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Geschrieben von fiammetta am 07.07.2013, 18:44 Uhr

Kann ich jetzt nicht so bestätigen, Loreley

Hi,

ich hänge mich jetzt hier oben mitdran:

Ich bin ja in einem Teil Bayerns in der Großstadt geboren und bin, nachdem ich immer in irgendwelchen Grroßstädten gelebt habe, in einen anderen Teil Bayerns auf`s Land gezogen. Gut, inzwischen habe ich mich arrangiert und integriert, aber ich würde das nicht mehr machen.

Beispiele:
Als ich damals hierher gekommen bin, hatte ich beschlossen mich in einer Art Fitnessstudio anzumelden, eben um Leute kennenzulernen. Der Klassiker war wie folgt: Ich wurde wie auf dem Kommissariat bis ins Detail ausgefragt und sobald ich auch nur den Namen meines Gegenübers erfahren wollte, stand man auf und ging, d.h. man dreht sich um und ließ mich wortlos stehen. Das ist nicht einmal passiert, das passierte hier geschlagene zwei Jahre lang und zwar egal wo und durch wen. Das muss man aushalten können, v.a. wenn man von einem normalen Kommunikationsverhalten ausgeht. Irgendwann fängt man an, so ein Benehmen persönlich zu nehmen, weil man sich ja offen und kooperativ gibt. Heute weiß ich, das ist hier halt so. "Des wor scho` imma a so." Dreißig Kilometer weiter schüttelt man darüber allerdings den Kopf...

Ich wurde ob meines Studiums angegriffen, dass es nicht mehr feierlich war. Warum? Ganz einfach: Weil hier in meiner Generation nur ein paar wenige Leute ein Unistudium haben. Motto: Was ich nicht habe, das gestatte ich Dir auch nicht (auch wenn das keinen interessiert). Ich habe geschlagene 15 Jahre (!) gebraucht bis ich mich davon so frei gemacht hatte, dass ich nicht mehr unter Erklärungen, die eher Entschuldigungen ähnelten, von meiner Ausbildung etc. erzählt habe. Meistens habe ich sogar verschwiegen, um nicht wieder attackiert zu werden.
Das, was ich erlebt habe, erlebt 1:1 z.Zt. ein aus dem Ausland zugezogener Kulturschaffender, der nun sogar rechtliche Schritte einleiten will, weil er nach Strich und Faden gemobbt wird. Wehe dem, der besser ist als die, "die wo scho` imma do g`wohnt ham". Gut, wird sich auch wieder erledigen, aber man muss das ertragen können, zumal es definitiv absurd ist, v.a. wenn man ein eher kommunikativer Mensch ist.

Das Problem ist, das jeder, der irgendwo hinzieht, von seinen Lebenserfahrungen ausgeht. Ich bin in meinem Leben öfter von einer Stadt in die andere gezogen und es war nie ein Problem gewesen, Kontakt zu finden. Meine Biographie war auch nie in Frage gestellt worden. Meine Erfahrung war: Geh` irgendwo hinein, lächle, sei fröhlich und behandle alle Menschen gleich, dann ist auch jeder nett zu Dir. Das funktioniert aber eben nur, wenn man auf ein ebenfalls offenes Umfeld trifft.

Inzwischen in ich in dem Sinne angekommen, dass ich hier beruflich etabliert bin, ich Menschen gefunden habe, die ebenfalls offen und kommunikativ sind, die oft - auch als Hiesige - Ähnliches erlebt haben (aber eben in einem anderen Kontext) und denen Vereinsg`schafftlerei ebenso abhold ist wie mir. Meine Mutter behauptet, wenn ich hier nur zu Aldi gehe, dann sei das wie ein Ausflug wie mit Queen Mom, d.h. ich kenne inzwischen Gott und die Welt und es passiert ziemlich häufig, dass ich auf offener Straße / im Biergarten / im Geschäft von mir nur bis zu einem bestimmten Grad bekannten Leuten umarmt werde (!) und das ehrlich herzlich. Das habe ich mir hart erarbeitet.

Das ist alles recht schön und nett, aber das große Problem des Zugezogenen besteht aus:
1. Es fehlt einem immer eine gewisse Vergangenheit vor Ort. Ich habe heute natürlich über 15 Jahre Vergangenheit hier, aber mir fehlt die Schul- und Ausbildungszeit, d.h. dieser Lebensabschnitt ist mit meinem nicht kompatibel und schließt mich letztlich an einem bestimmten Punkt immer aus.
2. Ich habe hier keine Verwandten und die meines Mannes interessieren mich nicht oder sterben allmählich weg. Ich bin also sozusagen die Frau ohne familiären Hintergrund. Es gibt also Situationen, die für mich schwerer sind, weil ich die Hintergründe und wer mit wem und wo und wie nie wirklich kennen werde, weil ich damit nicht aufgewachsen bin.
3. Du kannst offen sein wie Du willst, wenn das Umfeld nicht offen ist, hilft`s nicht.
4. Bekanntschaften findet man nur durch Beruf, Kindergarten oder Vereine.
5. In einer Großstadt gibt es unzählige verschiedene Biographien, da kräht kein Hahn danach. Auf dem Land haben 70% eine Art Standardbiographie, zumindest hier. Wehe dem, der zu den 30% gehört und dann auch da noch Abweichungen zeigt.
6. Du mußt nützlich sein, d.h. andere müssen von Dir profitieren können und das bist Du in Berufen mit einem bestimmten Prestige oder wenn Du bereitwillig für jede Kindergarten- und Feuerwehrveranstaltung drei verschiedene Kuchen backst und dann noch den Abwaschdienst übernimmst oder jedem Nachbarn auf dessen Baustelle natürlich unentgeldlich hilfst. Das heißt aber nicht, dass Dir irgendein Mensch hilft, wenn Du jemanden brauchst. Dann will trotzdem jeder nur seine Ruhe haben, aber kommentieren geht immer (Haben wir bei der Pflege so schön erlebt).

Fazit: Es ist mitunter schwer und macht einen ob seiner eigenen Vorerfahrungen mitunter fassungslos, aber es ist möglich, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen und mit dem Gemüt eines gefühlsbefreiten Ochsen. GsD gibt es aber auch immer die Ausnahmen der Ausnahmen der Ausnahmen und das sind diejenigen, mit denen man dann doch eine gemeinsame Wellenlänge findet. Hoffnungslos ist es also nicht. :-)

LG

Fiammetta

 
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