort hin zu gehen, im Unterricht zu sitzen, Hausaufgaben zu machen, deren Sinn sich ihr nicht erschließen, etc. Sie fühlt sich in den meisten Fächern unterfordert, in Mathe allerdings heillos überfordert - auch das ist etwas, womit die Lehrer sehr schlecht umgehen können. Das Bild, das sie abgibt, ist ist einfach zu indifferent. Sie passt schlichtweg nicht ins System, und das ist anstrengend.

Die Diskrepanz zwischen dem, was sie in einem „idealen“ Umfeld leisten könnte und den Einschränkungen, die sie durch das starre Arbeitsumfeld (Schule/Klasse) hat, ist enorm. Das macht mir schon Sorgen im Hinblick auf die spätere Ausbildung…

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Mucksilia am 18.04.2024, 8:57 Uhr

Ja, genau wie du es beschreibst.
Gestern nachmittag hatten wir beide (er und ich) wieder Ärger. Er sollte in Reli eine PP abgeben, sonst Note 6.
Er hat es (nach gefühlt 1.000 Aufforderungen) am Wochenende gemacht und mit mir zusammen auf einen Stick gezogen.
Ab Montag habe ich jeden Tag gefragt, ob er den Stick dabei hat, was er immer bejahte. Gestern kommt er heim. Reli 6. Stick vergessen.
Sorry, da ist dann mal Schluss mit Verständnis. Da kann ich echt sauer werden und er fühlt sich noch ungerecht behandelt.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von daide am 18.04.2024, 12:40 Uhr

Mir scheint, wir reden vom gleichen Kind
„Hast Du xy dabei?“ - „Ja. Hab‘s eingepackt.“ - „Sicher?“ - „Jahaaaa!“ Eine Stunde später finde ich xy auf dem Schreibtisch/der Treppe/unter dem Bett/… „Wie kann das sein?“ - Keine Ahnung. Ich HAB‘S eingepackt! Hundertpro!!!“ Ich diskutiere da inzwischen nicht mehr, führt zu nichts. Am Ende bin sowieso ich Schuld Nur wenn es SEHR wichtig ist (wie jetzt bei einer Prüfung), lass ich‘s mir nach dem „Jahaaaa!“ dann doch tatsächlich zeigen…

Die Ärztin meinte auf meine „Klage“, das Kind würde mich in solchen Fällen anlügen, das wäre nicht so, zumindest nicht bewusst. In dem Moment sei „Ich habe es eingepackt“ die Realität des Kindes, denn im Nachhinein könne oft nicht mehr unterschieden werden zwischen dem festen Vorsatz, etwas einzupacken und der tatsächlichen Tat. Nachvollziehen kann ich das nur bedingt (für mich bleibt das eine Schutzbehauptung), aber ich vergesse auch erst seit ich 45+ bin, was ich gerade tun wollte. Dem Kind geht es anscheinend seit über 10 Jahren so. Da leben wir einfach in verschiedenen Welten.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Mucksilia am 18.04.2024, 12:52 Uhr

Wow, so viele gute Ideen, vielen Dank dafür.
Werde ich ausdrucken und mit dem Kinde besprechen.

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von ohno am 18.04.2024, 18:23 Uhr

Danke Maca.

Ja, letzter Absatz stimmt schon, aber wahrscheinlich weil man sehr genau weiß, wann das Kind an seine Grenzen kommt.

VG ohno

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von kea2 am 19.04.2024, 10:14 Uhr

Doofe Frage: Kann die I-Helferin beim Praktikum nicht mitkommen?

Bei einem Jugendlichen, der sich an keine Anweisung halten kann, sehe ich sonst keine Chance, irgendwo ein Praktikum zu machen. Die wollen alle nicht, dass jemand bei ihnen Chaos veranstaltet und Kunden verschreckt.
Viele wollen ja nicht einmal Schülerpraktikanten, die tun, was man ihnen sagt.

Das nächste Problem wird dann das Berufsleben. Auch da muss er sich an Regeln halten, vollkommen egal, wo er arbeitet.
Auch als Selbstständiger kann man nicht machen, was man will, sondern muss sich an die Bedürfnisse der Kunden anpassen, Sicherheits- und Gesetzesvorgaben einhalten, usw.

Ehrlich gesagt, sehe ich Deinen Sohn mit seiner Einstellung als Bezieher von Bürgergeld oder in der Behindertenwerkstatt (wenn er die Voraussetzungen erfüllt), egal wie intelligent und begabt er theoretisch ist.

Er wird lernen müssen, sich an Regeln zu halten. Anders geht es nicht. Da würde ich auf jeden Fall seinen Therapeuten drauf ansetzen.

Was das Gymnasium angeht, hilft es nicht, wenn ein Kind theoretisch intelligent genug ist.
Wir haben unseren Sohn (14, 9. Klasse) ja auf dem Gymnasium. Der arbeitet gerade daran, sitzen zu bleiben, nachdem er in der Grundschule eine Klasse übersprungen hatte.

Das Problem ist, dass er meint, es sei egal, wenn man etwas nicht verstanden hat. (Nicht wirklich...)
Vokabeln guckt man sich ein-, zweimal an, dann diffundieren die auf magische Weise in den Kopf. (Ähm, nein...)
Wiederholung von Stoff ist was für Anfänger, also nicht für ihn.
Im Unterricht aufpassen wird überbewertet. (Ja, wenn man den Stoff kann, obwohl man nur die Hälfte mitbekommen hat. Leider ist das mittlerweile nicht mehr der Fall.)
Allgemein reicht es vollkommen aus, wenn man kurz die Hausaufgaben hinschmiert und sonst nichts für die Schule tut.
Irgendwelche Elternbriefe versenkt er in seiner Postmappe (immerhin), wo wir sie dann Monate später finden.
Er hält sich aber an Regeln und Anweisungen.
Was die Motivation angeht, ist die bei ihm, trotz Gymnasium, mäßig bis kaum vorhanden, denn, seien wir ehrlich, vieles, was in der Schule gemacht wird, ist nun einmal nicht besonders interessant.

Unser Sohn braucht keinen I-Helfer, aber wir müssen viel von außen steuern, und ich bin mir momentan überhaupt nicht mehr sicher, dass er die Oberstufe schaffen wird. Vielleicht wäre eine Ausbildung nach der 10. Klasse doch besser für ihn. Da sieht er sich selbst allerdings nicht.
Wir haben die Große in der Q1 mit G8, und das könnte man mit ihm vergessen. Er hat zwar G9, aber ob das so viel einfacher ist?

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Dezemberbaby2012 am 19.04.2024, 20:59 Uhr

Sagst du Blinden auch, sie sollen ihre Einstellung mal ändern und endlich anfangen zu sehen?
Und Rollstuhlfahrern, die sollen sich mal ein bisschen anstrengen und endlich laufen?

Der Sohn der AP leidet bestimmt am meisten von allen Beteiligten unter seinen Problemen. Gaaaanz bestimmt ist nicht die fehlende Einstellung das Problem, sondern weil er es (im Moment) nicht anders KANN. Du weisst schon, Gehirnchemie und so.

Liebe Grüße
Dezemberbaby

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von Dezemberbaby2012 am 19.04.2024, 21:04 Uhr

Sorry, das hat mich grad so getriggert. Vielleicht hast du es ja auch gar nicht so gemeint, wie es klingt.

Liebe Grüße
Dezemberbaby

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Re: Praktikum - Frage an Mamas mit älteren Extrem-ADHSlern

Antwort von daide am 22.04.2024, 15:36 Uhr

Du sprichst genau das Problem an, das uns momentan beschäftigt: Wie geht es nach der Schule weiter? Inwieweit gelingt es dem Kind bis dahin, sich den Anforderungen der Gesellschaft, der Arbeitgeber anzupassen? Wo hört "nicht Können" auf und wo fängt "nicht Wollen" an? Oder umgekehrt. Wie sehr spielt momentan die Pubertät mit rein? Ist es Bockigkeit oder geht es wirklich nicht?

Bei uns ist es nicht das Ignorieren von Regeln oder Anweisungen, maximal die Uneinsichtigkeit, warum man dies oder jenes so oder so machen soll und der entsprechende Frust darüber - ja, doch, manchmal bis hin zur Arbeitsverweigerung). Aber das ist nichts, worüber ich mir Sorgen mache. Das wird sich "einschleifen". Es sind vielmehr die anderen vielen kleinen "Eigenheiten", die ein Außenstehender nicht nachvollziehen kann: Schnelle Erschöpfung, Reizüberflutung/Überstimulation, sehr hohe Sensitivität, erweiterter persönlicher Raum (es wäre fatal, wenn beim Arbeiten jemand hinter ihr steht, über die Schulter schaut und sie womöglich auch noch am Arm berührt), etc. Wie soll man damit umgehen?

Die Realschule wird sie schaffen, selbst wenn Mathe dieses Jahr nur für ne 5 reichen sollte. Die anderen Fächer sind gut bis sehr gut, aber die Motivation ist kleiner gleich Null. Ich schätze, weit über 80% ihres Wissens hat sie nicht aus der Schule. Daher empfindet sie die als überflüssig. Die Fehlzeiten erreichen ein nie zuvor dagewesenes Level, Verständnis der Lehrer ist überwiegend nicht da, versteh ich auch. Zu große Klassen, zu wenig Fortbildungen im psychologisch-pädagogischen Bereich - und teilweise auch einfach Dienst nach Vorschrift. Ich versteh's, aber wünschen würd ich mir was anderes.
Wir haben ins Auge gefasst, sie eine Ausbildung über einen Träger machen zu lassen. Die Vorteile wären: Kleinere Berufsschulklasse, Betreuungsperson im Unternehmen, mehr Pausen, insgesamt einfach mehr Rücksicht auf ihre Bedürfnisse. Nachteile gibt es hier natürlich auch: Sie würde deutlich weniger verdienen als jemand im gleichen Beruf mit einer "normalen" Ausbildung - aber das würde ich in Kauf nehmen, sie erkauft sich damit quasi die Rücksicht. Was wesentlich schwerer wiegt: Die Dame von der Arbeitsagentur meinte, dass dieses Programm naturgemäß eher auf sehr einfache Berufe/Tätigkeiten ausgelegt ist, womit wir wieder bei der Behindertenwerkstatt wären oder zumindest vergleichbaren Tätigkeiten. Das allerdings würde sie wieder - wie jetzt die Schule - heillos unterfordern und der Frust würde weiter wachsen.

Es bleibt also die alles entscheidende Frage: Wie bekommt man die Diskrepanz zwischen (ja, wie nenn ich's jetzt?) sozialer(?) Inkompatibilität und hoher Intelligenz unter einen Hut? Ich fürchte, das wird ein Drahtseilakt sondergleichen...

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