Vegetarier zu Weihnachten

Würde ich für einen Chinesen Schlange machen?
Würde ich für einen Bolivianer Meerschweinchen kochen?

Oder kann ich von einem Türken Schweinshaxe verlangen?
Oder von einem Inder einen Rinderbraten?

Vegetarier haben eine bestimmte Lebenseinstellung, nämlich kein Tier zu töten - auch nicht für Gäste. Ein Vegetarier kann nicht abschmecken - will ich das dann überhaupt probieren? Für einen Vegetarier zu kochen ist einfacher - man lässt einfach das Fleisch weg.
Das beste Erlebnis hatte ich neulich auf einer Sportveranstaltung, als die Cafeteria organisiert wurde. Es wurde gebeten, auch auf vegetarische Salate zu achten, weil die Nachfrage bekanntlich gestiegen ist. Eine Mutti hat sich tierisch angemacht gefüllt, wie sie das denn machen solle. Sie lieferten dann einen Kartoffelsalat mit Gurke, Ei und Fleischwurst ab. War also völlig unmöglich, die Wurst, die bekanntlich zum Schluss reinkommt, einfach weg zu lassen. Die hatte dann von den anderen Müttern den Deppen-Oskar verliehen bekommen. Ganz nebenbei: man verkauft für die Vereinskasse, nicht für’s Ego. Die füllt sich aber nur, wenn genug Leute kaufen und die Zahl der Vegetarier ist nun mal gestiegen.
Ganz ehrlich: ich kann doch mal auf Fleisch verzichten, vielleicht gibt es auch mal ein besonderes vegetarisches Gericht.
Nun ist unser Kind Vegetarier, aus einem Spleen wurde eine Lebenseinstellung. Ich selber war 25 Jahre Vegetarier, aber Lebenseinstellungen ändern sich auch mal wieder.
Heute gab es Hirschgulasch und Rotkohl ohne Gänseschmalz, jeder wurde satt. Schmeckte auch prima. Beim traurigen Blick aufs Gulasch sagte ich, dass das Tier glücklich bis zum Schluss-Schuss im Wald lebte. Besser als Massentierhaltung. Und schon war Frieden im Karton.
Aber ich würde von einem Vegetarier nie Fleisch verlangen, schon gar nicht zum ach so besinnlichen friedlichen Weihnachtsfest-Essen. Nächstes Jahr kocht wieder jemand anderes und gut ist.