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Geschrieben von mama.frosch am 11.07.2013, 21:53 Uhr

@Schwarzwald

ich kann deine bestrebungen verstehen, weitere puzzelteile fragmentierter erinnerungen finden zu wollen und das bild dessen, was geschehen ist zu vervollständigen. (was ich da nicht verstehe - wenn es um DEINE kuraufenthalte geht, wieso dann eine so lange zeitspanne? fast 30 jahre?)

du wirst vermutlich in anderen betroffenen keine hilfe finden - schon allein deshalb, weil andere menschen andere subjetiv gefärbte erinnerungen haben. ich finde es auch gewagt, öffentlich aufzurufen weil damit menschen, die wirklich eigene schlimme erinnerungen ähnlich dir haben dadurch möglicherweise ordentlich getriggert werden können.

mögliche antworten anderer werden dir auch nicht helfen können, deine "warum lassen eltern sowas zu"-fragen zu beantworten. die antworten musst du selbst finden, und ICH persönlich würde dir zu einer kompetenten traumatherapeutischen begleitung raten. "krank,therapie, lass dir helfen" - das sind ja keine negativen sachen sondern gutgemeinte ratschläge; krank nicht als abwertende form, sondern als beschreibende beobachtung von etwas, jemandem, der durcheinandergebracht wurde.
manche dinge KANN man nicht allein lösen.

ich bin ja der meinung, dass das unterbewusstsein entscheidet, was es an erinnerungen preisgibt und dass vergesssen auch einen positiven sinn macht. vergessen kann selbstschutz vor überforderung sein, vergessen kann durch einen täter teilweise instruiert werden. anyhow, das sind dimensionen, für die therapeutische begleitung sinnvoll ist, einfach auch um sich selbst zu schützen.

wenn du unbedingt an die erinnerungen kommen willst such dir einen kompetenten hypnosetherapeuten. da wird keiner von 0 auf 100 gehen, das braucht schon vorbereitung, wäre aber eine möglichkeit. du musst allerdings auch die stärke haben, mit diesen erinnerungen umgehen zu können; da kann es nötig sein, diese konkrete stärke innerhalb einer therapie erstmal aufzubauen.
mit stärke meine ich nicht überlebens-stärke; die hat jeder traumatisierte mensch. ich meine bewältigungs-stärke; und die fähigkeit, mit verdrängten erinnerungen umgehen zu können (statt von ihnen umgehauen zu werden).

 
24 Antworten:

Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 12.07.2013, 10:29 Uhr

Liebe Frau Frosch,

vielen Dank für die gutgemeinten, besonnenen und durchdachten Ratschläge. Alles klingt sehr schlüssig und kann traumatisierten Menschen helfen, mit ihren Erlebnissen umzugehen.

Ich möchte dazu jedoch folgendes ergänzen:

1. Vielleicht bin ich gar nicht traumatisiert. Das weißt weder Du noch ich. Es kann aber durchaus sein, daß ich einfach bestimmte Gefühlserfahrungen gemacht habe (Heimweh, Verlassenheit, Ausgeliefertsein, Hilflosigkeit, Enttäuschung...), die zwar sehr unschön sind, aber gegen echte Traumata ein kleiner Spaziergang. Vermutlich hat sich deshalb mein Unterbewußtsein dagegen entschieden, diese Erinnerungen einzukapseln. Sie sind seit Jahrzehnten jederzeit abrufbar, waren aber unterschiedlich präsent.

2. Traumatisiert, oder nicht - es kann auch sein, daß ich für mich einen anderen Weg gefunden habe, der sich als hilfreich oder auch als zwecklos erweisen kann. Ich habe mich entschieden, nicht zu einem Therapeuten zu gehen. Ich habe dafür subjektiv gute Gründe. Vielleicht ist diese Entscheidung falsch, ich spüre aber keine Notwendigkeit, mich anders zu entscheiden. Ich sehe keinen Bedarf.

3. Meine Eltern haben es ab meiner Jugend systematisch betrieben, mich mit Hilfe von Psychologen und Therapeuten zum Familiensündenbock zu machen, um von ihren eigenen Beziehungsstörungen und seelischen Handicaps abzulenken. Bis heute haben sich von dieser Seite her bei meinen Eltern Grundeinstellungen verfestigt, die ihnen eine offene Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Seelenleben überflüssig erscheinen lassen. Ich habe durch gründliche Erinnerungsarbeit erreicht, mich aus diesem Denkmuster völlig zu lösen. Deshalb kann ich versuchen, das Gesamtbild, die Gesamtsituation in den Blick zu bekommen. Den anderen gelingt das bis heute nicht, weil sie in ihrer innerlichen Aufstellungsarbeit noch immer von der Familiensituation der 70er/80er Jahre ausgehen. Wenn ich mich nun zu einer therapeutischen Begleitung entschließen würde, würde mich das um 30 Jahre zurückwerfen.

Wie gesagt, ich finde Deine Hinweise sehr gut und richtig, aber aus den dargelegten Gründen kann ich sie nicht auf meine Situation anwenden.

Du siehst ja auch, daß ich eine sehr aktive und offene Erinnerungsarbeit anstrebe. Die hat mir tatsächlich gutgetan.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Einstein-Mama am 12.07.2013, 10:48 Uhr

Ich war ab 8 Jahre jedes Jahr 3-6 Wochen zur Kur, alleine.
Ich kam bisher nie auf die Idee dies als Trauma zu sehen. Es war sicher nicht immer toll die Ferien auf Kur und ohne bekannte Freunde zu verbringen, aber es hatte auch einen Grund weshalb ich dort war.
Erinnerungen hervorrufen muss ich auch nicht, die wichtigen Ereignisse kenn ich noch.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Fredda am 12.07.2013, 10:53 Uhr

Dann weißt du ja auch, was Abwehrmechanismen sind...

Wenn alles so "gut" ist, frage ich mich, was deine dauernden Nachfragen für einen Sinn haben.

Wenn das Problem Groll gegen deine Eltern ist, verweise ich nochmals auf "The Work" von Byron Katie, eine auch alleine gut durchzuführende Technik, die äußerst befreiend wirkt.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Hase67 am 12.07.2013, 11:45 Uhr

Ich stimme Fredda insofern zu, als sich hier zum ersten Mal (!) herauskristallisiert, dass das Problem weniger die Kuraufenthalte mit ihren Negativerfahrungen als die Tatsache zu sein scheint, dass deine Eltern dich dorthin "abgeschoben" haben und deine Probleme in Zusammenhang mit der Behandlung dort als "Psychokacke" deinerseits abgetan haben.

Vielleicht bist du dann nicht traumatisiert, aber du hast auf jeden Fall ein Ablösungsproblem von deinen Eltern. So etwas mit therapeutischen Mitteln aufzuarbeiten, heißt nicht, dass du auf Dauer als "Psycho" abgestempelt werden sollst - sinnvolle Therapie ist lösungsorientiert, nicht bauchnabelkreisend. Sie würde dich also nicht "zurückwerfen", auch wenn die Rückschau an der einen oder anderen Stelle notwendig sein wird.

Die vehemente Gegenwehr, die in deinen Zeilen mitschwingt, ist ebenfalls ein typisches Zeichen für eine Ablösungsproblematik - du wehrst dich gegen Bevormundung, gegen "Über-Ichs", die dir, wie du schreibst "paternalistisch" etwas überstülpen wollen. Letztendlich steckt dahinter ein ungelöster Konflikt mit den Eltern, die dich offenbar nie aus der Rolle der bemitleidenswerten, weil ja als einzige innerhalb des Familiengefüges nicht problemlos funktionierenden Tochter gelassen haben.

Du willst da raus, aber allein ist dieser Weg sehr schwer, zumal wenn du ihn rückwärtsgewandt angehst. Du lebst ja JETZT. Vergeude nicht deine Zeit mit der mühsamen Aufarbeitung von Vergangenem, wenn du dein Problem im Hier und Jetzt lösen kannst - wenn du dich dazu entscheidest. Ich hoffe, ich klinge jetzt nicht wie irgendein Sektenfreak, so ist das selbstbverständlich nicht gemeint - aber ohne innere Distanz und - so unbegreiflich dir das momentan erscheinen mag - Vergebung wirst du nicht an deinen Ruhepunkt kommen, auch wenn du alle Erinnerungslücken schließt. Die Vergangenheit kannst du nicht ändern, nur mit ihr abschließen.

LG

Nicole

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Re: @Schwarzwald

Antwort von mama.frosch am 12.07.2013, 11:55 Uhr

nun ja, in den letzten 30, 40 jahren hat sich in sachen therapie doch viel entwickelt. WENN dich eine therapie 30 jahre zurückwerfen kann dann nur, weil du selbst innerlich mit dieser erwartungshaltung rangehst und dich (unbewusst) an diese stelle begibst.

heimweh, einsamkeit, verlassenheitsgefühle kennt jedes kind. wenn sie dich aber noch derart beschäftigen haben sie offenbar eine große intensität gehabt; etwas, das über das normalmaß hinausgeht.

kann es sein, dass du mit dem begriff "traumatisiert" etwas bestimmtes (negatives) verbindest, was es vielleihct garnicht bedeutet?


es liest sich für mich fast so, als hättest du - das meine ich nicht lächerlich sondern ernst - ein therapie-trauma; nach dem was du von deinen eltern und früheren therapie-/therapeutenerfahrungen beschreibst.
dann wäre deine massive ablehnung von therapie plausibel und nachvollziehbar; und gleichzeitig durchaus ein hinweis auf eine traumatisierung durch DIESE erlebnisse. was es natürlich schwer machen kann, sich nochmal auf eine therapie einzulassen.
hilfreich könnte sein dir klarzumachen, dass heute heute ist und nicht vor 30 jahren und dass sich auch die therapien weiterentwickelt haben und du kein kind mehr bist was dem ausgeliefert ist sondern du erwachsen bist und zb schritt für schritt schauen könntest, inwieweit du vertrauen zu einem therapeuten aufbauen könntest.

wenn du wolltest, was du nicht willst, was ok ist, nur verstehe ich dann deine regelmäßigen anfragen hier im forum nicht.

wiegesagt, wenn es dir um die aufdeckung von erinnerungen geht kümmere dich um hypnose. dazu müsstest du aber zu einem therapeuten vertrauen aufbauen, sonst klappt das nicht.

wenn du dich nicht mehr mit diesen alten sachen beschäftigen würdest - wäre das für dein leben ein gewinn oder ein verlust?

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 12.07.2013, 12:00 Uhr

He, die letzte Frage kann ich gut gebrauchen! Ich werde darüber mal gründlich nachdenken. Danke.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Nikas am 12.07.2013, 12:03 Uhr

Schwarzwald, leben Deine Eltern noch?

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 12.07.2013, 12:04 Uhr

Nein, so wie in Deinem ersten Absatz kann man das nicht sagen. Aber wie ich Ihnen mal etwas sehr Negatives erzählt habe, haben sie einfach nur mit ihrer Unterhaltung aufgehört und wir sind schweigend nachhause gefahren (das war im Auto). Und das hat mich doch schon ziemlich irritiert, vor allem im Rückblick.

Das mit dem Ablösungsproblem kann sein. Weiß ich nicht. Vielleicht reite ich auf der Sache rum, weil ich ihnen damit etwas vorwerfen kann. Ich werde darüber nachdenken.

Andererseits suche ich Alltagserinnerungen aus Kurheimen, was ist daran so schlimm? Warum liest man da Probleme heraus? Wenn ich geschrieben hätte, das war so eine supertolle Zeit damals, dann wärd Ihr jetzt nicht alle auf dem Posten mit diesen Empfehlungen. Warum auch.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von mama.frosch am 12.07.2013, 12:09 Uhr

wenn du nach über 30 jahren wiederholt und dringlich alltagserinnerungen aus kurheimen suchst liest sich das für mich deshalb nach "irgendwo gibts da ein problem", weil das ganze über 30 jahre her ist und es um alltagserinnerungen geht. sowas ist für die gegenwart völlig irrelevant, deshalb fällt es auf, dass du so vehement nach diesen erinnerungen suchst.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von fiammetta am 12.07.2013, 12:14 Uhr

Hi,

mir fehlt ein Teil des Films, weil ich nicht sämtliche Postings gelesen habe, weder jetzt noch die vergangenen. Das vorneweg.

Ich frage mich allerdings, ob es wirklich immer notwendig ist, eine Therapie zu machen, nur weil man mit irgendwelchen Idioten in seinem Leben konfrontiert worden ist, die einem das Leben zur Hölle gemacht haben. Die Empfehlung zur Therapie entlastet nämlich den Ratgeber, sich mit dem Geschädigten auseinanderzusetzen, dann ist man gut, weil man ja etwas empfohlen hat, aber man ist den Nervtöter los. Ich denke, der Betroffene muss selbst auf die Idee kommen, eine Therapie machen zu WOLLEN - nur dann kann etwas dabei herauskommen. Lehnt er das ab, dann ist auch das legitim und zu respektieren, zumal auch heutige Therapieerfahrungen mit Sicherheit nicht mit denen vergangener Jahrzehnte zu vergleichen sind.

Was das Verhalten der Elterngeneration betrifft: Dieses Abwiegeln, die Schuldzuweisungen, das Leugnen der eigenen Verantwortung, das Unterstellen von Mimosentum usw. halte ich für relativ weit verbreitet in den Generationen, die den Krieg entweder direkt miterlebt oder als Kinder zumindest noch dessen Nachwirkungen erfahren haben. Das ist ein Verdrängungsmechanismus, der einen selbst vor sich selbst und vor den anderen immer schön dastehen läßt und gleichzeitig darauf vertraut, dass die eigenen Kinder einem ja als eine Art Besitztum auf alle Zeit übereignet sind. Ich = Eltern = groß und mächtig - Du = Kind = klein und doof und zwar für immer. Unsere Generation ist relativ weit daran gewöhnt, sich äußern zu können und zu dürfen, obgleich das auch nicht immer auf Gegenliebe stößt. Wir können uns aber zu Wort melden ohne unser Überleben damit groß zu gefährden. Das läßt aber auch diese Kinder-Eltern-Konflikte anders zu Tage treten.

Ich verstehe, auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann, wenn Eltern z.B. in den 50ern aus wirtschaftlichen Gründen ihre Kinder ins Internat gegeben haben, auch wenn es für beide Seiten hart war. Für die Kinder war es oft die Hölle. Auch hier platzen erst heute, wo die Leute dank ihrer Rente zum Nachdenken Zeit finden, tiefe Wunden auf und deren Eltern finden / fanden ebenfalls oft 1000 Ausreden, um sich selbst ihrer Verantwortung nicht zu stellen oder um sich lasch zu rechtfertigen. Am meisten sehe ich persönlich immer Rot, wenn der an Bösartigkeit kaum zu überbietende Satz kommt: "Aber da ist doch schon soooo lange her!" Ein "Halt`s Maul" ist da zwar ordinärer, aber ehrlicher.
Wieso sollte das bei Heimkindern und bei Kindern, die sich in den 60er- 80er Jahren auch zeitweilig als abgeschoben und mutwillig veraltet-autoritären Erziehungsmethoden ausgeliefert gefühlt haben anders sein?

Meines Erachtens "heilt" nicht die Therapie, sondern die Tatsache, über das Erlebte sprechen zu DÜRFEN ohne wieder nach dem Totschlagssatz "Jeder ist selbst seines Glückes Schmied" beurteilt zu werden (Sagt das `mal zu der Mutter, von der Cosma gestern geschrieben hat...) Auch die Eltern dieser Kinder müßte sich ihrer Verantwortung stellen und den läppischen Satz "Es tut mir leid. Ich habe es in seinen Konsequenzen damals nicht begriffen" absondern. Das ist verständlich und drückt Bedauern aus. Solange der aber nicht kommt, und irgendwann wird es auch zu spät dafür, kommen die Geschädigten nur mit Verzögerung zur Ruhe, manche nie.

Es ist immer Mist, wenn man Empathie nur für sich selbst fordert, aber keine für andere übrig hat.

LG

Fiammetta

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Re: @Schwarzwald

Antwort von mams am 12.07.2013, 12:16 Uhr

sigmund freud nennt deine ausführungen abwehr. ein weit verbreitetes phänomen. die psychoanalyse ist eine ungeheuer schlaue disziplin.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Hase67 am 12.07.2013, 12:20 Uhr

Du schreibst ja, dass sie mit ihren eigenen Konflikten nicht offen umgegangen sind. Wahrscheinlich sind sie selbst (wie meine Eltern auch) mit der Strategie großgeworden, dass totgeschwiegene Probleme letztendlich weniger Schaden anrichten als die Auseinandersetzung damit. Deshalb hast du mit deinem Wunsch nach Aufklärung ihr System "entlarvt" und in Frage gestellt und bist deshalb (ich übertreibe rhetorisch ein bisschen) zur Gefahr geworden.

Solche Familienkonstellationen (Konfliktscheue, unter den Teppich kehren, eigene Probleme nach außen projizieren) sind ja ziemlich weit verbreitet.

Das Sich-Distanzieren davon und seine eigenen Weg finden ist der erste Schritt, aber um selbst richtig frei zu werden, gehört dazu auch, die Problemlösungsstrategie, die deine Eltern gewählt haben, neben deiner eigenen gelten zu lassen und sie deshalb weder zu verdammen noch sie dafür zu verachten. Sie waren (sind?) Menschen, jeder Mensch zeigt unreife, unbedachte Verhaltensweisen, enttäuscht die Erwartungen anderer oder reagiert falsch. So lange du das Bedürfnis hast, ihnen zu beweisen, wie falsch ihr Verhalten war oder es krampfhaft anders zu machen als sie, wirst du dich nicht vollständig lösen. Denn du definierst dann dein Verhalten und deine Reaktionen immer noch mit ihnen als Referenzpunkt. Das meinte ich mit "Ablösungsproblematik".

Du bist Du - du hast zwar schlimme Dinge erfahren und bei deinen Eltern kein Gehör gefunden, weil sie nicht damit umgehen konnten, aber du bist kein Kind mehr, bist nicht mehr auf deine Eltern angewiesen und auch nicht abhängig von dem Schmerz, den sie dir damals zugefügt haben. Vielleicht ist "The Work" wirklich eine Idee für dich, dafür brauchst du (erst mal) nicht zwingend einen Therapeuten. Es geht dabei vor allem um das (Auf)lösen von Erwartungshaltungen, mit denen man sich selbst unglücklich macht. Watzlawick ohne Ironie und mit praktischer Anleitung, sozusagen.

LG

Nicole

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Nikas am 12.07.2013, 13:27 Uhr

Opfer können Täter ja nicht zum Damitauseinandersetzen, zur Einsicht, zum Verstehen, zur Reue, zum Umvergebungbitten zwingen.

Was bleibt dem Opfer denn dann noch, damit es sich aus der Opferrolle lösen kann? Vielleicht nur die Vergebung, echte Vergebung. Aus ganz eogistischen Gründen, Dann hat es den Blick für sich selbst frei und kann sich um das für sich wesentliche kümmern.

Sonst kannst Du hunderttausend Einzelheiten, Fakten von damals sammeln. Das wird Dir nichts nützen. Aber danach kannst Du anders und hilfreicher auf diese Sammlung schauen.
und wer weiss: Wenn Deine Eltern (sofern sie noch leben) Deine Vergebung bemerken, werden sie sich vielleicht öffnen und dann doch noch ein bisschen Einsicht finden. Wer weiss. (im Grunde musst Ja DU IHNEN helfen. Sie selbst können es ja anscheinend nicht. Und Du bist heute kein ausgeliefertes Kind mehr; du kannst es heute tun). Du musst Deine Eltern nicht bis ins letzte verstehen, sondern ihnen einfach nur vergeben.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Pamo am 12.07.2013, 13:36 Uhr

Vergebung - kann ich dazu auch Akzeptanz sagen? Meint das dasselbe?

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Nikas am 12.07.2013, 13:42 Uhr

In der englischen oder deutschen Bedeutung?
(im technischen schlage ich mich seit Jahrzehnten mit der Übersetzung und Bedeutung dieses Wortes herum ;-) und hab noch keine endgültige Lösung gefunden.

Du kennst ja beide "Welten".

Akzeptanz im Sinne von Annehmen - also dass Schwarzwald seine Eltern einfach endlich mal annimmt - ja, sehr gute Idee und neuer Aspekt sogar. Annehmen ist vielleicht sogar noch intensiver und mehr als nur Vergebung. Schwarzwald wirkt ja auch sehr elternlos.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Fredda am 12.07.2013, 13:55 Uhr

Vergebung bedeutet, dass ich mit dem anderen in einer Beziehung ohne Stress bin, daran muss der andere nicht beteiligt sein ich muss nicht gutheißen, was er getan hat, ich tu das für mich.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Pamo am 12.07.2013, 13:58 Uhr

Ich meine es weniger als Annehmen, eher als den Ist-Zustand als gegeben anerkennen. Das kann man auch ohne es wirklich zu mögen, aber eben entscheiden dass man keine weitere Energien daran verschwenden will..

An Schwarzwald:
Falls du nochmal versuchen magst, zu deinen Eltern durchzudringen: Ich bin als Erwachsene mit meiner Mutter zu diesem Heim gefahren und habe sie dort (draußen) rumgeführt und beschrieben wie das war. Dieses Mal wurde es nicht abgetan, sondern es wurde verstanden. Insgesamt haben aber auch Eltern das Recht, Dinge zu verdrängen mich denen sie nicht klar kommen.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Hase67 am 12.07.2013, 14:00 Uhr

Ich denke, letztendlich ist wirklich Annehmen gemeint - Vergebung hat immer so einen christlichen Beigeschmack, außerdem schwingt da ja immer so eine leicht pathetische und großtuerische Komponente mit, das ist aber nicht gemeint. Eigentlich ist es eine einfache Sache, für die man aber manchmal ein paar Jahre braucht ;-) Und es hat mehr mit "Liebe" zu tun, als es auf den ersten Blick wirkt, ist, würde ich sagen, Liebe ohne den emotionalen "Überschwang".

LG

Nicole

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Re: @Schwarzwald

Antwort von fiammetta am 12.07.2013, 14:14 Uhr

Hi,

naja, das Akzeptieren braucht tatsächlich oft viele Jahre Zeit. In der Zeit baut sich oft eine gewisse Art von Distanz auf. Liebe kann ich darin nicht erkennen, eher eine "Leck mich am Arsch"-Haltung, sei es, weil es ja eh` nicht mehr zu ändern ist, sei es, um sich selbst zu schützen.

Das Problem ist nur, dass diese Art von Akzeptanz auch zu einem gewissen Vergessen führt. Ich persönlich will aber bestimmte Situationen nicht vergessen, weil ich einfach zu oft erlebt habe, dass Verursacher nur auf dieses Vergessen lauern, Menschen sich aber nicht ändern und - schwuppdiwupp! - fängt das Spiel von vorne an. Da mache ich lieber die Tür zu und verrammel sie noch.

Im Falle der AP ist eines klar: Irgendwann kommen die Eltern daher, die werden alle irgendwann alt und tatterig und fordern dann die Liebe und das Verständnis ein, die sie aber versagt haben. Und schon herrscht der schönste Folgekonflikt. Schwierige Situation.

LG

Fiammetta

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Hase67 am 12.07.2013, 14:37 Uhr

Fiammetta,

ich vergleiche es deshalb mit Liebe, weil es ein "Es ist, wie es ist" beinhaltet - das ist keine "Leck mich am Arsch-Einstellung" oder Resignation, sondern eine innere Ruhe, die sich einstellt, ohne Groll.

Ich für mich persönlich finde es einen Unterschied, ob ich mich mit Wut oder negativen Erwartungen meinen Mitmenschen gegenüber durchs Leben schleppe oder ob ich es schaffe, damit im Reinen zu sein, ohne mich selbst zu vergewaltigen - indem ich meinen Frieden damit mache. Das ist ein sehr aktiver Prozess, im Gegensatz zur Resignation.

LG

Nicole

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 13.07.2013, 12:39 Uhr

Hallo,

das waren ja viele Beiträge und Impulse, vielen Dank. Für mich hat Vergebung/Akzeptanz auch einiges mit der Haltung des Anderen zu tun. Meine Mutter ist als gelernte Fürsorgerin bis heute von jedem ihrer Handgriffe zutiefst überzeugt. Andererseits geht die Schere zwischen ihrer Wahrnehmungswelt und bestimmten anderen Aspekten der Wirklichkeit (nennen wir es meine Wahrnehmungswelt), zwischen den unterschiedlichen Interpretationen, immer weiter auseinander.

Das macht meine Mutter in vielen Dingen zu einer in ihrer Selbstrechtfertigung sehr dominanten Person. Solange da keine Zeichen von Einsicht zu sehen sind, hat der Wunsch, zu verzeihen, für mich keine hohe Priorität.

Mein Vater läßt, weil ihm das soziale Korrektiv fehlt, die Sau raus in Form einer abstoßenden Gossensprache, die er sich irgendwie angeeignet hat (Akademiker, Beamter). Ansonsten verarscht er mich, lügt mir ins Gesicht oder macht inhaltslosen Smalltalk. Oder setzt seine Wünsche und Ansprüche durch. Auch da gibt es vorläufig keine Hoffnung auf Klärung oder Akzeptanz.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 13.07.2013, 12:46 Uhr

Der erste Absatz stimmt so nicht. Ich wurde nicht abgestempelt, weil ich unangenehme Fragen gestellt hätte, sondern weil ich ein auffälliges Sozialverhalten entwickelt habe. Meinen fachlich halbwegs kompetenten Eltern baumelte der Schlüssel dazu genau vor der Nase. Trotzdem haben sie einige Top-Pädagogen an mir verschlissen, und sobald es für sie brenzlig wurde, haben sie sich aus dem Staub gemacht. Sie haben noch nichtmal ihre eigene Paartherapie geschafft, weil natürlich irgendwann nach ihren eigenen Anteilen gesucht wurde. Zack, Abbruch, sehr dreckige Scheidung.

Ich habe von beiden sehr viel gelernt. In meiner Kindheit waren sie ein tolles, sehr liebevolles und lustiges Elternhaus, dann wurden sie Musterbeispiele für viele Formen von Abwehr, Verdrängung, Lüge, Fehlverhalten und Ungerechtigkeit.

Natürlich, ich kann das alles stehenlassen. Es ist, wie es ist. Ich kann und muß aber Verhaltensweisen für mich bewerten, einordnen, gut oder schlecht finden. Im Übrigen habe ich nicht das Bedürfnis, meine Kurheimerfahrungen dort zu besprechen, sie haben das ja früher schon abgeknickt, da komme ich nicht nach 30 Jahren nochmal an.

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 13.07.2013, 12:46 Uhr

Klar. Möchtest Du sie anrufen?

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Re: @Schwarzwald

Antwort von Schwarzwald am 13.07.2013, 12:55 Uhr

Danke für Deinen hilfreichen Beitrag.

Ich finde es seltsam, daß man mein Anliegen, Erinnerungen zu sammeln, nicht einfach mal so stehenlassen kann. Natürlich sorgen sich dann manche um meinen Seelenzustand und empfehlen mir eine Therapie. Wenn ich sie nicht möchte, heißt es "Abwehrhaltung". Ich entscheide selbst und das muß bitte respektiert werden. Da hilft mir Dein Beitrag sehr.

Die Besorgten kennen nicht meine Gesamtlage, sie wissen nicht, ob ich zufrieden oder unzufrueden bin. Ich möchte Erinnerungen auffüllen, nicht mehr und nicht weniger. Ich finde diese Art von Arbeit gut, hilfreich und ausreichend. Wenn ich meine Erlebnisse mit denen in Erziehungsheimen vergleiche, halte ich mich auch nicht für traumatisiert! Ich bin eher enttäuscht. Muß man dann in eine Therapie? Ich glaube, nein.

Ich würde meinen Eltern tiefe Einsicht in schwere Fehler von Herzen gönnen. Dann würde ich auch verzeihen können. Aber wo bis heute die Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit zusammen mit kreativer Gestaltung von Erinnerung zuhause ist, braucht man gar nichts wollen. Da ist keine Einsicht, keine Umkehr, keine Reue.

Auch wenn es sehr schräg klingt: Je mehr Erinnerungen ich finde, desto stärker macht mich das und desto kleiner werden diese Würstchen. Ich bin keiner, der Familienfeste sprengt, indem er unangenehme Reden hält. Klärung und Akzeptanz werde ich wahrscheinlich nicht bekommen, also bleiben zunächst nur die innere Einstellung und die Gewißheit, daß man selbst zumindest diese Fehler nicht machen würde.

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