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Geschrieben von Ralph am 02.06.2013, 16:27 Uhr

@maleja: Deine Postings kommen aber schon griesgrämig rüber... (lang)

..., also ob Du eine Pseudo-Diskussion führen wolltest.

Deine Frage ist allerdings berechtigt. Ein Blick in englische Tageszeitungen in den Wochen vor Wembley hätte eine ganze Menge Antworten geliefert.

Die Engländer, die ja nun wirklich nicht in dem Verdacht stehen, gegenüber dem deutschen Fußball im Allgemeinen und deutschen (National-) Mannschaften im besonderen besonders zugetan zu sein, haben sich in diesen Wochen mit dieser Frage sehr ernsthaft beschäftigt. Man ist auf der Insel nicht ganz zu Unrecht der Auffassung, daß der deutsche Fußball nach dem Ausscheiden im Viertelfinale bei der WM 1998 und dem Ausscheiden zwei Jahre später als Gruppenletzter (!!!) der Vorrunde bei der EM um das Jahr 2000 herum ziemlich am Boden lag. Und nun beginnt die Bewunderung auf der Insel: Der DFB analysierte "typisch deutsch" mit den Vereinen die Lage, es wurden neue Konzepte, auch in der Spielanlage, entwickelt und in den Vereinen umgesetzt. Das Ergebnis konnte man im Ansatz bereits bei der WM im eigenen Lande sehen, vollends sichtbar wurde es durch die junge Truppe vor drei Jahren in Südafrika, als Deutschland erstmals in seiner Fußballgeschichte nicht Fußball "arbeitete", sondern Fußball spielte. Die spielerische Überlegenheit über England und Argentinien ließ damals schon die Fußballwelt aufhorchen.

Desweiteren hat man in England als Grund ausgemacht, daß es in Deutschland die "50+1"-Regel gibt, d.h. daß es ist Deutschland schlicht unmöglich ist, daß sich ein Scheich oder russischer Milliardär einen Club einfach kauft und fortan dessen Belange bestimmt. Die Clubs hierzulande behalten das Heft des Handelns und damit auch die Kontrolle über die Nachwuchsarbeit.
Zusaätzlich die vergleichsweisen niedrigen Preise, die Stehplätze, das Bier im Stadion, alles zusammen als Nährboden für die Stimmung in deutschen Fußballstadien... das alles macht, für die Engländer, den "deutschen Fußball" aus.

Ein Leserbeitrag in einer englischen Zeitung (Sun oder Daily Telegraph, ich weiß es nicht mehr) hat in ähnlicher Weise wie Du herumgemosert von zusammengekauften Truppen, womit er Bayern UND Dortmund meinte. Ihm wurde, ebenfalls von einem Engländer, geantwortet, daß er doch bitte genauer hinblicken möge: Es wären, beide Mannschaften zusammengenommen, 15 Deutsche auf dem Platz gewesen. Wären zwei englische Teams im Finale in Wembley gewesen, "hätten wir froh sein können, wenn 5-6 unserer Jungs auf dem Platz gestanden hätten".

Desweiteren wurde auch mehrfach betont, daß die deutschen Clubs in der überwältigenden Mehrheit finanziell gesund sind. Auch wenn einige auf dem ersten Blick verschuldet sind, so stehen meistens Werte dagegen (beim HSV z.B. das fast fertig abgezahlte Stadion).

Diese Beispiele aus Sicht der englischen Presse sind m.E. sehr aussagekräftig, und dem kann man kommentarlos zustimmen.

Was die Bayern angeht, so haben sie in ihren ersten Bundesligajahren zunächst aufgeholt. Sie waren Aufsteiger, das sollte man schon erwähnen, und gegenüber den damals etablierten "Traditionsclubs" wie HSV, Köln, Schalke, Kaiserlautern und auch Dortmund zunächst scheinbar im Nachteil. Sie haben es aber geschafft, in wenigen Jahren, wie zeitgleich übrigens Gladbach mit seinen "jungen Fohlen", ein starke Mannschaft aufzubauen, mit der sie dann in den 70ern mit den drei CL-Siegen in Folge das erste Ausrufezeichen setzten. Daß Hoeneß seine Karriere gesundheitsbedingt relativ früh beenden mußte, erwies sich aus heutiger Sicht als Segen. Denn niemand außer ihm schätze das Potential des Fußball so realistisch ein wie er. Er hat, gerade mit Blick auf die Ligen in England und Südeuropa, nur folgerichtig und konsequent gehandelt. Die anderen deutschen Clubs hätten es ebenso machen können.

Die Bayern haben dann im Laufe der Jahre immer wieder die Meisterschaft gewonnen, aber auch hier wachte kaum ein anderer deutscher Club auf. Dortmund war nach dem gewonnenen CL-Sieg Ende der 90er mal auf demselben Pfad unterwegs, und ich weiß nicht, was seinerzeit schiefgelaufen ist. Leverkusen hatte auch einmal eine ganz starke Phase, auch wirtschaftlich, wenngleich bis heute ohne Titel.

Eines aber haben alle gemeinsam: Die Nachwuchsarbeit, und da ist der FC Bayern einer unter vielen.

Ich kann es nur immer wieder predigen: Die konstanten Erfolge des FC Bayern bringen Punkte für den DFB, wie die errechnet werden, weiß ich allerdings nicht. Auch die Finalteilnahme von Borussia Dortmund bringt solche Punkte, und damit Plätze für deutsche Mannschaften in der CL und EL. Das wiederrum bedeutet, daß (auch) deutsche Spieler internationale Erfahrung gewinnen, die dann der Nationalmannschaft zugute kommen. Wenn man die "schwarze FC Bayern-Brille" mal abnimmt, dann müssen auch diese FC Bayern-Kritiker doch diesen mittelbaren Zusammenhang (an-) erkennen.

Natürlich müssen wir in Deutschland aufpassen, daß wir hier keine italienischen, spanischen oder gar schottische Verhältnisse bekommen (in Schottland besteht die Liga ja eigentlich nur noch aus Celtic Glasgow...). Aber an vielem sind die Vereine auch selbst schuld. Ein nettes Drama kann man grade in Hamburg beim HSV erleben, beim 1.FC Köln scheint Fußball derzeit scheinbar auch eher die Nebenrolle zu spielen (ich glaube die von Stanislawski genannten Gründe nicht, so ist der nicht drauf), Schalke macht sich auf Vereinsebene das Leben auch immer zur Unzeit schwer, das wissen wir alle, auch die "Weiß-Blauen"... und in Dortmund ist man sich auch nicht immer einig (gewesen)...

Derzeit setzt der FC Bayern die Meßlatte, das sollte man sportlich anerkennen. Fest steht aber ja auch, daß das nicht immer so weitergeht. Man schaue auf Spaniens Nationalmannschaft, die sicherlich sich derzeit im Umbruch befinden und nächstes Jahr nicht mehr diesen überlegenen Fußball spielen wird. Es wird auch beim FC Bayern den Umbruch geben.

Und Maleja, was das "Wegkaufen" angeht, so macht das jeder Verein, auch Dortmund, Schalke und der VFB, nur gehen die eben nicht beim FC Bayern einkaufen, sondern bei Vereinen, die wirtschaftlich wiederum schwächer als sie sind. Aber im Grunde kann es doch auch gar nicht anders sein. Der beste Spieler von "Tus Nelke" kann nicht erwarten, daß er durch Vereinpatriotismus mit "Tus Nelke" deutscher Meister und ein JAhr später CL-Sieger wird. Er muß schon zum "1. FC Trudelsheim" wechseln, wo er hofft, vom Scout des KSC entdeckt ztu werden, von dort geht es, vielleicht, nach Stuttgart oder Hamburg... usw. usw., was ist daran jetzt schlimm oder gar perfide? Unterstellen wir dem jungen Mann doch bei seinen ersten Wechseln von der F-Jugend des Clubs A zur F-Jugend des Clubs B erst einmal ausschließlich sportlichen Ehrgeiz.
Wenn Du das bejahst, dann mußt Du diesen Ehrgeiz auch einem Manuel Neuer zugestehen.

Und der FC Bayern rettet (allein) nicht den deutschen Fußball. Dazu gehört mindestens 2/3 der Bundesliga plus die vielen, vielen kleinen Clubs mitsamt ihren ehrenamtlichen Trainer, die aus Liebe zu diesem Sport junge Knirpse ausbilden, die dann vielleicht irgendwann zu einem Nationalspieler werden, bei welchem Verein auch immer.

Und ein letztes: Auch Spieler wie Özil, Khedira, Mertesacker oder Podolski, unsere Legionäre, sammeln natürlich auch internationale Erfahrungen, bringen diese in die Nationalmannschaft ein und sind natürlich genauso Teil des deutschen Fußballs.

So, jetzt sind einige Diskurse im Beitrag, aber es gehört ja irgendwie alles doch dazu.

Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag
Ralph

 
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