zurück| Geschrieben von marcus67 am 09.03.2006, 23:07 Uhr |
Kindesvernachlässigung: Endlich durchgreifen
Hi zusammen,
habe gerade geschockt einen TV-Beitrag über Gegebenheiten im Umgang mit den eigenen Kindern in einigen Familien in Deutschland gesehen.
Mit einem 6jährigen Mädchen aus Norddeutschland z.B. beschäftigt sich seit ewigen Zeiten niemand, sie hängt alleine herum, niemand spielt mit ihr, die Eltern kümmert das aber einen Scheißdreck. Im Interview gestehen beide Erwachsenen, schon ewig nicht mit ihr gespielt zu haben. Stattdessen sitzen sie als arbeitslose Hartz-IV-Empfänger lieber den ganzen Tag vor der TV-Kiste und qualmen sich eine Zichte nach der anderen. Auf der Strecke bleibt dabei Julia (6), die sehen kann, wie sie mit (oder besser: ohne) solche Eltern über die Runden kommt.
Mir kam da echt die kalte Kotze hoch. Der 59jährige Vater meinte, "..er hat halt keinen Bezug zum Kind".
Solche Typen sind doch total asozial.
Ich will ja echt nix sagen, aber solchen Kraturen gehört endlich das Sorgerecht entzogen. Meldung ans Jugendamt, und dann die Kinder wegnehmen, ganz einfach.
Zum Glück sind die Ämter allmählich sensibler geworden, und sehen bei solchen Fällen inzwischen sehr genau hin.
Ich für meinen Teil hab meine Konsequenz gezogen: Ich gucke nicht mehr weg. Fällt mir in meiner Umgebung irgendwie sowas auf, schreib ich sofort 'ne Eingabe ans Amt. Den Rest können die Eltern dann dem Staatsanwalt erzählen.
Keine Gnade bei Mißhandlugen von Kindern!
LG
marcus67
Beitrag beantwortenRe: Kindesvernachlässigung: Endlich durchgreifen
Antwort von berita am 10.03.2006, 0:06 Uhr
Hallo,
naja, ganz so einfach ist es nun nicht, Kind wegnehmen und Problem geloest. Denn was wird dann aus dem Kind? Meistens wird es trotz allem an seinen Eltern haengen und ob es im Heim viel persoenliche Aufmerksamkeit bekommt, ist die Frage.
Wenn ein Kind in Gefahr ist, misshandelt oder missbraucht wird, sollte man es sich aus der Familie rausholen. Aber "nur", weil die Eltern nicht mit ihm spielen, sich wenig mit ihm beschaeftigen? Da kannst du viele Kinder ins Heim schicken.. Ich faende da eher intensive Gespraeche mit den Eltern angebracht, Familientherapie oder aehnliches.
Diese Hartz4-Klischees finde ich sehr einseitig dargestellt in den Medien. Dass Kinder wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung erfahren, duerfte in allen Gesellschaftsschichten vorkommen. Auch wenn andere mit teurem Spielzeug zugeschuettet werden, heisst das noch lange nicht, dass sie nicht einsam waeren.
Vielleicht waere der erste Schritt auch, sich als Nachbar einfach selbst mehr mit dem Kind zu beschaeftigen, eine Bezugsperson zu werden. Erfordert natuerlich mehr Engagment als Anzeigen aufzugeben.
LG
Berit
Re: Kindesvernachlässigung: Endlich durchgreifen
Antwort von marcus67 am 10.03.2006, 0:57 Uhr
Hi berita,
Zitat: ".... aber nur, weil die Eltern nicht mit ihm spielen, sich wenig mit ihm beschäftigen? Da kannst du viele Kinder ins Heim schicken."
Genau das ist ja das Problem, daß du offenbar verharmlost. Die Kinder verwahrlosen ja deshalb, weil sich eben niemand mit ihnen abgibt. Wird es für viele Kinder dadurch besser, das sich viele Eltern nicht mit ihnen beschäftigen? Genau das ist doch das Problem: Die Leute tolerieren es, wenn sich niemand der Eltern kümmert. Ist halt typisch deutsch. Geht mich ja nix an, was nebenan passiert...
LG
marcus67
Re: Kindesvernachlässigung: Endlich durchgreifen
Antwort von shelly77 am 10.03.2006, 7:18 Uhr
hallo,
vorsicht!
Antwort von shelly77 am 10.03.2006, 7:20 Uhr
hallo,
vorsicht mit solchen anschuldigungen.
als aussenstehender hat man gar kein rechg voreilige anschuldigungen zu machen.
shelly
Re: Oje...
Antwort von Bonnie am 10.03.2006, 9:54 Uhr
Hallo Marcus67,
ja, die radikalen Lösungen scheinen immer so einfach - Kinder wegnehmen, prima, aus, fertig. Ganz so einfach ist es aber nicht, wie immer im Leben. Denn ob man sich das vorstellen kann oder nicht: Auch die Kinder von asozialen Eltern lieben ihre Eltern über alles! Es ist auch für ein solches Kind eine seelische Katastrophe, von seinen Eltern getrennt zu werden. Es verliert dann alles, was es je hatte, jede psychische Basis, auf der es bisher stand. Solche Kinder sind schwer traumatisiert und null dankbar für die "Rettung". Im Gegenteil glauben sie, sie selbst würden mit der Trennung und dem Heim bestraft dafür, dass sie nicht lieb genug gewesen seien. So funktioniert die Kinderpsyche, egal was man dem Kind "eklärt".
Wenn ein Kind also nicht körperlich misshandelt oder körperlich vernachlässigt wird, überlegt sich das Jungendamt (zu Recht!) zehn Mal, ob es diese Maßnahme ergreift. Schlechte, uninteressierte Eltern sind nämlich immer noch besser als gar keine Eltern.
Bei Misshandlungen muss das Kind natürlich geschützt werden. Hier hilft es aber oft, der Mutter zu ermöglichen, den Vater zu verlassen. Häufig ist es ja der (trinkende) Vater, der Mutter und Kind schlägt. Eine räumliche Trennung kann dem Kind die Mutter erhalten und die Situation entspannen.
Versuche, weniger schwarz-weiß zu denken, eh? Man muss nicht gucken, wie die Welt idealerweise sein sollte. Sondern wie sie IST. Und dann die für das Kind verträglichste und am wenigsten traumatisierende Lösung finden. Der Kindes-Entzug sollte die letzte aller Möglichkeiten sein - wenn das Kind also wirklich körperlich vor Vater und Mutter geschützt werden muss.
Du hast aber Recht, dass man nicht weggucken darf, das sehe ich auch so. Ich glaube, es wird gar nicht soviel weggeguckt. Es ist einfach in der Großstadt so, dass man oft nicht wirklich mitbekommt, was bei fremden Familien los ist. Wo man etwas bemerkt, sollte man natürlich genauer hinschauen.
Gruß,
Bonnie
Re: Kindesvernachlässigung: Endlich durchgreifen
Antwort von sonne08 am 10.03.2006, 11:14 Uhr
Du hast ja im Ansatz recht, verlierst dich dann aber in Stammtisch-Parolen. So einfach ist das nicht, Kind raus, Ruhe. Leider nicht. Damit löst du nicht das Problem. Was wird aus dem Kind? Wie traumatisiert wird es durch ein Heim, ohne Eltern, die es trotz alledem liebt? Wichtiger sind Hilfen für die Familie vor Ort, Betreuungsangebote für das Kind (Hausaufgabenhilfe, warmer Mittagstisch, Spielangebote am Nachmittag) usw.
Wird ein Kind vernachlässigt, allein gelassen, misshandelt oder muss hungern - dann sofort raus. Da gebe ich dir Recht! Aber in dem von dir geschilderten Fall ist die Brechstange unangemessen. Damit ist niemandem geholfen, schon gar nicht dem Kind.
Ich mag diese Bildzeitung-Haltung nicht. Damit kriegt mal zwar viel Beifall, aber bis zu Ende gedacht sind solche Schlagzeilen selten.
Aber ich begrüße deine Einstellung, nicht mehr wegzuschauen. Das nehme ich mir auch vor. Und mit uns hoffentlich viele, viele andere auch.
Lina
Re: Kindesvernachlässigung: Endlich durchgreifen
Antwort von Mistinguette am 10.03.2006, 17:21 Uhr
Gerade gestern habe ich im Panorama einen Bericht über solche Kinder, die perfekt ihr DVD Player bedienen können und keine Erwachsene im Haus zu spielen haben. Meistens ist zwar jemand da aber diese Person ob Vater oder Mutter fühlt sich nicht dazu angesprochen mit dem Kind etwas zu unternehmen, sei es gemeinsam zu kochen.
Teilweise hatten Kinder noch nie eine Kartofel zubereitet und hatten noch nie eine Theater Veranstaltung gesehen.
Gott sei Dank für diesen Kindern können sie täglich eine KinderTreff Einrichtung besuchen und dort Gesunde Nahrung und interessante Aktivitäten erleben.
Schade, da die Eltern es nicht packen, jedoch haben keine dieser Kinder unglücklich ausgesehen, deshalb würde ich keinesfalls für eine Plazierung im Heim einfach so plädieren, selbst wenn ich nicht nachvollziehen kann, dass Kinder so wenig von zu Hause etwas mitbekommen, Liebe erfahren sie meistens auf eine andere Art und Weise, als wir es übliger Weise verstehen.
PS: Im Prinzipp hat meine Tochter es echt gut, ganztags super Kinder Garten und Abends ansprechbare Eltern, die sich freuen, ihre Prinzessin nach einem Ganzen Tag im Büro wieder zu sehen! Tja, sie weiss es nur nicht immer mit ihrer 3,5 J zu schätzen...
