1. Schuljahr - Elternforum

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Geschrieben von Benedikte am 25.11.2007, 20:14 Uhr

Wer hat Recht? Eltern, Lehrer, Schueler?

Also,
angeregt durch den Beitrag unten, der ja aussagt, dass ein groesserer Teil der Lehrer Kinder nur quaelt, wuerde ich einmal gerne wissen, wen Ihr mehr im Recht oder Unrecht seht, Lehrer oder Schueler.

Ich meine, hier schreibt jeder sein posting ja ganz nach subjektiver Wahrnehmung hin- mit dem Erfolg bzw. der Konsequenz, dass man ihm natuerlich ueberwiegend Recht gibt.

Wie seht Ihr das aber, wenn es nicht um einen subjektiven Einzelfall geht.

Ich schildere mal beispiele: Ich hoere und lese immer wieder von Lehrern, die feststellen, dass Kinder zunehmend unkonzentriert sind und steter individueller Betreuung beduerfen- mithin schwer in einer Klasse zu beschulen sind. andererseits schreiben immer viele Eltern, dass ihr Kind sich langweilt und der Lehrer es nicht ausreichend individuell foerdert.

Wen seht Ihr da im Recht?Im Normalfall? Sollten Eltern ihren Kindern nicht auch mal klarmachen, dass es 30 Kinder in einer Klasse gibt und eben viele schneller als der Durchschnitt sind? Man also auch schonmal warten muss? Oder muessen Kinder flaechendeckend bespielt und unterhalten werden.

Es gibt immer mehr Kinder mit lern- oder Verhaltensstoerungen, Eltern beschweren sich, dass Lehrer auf ihr Kind nicht genuegend eingehen, zu repressiv sind, das Kind als Belastung begreifen.Lehrer empfinden diese Kinder als schwer zumutbar wenn sie fuer den Rest der Klasse Unterricht machen sollen. Muessen die Lehrer Eurer Ansicht nach mehr auf die Schwierigkeiten der lern- und verhaltensgestoerten Kinder Ruecksicht nehmen ( und die " normalen" Kinder mehr sich selber ueberlassen- das ist ja die Kehrseite) oder muessen sie zunaechst den " normalen" Schuelern zum Schulerfolg verhelfen mit der Konsequenz, dass man sich weniger um problemschueler kuemmert.

In Berlin gibt es auf den Gymnasien immer mehr Schwierigkeiten mit dem fortgefuehrten Englischunterricht.Die Kinder lernen jetzt ab Klasse drei englisch und es wird in Klasse 5 bzw. 7 erwartet, dass sie gute Vorkenntnisse haben. An vielen Grundschulen wird englisch jedoch eher auf Kindergartenniveau uterrichtet, also sehr spielerisch, Kassetten anhoerend, singend- immer den Spassfaktor im Vordergrund, aber die gammatischen grundlagen vernachlaessigend. Die Gymnasiallehrer setzen das aber voraus- und die Arbeiten fallen teilweise sehr schlecht aus.Sind die Gymansiallehrer schuld- muessen die ihren Unterricht nach unten nivellieren und auf den Lehrplan pfeifen? Oder sind es die grundschullehrer schuld, die sich natuerlich mit singen und tanzen den Englischunterricht leicht machen? ( Zitat der Eltern dann regelmaessig- bei Frau XY auf der Grundschule war sie immer sehr gut in englisch).

Jedenfalls- meint Ihr, dass die Lehrer immer uebler werden und nur noch der Ausschuss Lehramt sydiert? Oder werden die anforderungen immer hoeher, die Eltern bei nachlassenden Erziehungsfaehigkeiten immer anspruchsvoller ( ich lese auch immer mit grossem Interesse, dass Kinder, deren Verhaltensweisen ich als bedenklich- diplomatisch formuliert- bezeichnen wuerde, von ihren Eltern als hochbegabt bezeichnet sehe ( aber unterfordert durch den Lehrer weshalb der auch wieder schuld ist am schlimmen Verhalten). Ueberhaupt bin ich immer ueberrascht, wieviele Hochbegabte es gibt. Nach Gausscher Verteilungskurve liegt die Rate bei 2 %- wenn man aber so herumliest im Internet, liegt sie mindestens bei 30%.

Also- wo seht Ihr die groesseren Probleme? Schule, Eltern, Lehrer?

Benedikte

PS- ich bin meist nur noch am WE hier vertreten. Kann also sein, dass ich nicht sofort antworte, werde den thread aber im Auge behalten.

 
10 Antworten:

Ganz klar: schuld sind immer die anderen

Antwort von KH am 25.11.2007, 20:33 Uhr

D.h. aus Lehrersicht die Kinder und deren Eltern, die ihre Kinder nicht erziehen, die sie zu wenig fördern oder unter Druck setzen. Oder der Vorgänger-Lehrer, der Kindergarten. aus Sicht der Kinder natürlich die Lehrer und die Schule: Unterricht ist ja so langweilig und die anderen Kinder entweder Streber oder dumm, Schleimer oder Petzen oder oder oder. aus Sicht der Eltern ist natürlich der Lehrer schuld, der mein Kind nicht so fördert, wie es das braucht, der zu streng oder zu wenig streng ist. Im Zwiefelsfall gibt es dann noch das System oder die vorhergehenden Lehrkräfte.
In einem Satz: die größten Problem liegen in der selektierten Wahrnehmung. Den Splitter im Auge des anderen sehen wir, aber die Balken im eigenen nicht. Und über Lehrer geschimpft wurde zu allen Zeiten, nur macht es das Internet jetzt in größerem Rahmen möglich. Es wurde auch zu allen Zeiten versucht, die Schule zu reformieren. Und es gibt immer und bei allen Gruppen solche und solche, es gibt üble Lehrer und gute Lehrer, es gibt üble Kinder und "gute" Kinder, es gibt üble Eltern und gute Eltern. Die Frage ist nur, wie definiere ich gut?

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Re: Wer hat Recht? Eltern, Lehrer, Schueler?

Antwort von glückskugel am 25.11.2007, 20:59 Uhr

Huhu,

also zunächst mal: Ich finde, es wird viel zu viel schwarz gemalt. Man kann natürlich immer die Extrembeispiele thematisieren. Würde man hier aber mal fragen, wie viele Eltern mit dem aktuellen Klassenlehrer ihrer Kinder zufrieden sind, wären das wahrscheinlich ziemlich viele (kann das ja gleich mal ausprobieren). Und würde man umgekehrt die Lehrer fragen, würden die meisten auch hauptsächlich gute Worte über die meisten Schüler finden.

Ansonsten kann man wohl kaum pauschal sagen, wer "Schuld" hat. Das ist eine komische Frage. Schließlich kommt das doch immer auf den Einzelfall an.

Das meiste liegt sicher im System selbst: übergroße Klassen, Selektion zu einem viel zu frühen Zeitpunkt, unnötige, verfrühte und zum Teil ungerechte Leistungsbewertung etc.

Ansonsten sollten immer beide Seiten erst einmal vor der eigenen Tür kehren. Das ist doch immer so ;-)

LG,
Stefanie

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Re: Ganz klar: schuld sind immer die anderen

Antwort von monstermaja am 25.11.2007, 21:05 Uhr

der beitrag gefällt mir sehr gut.
klar sieht man sich selbst nicht gern im unrecht. es ist immer leichter, die schuld weiter zu geben.
ich für meinen teil arbeite sehr gerne mit jugendlichen. ich unterrichte in einer hauptsschule, habe eine neunte klasse. das ist natürlich anders als eine erste klasse. hier sollten liebevoller umgang und feinfühligkeit groß geschrieben werden. ich bin natürlich zu meinen auch lieb und nett, da muss man aber manchmal einen anderen ton anschlagen.
das schwierige für mich ist, dass es immer ein paar querschläger gibt. der großteil ist lieb und will gerne lernen, aber durch die wenigen "schlimmen" sieht man vielen tollen oft nicht.
so ist es wohl auch mit dem blick der eltern auf die lehrer

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Das kann man doch so individuell gar nicth sehen.

Antwort von tinai am 25.11.2007, 22:09 Uhr

Wenn eine bisher unauffällige Klasse plötzlich problematisch wird, zu laut und unkoordiniert nach dem ein Lehrerwechsel stattgefunden hat (so bei meinem Sohn), dann würde ich schon erst einmal beim Lehrer ansetzen. Denn die anderen Fachlehrer, die ihnen erhalten geblieben sind, sehen das nicht so.

Wenn statt wie früher vielleicht 1-2 verhaltensauffällige Kinder jetzt 5-10 in einer Klasse sind (so bei meiner Cousine zur Zeit), dann bedarf es schon besonderen pädagogischen Geschicks, da noch zurecht zu kommen und nicht mit den Kindern an ihren zum Teil emotional armseligen Verhältnissen zu verzweifeln (Hauptschule).

Wenn im Gymnasium mehr erwwartet wird, als objektiv in der Grundschule angelegt wird, so ist das grundsätzlcih ein Problem des Systems und weder eines der Eltern noch der Lehrer und dann sollten sie gemeinsam versuchen etwas zu erreichen.

Was Du zu den hochbegabten Kindern sagst, kann ich nicht nachvollzhiehen, ich empfinde das überhaupt nicht so.

Was aber sicherlich ganz normal ist, ist dass Eltern sich vor allem dann mitteilen, wenn es ein Problem gibt und deswegen ist nicht die Zahl der Beiträge einer bestimmten Färbung repräsentativ.

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Lange Rede, kurzer Konsens

Antwort von momworking am 25.11.2007, 22:28 Uhr

Hallo Benedikte,
schön von dir zu lesen!

Die Frage wer im Recht oder Unrecht ist in schulischen Belangen ist in etwa so einfach zu beantworten, wie die Fragen nach der Henne und dem Ei.

Ich glaube nicht, dass es "nur" die Lehrer sind, die sich immer mehr hängen lassen und unter schwierigen Repressalien der Schulbehörden resignieren.
Genausowenig sind es aber "nur" die Schüler, unter denen die Anzahl derjenigen, die irgendeine "Störung" nachgewiesenermaßen vorzuweisen hat, stetig ansteigt.

Ich denke, dass es vielen Menschen verloren gegangen ist, in Kindern und Jugendlichen unterschiedliche Individuen zu sehen, die alle unterschiedliche Biographien haben, die alle unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen und die alle unterschiedliche Ziele verfolgen.
Es ist "unmodern" geworden, "anders" zu sein. Auch unter Kindern.

Bevorzugt und gefördert wird eine Konformität der Masse. Wer da schon in frühen Jahren herausfällt ist schlecht dran.

Stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist, wenn ein Kind aus irgendwelchen Gründen aus der Masse heraussticht? Ist es die Erziehung der Eltern? Ist es die Unfähigkeit der Lehrer, alle Kinder gleich zu machen?
Wohl eher nicht.
Es liegt einfach in der Natur der Dinge, dass kleine Menschen sich unterschiedlich entwickeln und unterschiedliche Fähigkeiten haben.

Das passt aber nun so gar nicht in unser Denken, denn es macht Angst:
Den Eltern macht es Angst, denn sie suchen eine Norm, nach der sie ihr Kind messen können, nach einem Richtwert für spätere Erfolgsaussichten und Lebensperspektiven.
Den Lehrern macht es Angst, denn was sollen sie denn bewerten? Auf welcher Grundlage denn, da muss es doch Richtlinien geben, wie denn sonst?

Also legen die Erwachsenen in beiderseitigem Einvernehmen Richtlinien fest, in denen kindliche Entwicklung vonstatten zu gehen hat.

Die Kinder, die sich standhaft weigern, so zu funktionieren, werden nicht etwa nach den Gründen gefragt, sondern ihr Verhalten wird pathologisiert, sie werden als "krank" bezeichnet und so lange diagnostiziert, bis sich eine Begründung (vorzugsweise medizinischer Art) für ihre Unangepasstheit gefunden hat. Dabei sind sich alle beteiligten Erwachsenen erstaunlich einig.

Weder Lehrer noch Eltern sind in der Lage hinzunehmen, dass ein Kind eben nicht rechnen oder schreiben kann. Niemand gibt dem Kind Zeit, sich zu entwickeln, keiner bringt die Geduld und Gelassenheit auf, es gewähren zu lassen und vor allem:
Kaum einer der beteiligten Erwachsenen vertraut den Kindern.

DAS sehe ich als das Hauptproblem.

Wir leben in einer Zeit, in der wir meinen, alles logisch zu durchdenken und rationale Schlüsse ziehen zu müssen. Wir leben in einer Zeit, in der es wichtiger ist, landesweit normierte Tests zu schreiben, als individuelle Interesse zu wahren.

Im Grunde wollen alle Erwachsenen das Gleiche:
Das normierte Kind.

Dann gäbe es keinen Zoff mehr unter den Erwachsenen, in dem sie sich gegenseitig die Schuld zuschieben können, über zu einfach oder zu strenge Tests, über zu sanfte oder zu strenge Lehrer, über zu nachgiebige oder zu fordernde Eltern.

Die Diskussion über die Form des Fremdsprachenerwerbs würde sich erledigen, denn alle normierten Kinder lernen gleich und damit ist es egal, welchen Ansatz (authentisch oder wissenschaftlich) man wählt.

Das Lehramtsstudium wäre eines der einfachsten überhaupt, denn es gäbe keine Diskussionen über Erziehungsalternativen, wofür auch, schließlich gäbe es nur einen Typ Kind.
.
.
.


Wäre das nicht grässlich?

Wer ist also schuld an den Endlosdiskussionen über pädagogisch-methodisch-didaktische Entscheidungen?

Ganz einfach: Unsere Kinder, die GsD so sind wie sie sind, die sich in keine Norm pressen lassen und dadurch uns Erwachsene mit unseren ganzen Theorien immer wieder zweifeln lassen.

Und weißt du was?
Ich finde das toll!!!!!!

Wer ist also im Recht?

Meine Antwort: Es gibt keine objektive Antwort, denn das Leben ist nicht objektiv und die Menschen können es sowieso gar nicht sein.

VlG
Annette

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jeder ein bischen?

Antwort von TineS am 25.11.2007, 23:23 Uhr

Wir hatten letztens die Diskussion hier im realen leben. Es ging darum, wie zufrieden die 2. Klassen mit ihren Lehrern sind.

Letztendlich haben wir festgestellt, wir müßten ein paar Schüler tauschen können, dann würde es für uns augenscheinlich erstmal wieder besser passen.
Leider geht das nicht so.

Schuld ist nie immer einer alleine denke ich. Oft ist es ein Kreislauf, der schwer zu durchbrechen ist, wenn es Probleme gibt.

Bei uns in der Schule ist es so, das sich nichtmal die Lehrer einig sind, wie etwas zu unterrichten ist. So führt es dazu,das in der 2. Klasse die a Klasse weit hinter der b Klasse ist.

gruß

tine

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Re: Wer hat Recht? Eltern, Lehrer, Schueler?

Antwort von +emfut+ am 25.11.2007, 23:49 Uhr

Ich stimme zu 90% momworking zu.

Aber nicht ganz.

Es stimmt, daß die Kinder einfach nicht normiert werden können. Daß aber der Drang da ist, Kinder zu normieren.

Aber ich sehe da nicht so sehr einen Eltern-Lehrer-Konsens am Werk, der die Kinder außerhalb der Norm vorfindet und dann entsetzt reagiert.
Ich sehe das als ein System-Problem.

Natürlich ist mein Eindruck nicht objektiv sondern von meinen Erfahrungen geprägt.
Fumi ist so ein "ungenormtes Kind". An der Grenze zur Hochbegabung, aber hochgradig lesgasthen und ADS ohne H.
Ihre Grundschul-Lehrerinnen waren beide supergut. Der Ansicht war ich und bin ich immer noch. Engagiert, liebevoll, interessiert - ein Traum. Trotzdem wurde die Legasthenie erst in der 3. Klasse diagnostiziert. Weil sie eben so schlau ist und viel kompensieren konnte. Weil da an Methoden gehangen wurde, die der letzte Schrei waren, und das Kind hinter den Methoden zurücktreten mußte. (Die Lehrerin, die sie in der 1. und 2. Klasse hatte, hat die Methode inzwischen angepaßt - sie hat wohl gelernt - was definitiv für sie spricht.) Und nicht zuletzt, weil ein rennomierter Psychiater in der 2. Klasse die Lagsthenie nicht erkannt hat (dafür können die Lehrer wirklich nichts).

Ich fand und finde das System zu insulär. Da ist die Schule. Nette, engagierte Lehrer. Da ist der Hort. Liebevolle, engagierte Erzieher. Da ist dei Schulpsychologin, die für einen ganzen Schulbezik zuständig ist und diese Schule nur ein Mal die Woche besuchen kann. Da ist der Psychiater, der das Kind zwei Mal zwei Stunden anschaut und testet. Da ist der Kinderarzt, der sehr kompetent und engagiert ist. Und irgendwo in der Mitte sitze ich als Mutter, mit dem Kind - symbolisch - auf dem Schoß und muß als Laie die Erkenntnisse des Psychiaters A zur Schulpsychologin B bringen. Die Probleme, die der Horterzieher C mit dem Kind hat, muß ich der Lehrerin D erzählen. Der Kinderarzt E hat auch eine Meinung, aber der Horterzieher C hat keine Zeit und keine "Weisung", mit dem Arzt E zu sprechen, mal davon ab, daß er ausbildungsmäßig überfordert ist. Die Lehrerin D weiß auch nicht, was sie den Arzt E und den Psychiater A fragen soll, das müsse doch die Schulpsychologin B machen, aber die kennt das Kind ja gar nicht wirklich, der liegt nur der Bericht des Psychiaters A vor, der das Kind aber auch nur 4 Stunden gesehen hat.
Und die arme Mutter M hat keine Ahnung, was ein T-Wert ist, was der Unterschied zwischen ADS und ADHS ist, scheitert an den Fachfragen, die auf sie einprasseln, denn eigentlich möchte sie am liebsten, daß jemand sie in den Arm nimmt und sagt: "Wir schauen jetzt mal, was wir GEMEINSAM tun können, daß es dem Kind gut geht und daß es seine Talente und Stärken leben kann - und daß es lernt, seine Schwächen auszugleichen."

Und das ist auch das, was mich an der Privatschule, auf die Fumi jetzt geht, so begeistert: Die Kommunikation zwischen Legasthenie-Experten, Lehrern, Tutoren etc. geht nicht VIA Mama. Die reden direkt untereinander. Was nicht heißt, daß ich ausgeschlossen bin, wirklich nicht. Aber ich muß keine Fachbegriffe, die mir nix sagen, von einem zum anderen tragen. Ich kam mir früher manchmal vor wie bei der "Stillen Post".

Das System hier hat kein System. Es ist Wischiwaschi. Für eine Mutter ist es ein Vollzeitjob, ein Kind zu haben, das aus dem Rahmen fällt. Und gleichzeitig ist der Rahmen so eng, daß immer mehr Kinder rausfallen. UND - der größte Systemfehler, meines Erachtens - wenn man einmal rausgefallen ist aus dem Rahmen, kommt man nur sehr schwer wieder rein. Umwege sind nicht vorgesehen.

Schuld? Ich sehe die "Schuld", wenn man es so bezeichnen will, bei den Leuten an den grünen Tischen. Nicht die Eltern, nicht die Lehrer, sondern die, die die Vorgaben machen.

Gruß,
Elisabeth.

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Re: Wer hat Recht? Eltern, Lehrer, Schueler?

Antwort von Pemmaus am 26.11.2007, 14:24 Uhr

Eine interessante Frage und ich sehe es so wie Du Benedikte: Recht hat immer der, aus dessen Blickwinkel es passt.

Momworking, Du hast auch Recht. Man versucht die Kinder zu "normen". Aber wie soll es denn auch anders vonstatten gehen? Da müsste ja jedes Kind einen Privatlehrer haben, dass es individuell fördert. Also werden unseren Kinder in Klassen zusammengefügt ... die dann alle ein und denselben Stoff lernen sollen. Die Grenze zieht man hier erstmal altersmäßig. Wie will man sie auch sonst ziehen. Kinder gleichen Alters haben annähernd den gleichen Entwicklungsstand. Um diese Kinder in etwa auf ein Niveau zu bekommen, müssen manche Kinder hart arbeiten, andere wiederum langweilen sich. So ist es nun einmal. Wie schon oben gesagt, um jedes Kind individuell zu fördern, braucht man sonst pro Kind einen Lehrer.

Was diese Sache mit ADS und ADHS angeht ... das gab es schon immer. Meine persönliche Meinung ist dazu, dass das Ganze hier dramatisiert wird. Durch die Masse an Tests, die diese Kinder über sich ergehen lassen müssen, wird den Kindern von vornherein signalisiert: Du bist anders, mit dir stimmt was nicht. Und sicherlich werden auch einfach - vielleicht - kleine erzieherische Versäumnisse mit Krankheit erklärt. Ist ja einfacher als sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Zu meiner Schulzeit waren solche Kinder eben Klassenkasper oder Träumer und niemand kam auf die Idee, irgendwelche Medikamente in sie hineinzustopfen.

Ich selbst habe so einen hyperaktiven Mann in meinem Bekanntenkreis. Mit dem bin ich in eine Klasse gegangen. Der ist regelmäßig jeden Tag vor die Tür geflogen und hat selbst von dort aus noch die ganze Klasse abgelenkt. Auch heute möchte ich ihn noch immer als hyperaktiv bezeichnen. Aber er nutzt heute seine Hyperaktivität zu seinem Vorteil aus. Er ist immer in Action. Putzt die Bude, kocht essen ist angesehen in seinem Job als Handwerker - er ist sehr flink und trotzdem genau ... hat eine hohe Allgemeinbildung (in der Schule wurde er früher eher als doof bezeichnet) und bei dem, was er in der Schule veranstaltet hat, hätte ich nie gedacht, dass bei ihm so viel hängen bleiben kann. Das Einzige, was er nicht beherrscht ist Rechtschreibung und das gibt er auch offen zu. Aber NIEMAND wäre auf die Idee gekommen, meinen Bekannten mit Medikamenten ruhig zu stellen.

Andererseits gab es aber bei uns auch Lehrer, bei denen unsere ganze Klasse überhaupt nicht aufgepasst hat und welche, an deren Lippen wir gehangen haben, weil sie so einen interessanten Unterricht gemacht haben.

Genau solche verschiedenen Kinder und Situationen gibt es natürlich heute auch ... jedoch wir neigen dazu, alles zu damatisieren. Früher gab es natürlich auch keine Foren, die einen solchen Gedankenaustausch zugelassen haben. Denn wer traut sich schon im reellen Leben die Lehrer/in so anzusprechen, ihre Arbeitsweise zu kritisieren wie es hier im Forum der Fall ist... OK dafür sind die Foren da... und deshalb werden hier auch sicher (fast) nur Extremfälle diskutiert.

LG
Pem

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Re: Wer hat Recht? Eltern, Lehrer, Schueler?

Antwort von +emfut+ am 26.11.2007, 15:01 Uhr

Frag Deinen Bekannten doch mal, ob es ihm gut ging damit, seine halbe Schulzeit vor der Tür zu verbringen. Ob die Rolle als Klassenkaspar ihm Spaß gemacht hat.

Die Regel bei Medis und AD(H)S lautet: Medis gibt es, wenn DAS KIND (nicht die Eltern, nicht die Lehrer, nicht die Mitschüler) unter der Situation leidet. Und ich kenne inzwischen Kinder, die jahrelang der Klassenkasper waren, aber deswegen regelmäßig zu Hause ganze Eimer vollgeheult haben - weil sie nach außen wie der lustige, nette, etwas tollpatschige Clown aussehen, aber innen drinnen ganz gerne etwas ganz anderes wären.

Im übrigen ist eine unerkannte AD(H)S eine der wichtigesten Ursachen für Depressionen im Erwachsenenalter. Zum Teil eben wegen der Inkongruenz von innen und außen, aber auch, weil man als AD(H)S-ler leider ganz oft unter seinen Möglichkeiten bleibt.

Entschuldige bitte, daß ich als betroffene Mutter das nicht so leicht abtun kann und werde.

Gruß,
Elisabeth.

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@+emfut+

Antwort von Pemmaus am 26.11.2007, 16:57 Uhr

Wir hatten dieses Thema mit unserem Bekannten schon des Öfteren.

Ja, er hat schon unter der Situation damals gelitten, immer vor die Tür zu müssen. Zumal seine Oma Lehrerin war und für sein Verhalten überhaupt kein Verständnis hatte (man wusste ja über ADHS nichts). Er hat durch sein Verhalten keinen Schulabschluss bekommen, weil er durch seinen Blödsinn einfach viel zu wenig aus dem Unterricht mitgenommen hat. Und er sagt heute noch (bei uns war es nicht so einfach möglich, nach der 8. Klasse von der Schule abzugehen), dass man dann seine Noten künstlich aufgebessert hat, damit er eine Lehrstelle nachweisen konnte und nicht mehr die Schule durcheinander gebracht hat.

Trotzdem sagt unser Bekannter, dass er froh ist, dass damals keiner mit irgendwelchen Medis an ihm rumprobiert hat. Vielleicht hätte der die eine oder andere Schulnote besser gehabt ... aber hätte ihn das auch weiter gebracht???? Hätte er vielleicht studieren sollen??

Er hat immer Jobs gehabt, in denen er seine Hyperaktivität in Energie umwandeln konnte. Damit fährt er sehr gut. Bei seinen bisherigen Arbeitsstellen war und ist er immer angesehen. Und glaube mir, von Depressionen ist dieser Mensch meilenweit entfernt.

Ich habe übrigens auch einen Freundin, deren Sohn ADHS hat. Die Zeit, in der der Junge Medis genommen hat, war für den Sohn schlimm. Er hatte ohnehin stark mit den Nebenwirkungen zu kämpfen und hinzu kam die Psyche "Mit mir stimmt was nicht". Die Medis wurden wieder abgesetzt und es wurde akzeptiert, dass der Junge so ist, wie er ist: sehr lebhaft, mit Defiziten in der Aufmerksamkeit, oft schon frech... aber auch liebenswürdig.

LG
Pem

LG
Pem

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