Der Tag gestern.....

.... war eine Erleuchtung. Ich muss Euch davon erzaehlen.

Die Kinder sind jetzt weitgehend beim Papa, und das klappt sehr gut. Wir telefonieren haeufig - er hat mir ein Handy gegeben, das er von seinem Handy aus kostenlos anrufen kann - und die Kinder sind gluecklich.

Aus diversen Gruenden - alle weitgehend ungeplant - sind wir dann gestern zu viert durch London gefahren. Temi und sein Vater verstehen sich ausgezeichnet, was mich sehr freut. Die beiden fachsimpeln ueber Fussball und alles moegliche. Fumi ist einerseits etwas angesaeuert, weil der Papa Temi definitiv bevorzugt (Temi darf im Auto immer vorne sitzen, wenn er das will - die von meiner Chefdiplomatin Fumi eingefuehrte Immer-Abwechseln-Regel wird mit einem "wenn er es unbedingt will" vom Papa regelmaessig ueber den Haufen geworfen), andererseits bekommt sie jetzt vom Papa ein Handy, was sie etwas versoehnt. In einer ruhigen Mutter-Tochter-Minute gestern sagte Fumi zu mir: "Wir waeren eine tolle Familie. Temi versteht sich so gut mit Papa, und ich verstehe mich so gut mit Dir!" Sie war etwas wehmuetig, aber nicht richtig traurig. Es war wohl eine Erkenntnis und ein Abschied von einem Traum - und das fuer sie positive Gefuehl, dass da mal etwas Tolles war und dass es nicht an Temi oder ihr scheiterte.

Anschliessend fuehrten der Zufall und der Streik dazu, dass ich mit meinem Ex gestern eine Weile ganz alleine Auto gefahren bin. Er war sehr nett und wir haben sogar zusammen lachen koennen. Er hat jede meiner etwas gluckigen Fragen zum Thema "wie fuehlen sich die Kinder bei Dir" wahrheitsgemaess und verstaendnisvoll beantwortet. Er ist erleichert (!!!!), dass die Kinder sich so schnell wieder an ihn gewoehnt haben. Er hatte besonders Angst, dass Temi nicht bei ihm bleiben mag - genau das war ja auch meine Angst. Bei der ersten Uebernachtung beim Papa haben beide Kinder, aber besonders Temi, abends etwas geweint. Er fand das verstaendlich und freut sich, dass es jetzt ohne Traenen klappt.

Im Bus auf dem Heimweg gestern habe ich dann gemerkt, dass sich etwas veraendert hat. Mein Ex ist ein Mensch geworden fuer mich. Es gab in den Tagen bisher Situationen, wo ich mich sehr ueber ihn geaergert habe (der Mann wohnt seit 4 Jahren in London und kann den Busplan nicht lesen - ich konnte das schon am zweiten Tag meines Besuchs hier). Aber es gab auch Situationen, wo ich wieder wusste, warum ich ihn mal sehr geliebt habe. In der sehr haesslichen Trennungsphase mutierte er von einem Traummann zu einem Monster. Jetzt ist er ein Mann mit Fehlern und mit guten Seiten. Er ist nicht der Typ Mann, mit dem ich eine intensive Freundschaft pflegen koennte (komisch - inzwischen koennte ich mir nicht mehr vorstellen, einen Mann zu heiraten, mit dem ich nicht befreundet sein koennte). Aber er ist im Grunde ein netter Kerl. Ich muss gewisse Seiten an ihm bewusst ausblenden, zum Beispiel sein Verhaeltnis zu Geld und der Herkunft desselben. Aber es bringt nichts, mit ihm darueber zu diskutieren, und das kann ich jetzt akzeptieren. Er kennt meine Ansicht, wir sind gestern knapp an einer Diskussion darueber vorbeigeschrammt. Aber offensichtlich hat auch er erkannt, dass wir diese Diskussion nicht fuehren muessen. Sie erzeugt nur Streit und Animositaeten. Wichtiger ist es, dass wir - auch umnd vor allem was die Kinder betrifft - unsere unterschiedlichen Ansichten weitgehend stehen lassen koennen.

Er ist Fumi gegenueber auch toleranter geworden. Vielleicht geholfen hat Folgendes: Er wollte Fumi Schuhe kaufen und erzehlte mir, dass Fumi High Heels wollte. Ich habe ihm gesagt, dass sie inzwischen ein Paar "High Heels" zu Hause hat (hat sie sich selber gekauft) und mehr davon defintiv nicht in meinem Interesse sind. Er kann ihr Schuhe kaufen, bis der Koffer ueberquillt, aber mehr als ein Paar "High Heels" finde ich fuer ein Kind in dem Alter unangemessen. Dazu kam, dass Fumi ihre Tage erwartet und ich ihm erklaert habe, welche Binden er ihr kaufen soll. Ihm war nicht klar, dass Fumi bereits ihre Tage hat (er hat zu der Nachricht einen fast Omamaessigen Kreischaufstand a la "meine Tochter ist eine Frau!" gemacht, der Fumi etwas peinlich war). Die Erkenntnis dieser beiden Vorkommnisse war wohl, dass Fumi einerseits aelter ist, als er sie in Erinnerung hat und andererseits ich sie keineswegs fuer ihr Alter unangemessenen Dingen aussetze. Er hat mir gestern gesagt, wie toll er Fumi findet und wie gut ich siehe erziehe. Tschakka!!!!

Natuerlich kann und wird es auch wieder Streit und Diskussionen geben. Aber bisher - in den vergangenen 4 Tagen - haben wir es geschafft, einander zu respektieren und einfach so sein zu lassen - ein gutes Gefuehl.

Im uebrigen habe ich in bisher 4 Tagen 10 Buecher gekauft. Ich bin ein Buecher-Junkie. Ich weiss gar nicht, wo ich die zu Hause hinpacken soll - meine Regal sind alle schon doppelt und dreifach gefuellt *seufz*. Heute werde ich dann mal entspannen und lesen. Die Kinder sind mit Papa in einem Vergnuegungspark. Genau das richtige, denn ich fahre ja aus Prinzip nicht Achterbahn.

Viel Spass fuer die Norddeicher und dem Rest auch noch schoene Tage.

Gruss,
Elisabeth.