Forum Aktuell

Aktuelles und Neuigkeiten

Fotogalerie

Redaktion

 
Ansicht der Antworten wählen:

Geschrieben von 58er am 28.11.2006, 10:27 Uhr

Contergan: Gestern vor 45 Jahren ...

... , also am 27. November 1961, wurde das seinerzeit als Wundermittel gepriesene Schlaf- und Schmerzmittel Contergan der Aachener Pharmafirma Grünenthal vom Markt genommen. Es ist die Geschichte des größten deutschen Arzneimittelskandals.

Contergan, das den Wirkstoff Thalidomid enthielt, war Ende der 60er Jahre in Deutschland als Schlaf- und Beruhigungsmittel gebräuchlich und galt seinerzeit im Hinblick auf Nebenwirkungen als besonders sicher.
Durch die Anwendung des Contergans in einem frühen Stadium der Schwangerschaft kam es jedoch zu schweren Missbildungen der ungeborenen Kinder. In den Jahren 1958 bis 1961 wurden weltweit etwa 10.000 Kinder mit Missbildungen der Gliedmaßen geboren. Davon allein in Deutschland, wo das Arzneimittel stark verbreitet war, ca. 6000 behinderte Kinder (ca. 3000 davon überlebten die ersten Monate nicht, weil Contergan auch die inneren Organe schädigt).
Besonders tragisch ist der Umstand, dass es mehrere Jahre dauerte, in denen missgebildete Kindern geboren wurden, bis endlich die Zusammenhänge mit der Einnahme von Contergan erkannt und vor allem anerkannt wurden und notwendige Schritte eingeleitet wurden.

Thalidomid ist übrigens in vielen Ländern der Welt wieder zugelassen, gegen Symptomen von Lepra, Aids und Krebs.

((Quelle: alles Zitate aus versch. Websites))

Mehr dazu u.a. unter:
http://www.quarks.de/dyn/10423.phtml
http://www.wdr.de/themen/homepages/contergan.jhtml



viele grüße von old mama
p.s. mich persönlich übrigens berührt das Thema v.a. nicht zuletzt deswegen, weil ich es meiner mutter zu verdanken habe, dass ich nicht auch eventuell contergangeschädigt bin. ihr wollte der arzt 1957 das Mittel verschreiben, als sie damals über schlaflosigkeit in der schwangerschaft klagte. aber das erschien ihr zu übertrieben, dagegen gleich ein medikament zu nehmen. sie trank lieber nährbier und ertrug die durchwachten nächte. eine andere frau in dem ort nahm damals das medikament und gebahr im selben jahr wie meine mutter ein Kind mit Conterganschäden.

 
7 Antworten:

Re: Contergan: Gestern vor 45 Jahren ...

Antwort von Romacel am 28.11.2006, 10:41 Uhr

Hallo,

ich habe im "Spiegel" einen Artikel darüber gelesen. Es ist ein Spielfilm darüber gedreht worden, der allerdings nicht gezeigt werden darf. Grünenthal hat dagegen geklagt, die Leute würden sofort ihre Arzneischränke durchwühlen und alle Grünenthal-Medikamente wegschmeißen (so ähnlich).

Wobei ich allerdings sagen muß, ein bißchen Schuld sind die Mütter schon, die Contergan genommen haben. Es war und ist nunmal so, daß man in der Schwangerschaft das eine oder andere Wehwehchen hat und schlecht schlafen gehört eben auch dazu.

Sicher war man früher nicht soooo aufgeklärt wie heute über schädigende Medikamente in der Schwangerschaft. Aber meine Mutter sagte auch, daß sie nie ein Schlafmittel genommen hätte.

Liebe Grüße Romacel!

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Contergan: Gestern vor 45 Jahren ...

Antwort von 58er am 28.11.2006, 19:33 Uhr

Ja, Romacel, aus heutiger sicht mag man den müttern mitschuld geben. meine mutter hätte es ja auch nicht genommen. aber bedenke, dass es fast ein halbes jahrhundert her ist. damals war die gläubigkeit an wissenschaft und medizin ungleich höher als heute. und ärzte waren in den 50ern nicht halbgötter in weiss, sonder götter in weiss, denen widerspruchslos geglaubt wurde. DASS wir inzwischen kritisch gegenüber medikamenteneinnahmen während der schwangerschaft sind, kam ja überhaupt erst durch den heilsamen contergan-schock. naja, und manche ärzte haben es ihren patientinnen förmlich aufgedrängt. ich denke, da hat die herstellerfirma einfach ein gutes marketing gemacht, so dass jeder arzt bis in den letzten winkel der damaligen BRD wohl auch selber an das wundermittel glaubte. ich habe vorhin mit einer freundin darüber gesprochen, und sie erzählte mir, dass ihre mutter die contergan-schachtel auf dem nachttisch liegen hatte, während sie mit der jüngeren schwester schwanger war, die 1961 auf die welt kam. der frauenarzt hat ihr immer und immer wieder nahegelegt, es zu nehmen, wenn sie nicht schlafen kann. dass die schwester kerngesund auf die welt kam, kam wohl nur daher, dass die mutter nicht das gottseidank kleine zeitfenster, während dem contergan sich schädigend auf den embryo auswirkt, bei ihren einnahmeterminen traf.


grüße von old mama

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Contergan: das schlimmste daran ist:......

Antwort von JOVI66 am 28.11.2006, 21:42 Uhr

...das die Firma grünenthal zwar im Nov/61´in Dtl. aus dem Verkehr gezogen hat, aber bis einschließlich 1962 noch Contergan nach Japan verkauft hat. Wusstet ihr das?
In Dtl. hat sich ein Prof (Lenz glaub ich hieß der) mit der Pharmafirma angelegt weil er aus eigener Tasche Untersuchungen zum Thema Contergan finanziert hat und daraufhin erst einmal von Grünenthal verklagt wurde. Der Prozess wurde dann zwar eingestellt, aber imerhin, die haben da auch 62 noch locker flockig weitergemacht.
Normalerweise müssten solche Manager strafrechtlich und zivilrechtlich verfolgt werden.
Gruß JOhanna

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Contergan: das schlimmste daran ist:......

Antwort von 58er am 28.11.2006, 22:38 Uhr

.... es wurde dafür ja nichts und niemand jemals zur rechenschaft gezogen. und die contergangeschädigten bekommen klitzekleine renten, von denen niemand leben kann.
zu hoffen bleibt, dass nicht wieder etwas ähnliches passiert. gefeit davor sind wir nicht. im kleinen passieren doch immer wieder ähnliche dinge. und bis heute kann die wissenschaft nicht begründen, warum der contergan-wirkstoff zu den missbildungen führt, im tierversuch laßt es sich auch nicht austesten, weil, wie ich las, ratten u.ä. anders funktionieren und reagieren bezüglich dessen. seinerzeit war es ja so, dass man es an schwangeren nie getestet hatte. naja, wie auch. anscheinend wird man da nur aus schaden klug? fragen über fragen. und die pharmaindustrie läßt sich nicht in die karten schauen. nachweislich sinken ihre investitionen in F&E, v.a. die deutschen pharmafirmen fallen diesbezüglich weit zurück im weltvergleich. man achtet nur noch auf die gewinnausbeute, aber macht zur verschleierung um so mehr werbung v.a. im TV, wie viel und toll man doch zum vorteil der menschheit forscht, einen pfeifendeckel machen sie. und ein alter tattergreis steht vor der kamera und muss beteuern, dass ihm die selbstlose deutsche pharmaindustrie mit dem neuen herzmittel das leben gerettet hat.

by the way: wer weiss schon, dass viele medikamente, wenn nicht meisten, die für kinder angeboten werden, nur an erwachsenen getestet wurden, oder dass medikamente nur an männern getestet werden und nicht auch an frauen, die aber anders reagieren. dazu weisst du, johanna, bestimmt mehr als ich. aber das ist doch auch so ein weisser fleck im pharmabereich, oder? diese nichttesten an gruppen, an die es nachher verabreicht wird. ja, und da sind wir mütter im geben von mitteln an unsere kinder vielleicht genauso bedenkenlos wie damals die frauen ende der 50er mit contergan, und es war teilweise nur glück, dass bisher nichts schlimmeres mehr passiert ist.


viele grüße von old mama

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Old Mama

Antwort von Alba am 29.11.2006, 10:43 Uhr

Was ist denn die Alternative?
Klar kann man an schwangeren Frauen nicht testen, und die Ethikkommision die Tests an Kindern zustimmt moechte ich sehen. Oder die Ethikkommision die zustimmen wuerde, dass man die ethnische Abstammung der Testperson mit einbeziehen darf. Dabei gibt es zB Herzmedikamente speziel fuer Kaukasier oder Afrikaner.
Medikamente die fuer jeden Patienten absolut sicher sind wird es wahrscheinlich nie geben. Die neuesten Ergebnisse vom Human Genome Project zeigen ja auch, dass Menschen sehr viel mehr genetische Diversitaet zeigen als bisher angenommen.

Ich vermeide Medikamente jeder Art so weit es irgendwie geht getreu dem Motto meiner Oma: des vergeht bis du heierst (heiratest auf Unterfraenkisch) und die Krankheiten die nicht von alleine vergehen, da nehme ich natuerlich Medikamente, aber durchaus in dem Bewusstsein, dass es immer ein Risiko dabei gibt.

VG,
D

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Contergan: Gestern vor 45 Jahren ...

Antwort von VeraM am 29.11.2006, 12:38 Uhr

Hallo !

Die Mutter meiner besten Freundin hatte es auch während der Schwangerschaft mit dem älteren Bruder zu Hause - der Arzt hatte es ihr unaufgefordert !! verschrieben. Zum Glück ist sie nicht so für chemische Medikamente, wenn nicht unbedingt nötig und hat sie nicht genommen.

LG
Vera

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: @58er

Antwort von JOVI66 am 29.11.2006, 22:24 Uhr

Ich denke das bereits hinreichend nachgewiesen ist, das Talidomid, die Einsprossung von embryonalen Gefäßzellen verhindert. Aus diesem Gtrund wird es auch zur Tumor ( Karzinombekämpfung) bedingt eingesetzt!
Gruß johanna

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.