September 2008 Mamis

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Geschrieben von Kuscheling am 18.07.2011, 8:15 Uhr

Schwerer Tag

Wir waren gestern meine Mama im Pflegeheim besuchen.

Schon auf der Fahrt im Auto habe ich geheult. Mir ist eingefallen, dass sie, als ich mit Sami in der Schwangerschaftswoche war, in der ich jetzt bin, mich in Mühlhausen besucht hat, den Bauch bestaunt hat und wir am Abend mit dem Nachbarskind zum Laternenumzug waren. Das ist noch nicht einmal drei Jahre her.
Voriges Jahr haben wir sie am selben Datum im Krankenhaus besucht. Wir sind im Park spazierengegangen, zwar mit Rollator, aber immerhin, sie hat meinem Mann zugewunken und gesehen, dass der Sami einen weißen Smiley auf seinem orangfarbenen T-Shirt hatte. Sie hatte Pläne und ich war voller Optimismus.
Gestern hat sie der Sami mit den Rollstuhl in den Garten geschoben. Der Dialyse-Shunt blitzt aus ihrem Pulli. Alleine laufen wird sie wohl auch mit Rollator nicht mehr können. Draußen war sie nicht, seitdem ich sie das letzte Mal vor drei Wochen besucht habe, auch nicht auf dem Balkon. Für mich das Allerschlimmste: Sie sieht nicht mehr. Sie sieht den Sami nicht, nicht wie er gewachsen ist, seine tollen Haare, seine Augen, sein Lächeln. Sie kann nicht mit ihm spielen, ihm keine kleinen Pullover stricken, nicht mit ihm backen, nicht mit ihm basteln oder ihre vielen schönen Fotos und selbstgemalten Bilder anschauen. Ich könnte schreien, es tut so verdammt weh.

Und das Pflegeheim ist so weit weg, ich brauche mit dem Zug 4 Stunden für eine Strecke. Ich weiß nicht, wie ich das mit zwei kleinen Kindern schaffen soll und bin mit der Suche nach einem Pflegeheimplatz hier dennoch überfordert.

Ich will die Zeit zurückdrehen. Geht das? Ich geh daran kaputt - sie ist erst 62.

 
4 Antworten:

Re: Schwerer Tag

Antwort von talua78 am 18.07.2011, 8:26 Uhr

Lass Dich mal drücken

Sei froh für die schönen Tage, die ihr hattet. Sie sind kostbar und wertvoll. Ronja wird im Tragetuch sicherlich so entspannt sein, dass Deine Mum sie auch mal auf den Arm nehmen kann und ihr die lange Reise entspannt meistert. Sie ist da, Deine Mum, beweine sie noch nicht. Geniesse die Zeit in vollen Zügen.

LG
talua78

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Re: Schwerer Tag

Antwort von Andrea&Würmchen am 18.07.2011, 15:24 Uhr

Liebe Maja,

ich kann etwas mitfühlen, wie es Dir geht. Mein Vater ist zwar nicht im Pflegeheim, aber seinen körperlichen Verfall kann (muss) ich täglich zuhause miterleben. Gerade habe ich mir am Wochenende Bilder von vor 6 Jahren angeschaut - alles in Ordnung, bis auf diagnostizierten schweren Diabetes. Dann, kurz vor der Geburt unserer älteren Tochter, die erste Unterschenkelamputation. Dazwischen Arzttermine ohne Ende, starker körperlicher Abbau. Augen-OPs, inzwischen ist er auf einem Auge blind, das andere hat eine Sehkraft von 30%. Du kannst Dir vorstellen, was das heißt. Klara war gerade auf der Welt, kam die zweite Unterschenkelamputation. Seither sitzt mein Vater quasi dauerhaft im Rollstuhl. Sicher, er hat Prothesen, mit denen er auch gehen kann, aber sicherer wird ein 70-Jähriger mit zunehmendem Handicap nicht...

Mir tut das auch sehr weh, zumal keine Besserung mehr möglich ist. Wir können froh sein, wenn er den Status quo noch einige Zeit halten kann. Allerdings sehe ich ihn in meinen dunklen Momenten schon als Schwerstpflegefall... Ich finde es so unsagbar traurig, dass er nicht mit seinen Enkeltöchtern toben, basteln, spazierengehen kann, ihnen nicht vorlesen kann oder eine spannende Geschichte erzählen - da spielt der Kopf leider nicht mehr mit, auch eine Diabetes-Folge.

Mein einziger Trost ist, dass die Kinder ganz normal und selbstverständlich damit umgehen. Sie kennen ihn ja eigentlich nicht anders, nicht gesund. Daher schieben auch sie den Rollstuhl rum, machen "Wettrollen" statt Wettrennen durch die Wohnung und bestaunen Opas "Zauberfüße", wenn die Prothesen abends ausgezogen werden.

Ich weiß, helfen kann ich Dir mit meinem kleinen Bericht nicht, wahrscheinlich kann Dich das auch nicht trösten. Aber vielleicht ist es ein wenig hilfreich zu wissen, dass es anderen ähnlich geht (mir hat das geholfen, als im Freundeskreis eine vergleichbare Situation aufkam).

Allerdings schließe ich mich Talua an: Weine nicht um sie, höchstens mit ihr (falls sie ihr Schicksal realisiert und traurig ist). Gib den Kindern und ihr die Möglichkeit, sich zu sehen. Bahnfahrt ist mit Baby ideal - man kann stillen, herumlaufen, Essenspausen einlegen und dösen oder mit dem großen Bruder spielen. Oder Du bemühst Dich wirklich um ein Pflegeheim in Deiner Nähe, aber erst nach der Geburt. Das läuft Dir nicht weg und momentan wärst Du vielleicht (mental) heillos überfordert... Evtl. hast Du mehr Muße, wenn sich bei Euch der Alltag zu viert etwas eingependelt hat.

Bei uns ist momentan noch nicht an ein Pflegeheim zu denken, das möchten weder mein Vater noch wir. Und solange ich die Pflege und Betreuung zuhause leisten kann, werde ich das auch tun. Aber für den Fall der Fälle haben wir hier glücklicherweise alles am Ort...

Ich wünsche Dir alles Gute - und etwas Ruhe für's Gedankenkarussell...

LG
Andrea

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Vielen Dank

Antwort von Kuscheling am 20.07.2011, 7:56 Uhr

für die tröstenden Worte.

Wir waren am Montag im Zoo - die Ablenkung hat gut funktioniert und ich habe mich wieder gefangen, auch wenn sich das Gedankenkarusell immer noch dreht.

Andrea, bei dir werde ich mich bei Gelegenheit nochmal per PN zum Thema melden, wenn das in Ordnung ist, ich weiß nur nicht wann, ich muss mich da emotional rüsten - das Schreiben ist anstrengend, obwohl es mich dieses Mal sehr erleichtert hat.

Nochmal Danke
Maja

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Gerne...

Antwort von Andrea&Würmchen am 20.07.2011, 15:14 Uhr

...kannst Du Dich melden, wann immer Du willst.

Lg
Andrea

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