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Geschrieben von Trixie Belden am 03.12.2023, 17:59 Uhr

Bitte um Rat von ADHS-Eltern :)

Hallo, ich kann Deine Sorge sehr gut verstehen. Unser Sohn, mittlerweile 8 Jahre und in der dritten Klasse, hat auch einiges mitgemacht. Wir natürlich auch - viele schlaflose Nächte.

Mein Mann hat bereits im Kindesalter die Diagnose ADHS bekommen. Seine Schullaufbahn war unterirdisch und er hat nun im Erwachsenenaltern die typischen Probleme inklusive Depressionen. Seine Mutter hat Medikamten strikt abgelehnt.
Als Erwachsener hat er selber es nie geschafft, sich therapieren zu lassen, trotz viel Streit usw.

Ich habe mir immer vorgenommen, dass ich es bei meinem Sohn nicht so weit kommen lassen werde. Bereits als 2jähriger gab es Probleme bei der Tagesmutter, dann auch im Kindergarten. Das Problem war, dass alle ihn für sehr schlau hielten, einschließlich des Kinderarztes, der keinen Handlungsbedarf sah. Er hat sehr früh perfekt gesprochen, nie grammatikalische Fehler macht, konnte auch sonst alles sehr früh,wirkte immer älter und galt als unterfordert.
Uns wurde dringend angeraten, ihn ein Jahr eher einschulen zu lassen. Das habe ich wegen der Probleme abgelehnt. Außerdem wäre er direkt im ersten Coronajahr eingeschult worden, so dass viel HomeSchooling angefallen wäre. Ich denke, in der Grundschule ist die Didaktik unheimlich wichtig, so dass es für mich auch ein Grund war, ihn ganz regulär einschulen zu lassen.
Sein Geburtstag ist im Frühling, so dass er ohnehin einer jüngeren Kinder war.

Das Schlimme war, dass mich als Mutter niemand ernst genommen hat, mein Sohn litt, weil er wegens eines Verhaltens nur Ärger bekam und schon mit 6 Suizidgedanken äußerte.
Da war es mir dann egal. Ich habe eine Psychiaterin gefunden, der ich das Problem zunächst schriftlich schildern konnte, so dass sie aufgrund des Leidesdrucks auf eine Empfehlung/ Überweisung des Kinderarztes verzichtete.

Lange Rede, kurzer Sinn: laut Testung ist mein Sohn wirklich schlau, aber die Konzentration/ Aufmerksamkeit ist komplett das Gegenteil.

In der Schule passte dann auch alles zusammen. Keine Konzentration, obwohl er alles konnte. Er wurde mit den Aufgaben nicht fertig. Hausaufgaben haben oft 2 Stunden gedauert, weil er aus dem Fenster sah und über alles andere nachdachte. Ich muss die ganze Zeit daneben sitzen, damit er überhaupt arbeitete. Ich selber war natürlich auch oft ungehalten und habe ihn leider auch ungerecht behalten.
Die Lehrer waren oft ungehalten, weil sie meinten, er würde doch alles können, seine Leistungen seien gut, aber sein Verhalten schwierig. Man müsse ihm alles 10x sagen (dann gab es Ärger, mein Sohn hat diese Aufforderungen aber gar nicht mitbekommen). Keine Struktur, Chaos auf dem Tisch (so dass er einen Einzelplatz bekam). Dazu kommt, dass seine Klasse insgesamt sehr unruhig ist und das Sozialverhalten vieler Kinder wirklich unterirdisch ist.

Wir haben beide hart gearbeitet. Mein Sohn hat alles mitgemacht, Konzentrationstraining zu Hause, Marburger Konzentrationstraining im Kurs, Ergotherapie ... . Ich selber bin zum Elterntraining gegangen - mehrere Monate. Ich habe versucht, Strukturen für meinen Sohn zu schaffen - das fing mit Wäscheklammern im Ranzen an. Rote Wäscheklammer an der Hausaufgabe vom Deutschheft z. B., so dass er im Unterricht nicht konfus suchen musste uns sich wieder den Missmut der Lehrerin zuzog. Nach einer Weile klappte es ohne, weil sich diese Struktur bei ihm im Kopf gebildet hatte (sage ich jetzt mal laienhaft).

Kurz vor Schluss des Halbjahres 2. Klasse waren wir beide sehr kaputt. Ich habe dann beschlossen, das ich es mit Medikamenten probieren möchte. Mein Mann war zunächst dagegen, hat dann aber zugestimmt. Wir mussten dann noch einige Testungen durchführen lassen, aber dann ging es los.
Gleich am ersten Tag mit Medikamten hat er seine Aufgaben im Unterricht vollständig erledigen können, seine Hausaufgaben waren innerhalb weniger Minuten erledigt. Wir waren so überrascht, dass wir dann gar nicht wussten, was wir mit dem Tag anfangen sollten :-).
Die Dosis wurde nach 2 Wochen einmal erhöht, ist aber immer noch im unteren Bereich. Sie genügt, damit mein Sohn über den Tag kommt. Liegt mal mehr an, können wir auch etwas erhöhen.
Er nimmt das Medikament seit ca. 10 Monaten und wir sind komplett baff, wie sich alles verändert hat. Der letzte Elternsprechtag war super. Er gehört zu den besten der Klasse, hält sich an alle Klassenregeln, ist organisiert, ... .Seine Lehrerin sagte, er können stolz auf sich sein.

Lediglich mit den Mitschülern gibt es in Bezug auf die Integration in den Klassenverband noch Probleme. Allerdings wurde uns gesagt, dass die Klasse insgesamt schwierig sei und es kein Einzelfall wäre. Die Sozialarbeiterin meinte auch, er wäre kopfmäßig sehr weit und denke sehr differenziert, was eben auch mal zu Problemen mit Mitschülern führen kann, die nicht so seien.

Wir haben ganz viel geschafft, was uns aber noch bevor steht, ist eine Therapie bei einem Kinder- und Jugendpsychologen. Mein Sohn hat wenig Selbstwertgefühl, was man jetzt deutlich merkt. Einen Therapieplatz haben wir noch nicht gefunden, bis es klappt, wird er von einer Heilpädagogin als Zwischenlösung behandelt.

Was ich mit diesem langen Beitrag sagen möchte: Bitte lass Dein Kind untersuchen und entsprechend testen. Nicht jedes Kind, dass sich im Unterricht daneben benimmt, ist unterfordert. Möglicherweise hat er ein ganz anderes Problem, das er in seinem Alter noch gar nicht beschreiben oder benennen kann. Selbst wenn Kinder sehr intelligent sind, kann es sein, dass sie an anderer Stelle Probleme haben und diese Fähigkeiten z. B. aufgrund der Konzentrationsprobleme nicht nutzen können. Es gibt nicht schwarz oder weiß, sondern eine Menge Farben dazwischen. NIcht zu unterschätzen sind in jedem Fall die psychischen Auswirkungen, die entstehen können.

Mein Sohn fühlt sich aktuell unterfordert und insgesamt hatten die Leute, die uns eine frühere Einschulung empfohlen haben, recht. Ich hatte aber auch recht, dass da ein Konzentrations- und Aufmerksamkeitsproblem besteht. Hätte man mir früher zugehört und mich ernst genommen, hätte ich viel eher etwas bewegen können und die Probleme wären gar nicht so arg geworden.

Es müssen nicht zwangsläufig Medikamente sein. Bei meinem Sohn war es der Befreiuungsschlag, bei anderen reicht vielleicht eine Ergotherapie o. ä..

Nach dem Erfolg, den mein Sohn jetzt zuverzeichnen hat, hat mein Mann sich übrigends auch zu einer Therapie entschlossen.

Ich wünsche Dir und Deinem Sohn alles erdenklich Gute und hoffe, dass Ihr bald eine Lösung findet.

 
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