Forum Aktuell

Aktuelles und Neuigkeiten

Fotogalerie

Redaktion

 

Geschrieben von Hase67 am 25.06.2020, 7:54 Uhr

Der Tönnies Skandal und die Auswirkungen

Ich bin, was Boykotte von Großbetrieben angeht, ziemlich skeptisch. Für mich wird da das Pferd von hinten aufgezäumt. Klar, ich boykottiere auch manche Sachen, aber das ist eher Frust, Aktionismus und Selbstberuhigung, weil ich das Gefühl habe, dass politisch viel zu wenig eingeschritten wird. Bei Tönnies war es letztendlich genauso. Und da sind weder die Verbraucher noch die Mitarbeiter in der Pflicht, sondern allein die Firmenleitung, die Lokal- und die Bundespolitik. Die Bundespolitik muss harte Gesetzesgrundlagen schaffen, die Lokalpolitik muss scharf kontrollieren, und die Firmenleitung muss Verantwortung tragen, statt sich auf Mindestvorgaben auszuruhen und Dinge so lange auszusitzen, wie es nur irgend geht. Es war ja laut Felica, die direkt vor Ort lebt, schon seit mindestens 30 Jahren bekannt, wie es da läuft. Da haben alle dran mitverdient: die Kommune durch Gewerbesteuereinnahmen, Arbeitsplätze und Zuzug, die Politiker durch Spenden und - so vermute ich - Deals und Kontakte, die Wirte und Eigentümer, die Gammelwohnungen für teures Geld vermietet haben... Und, und, und.

Im Corona-Forum hat Shanalou aber auch noch was Wichtiges geschrieben: Dieses Ausbruchsgeschehen, das Tönnies, die Region Güterslohn und letztendlich auch ganz Deutschland in der öffentlichen Wahrnehmung, vor allem auch im Ausland, überschattet, darf uns jetzt nicht vorgaukeln, dass Großschlachtbetriebe, auch wenn die jetzt im Fokus stehen, das einzige Übel schlechthin sind. Das ist ziemlich scheinheilig.

Denn auch bei Tönnies ist der Hotspot vor mehreren Wochen von ein paar wenigen Einzelfällen ausgegangen, und es wurde nur nicht schnell genug entdeckt und gegengesteuert. So etwas kann immer wieder passieren, wenn irgendwo geschlampt oder Auflage nur so "Pi mal Daumen" eingehalten werden. Und jeder nur bis zur eigenen Nasenspitze denkt. So ein Virus breitet sich überall da aus, wo sich die Gelegenheit bietet, nämlich da, wo viele Leute längere Zeit auf einem Haufen zusammen sind. Die allermeisten sind ja gesundheitlich kaum beeinträchtigt, auch wenn sie infiziert sind - oder merken einfach gar nichts.
Das müssen wir uns bewusst machen, und so lange wir keine sicheren Hinweise darauf haben, dass sich überhaupt dauerhafte Immunitäten entwickeln (der aktuelle Wissensstand spricht eher dagegen) oder das Virus so mutiert, dass es ungefährlich wird, müssen wir weiter diszipliniert bleiben, auch wenn das keinen Spaß macht. Weil nicht "Herdenimmunität" das Ziel ist, sondern eher "Ball flach halten", sprich, Infektionszahl unten halten. Und das, bis es eine Impfung oder eine gute Behandlungsmöglichkeit gibt, die man flächendeckend einsetzen kann, die also nicht so teuer und nicht so aufwändig herzustellen ist.

Also eher drei Mal überlegen, ob die eine, kleine Grenzüberschreitung, die man sich leistet, wirklich so sinnig ist, auch wenn einem das widerstrebt und krampfig vorkommt. Es gibt genug Leute, die das intellektuell oder aus Krankheitsgründen (Süchte, psychische Erkrankungen, Demenz) nicht auf die Reihe kriegen. Die Leute, die das auf die Reihe kriegen können, sollten sich zusammenreißen. Weil dieses Gefühl "ach, das ist vorbei, das haben wir hinter uns" ein Trügerisches ist. Und nicht nur die Gesundheitlichen, sondern gerade auch die wirtschaftlichen Folgen bei erneuten Lockdowns uns in die Knie zwingen würden. Wer das nicht glaubt, der sollte mal einen Blick über den großen Teich auf den amerikanischen Kontinent werfen, was da gerade (auch wirtschaftlich) passiert.

 
Unten die bisherigen Antworten. Sie befinden sich in dem Beitrag mit dem grünen Pfeil.
Die letzten 10 Beiträge
Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.