kann man mit einem partner ein leben lang glücklich sein?

Meine Oma hat mit 17 geheiratet und war über 60 Jahre sehr glücklich verheiratet, bis ihr Mann starb. Sie hat ihn sehr vermisst.

Aber: Sie hatte auch noch ganz andere Ansprüche an die Ehe als man sie heute hat. Dauerschmetterlinge und 60 Jahre rosarote Brille gehörten einfach nicht in das Erwartungsspektrum. Man war für sein Glück und seine Zufriedenheit selber verantwortlich. Meine Oma hatte immer ihr eigenes Leben und wenn sie mal unzufrieden war - was selbstverständlich vorkam, wer ist schon immer und ewig glücklich und zufrieden - hat sie sich selber drum gekümmert und nicht erwartet, daß ihr Mann sie wieder glücklich macht. Umgekehrt genauso. Und meine Großeltern haben einander respektiert. Sie haben den jeweiligen Partner so gesehen, wie er war - mit Grenzen und Schwächen - aber sie haben die Fehler des jeweils anderen niemals gegen ihn verwendet und sich niemals über den anderen gestellt. Sie hatten sehr viel Humor, das hilft, glaube ich. Außerdem gab es ja nicht wirklich eine Alternative - beide hätten sich niemals scheiden lassen, das war einfach keine Option. Dann arrangiert man sich vielleicht auch mit Dingen, auch wenn sie nerven. Man lernt, mit den Schwächen des Partners genauso zu leben wie mit den eigenen Schwächen. Vielleicht hat auch geholfen, daß die größten Probleme von außen kamen - der Krieg, die mehrfache komplette Veränderung des Lebens - da fällt die offene Zahnpastatube oder die komische Art, wie er sich beim Essen in den Zähnen herumbohrt oder was der banalen Scheidungsgründe mehr sind gar nicht ins Gewicht.

Das Wichtigste ist aber in meinen Augen die Erwartungshaltung. Die Ehe war damals in erster Linie eine Zweckgemeinschaft - bei der es half, wenn man sich (sehr) mochte. Wenn Du weißt, daß Du den Kerl (bzw. die Frau) nicht los wirst - dann verzeiht man einiges, an was man sich heute hochziehen würde.

Meine Eltern sind seit 46 Jahren verheiratet und gehen immer noch Hand in Hand. Ich verstehe bis heute nicht, was sie aneinander finden - aber sie lieben sich immer noch, und das ist doch schön. Aber auch da: Die Erwartungshaltung war auch bei ihnen anders. Auch bei ihnen wäre eine Scheidung keine Option - und langsam setzt die Altersmilde ein, wo man vielleicht sogar die Tatsache, daß meine Mutter mit meinem Vater nur im Kommandoton spricht und mein Vater sie wie ein kleines Dummchen behandelt, irgendwie niedlich findet. Vielleicht brauchen sie das einfach so, wie es ist - Das Topf-und-Deckel-Prinzip.

Ich erlebe heute - und ich schließe mich da nicht aus - daß Ehe gerne etwas ist, was als Automatismus gesehen wird: Wenn man sich liebt, dann klappt das. Da liegt der Umkehrschluß nahe, daß es keine Liebe mehr ist, wenn es nicht klappt - und dann ist der nächste logische Schritt die Trennung. Ich glaube, daß man es auch umgekehrt sehen kann: Wenn es klappt, kommt die Liebe - und wenn es nicht klappt, ändert man das was nicht klappt, dann kommt auch die Liebe wieder. Hmm, ich bin gerade nicht ganz zufrieden mit dieser Erklärung, aber ich muß weg. Vielleicht fallen mir bis nachher noch bessere Worte ein für das, was ich ausdrücken möchte.

Gruß,
Elisabeth.