Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Astrid am 06.02.2011, 11:52 Uhr

Selbstkontrolle in diesem Alter noch kaum entwickelt! (Achtung, länger)

Hallo,

Deine Kleine ist jetzt in einem anstrengenden Alter, ich kenne das von meinen Kindern auch noch. Es hilft mir aber, gelassener zu bleiben, seit ich mich ein wenig mit Kinderentwicklung befasst habe, und seit ich zwei Dinge weiß:

- Ein Kind von zwei Jahren kann sein Verhalten noch kaum selbst kontrollieren. Diese sog. Impulskontrolle müssen Menschenkinder mühsam lernen, und das dauert locker bis zum (Vor-)Schulalter. Ein zweijähriges Kind kann immer nur spontan reagieren (z. B. auf kurzes Eingreifen der Mutter). Es kann aber nicht auch für die Zukunft dieses Verhalten unterlassen und "Regeln" verinnerlichen, diese Langzeitkontrolle und Disziplin besitzt es noch nicht.

- Als zweites kommt hinzu, dass Deine Kleine zugleich jetzt im sog. Selbständigkeitsalter ist. Und dies bedeutet, dass sie sich ausprobieren möchte, ihr Ich-Gefühl entdeckt und ihren eigenen Willen entwickelt. Sie kann sich selbst aber nur spüren, wenn sie sich von Dir und ihrem Vater auch mal absetzt und sich verweigert. Würde sie ständig hören und gehorchen, wäre ihr Wille ja identisch mit Eurem, es wäre ein symbiotisches Verhältnis. Sie MUSS sich aber jetzt zu einer eigenen kleinen Person entwickeln.

Deshalb ist der Alltag mit den Kleinen für uns Eltern eine ständige Gratwanderung: Man muss immer wieder eingreifen, die Kinder vor Gefahren schützen (weil sie noch keinen Sinn dafür haben) - sie zugleich aber auch nicht zuviel einschränken, nicht zu viele "Neins" aussprechen.
Ich finde diese Wackelpartie auch schwierig. Ich entscheide praktisch in jeder Situation neu: erlaube ich das jetzt oder nicht. Muss ich jetzt wirklich ein "Nein" aussprechen, oder kann ich das Kind vielleicht auch mal sich durchsetzen lassen, damit es diese Erfahrung auch mal macht (natürlich nur bei ungefährlichen Dingen). Muss alles wirklich ständig ordentlich und sauber sein, oder darf das Kind nicht auch mal eine Schublade ausräumen und den Inhalt erkunden, oder mal versuchen, selbst (mit einem stumpfen Messer) einen Apfel kleinzuscheiden etc.

Ich habe bei meinen Kindern inzwischen gelernt: Erziehung ist und bleibt mühsam und kompliziert. Jede neue Situation verlangt neue Entscheidungen von uns. Einfache Rezepte (Konsequenzen, Strafen), mit denen der Alltag plötzlich easy wird, gibt es nicht, auch wenn manche Ratgeberbücher sie versprechen (das ist lediglich verkaufsfördernd). Auch kleine Menschen sind schon so komplex, dass man sie nicht wie einen Deutschen Schäferhund dressieren kann nach dem Motto: Wenn immer dieselbe Strafe folgt, wird das Kind sein Verhalten demnächst zuverlässig unterlassen. So funktioniert's halt nicht.

Ganz konkret: Wenn Deine Kleine wegläuft und nicht hört, musst Du hinterher rennen, damit sie nicht in Gefahr kommt. Wenn sie haut, hältst Du sie fest, erklärst, dass bei Euch nicht gehauen wird. Mehr ist nicht nötig, es dauert einfach noch, bis sie dies eines Tages auch umsetzen kann. Du kannst natürlich auch schimpfen, Strafen androhen oder Konsequenzen verhängen: Morgen wird sie trotzdem wieder losrennen oder hauen. Würdest Du z. B. den Zoobesuch streichen, könnte sie in diesem Alter noch keinen Zusammenhang zu ihrem Fehlverhalten erkennen, sie würde sich einfach nur um eine Vorfreude betrogen und hereingelegt fühlen. Sie würde nicht lernen: Ups, ich muss mich besser benehmen. Sondern: Meine Eltern sind unzuverlässig. Sie halten aus mir unverständlichen Gründen nicht, was sie mir versprochen haben. Ich kann mich nicht auf ihr Wort verlassen, es lauert hinter jedem Versprechen die Gefahr der Enttäuschung. Das ist sicher nicht die Botschaft, die Du senden möchtest.

Langer Rede kurzer Sinn: Vergiss Konsequenzen, die habe ich auch bereits ausprobiert. Der Erfolg ist in diesem Alter (!) gleich null - die Nerverei kann man sich und dem Kind ersparen. Konsequenzen sind etwas für ältere Kinder, die ihr Verhalten schon steuern und die schon langfristig lernen können. Greife immer wieder ein, wiederhole die Regeln, aber erwarte nicht, dass sie sofort gelernt werden. Überlege auch immer mal wieder bewusst, ob wirklich jedes Verbot sinnvoll ist, jedes Nein nötig ist - zuviele Neins, Verbote und Regeln lösen irgendwann Gleichgültigkeit beim Kind aus, sie rauschen nur noch durch.

LG

 
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