Für alleinerziehende Eltern

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Geschrieben von Alpenveilchen am 12.07.2016, 15:24 Uhr

Sehr interessanter Beitrag aus der EMMA, Juni/Juli 2016

Jochen König: Plötzlich Vater?

Es fällt auf, dass die Kämpfe um Gleichberechtigung in Bezug auf das Kind für viele Väter erst nach der Trennung der Mutter beginnen. Worum geht es ihnen wirklich? Und was können Väter besser machen? Darüber hat Jochen König, Vater von zwei Töchtern, in der aktuellen Juli/August EMMA für einen Schwerpunkt über Alleinerziehende geschrieben.

Der Europarat forderte im Oktober letzten Jahres seine Mitgliedsländer in einer ohne Gegenstimmen angenommenen Resolution auf, per Gesetz das so genannte „Wechselmodell“ nach Trennung der Eltern als Grundsatz festzulegen. In Väter-Lobbygruppen wurde die Entscheidung als „Paukenschlag für die Gleichberechtigung von Mann und Frau“ bejubelt. „Alle Zeichen stehen auf Wechselmodell“ wurde prophezeit – aber vergessen, dass es sich beim Europarat trotz ähnlich klingendem Namen nicht um ein mit wirklichen Entscheidungskompetenzen ausgestattetes Gremium der EU handelt, sondern die Resolution stattdessen nur empfehlenden Charakter besitzt und schnell ¬wieder in der Schublade verschwinden kann.

Halbe-Halbe nach der Trennung - das klingt erst mal gut.

Jahren dreht sich ein Großteil der Kämpfe von Vätergruppen um das auch als „Doppelresidenz“ bezeichnete Wechsel¬modell. Demnach sollten Kinder nach der Trennung ihrer Eltern grundsätzlich zu möglichst gleichen Teilen in den voneinander unabhängigen Haushalten ihrer beiden Elternteile leben, solange keine schwerwiegenden Gründe dagegensprechen.

Das Modell ist nicht neu. Viele Kinder wohnen nach der Trennung bei beiden Elternteilen. Auch meine beiden Kinder leben (zu unterschiedlichen Anteilen) in jeweils zwei Haushalten, haben jeweils zwei Kinderzimmer, je zwei Kleiderschränke und je nachdem, wo sie am Morgen aufwachen, auch unterschiedliche Schulwege. Für viele Fami¬lien passt das Wechselmodell also sehr gut. Auch kleine Kinder können ohne Probleme zu zwei oder mehr Personen gleichwertige enge Beziehungen aufrecht halten. Und die Eltern der pendelnden Kinder haben neben der Zeit mit dem Nachwuchs noch Freiräume für andere Interessen und Bedürfnisse.

In den meisten Familien haben die Kinder jedoch keine zwei gleichwertigen Bezugspersonen. Meistens hat die Mutter ein engeres Verhältnis zum Kind. Und das nicht qua Natur, sondern vor allem deshalb, weil die wenigsten Väter nach der Geburt für mindestens ein Jahr zuhause geblieben sind, dafür aber 96 Prozent aller Mütter. In wenigen Bereichen ist die Aufteilung der Zuständigkeiten nach Geschlecht so eindeutig. Da kann in Sachen Einseitigkeit nicht einmal die statistische Geschlechterverteilung der DAX-Vorstände und Aufsichtsräte mithalten.

Sind beide Elternteile gleichwertige Bezugspersonen?

Die Mehrzahl der Väter entscheidet sich nach der Geburt eines Kindes dagegen, eine gleichwertige Bezugsperson für das Kind zu werden, und dafür, die Hauptverdiener Rolle zu übernehmen. (Werdende) Väter müssen sich bewusstmachen, dass es sich dabei um eine weitreichende Entscheidung handelt, die nicht rückgängig zu machen ist und die nicht nur an die Beziehung mit der Mutter des Kindes geknüpft ist, sondern die sich auch unabhängig von der Mutter dauerhaft auf die eigene Beziehung zum Kind auswirkt. Der Beziehungsvorsprung der Mutter aus dieser ersten Zeit ist danach kaum noch aufzuholen.

Die Kämpfe um Gleichberechtigung beginnen für viele Väter auffälliger Weise immer erst mit der Trennung von der Mutter. Wo sind die Vätergruppen, die von Vätern nach einer Geburt verlangen, die Mütter nicht mit der Verantwortung für ein kleines Kind alleine zu lassen und die eigene berufliche Karriere hintenanzustellen, weil ein Kind nun mal Mutter UND Vater braucht?

Mir ist es immer wieder ein Rätsel, wie Väter auf die Idee kommen können, dass -gerade eine Trennungssituation, in der beide Elternteile sich vielleicht lieber für ein halbes Jahr aus dem Weg gehen würden, ein guter Moment sein soll, um eine jahrelang praktizierte Arbeitsteilung neu auszuhandeln. Wenn es den teilweise so erbittert für das Wechselmodell kämpfenden Vätern wirklich um Gleichberechtigung und den Kontakt zum Kind ginge, hätten sie sich an jedem einzelnen Tag vor der Trennung entscheiden können, eine neue Aushandlung der Zuständigkeiten einzufordern, weniger zu arbeiten und mehr für die eigenen Kinder da zu sein. Viel größer als die unzähligen durch Väter nach Trennungen erzwungenen jahrelangen familiengerichtlichen Verfahren können die finanziellen Einbußen dadurch auch nicht sein.

Größtes Armutsrisiko für Mütter und Kinder: eine Trennung

Wer die Hauptlast der Kinderbetreuung trägt, mehr als nur für zwei Monate zuhause war und vor allem in den betreuungsintensiven ersten drei Jahren nach der Geburt die eigene Lebensplanung nahezu komplett auf das Kind ausrichten musste, muss sichergehen können, dass nach einer Trennung nicht plötzlich der frühere Feierabendelternteil alles über den Haufen wirft. Das gilt natürlich -geschlechtsneutral in beide Richtungen.

Statt sich dem Druck der Vätergruppen zu beugen, empfehle ich darum dem Europarat, sich im Sinne der Gleichberechtigung in seinen Mitgliedsstaaten mit folgender Frage zu beschäftigen: Wie können Maßnahmen getroffen werden, damit eine Trennung nicht mehr zu den größten Armuts¬risiken für Mütter und Kinder gehört, weil viele Mütter vor der Trennung jahrelang für die Kinderbetreuung beruflich zurückstecken mussten und nach der Trennung keinen oder zu wenig Unterhalt vom Kindesvater bekommen?

Jochen König

 
9 Antworten:

Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von aus 4 mach 3 am 12.07.2016, 18:37 Uhr

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Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von Leena am 12.07.2016, 20:04 Uhr

Ehrlich gesagt - ich glaube, manche Mütter sind anscheinend ganz gerne "Hauptbezugsperson" für ihre Kleinkinder, finden, sie können am besten füttern, wickeln, trösten, was weiß ich, und wenn die Väter dann mal versuchen mitzuhelfen, ernten sie so viel Kritik von Muttern, dass sie es schleunigst wieder bleiben lassen. Soll es zumindest auch geben.

Und IN einer Partnerschaft wird der Mann das im Zweifelsfall auch eher (seufzend) schlucken und sich auf seine "Kernkompetenz" (= Arbeiten und Geldverdienen) zurückziehen, teilweise mit mäßiger Freudigkeit, teilweise ganz erleichtert.

Da sind noch ziemlich dicke Bretter zu bohren in den Köpfen von verdammt vielen Leuten, bevor sich da ernstlich etwas ändert. Was natürlich nicht heißt, dass man es deshalb gleich bleiben lassen sollte, mit dem Bohren überhaupt anzufangen! ;-)

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Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von kirshinka am 13.07.2016, 6:30 Uhr

Natürlich kann der beziehungsvorsprung aufgeholt werden!!!!

Ich war die ersten drei Jahre hauptbezugsperson - dann wären wir beide es und jetzt ist es mein Mann (Kind=7)!

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Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von shinead am 13.07.2016, 8:43 Uhr

Ja, das stimmt.
Allerdings "kämpft" Mann dann nicht darum, eben Windeln zu wechseln. Genau ist ja das Problem. Gekämpft wird erst im Falle der Trennung. Und das ist schlichtweg zu spät.

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Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von NussNou am 13.07.2016, 15:26 Uhr

Guter Beitrag, finde ich! Bei uns wurde auch erst "gekämpft", als es darum ging Recht zu haben und Rechte durchzusetzen. Wir waren zwar schon vor der Geburt getrennt, aber von der ursprünglichen Kooperation blieb nichts übrig, als sich die Lage extrem zugespitzt hatte. Der KV hatte weder regelmäßig Besuchstermine wahrgenommen, noch sich in der Besuchszeit adäquat um das Kind gekümmert bis hin zur Gefährdung durch Vernachlässigung. Aber erst als ich sagte, dass ich ihm den Kleinen so nicht anvertrauen kann, rannte er dann gleich zum Anwalt, die Schreiben allein waren der Horror, ich bin echt in meinem Leben noch nicht dermaßen giftsprühend attackiert worden, dann wurden wir vor Gericht gezerrt etc. In fast einem Jahr nicht eine Erkundigung nach dem Kind, nur Mails an mich mit Vorwürfen und Attacken. Bei Gericht schaute er den Kleinen mit dem A**** nicht an. Recht bekommen hat er auch nicht, stattdessen BU. Aber jammert immer rum was er doch für ein toller Vater sei und dass ich ihm "völlig ohne Grund" sein Kind verweigere und wie unfair das sei, sein Kind "brauche" ihn ja schließlich. So eine Haltung wird von der Väterlobby zu 100% unterstützt und die fühlen sich durch diese EU-Resolution nur noch bestätigt.
Also nichts gegen Väter, die sich kümmern, aber diese Resolution macht es vor allem eben auch denen leichter, die nach dem Motto "alle Rechte, keine Pflichten" leben oder die einfach nur ihre Macht ausspielen wollen und denen das Wohl des Kindes einen feuchten Kehricht bedeutet, solange es nicht mit ihrem eigenen Wohl identisch ist.

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Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von zini4 am 13.07.2016, 20:04 Uhr

Ich selbst ( und im Freundeskreis) habe erlebt, das erst gekämpft wird, wenn es um Unterhalt geht.
Oder aus verletzem Stolz. Und nicht für das kindeswohl, sondern nur um der Mutter (und Ex) eins reinzuwürgen.
Während der Beziehung war es bequem. Frau kümmerte sich um alles und mit paar Minuten bespaßen waren die väterlichen Pflichten erfüllt.
Logisch, das die Frau beruflich kürzer tritt.

Aktuell bei mir: seit 7 Jahren kein Kontakt. KV oft unbekannt verzogen. Natürlich auch keinen Unterhalt gezahlt.
Jetzt könnte er Familienzuschlag bekommen und plötzlich erinnert er sich daran Kinder zu haben.
Dann hat er natürlich das Recht.... Aber Pflichten die hatte er nie!!!

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@ NussNou

Antwort von Ivette am 14.07.2016, 9:43 Uhr

Sehr gut geschrieben!

Die gleichen Erfahrungen habe ich auch gemacht. Ein narzisstischer KV, ein Querulant wie er im Buche steht, einer für den die "gemeinsame Sorge" lediglich ein Machtinstrument darstellte, Interesse am Kind: Null. - Einziges Ziel: Mir einen reinzuwürgen und das Leben schwer zu machen
Und genau diese Erzeuger profitieren von der "Pro-Vater Einstellung"

LG

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Das ist mir alles zu schwarz - weiß gedacht...

Antwort von Ralph am 18.07.2016, 20:13 Uhr

Nur weil ein Vater dem alten Rollenverständnis gemäß als Hauptverdiener fungiert und somit tagsüber meist abwesend ist kann ich ihm nicht vorwefen "zu pät gekämpft" zu haben.
Solange die Beztiehung intakt ist, kann er sich ja zumindest darauf verlassen, daß er a) bei allen wichtigen Fragen hinsichtlich des Kindes eingebunden ist/wird und b) er jederzeit auf sein Kind zugehen kann, ohne erst irgendwelche Wege beschreiten zu müssen, ob nah oder fern, damit meine ich Beschäftigung mit dem Kind im Feierabend/am Wochenende/jederzeit in den Urllaubswochen. Bei einer Trennung fällt diese Spontanität weg, da ist alles geplant, und während der Umgangszeiten müssen im Grunde das Kind/ der Vater gerade Lust aufeinander haben. Ist Papa nach einer schweren Schicht gerade gar nicht zu gebrauchen, ist das Kind enttäuscht, ist das Kind gesundheitlich angeschlagen und maulig, ist auch Papa nicht gerade erfreut.
Das ist zugegebenermaßen zwar halt auch Leben ("Alltag"), dennoch ist diese Art Alltag eben nicht mit dem Alltag vergleichbar, wie er in der vollständigen Familie stattfindet. Da können solche "Unpäßlichkeiten" einfach anders weggesteckt, wegorganisiert werden, weil die geplante Aktivität dann eben problemlos einen Tag/eine Woche geschoben wird, wie auch immer.

Ich z.B. habe mir auch nie Gedanken darüber gemacht, wie all die Dinge bei einer Trennung laufen sollen. Allerdings waren wir beide voll berufstätig. Ich wurde von der Trennung auch mehr oder weniger überrollt. Es kamen halt innerhalb von wenigen Tagen unglaubliche Dinge meiner Ex ans Tageslicht, sie wollte daraufhin die Trennung. Und da MUßTE ich mir auf einmal innerhalb kürzester Zeit sehr viele Gedanken über alle möglichen Dinge machen. Allerdings habe ich mir sofort professionelle Beratung geholt mit dem Resultat, daß beide Kinder bei mir blieben. Das war besonders für die Kinder zu Anfang eine Tragödie, und die Ex hat mir das soviel ich weiß bis heute nicht verziehen, aber es war der ausdrückliche Rat des JA.

Ich denke schon, daß sehr viele Väter da in eine soziale Falle tappen und anschließend zu schnell resignieren. Genauso gibt es eine Unzahl an Stoffel, die einfach nichts eingenordet kriegen und alles Porzellan zerschlagen.
Insoweit kann und darf man bei dem Thema nicht verallgemeinern.

Viele Grüße
Ralph

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Re: Sehr interessanter Beitrag aus der "EMMA", Juni/Juli 2016

Antwort von Jeckyll am 19.07.2016, 18:59 Uhr

Daumen hoch für Herrn König von mir

Jeckyll

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