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Geschrieben von Elisabeth mit Fumi & Temi am 22.10.2004, 14:28 Uhr

Moderne Art der Sklavenarbeit *aufreg*

Hallo Antje,

tja, das ist ein weites Feld.

Ich finde die Angaben nicht detailliert genug, um mir ein wirklich echt negatives Urteil zu erlauben. Das alles kann nämlich durchaus legale und richtige Hintergründe haben.

Ich arbeite in der IT-Abteilung einer nicht ganz kleinen Firma (börsennotiert, aber nicht DAX). Wir haben Produktionsstandorte auf der ganzen Welt. Die letzten beiden Standorte in Deutschland werden ständig reduziert. Wir gehen davon aus, daß in 10 Jahren gar nicht mehr in Deutschland produziert wird. Mal sehen, wie lange es dann die Zentralabteilungen noch in Deutschland hält.

ie derzeitigen Schwerpunkte für die Auslagerungen sind Osteuropa und Asien, dort vor allem Indien und China. Ein Teil der IT wird gerade zu einem Dienstleister nach Indie verlagert, und da bekomme ich das hautnah mit. Außerdem weiß ich ein bißchen, weil ich ja auch 2 Jahre in Singapur gearbeitet habe (als Singapur noch ein Billiglohnland war, inzwischen verlagern wir von Singapur nach Malaysia und China, weil auch die Singapurianer zu teuer werden).

Zum einen: Es ist allegmein so, daß die Schulabschlüsse in den Billiglohnländern nicht so wirklich prickelnd sind. Man plant also eine gewisse "Einarbeitungszeit" ein. Wenn das dort nicht gemacht wurde, spricht das sicher für ein mieses Management, aber es würde mich sehr wundern. Es wissen nur oft nicht alle Kollegen. Auch bei uns ist es üblich, daß die Chefs am Anfang mitarbeiten. Wir schicken meistens 10-15 Leute (Leiter der eingearbeiteten Abteilungen eines anderes Standortes) hin, wenn eine neue Produktion aufgebaut werden soll.

Ob 160,- Euro viel ist oder nicht, kann man nur beurteilen, wenn man das Durchschnittseinkommen der Region kennt. Unsere Chinesen verdienen auch nicht mehr als 160,- Euro, sie arbeiten auch mehr als wir, weil die 40-Stunden-Woche es noch nicht bis dorthin geschafft hat. Ein chinesisches Mädel am Band kostet uns 0,50 Euro pro Stunde, incl. Lohnnebenkosten und Arbeitsplatzkosten. Aber mit dem Geld hat sie ein gutes Einkommen und kann sich und meistens auch noch die Familie irgendwo auf dem Land ernähren (unsere Fabriken stehen in den Freihandelszonen um Chenzhen, die meisten Arbeiter dort sind Wanderarbeiter).

Wegen der intensiven Einarbeitung sind auch solche Verträge üblich, daß man die Einarbeitungskosten "abdient". Gerade in den Gebieten, wo immer mehr Fabriken von europäischen Firmen aus dem Boden gestampft werden, ist die Fluktuation sehr groß. Ist ja klar - wenn neben unserer Fabrik eine neue Fabrik entsteht, nehmen die lieber unsere eingearbeiteten Leute als frische. Um zu vermeiden, daß man viel Geld in die Einarbeitung steckt und die Leute dann sofort zur Konkurrenz abwandern, werden solche Regelungen im Arbeitsvertrag getroffen. In Asien zumindest bezahlt man solche Klauseln auch, indem die Leute dann schon von Anfang an etwas mehr Geld bekommen. Mit unseren Fabriken in Osteuropa habe ich nicht so viel zu tun, da weiß ich es nicht.

Ich will hier nicht sagen, daß ich das toll und klasse finde. Aber unter Sklaverei verstehe ich etwas anderes. Nur, weil dort nicht euorpäische Löhne gezahlt werden, muß es doch nicht gleich Sklavenhaltung sein. Mein Arbeitsplatz ist ganz konkret von Indern gefährdet, aber bisher sehe ich noch nicht, daß die die Qualität bringen, die ich bringe. Leider ist das bei Fabrikarbeitern, wo mehr oder weniger nur Maschinen bedient werden müssen, anders. Verhindern läßt sich das nicht, zumindest nicht mit Mitteln der Politik. Und gegen die Globalisierung sein ist ungefähr wie gegen den Einbruch des Winters zu sein. Wir sollten lieber überlegen, wie man das Ganze menschlich gestalten kann. Und wie WIR in Deutschland die Qualität unserer Arbeit wieder auf ein Niveau heben können, das der allgemein erwünschten Bezahlung entspricht.

Schöne Grüße,
Elisabeth.

 
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