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Geschrieben von Hase67 am 17.07.2008, 12:07 Uhr

Interessantes Thema...

... deshalb würde ich gern dazu auch meinen "Senf" abgeben.

Ich glaube, verstanden zu haben, weshalb du dich mit diesem therapeutischen Grundsatz unbehaglich fühlst, Feelix. Trotzdem möchte ich dir widersprechen. Meiner persönlichen Erfahrung nach entstehen zwischenmenschliche Konflikte - und daraus resultierende Ohnmachts-, Groll- oder Hassgefühle gegenüber nahestehenden Personen - oftmals dadurch, dass man als "im Konflikt steckender" eben nicht klar genug sieht, nicht richtig zuordnet, was nun "mein Anteil" oder "dein Anteil" ist, Verstrickungen nicht richtig aufdröselt und sich darum nur immer noch weiter hinein verrennt.

Auf den ersten Blick erscheint es tatsächlich eher kalt und analytisch, sich ein systematisches Vorgehen und eine nüchternere Betrachtung im zwischenmenschlichen Umgang anzueignen - umgekehrt ist es aber so, dass sich Menschen, die von Kindheit an in "pathologischen" bzw. krank machenden Beziehungen gelebt haben, einen ungeheuren persönlichen Leidensdruck haben, weil sie in diesen ungesunden Mustern sehr tief drinstecken. Da ist der therapeutische Ansatz nicht mehr und nicht minder als eine Krücke, und sogar eine sehr effiziente.

Wenn ich es recht verstehe, geht dein Posting zu diesem Thema in eine ähnliche Richtung wie damals deine Argumentation gegen die Einnahme von "bewusstseinsverändernden" Medikamenten, die einen doch letztendlich zu einem anderen Menschen machen - sehe ich das richtig?

Nun - ich finde, es ist alles eine Frage des Leidensdrucks. Natürlich muss man nicht jeden Schwiegermutter- oder Partnerkonflikt, wenn ansonsten das Zusammenleben prächtig funktioniert, unter dem therapeutischen Blickwinkel betrachten, aber wenn sich herausstellt, dass hier tatsächlich ein nagender innerer Konflikt besteht, ist es m. E. durchaus sinnvoll, da mit einer gewissen Effizienz und Pragmatik therapeutische Hilfsmittel einzusetzen...

Verstehst du, was ich meine?

LG

Nicole

 
7 Antworten:

Sorry, sollte unter Feelix Posting unten...

Antwort von Hase67 am 17.07.2008, 12:08 Uhr

grmpf

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Re: Interessantes Thema...

Antwort von Feelix am 17.07.2008, 12:38 Uhr

Liebe Hase67!

Ich muss gleich los, daher nur ein kurzer Versuch (und wahrscheinlich nicht wirklich dem besseren Verständnis dienend :-( )

Meine Gedanken gehen in die Richtung, dass ich diese therapeutische Krücke in meinem Verständnis nicht "brauche" ... bzw. zielen auf die Frage, ob ich, wenn ich denn glaube, sie zu "brauchen", (wenigstens) den Gedanken zulassen kann, dass ich sie irgendwann vielleicht nicht mehr "brauchen" werde. ... Veränderung.

Liebe Grüße, Feelix


p.s.: Mit der Verbindung, die Du in Bezug auf die damalige AD(H)S-Diskussion siehst, hast Du durchaus Recht, Hase67. Letztlich geht es auch hier um Interpretation von "Welt" und "In-der-Welt-sein" des/"meines" Kindes (wie es für sich/"für mich" ist).

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Jetzt bin ich verwirrt

Antwort von +emfut+ am 17.07.2008, 13:00 Uhr

Denn ich sehe das keineswegs als "Krücke".

Bei Medis, als Beispiel, kann ich die Krücken-Funktion unterschreiben.

Aber beim "Probleme Verarbeiten, indem man sie zuerst sortiert" fehlt mir der temporär-stützende Character einer Krücke.

Ich sehe es eher als Verfahren, Methode. Denn wenn ich damit "fertig" bin, ist es ja abgeschlossen, und ich kann im Grunde da weitermachen, wo ich vorher war - mit einem (hoffentlich positiv) veränderten Umfeld.

Wenn Ihr im orthopädischen Bereich bleiben wollt: Medis sind eine Krücke, die die Belastung des Knies abfangen und somit ermöglichen, daß der Patient weiterlaufen kann, trotz eines kaputten Knies. Das Verabeiten von Problemen durch ihre Sortierung und Einordnung ist eine Knieoperation, die die Funktionsfähigkeit des Knies wiederherstellt.

Gruß,
Elisabeth.

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Re: Jetzt bin ich verwirrt

Antwort von Hase67 am 17.07.2008, 13:18 Uhr

Schönes Bild mit der Knie-OP, Elisabeth. Wahrscheinlich habe ich da in meinem Posting nicht sauber getrennt...

Mit "Krücke" meine ich wohl weniger die Methode, sondern mehr den Umweg über den therapeutischen Behandlungsansatz oder die psychologische Theorie bei Leuten, denen pathologische (oder, sagen wir lieber, ungesunde, das klingt weniger hochtrabend) Verhaltensweisen in die Wiege gelegt oder mit auf den Weg gegeben wurden. Es soll ja durchaus auch Menschen geben, die ohne therapeutische Hilfestellung aus gesundem Menschenverstand heraus (oder weil sie eben nicht verbogen wurden) genau das automatisch und instinktsicher tun, wozu der Therapeut andere erst mühsam anleiten muss.

Und im übrigen teile ich deine Meinung, dass ihr euch im Grundsatz gar nicht so sehr widersprecht. Wobei ich im Laufe der Therapie schon durchaus auch Menschen aus meinem Leben "entsorgt" habe - allerdings nicht, weil ich sie auf immer und ewig mit bestimmten gemeinsamen Problemen gekoppelt sehe, sondern weil ich gemerkt habe, dass der Kontakt sich auf Negativemotionen und zerstörerische Verhaltensmuster beschränkte... Auf solche Beziehungen zu verzichten, finde ich übrigens nicht kalt und berechnend, für mich war das eher Selbsterhaltungstrieb ;-)

LG

Nicole

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Re: Jetzt bin ich verwirrt

Antwort von +emfut+ am 17.07.2008, 13:39 Uhr

Okay, in dem Sinne verstehe ich auch die "Krücke", allerdings sehe ich es eher als "Schule". Ich lerne etwas in der Therapie, das andere - wie Du ja schon geschrieben hast - woanders gelernt haben oder irgendwie instinktsicher können (wobei ich da eher nicht an Instinkte, sondern an in früher Kindheit erlernte Verhaltensweisen glaube).
Eine Krücke verändert ja nichts. Sie gibt lediglich Zeit, eine aus anderen Gründen (Selbstheilung, Operation) stattfindende Veränderung ungestört ablaufen zu lassen.

Aber natürlich ist eine Therapie - wie eine Schule - temporär. Zum einen zahlt keine Kasse eine lebenslange Therapie, wenn es "nur" um psychische Probleme und keine pathologische psychische Krankheit geht. Zum anderen kann man es irgendwann, und dann ist es gut.

Gruß,
Elisabeth.

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Der Begriff "Verarbeiten" setzt...

Antwort von frostundsonne am 17.07.2008, 14:16 Uhr

... doch aber per se voraus, dass die zu behandenden Probleme hinterher eben nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben, oder? Bleiben wir mal bei dem Begriff "Probleme". Es gibt eben Probleme, die sind nicht zu "verarbeiten", weil sie nicht umgewandelt werden können... diese Probleme kann man maximal "lagern", wobei es zunächst einmal unerheblich ist, ob man sie "auslagert" oder selber eine sicheren "Lagerplatz" einrichten kann. Beispiele hierfür wären, bei dir Elisabeth, der Missbrauch, den du für dich gedanklich deiner Mutter zuordnest, wobei du bei dieser Auslagerung eben auch die Verantwortung auslagern kannst. Für den anderen Fall könnte man den Tod meines Kindes sehen, für den ich einen Platz gedanklich für mich im meinem Kopf und in meiner Gefühlswelt eingerichtet habe, auf den es bei Bedarf zwar jederzeit "Zugriff" gibt, an den ich aber selten jemanden heran lasse. Für diesen Bereich habe ich jederzeit die volle Verantwortung und auch die absolute Kontrolle. Ein Bild dafür wäre so eine Art Atommüllzwischenlager... verliere ich darüber die Kontrolle oder den Zugriff, dann ist das für mich und auch andere Beteiligte unter Umständen gefährlich - z.B. für den Mann, der Sönkes Tod zu verantworten hat.

Während du, Elisabeth, die Verantwortung und die Kontrolle für dein Problem abgegeben hast, obwohl du es nicht vergisst und es immer im Blick hast, bleiben also Verantwortung und Kontrolle für mein Problem bei mir. "Verarbeiten" im eigentlichen Wortsinn können wir unsere "Probleme" beide nicht.

In meinen Augen ist eben NICHT jede Methode für jedes Problem bei jedem Menschen geeignet. Es gibt oft genug "Unfälle", wenn ich mir unseren Nachbarn anschaue, der mit der Methode "Zuordnung" aus dem Kosovo-Einsatz zurück kam und einen wohl nicht ganz so geeigneten Therapeuten hatte, der ihm mitteilte, seine Behandlung sei abgeschlossen. Irgendetwas fehlte ihm da noch zum Abschluss... bis heute.

LG, W

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NeinNein

Antwort von +emfut+ am 17.07.2008, 14:36 Uhr

Ich packe nicht den Mißbrauch zu meiner Mutter. Das ist ein anderes Thema, die Verarbeitung ist da etwas *schiefgrins* komplizierter.

Wobei: Auch für die Verarbeitung des Mißbrauchs ist es hilfreich, daß die Sache mit meiner Mutter weitgehend geklärt ist. Meine Mutter ist nicht schuld am Mißbrauch, wirklich nicht. Schuld am Mißbrauch ist der Täter, und an der Klärung mit dem arbeite ich noch.

Das Paket, das da zwischen mir und meiner Mutter lag, hing zwar mit dem Mißbrauch zusammen, war aber eher eine "Du hast Dich nicht richtig/ausreichend/genug um mich gekümmert, als ich Deine Hilfe brauchte"-Geschichte.

Und "Verarbeiten" ist auch nicht "Vergessen". "Mein" Mißbrauch wird wie Dein totes Kind immer Teil unseres jeweiligen Lebens sein. Es gibt da innerlich einen Schrein, eine Schubalde, eine Eckchen, in dem dieser Teil unseres Lebens liegt. Aber meine Mißbrauch-Schublade ging halt nicht zu, weil da noch der "Du hast Dich nicht gekümmert"-Konflikt mit meiner Mutter reingeknüllt lag. Das blockierte die Schublade, so daß ich sie nicht schließen konnte, verhinderte aber auch einen klaren Blick auf den Mißbrauch an sich. Der Teil ist nun weg, in einer anderen Schublade. Und beide Schubalden kann und werde ich hin und wieder aufmachen und dann ein Stück Trauer spüren - aber es bestimmt nicht (mehr) mein Leben, es ist Teil meines Lebens, aber nicht der wichtigste Teil.

Gruß,
Elisabeth.

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