Fläschchennahrung

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Geschrieben von Black Forest Girl am 12.07.2013, 22:48 Uhr

Meine (Nicht-)Stillgeschichte

Meine (Nicht-)Stillgeschichte poste ich absichtlich im Fläschchenforum und im Stillforum. Leider gibt es in Bezug auf Stillen/Nicht-Stillen viel zu oft ein Schwarz-weiß-denken. Mit meiner Geschichte möchte ich aufzeigen, dass es viele Grauzonen gibt und jede Frau und jedes Baby individuell zu betrachten ist.
Für mich war immer klar, dass ich mein Kind mindestens 6 Monate stille, gerne auch länger. Denn Muttermilch ist das Beste für das Baby und Stillen das Natürlichste. Über mögliche Schwierigkeiten machte ich mir keine Gedanken und freute mich auf die Stillzeit.
Im Kreissaal begann alles gut. Ich bekam den Kleinen sofort zum Bonding auf den Bauch gelegt und legte ihn bald darauf an. Er fand die Brust gleich und zog kräftig die ersten Schlucke Muttermilch hinunter. (Klar, eine halbe Stunde nach der Geburt ist der Saugreflex am größten.)
Auf der Wochenstation klingelte ich nach den Schwestern als ich stillen wollte. Ich wollte, dass sie mir das korrekte Anlegen zeigten und mir dabei halfen. Das taten sie auch und sogar einigermaßen gut, doch es sollte alles möglichst schnell gehen. Wirklich Zeit für mich und mein Kind blieb nicht. Schon am ersten Tag fingen sie an, dass mein Sohn nicht richtig saugen würde. Zum Teil drückten sie sein Gesicht sehr grob auf meine Brust. Keine Ahnung ob das so gemacht wird, aber ich wollte nicht, dass mein neugeborenes Baby so behandelt wird!!! Ich selbst hatte eigentlich den Eindruck er würde ganz gut trinken, zumal ich der Meinung bin, dass auch ein Baby das richtige Trinken erst lernen muss und man das nicht sofort erwarten kann. Meine Hebamme besuchte mich an diesem Tag und schaute sich die Sache an. Sie war auch der Meinung der Kleine würde ordentlich trinken.
Die Schwestern ließen aber nicht locker. Sie begannen ihn zuzufüttern. Leider weiß ich nicht mehr ob mit oder ohne meine Zustimmung, ich glaube aber mit (und das war ein Fehler). Außerdem sollte ich beginnen Milch abzupumpen. Begründung: Wenn das Kind so schwach saugt, würde ich keinen Milcheinschuss bekommen. Die Muttermilch im Fläschchen sollte ich dann mit Nahrung auffüllen. Das wollte ich aber nicht, denn ich fürchtete mein Kind könnte eine Saugverwirrung bekommen. Als ich mich weiter wehrte, meinte die „nette“ Oberschwester, wenn mein Sohn mehr wie 10% an Gewicht abnehme, dürfe er nicht heim. Also begann ich zu pumpen. „Sie werden sehen wie wenig das ist“, bekam ich zu hören… Heute würde ich entgegen: „Ja klar ist das wenig, denn nach 1,5 Tagen kann man keinen Milcheinschuss erwarten. Dem Baby reicht das. Es hat noch einen ganz kleinen Magen.“ Von da an bekam mein Baby erst die Brust und dann die Flasche.
Am dritten Tag ging es dann nach Hause, doch mit meiner Lockerheit bezüglich des Stillens war es dahin. Ich war unendlich verunsichert und Stillen begann mich zu stressen. Vorsichtshalber kauften wir gleich eine Pre-Nahrung, um weiter zufüttern zu können. Meine Hebamme riet mir davon ab und das sicher mit Recht, denn oft ist das der Anfang vom Ende. Im Nachhinein hätte mir das aber Sicherheit und Lockerheit gegeben. Obwohl ich ab dem dritten Tag super viel Milch hatte und mir meine Hebamme das Anlegen nochmal in Ruhe zeigte, trieb mich ständig die Frage um: „Trinkt mein Kind richtig? Ist es satt?“
Außerdem hatte ich das Gefühl nicht mal für 10 Minuten duschen gehen zu können. Ich dachte ständig: „Was ist wenn mein Kind Hunger hat?“ Ich war furchtbar unentspannt und gestresst. Aber ich gab nicht gleich auf und sagte mir immer wieder, dass dies wohl normale Anfangsprobleme sind und es irgendwann läuft.
Nach 3-4 Wochen waren meine Brustwarzen dahin. Außerdem bekam ich meine erste Brustentzündung. Wer schon mal eine Brustentzündung hatte, weiß wie schrecklich das ist. Ich entschied mich vorübergehend abzupumpen, bis die Brustwarzen wieder besser waren und versuchte sie zum Heilen zu bewegen, was schlicht nicht funktionierte: Purelan, Kompressen, Traubenzucker, Seidenstilleinlagen, Luft hinlassen, Stillhütchen. Purelan und die Kompressen waren das, was noch am besten half, doch auch die sehr konsequente Anwendung brachte nur eine leichte Besserung. Ohne Witz: Noch heute habe ich auf der linken Brustwarze Schorf. Ein Pilz kann es aber nicht sein, denn es juckt nicht.
Da ich wieder stillen wollte, bat ich eine Stillberaterin zu kommen. Sie zeigte mir nochmal das korrekte Anlegen. Dabei wurde klar, dass mein Sohn die Unterlippe nicht richtig formte, was mir Schmerzen bereitete. Mit Hilfe der Stillberaterin klappte es aber ganz gut. Sie empfahl mir, ihn immer wieder zu lösen, wenn er die Brust falsch im Mund hatte. Ob dieser Fehler aufgrund der Stillpause entstanden oder von Anfang an vorhanden war und ihn meine Hebamme übersehen hat, kann ich nicht sagen. Nachdem die Stillberaterin weg war und der Kleine Hunger bekam, legte ich ihn an. Ich war angespannt, aber ich wollte es probieren. Da er die Brust nicht richtig nahm, löste ich ihn. Neuer Versuch, doch wieder formte er die Unterlippe falsch. Dritter Versuch, wieder nicht richtig, wieder lösen. Nach dem vierten Versuch brüllte das Kind und ich saß tränenüberströmt auf dem Sofa. Natürlich war es bei der Anspannung logisch, dass es nicht klappen konnte. In dem Moment wurde mir glas-klar, wenn wir so weitermachen würden, würde die Beziehung zu meinem Sohn ernsthaft unter dem ganzen Stress leiden. Also gab es wieder abgepumpte Muttermilch.
In den nächsten Tagen versuchte ich immer wieder das Kind anzulegen, doch jedes Mal mit dem gleichen Ergebnis. Die Stillberaterin wollte ich nicht nochmal kontaktieren. Ich wusste ja auf was es ankam, nur klappte es einfach nicht.
Ich entschied nun komplett abzupumpen und schaffte eine hochwertige Milchpumpe an. Von da begann eine kurze, gute Zeit, denn das Abpumpen klappte gut und meine Milchmenge blieb nach wie vor prima. In dieser Zeit berieten mich die Stillberaterinnen der La Leche Liga ganz hervorragend und ich ließ ihnen auch ein Spende als Dank für ihre wertvolle Arbeit zukommen. Leider bekam ich Brustentzündung Nummer 2. Wohl aufgrund der Entzündung wurde mein Milch etwas weniger. Ich überlegte mir einfach zuzufüttern, das fand ich nicht schlimm. Klar ist Muttermilch das Beste, aber ein oder zwei Fläschchen Nahrung am Tag ist wirklich nicht schlimm, geschweige denn schädlich. Meine Hebamme riet mir ab und gab mir Tipps die wie ich die Milchproduktion wieder ankurbeln konnte. Wie schon oben gesagt, ist das Zufüttern oft der Anfang vom Ende, aber mich hätte es in dem Moment entlastet. Stattdessen fühlte ich mich mehr und mehr unter Druck gesetzt, so dass ich eine Woche später die nächste Brustentzündung hatte.
Das war der Moment in dem ich nicht mehr konnte und die Entscheidung für das Abstillen traf. Zuerst versuchte ich es auf natürlichem Weg: weniger und kürzer Pumpen, Globuli, Salbeitee, ausstreichen. Doch meine Milch war inzwischen wieder voll da und dachte gar nicht daran in den folgenden zwei Wochen weniger zu werden. Dafür bekam ich Brustentzündung Nummer 4!!!
Ich rang mich durch Abstilltabletten zu holen. Meine Frauenärztin sagte mir erst eine, am nächsten Tag zwei und am dritten Tag drei Tabletten zu nehmen. Meine Hebamme dagegen warnte mich vor den Tabletten. Ich solle lieber alle 4 Stunden eine viertel Tablette nehmen, um zu sehen ob ich sie vertrage. Zum Glück hörte ich auf sie. Am Ende des ersten Tages ging es mir dreckig, am Ende des zweiten Tages stand ich kurz davor ins Krankenhaus zu fahren, weil es mir so schlecht ging. Am nächsten Tag fuhren wir tatsächlich zum gynäkologischen Notdienst, denn es war klar, dass ich keine weitere der Abstilltabletten nehmen konnte. Da meine Milch zum Glück endlich wenig war, gab mir der Arzt die Abstilltabletten, die normalerweise Frauen direkt nach der Entbindung bekommen. Komischerweise habe ich die bestens vertragen… Den Rest schaffte ich dann mit Salbeitee und Globuli.
Das Ganze hat sich innerhalb der ersten 11 Lebenswochen meines Sohnes zugetragen, doch ich erinnere mich kaum an seine „Anfänge“, weil alles durch die Stillproblematik überschattet wurde. Mir ging es in dieser Zeit wirklich schlecht. Es gab nur Probleme und ständig war ich krank. Ja, ich wollte nicht kampflos aufgeben, aber als ich dann schließlich einsehen musste, dass es nicht ging, war das Abstillen ein wahrer Befreiungsschlag. Auch mein Sohn veränderte sich nach dieser Entscheidung. Er wurde wesentlich ruhiger und ausgeglichener, weil eben ich, seine Mama, wieder ich selbst war.
Stillbeziehungen können wunderschön sein und ich hätte gerne eine solche gehabt, aber es hat einfach nicht sollen sein. Jetzt haben wir eine innige Fläschchenbeziehung (an der sogar der Papa teilhaben kann).
Ob ich bei einem zweiten Kind stillen werde? Eigentlich würde ich es gerne nochmal versuchen, doch ich habe große Angst wie ich abstillen kann wenn es nicht klappen sollte. Zum Glück muss ich das noch lange nicht entscheiden.
Warum ich meine Geschichte aufgeschrieben habe ist einfach. Ich finde es schade wie sehr sich Fläschchen-Mamis und Still-Mamis zum Teil „bekriegen“. Meiner Meinung nach sollte man die jeweilige „Fütterungsweise“ respektieren. Ich hatte lange ein schlechtes Gefühl mit der Entscheidung abzustillen, dachte ich würde meinem Kind nicht das Beste geben, wäre eine schlechte, unvollständige Mutter. Manchmal habe ich mich kaum getraut zu sagen, dass ich nicht stille. Doch letztlich hat sich für mich die Entscheidung als richtig erwiesen und heute weiß ich, dass ich trotzdem eine gute Mutter bin. Vielleicht gerade auch deshalb weil ich einsehen konnte, dass es keinen Sinn mehr macht weiterzumachen. Ich bin froh und dankbar, dass ich in einem Land lebe in dem ich auf Milchnahrung zurückgreifen kann.
Leider geht es nun mit der Beikost-Diskussion ähnlich weiter.
Ich frage mich, warum immer alles dogmatisch und ideologisch gesehen werden muss. Der eine versucht dem anderen seine Sicht- und Handlungsweise aufzuzwingen, die er für das Non-Plus-Ultra hält. Warum akzeptieren wir nicht, dass jeder Mensch, jede Mutter und jedes Baby verschieden ist und es viele verschiedene „richtige“ Wege gibt?

 
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