Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Hexhex am 19.10.2023, 10:41 Uhr

Aus dem Jungen kein Feindbild machen!

Hallo,

du weißt noch nicht viel über Kinder. Das ist nicht schlimm, es ist normal, wenn man selbst keine hat. Aber deine Deutungen und Interpretationen sind falsch. Weißt du, jedes Kind nimmt Schaden durch eine Trennung, auch wenn es bei der Trennung seiner Eltern vielleicht noch sehr klein war. Kein Kind kommt heil da heraus.

Und wenn ein Kind im Alltag nur noch seine Mama hat, dann ist das die einzige Sicherheit in der Welt, die es besitzt. Wenn dann ein neuer Mann kommt, fühlt es diese Sicherheit bedroht. Auf einmal ist da noch ein Mensch, der der Mama wichtig ist. Das ist sehr schwer für ein Kind.

Solche Kinder fangen dann unbewusst oft an, die Beziehung zu stören. Nicht weil sie böse sind. Sondern weil sie Angst haben und ja, natürlich auch, weil sie die „Bedrohung“ der Zweisamkeit durch den neuen Mann loswerden wollen. Das ist überhaupt nicht schön, aber verständlich. Und man muss damit gelassen umgehen.

Ich glaube dir, dass das sehr schwierig ist. Das Kind ist sicher anstrengend, weil es viel Angst hat, eure Beziehung deshalb torpediert und weil es als Trennungskind vielleicht auch tatsächlich hier und da auffälliges Verhalten zeigt.

ABER: Du bist der Erwachsene. Du musst in der Lage sein, die Nöte dieses Jungen zu sehen. Du darfst nicht in die Falle tappen, ein Kind mit erwachsenen Maßstäben zu beurteilen. Kindliches Verhalten hat immer eine Ursache, und die liegt immer bei den Erwachsenen, nicht beim Kind.

Anstatt nach echten Lösungen zu suchen, lehnst du den Jungen einfach ab. Du bewertest ihn, du verurteilst ihn, er ist böse, hat einen schlechten Charakter, ist manipulativ, macht es den armen Erwachsenen schwer. Das alles ist nicht wahr - sondern es ist die Geschichte, die du dir über ihn erzählst.

Ja, es könnte sein, dass der Junge es so schwer hat, dass er und ihr eigentlich therapeutische Hilfe bräuchtet. Aber nicht, damit der Junge DIR besser gefällt, sondern damit er weniger Angst haben muss, dass ein Fremder ihm seine Mama wegnimmt, um weniger eifersüchtig sein zu können. Ihr könntet überlegen, eine Familienberatung zu diesem Thema zu nutzen. Dazu musst du aber Bereitschaft haben und aufhören, dich wie ein Richter über das Kind zu fühlen.

Ich weiß nicht, ob ihr eine Zukunft als Patchwork-Familie habt. Du willst die Frau, aber du willst nicht ihr Kind. Aber die Frau gibt es nicht ohne das Kind, es ist ein Teil von ihr. Und es kommt natürlich (!) an allererster Stelle, denn es war vor dir da. Und für eine Mutter ist ihr Kind immer wichtiger als der neue Mann. Das ginge mir auch so.

Ein Patchwork-Vater muss also so reif, stark und souverän sein, dass er versteht, dass er an zweiter Stelle kommt. Wenn er selbst schon Kinder hat, weiß er das. Und er schafft es auch. Wenn er das aber nicht kann, dann ist das eben so, aber dann gibt es keine Zukunft für die Beziehung.

Ich glaube, aus deiner Ablehnung kommst du nicht von jetzt auf gleich und nicht ohne Hilfe von außen heraus. Daher würde ich als erstes aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Aber im Guten! Eine Liebe kann man auch pflegen, wenn man nicht zusammen wohnt. Das ist oft wesentlich einfacher, relaxter, schöner. Man trifft sich, weil man es will und wenn es passt. Am besten zu zweit und überwiegend ohne das Kind.

Wenn du bleiben willst, kommt ihr sicher um eine Familienberatung nicht herum. Denn du steckst schon zu tief drin in deiner Ablehnung, um da noch das Ruder herumzureißen aus eigener Kraft. Der Junge triggert deine eigene Hilflosigkeit zu sehr. Hilfe von erfahrenen Beratern kann da sehr helfen. Kostenlose psychologische Beratung, auch für Patchworkfamilien, bieten u.a. Caritas, Diakonie oder andere öffentliche Beratungsstellen an.

LG

 
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