Rund um die Erziehung

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Geschrieben von miebop am 09.07.2008, 12:56 Uhr

Kind hört nicht wenn ich Nein sage

hier ein ausschnitt aus einem von dr. posths langtexten. im großen und ganzen finde ich das eine gute auseinandersetzung rund um das thema "nein-sagen".



Das "Nein" und der Beginn der Erziehung

An diese Stelle passt die Besprechung jenes wichtigen Geschehens am Anfang des zweiten Lebensjahres, das mit dem entscheidenden Wörtchen "nein" verbunden ist. Der begriffliche Inhalt von "nein" wird vom Kind nicht sofort erfasst. Seine kognitiven (wissensmäßigen) Voraussetzungen reichen noch nicht aus, in dem Wort "nein" symbolhaft das Verbot, die Aufforderung zur Handlungskorrektur (aus Gründen allgemeingesellschaftlicher Ansichten) und die Schutzfunktion seiner eigenen Person zu erkennen. Vielmehr empfindet das Kind die verbale elterliche Reaktion auf das selbstinitiierte Handeln mehr als ein neues Spiel, wie zuvor vielleicht das Geben und Nehmen oder das Herunterwerfen und Aufheben, nur jetzt mit etwas anders definierten Spielkarten. Die neuen Regeln des Spiels lauten nämlich Handeln und Verhindern, was durchaus seinen entwicklungspsychologischen Sinn hat, denn Handeln als Ausdruck fortgeschrittener kognitiver Reife und Verhindern als erste Regelsetzung durch die "Gesellschaft", hier im kleinsten durch die Eltern vertreten, ist der Ausgangspunkt der einsetzenden Selbstentfaltung im Gesamtrahmen der Loslösung.
Also wird ein Kleinkind, sagen wir mit gut eineinhalb Jahren, z.T. auch schon früher, das "Nein" seiner Eltern als Bestärkung auffassen, ja auffassen müssen, sein begonnenes Tun zu Ende zu führen und nicht als dessen Begrenzung. Da die Natur nun den anfänglichen Willen nicht mit der Selbstkontrolle verbinden kann (s.o.) und der frühe Wille daher mehr ein Drang und ein Beharren ist, wird in dieser und in ähnlichen Situationen das Kleinkind immer wieder dasselbe tun, was die Eltern gerade verboten haben, und es wird auf diese Wiese immer mehr Selbstempfindung genießen. Daher strahlt oder lächelt es, während es wieder und wieder das Verbot scheinbar übertritt.
Ohne Verständnis dieser Zusammenhänge sind die Eltern natürlich genervt und werden versuchen, durch zusätzliche Aktionen zum Wort "nein" dessen inhaltlichen, d.h. symbolhaften Charakter, zu unterstreichen. Automatisch setzen die Eltern zunächst die Mimik ein, die verbunden mit dem "Nein!" bedrohlich erscheinen soll (böse), oder, wenn auch das nichts mehr hilft, wird der Körpereinsatz benutzt, welcher das Kind dann vom Objekt endgültig trennt. Ein solcher Körpereinsatz wird in vielen Fällen sicher gerechtfertigt sein, wenn das Kind oder das Gegenstandsobjekt geschützt werden müssen, er muss aber sanft und verständnisvoll geschehen und mit beruhigenden Erklärungen verbunden sein. Trotzdem wird das Kind im Einzelfall heftig gegen diese "gewaltsame" Unterbrechung seines Vorhabens protestieren und laut zeternd oder sogar um-sich-schlagend seine Verteidigung initiieren.
Auf diese einfache und überzeugende Weise werden zwei Dinge erreicht: Erstens lernt das Kind den symbolhaften Inhalt des Wortes "nein" und damit die erste Regelsetzung in der gesellschaftlichen Kommunikation. Das ist unabdingbar wichtig für sein späteres Agieren in der menschlichen Gesellschaft. Zweitens wird der Selbstentfaltung ein Regulativ gesetzt, welches im Gewährenlassen ihre Expansion (Ausdehnung) zulässt und im Unterbrechen ihre notwendige Einschränkung setzt. Dadurch wird die elterliche Reaktion nun zu einem für die Gesamtpersönlichkeit entscheidenden Steuerungsinstrument, welches demzufolge in großem Verantwortungsbewusstsein eingesetzt werden sollte.
Um es noch einmal zu präzisieren. Überstarke, gar autoritäre oder gewaltsame Einschränkung (z.B. auch das "Auf-die-Finger-schlagen") sind schädlich für die Selbstentwicklung und schwächen das spätere Persönlichkeitsbild im Kindergarten- und Schulkindalter, da das absolut emotional gesteuerte Kleinkind eine solche Grenzsetzung überwiegend als Kränkung auffasst. Ebenso ist ein permanentes Gewährenlassen schädlich für die Selbstentwicklung, da das Selbst noch vollkommen in egozentrischer Manier die Eigenschaft besitzt, sich gleichsam uferlos zu expandieren und in der kindlichen Seele eine zunehmend schmerzliche Orientierungslosigkeit verursachen wird. Solche Persönlichkeiten neigen später zu narzisstischer Ausprägung (überstarke Selbstbezogenheit). D.h., dass die frühe Regeleinführung durch die Eltern die ungeheure Empfindsamkeit des Kleinkinds berücksichtigen muss und nur in verantwortungsbewusster Abwägung fördernder und hemmender Wirkungen eingesetzt werden darf. Dass dabei die ein oder andere "Panne" auftritt, ist eine menschliche Angelegenheit, die die Natur verzeiht.

 
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Stichworte: nein, Kind

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