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Geschrieben von krummenau am 03.05.2013, 8:46 Uhr

Kommt mir sehr bekannt vor...

Wir leben im streng katholischen Westerwald in einem Dörfchen, das nur aus einer Straße besteht, und sind auch "nichts".
Als wir hier vor 13 Jahren per Zufall landeten, noch ohne Kinder, mußten die Nachbarn erstmal schlucken, daß wir nicht katholisch sind. Unsere direkte Nachbarin ist ausgerechnet auch noch die Küsterin der katholischen Kirche des Nachbarstädtchens. Sie ging mal im Dorf rund, um Geld für eine katholische Angelegenheit zu sammeln, ließ versehentlich auch an unserer Haustür ihr Sprüchlein los und sagte im selben Atemzug: "Ach, Entschuldigung, Sie sind ja evangelisch." Im benachbarten Städtchen gibt es immerhin eine kleine evangelische Gemeinde, das sind zwar "die Falschgläubigen", wie der urkatholische Paderborner zu sagen pflegt, aber immerhin gläubig. Ich entgegnete der Fairneß halber und um keine falschen Gerüchte aufkommen zu lassen: "Wir sind auch nicht evangelisch. Wir sind gar nichts." Sie, in dem Moment tatsächlich ausnahmsweise mal ungläubig: "Ach, so wenig?"
Unser Dorf mußte das dann wieder erstmal verdauen. Vor knapp 11 Jahren wurde dann unser erster Sohn geboren und man informierte uns darüber, daß es hier üblich sei, zur Kindstaufe das gesamte Dorf einzuladen. Ich informierte die Nachbarn im Gegenzug darüber, daß es bei uns üblich sei, auf eine Kindstaufe zu verzichten. Bei Kind Nr. 2, das 2 1/2 Jahre später zur Welt kam, fragte niemand mehr nach Kindstaufe.
Bei den Kindergärten hatten wir die "große" Auswahl zwischen evangelisch (jenseits der vielbefahrenen Hauptstraße) und katholisch (diesseits der vielbefahrenen Hauptstraße). Also fiel die Wahl auf den Katholischen wegen der besseren Lage. Obwohl der Kindergarten bei Aufnahme wußte, daß wir "nichts" sind, und das nicht aus Faulheit, sondern aus Überzeugung, denn ich habe da mit offenen Karten gespielt, haben sie immer wieder versucht, aus meinen beiden Heidenkindern doch noch gute Christen zu machen, da sie ja angeblich gerne mit in die Kirche gingen und nur die böse Mutter ihnen das verbieten würde.
Mein älterer Sohn hat das recht klaglos über sich ergehen lassen, der ist vom Naturell her aber eher ein "Erdulder".
Mein jüngerer Sohn, heute 8, war von dem ganzen christlichen Getue im Kiga total genervt. Ich konnte ihm keine Geschichte mehr vorlesen, in der auch nur ein "Gottseidank" vorkam (Mama, das ist eine Gottgeschichte, die will ich nicht weiter hören, hör auf zu lesen..., ich habe also alle "Gotseidanks" durch "zum Glück" o.ä. ersetzt), er hat sich im dritten Kigajahr um die Osterzeit im Stuhlkreis ständig die Ohren zugehalten, da nur noch die Ostergeschichte drankam, die er ja von den Vorjahren schon kannte, was ihm als mangelnde Schulreife vorgehalten wurde, und er wirft mir heute noch vor, wie ich es damals zulassen konnte, daß er einmal im Kiga ein Aschekreuz abbekommen hat. Da war er gerade mal etwas über drei Jahre alt und das ist 5 Jahre her.
Klar bekamen die beiden in der Schule mit, daß die anderen zur Kommunion gingen. In unserer Gegend gibt es traditionell wirklich teure Sachgeschenke und reichlich Geld und man redet gerne darüber, wer wieviel bekommen hat oder vermutlich bekommen wird. Es gibt auch Kinder, die offen zugeben, daß sie das alles nur wegen der Geschenke machen. Ich glaube, die Dunkelziffer liegt das weit höher, nicht jeder mag sich da outen. Die wenigsten Kinder werden hier in der Gegend gefragt, ob sie zur Kommunion wollen oder nicht, das macht man einfach. Das st, im wahrsten Wortsinne, gottgegeben. Und, wie gesagt, es wird ordentlich vergütet.
Wir haben unseren beiden Jungs freigestellt, sie dürften gerne zur Kommunion gehen und Geschenke einsammeln, dann müßten sie aber auch die Gegenleistung erbringen und zum Kommunionsunterricht, so und so oft in die Kirche etc. etc.Das haben wir auch ganz ökonomisch durchgerechnet. Wir wußten ja, wieviel Geld bei den Freunden so zusammenkam und haben dann ausgerechnet, wieviel Zeit diese insgesamt für die Kommunion investiert haben, Zeit, in der unsere Jungs Freizeit hatten. Dabei kam kein sehr attraktiver Stundenlohn heraus.
Mein jüngerer Sohn hat praktischerweise die dritte Klasse übersprungen und das ganze Kommunionsgedöns daher nur sehr am Rande mitbekommen, da das ja üblicherweise die Drittkläßler betrifft und er eben nie Drittkläßler war. Von seinen drei besten Freunden, durch die er das privat unabhängig von der Klasse hätte mitbekommen können, ist nur einer zur Kommunion gegangen, da sich das in der Familie einfach so gehört, die Oma sonst beleidigt wäre... Bei der Feier dieses Freundes war er neidlos mit dabei.
Seine beste Freundin und sein bester Freund wollten beide nicht zur Kommunion, beide konnten dies auch logisch - diametral entgegengesetzt - begründen:
Bester Freund: "Ich glaube doch sowieso an Gott und Gott weiß das, wieso soll ich da zur Kommunion gehen?"
Beste Freundin: "Ich glaube sowieso nicht an Gott, wieso soll ich da zur Kommunion gehen?"
Dei beiden waren erfreulicherweise auch gegenüber den üblichen Bestechungsversuchen in Form von Kommunionskleid, Geschenken und Geld immun und sind bei ihrer ablehnenden Haltung geblieben. Das ist hier aber die absolute Ausnahme.
Ab und zu flammt die Diskussion, wer an wen glaubt oder nicht und warum / warum nicht / wieder auf, es hält sich aber in Grenzen. Mit dem Übertritt auf das Gymnasium scheint das Thema erfreulich abzuebben, mein Großer ist in der 5. da spielte das alles bislang keine Rolle.
LG von Silke
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