alleiniges Sorgerecht

Trenne das von der Religion - aber das tust Du ja schon ;-).

Mein Ex ist Christ - inzwischen einer von der eher fundamentalistischen Sorte - ich habe keine Probleme mit Religionen, nur mit Fundamentalisten, egal welcher Sorte - aber das ist ein anderes Thema. Doch in seiner Kultur ist es auch bei Christen üblich, zumindest die Söhne zu beschneiden (auch manchmal die Töchter, aber das ist inzwischen nicht mehr Standard, GsD).

Relativ bald nach Temis Geburt kam also das Tema Beschneidung auf. Damals hatte ich noch keine richtige Meinung dazu. Also habe ich meinem (damals noch) Mann gesagt, daß er meinethalben Temi beschneiden lassen kann - unter der Voraussetzung, daß er den Arzt sucht, Termine vereinbart, Risiken abklärt UND das Ganze bezahlt. Er bekam den Po aber nicht hoch (was im Grunde zu erwarten war - auch deswegen hatte ich mich zu der Zeit nicht wirklich damit beschäftigt), dann kam das ganze Trennungsdrama (wo keiner von uns für sowas den Nerv hatte), und als mein Ex schließlich auszig, war Temi immer noch nicht beschnitten.

Seitdem wird immer mal wieder Druck gemacht, daß ich das doch in die Wege leiten soll. Aber ich habe mich inzwischen informiert und meine Egal-Einstellung in Ablehnung geändert. So oder so sehe ich auch nicht ein, warum ich das machen lassen soll. Ich bin doch sowieso diejenige, die an den Kinderbetten sitzt, wenn die Kinder krank sind - und mitleidet. Beide Kinder wurden schon oft genug operiert, jedesmal medizinisch notwendig, aber immer für alle Beteiligten belastend. Ohne Not tu ich mir das nicht an!

Leider hat die Tatsache, daß Temi nicht beschnitten ist, das Vater-Sohn-Verhältnis belastet. Okay, es gibt auch andere Gründe, warum das nicht so richtig klappt: Temi war noch sehr klein als mein Ex auszog und kann sich nicht an ein Zusammenleben erinnern. Eine Belastung war auch die Tatsache, daß Temi kein eindeutiger Rechtshänder ist (ja, es gibt komische Traditionen - der Stamm meines Ex läßt keine linkshändigen Würdenträger zu, so daß der einzige Sohn meines Ex irgendeinen Titel möglicherweise nicht erben kann). Aber die Nicht-Beschneidung ist einer der Faktoren, die zwischen Temi und seinem Vater stehen.

Trotzdem werde ich jetzt nicht Temi operieren lassen, nur damit sein Vater ihn wieder lieb hat. Das reicht einfach nicht als Argument.

Ich kann Deinen Entschluß also sehr gut verstehen und sehe das genauso wie Du. Meine Situation ist insofern anders, als daß mein Ex nie behauptet hat, daß es eine religiöse Notwendigkeit wäre. Aber ich kann es eben weder als religiöse noch als traditionelle Zeremonie akzeptieren - zumal da die Grenzen verschwimmen.

Übrigens liebe ich die Ringparabel. Ich war als Schülerin in Hamburg in "Nathan der Weise". Seitdem ist die Ringparabel bei mir abgespeichert als eine der Geschichten, die die Wahrheiten der Welt in verständliche Worte fassen - eine ewige Weisheit, sozusagen eine der Grundlagen meines Lebens.

Ich wünsche Dir viel Kraft.

Gruß,
Elisabeth.