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Geschrieben von +emfut+ am 04.06.2009, 9:48 Uhr

"Schuld"

Zwei Sachen zum Thema "Schuld":

Manchmal gibt es Dinge, an denen keiner wirklich "schuld" ist. Das ist manchmal schade, aber manchmal ist es auch gut, weil - siehe Punkt 2.

"Schuldsuche" lähmt in solchen Situationen. Man sucht den Schuldigen und versucht ihm klarzumachen, daß er schuld ist. Aber Schuldsuchen ist nicht hilfreich, weil es nichts ändert. Die Schuld kann in solchen Fällen ja nur im Nachhinein "zugeteilt" werden. Selbst wenn die Eltern also jetzt plötzlich einsehen würden, daß sie damals alles falsch gemacht haben - es ändert nichts. Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, daß sie das tun.
Dann hat man aber im Zweifel sein halbes Leben mit der Suche nach einem Schuldigen und dem Betteln um eine Ent-Schuldigung zugebracht - und wertvolle Zeit ist verlorengegangen.

Für mich ist das ein gesellschaftliches Problem. Heutzutage möchte man für alles und jedes einen "Schuldigen" haben, damit man ihn "bestrafen" kann, in der Hoffnung, daß es dem "Opfer" dann besser geht. Das gipfelt in der amerikanischen Unsitte, Opfer bei der Vollstreckung der Todesstrafe des Täters zuschauen zu lassen, weil man annimmt, daß sie dadurch ihren Opfertstatus überwinden und die Tat hinter sich lassen können. Es gibt Untersuchungen dazu, daß diese Hoffung fast nie erfüllt wird - meistens ist das Gegenteil der Fall. In der Zeit, die zwischen Tat und Strafe verrinnt, hat es sich das Opfer in seiner Opferrolle bewuem gemacht und kommt um so schwerer da wieder raus.

Im vorliegenden Fall wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Strafe, keine Ent-Schuldigung (im Sinne von "die Schuld wird gesühnt und daher aufgehoben") geben. Zumal die Grenzen zwischen Opfer und Täter verschwimmen. Fast alle Alkoholiker waren mal Opfer. Man kann ihnen höchstens die Unfähigkeit vorwerfen, diese Opferrolle zu überwinden. Aber kann man das, wenn man selber so in der Opferrolle verharrt, daß man weiter zwanghaft nach Schuldigen - also "Tätern" - sucht?

Ich habe selber meine gesamte Kindheit unter einer gefühlskalten Mutter gelitten, bis ich eine Therapie angefangen habe. Inzwischen weiß ich, warum meine Mutter so ist, wie sie ist. Sie wurde in meiner Sichtweise vom Täter zum Opfer, denn auch sie war Opfer einer gefühlskalten Mutter in einer gefühlskalten Umgebung. Wenn ich weiter forschen könnte, würde wahrscheinlich herauskommen, daß auch meine Oma das Opfer einer gefühlskalten Umgebung war. Und so wird die "Schuld" weiter und weiter in die Vergangenheit gereicht, denn die Kette geht endlos weiter. Wo sie angefangen hat? Das werde ich sicher nie erfahren.

So interessant es war, das herauszufinden - wirklich geholfen hat es nicht. Geholfen hat vielmehr, mich von den Erwartungen an meine Eltern zu befreien und mich um mich selber zu kümmern.

Deswegen von mir aus eigener Erfahrung: Schuldzuweisung ist maximal eine Nebenbaustelle, die Lösung liegt woanders. Im Endeffekt ist es egal, wer "schuld" hat, denn die Schuldsuche beschäftigt sich mit der Vergangenheit, und ändern kann ich nur die Zukunft.

Gruß,
Elisabeth.

 
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