Für alleinerziehende Eltern

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Geschrieben von spiky73 am 02.03.2010, 11:08 Uhr

o.t.: mal was loswerden muss... und frage dazu...

moin, ihr lieben,

am frühen samstag morgen gab es einen verkehrsunfall mit einem toten, der in unseren zuständigkeitsbereich fiel.

gottseidank passiert das nicht täglich - seit ich auf dieser dienststelle arbeite, ist es das zweite mal.
gelegentlich kommt es halt zu unfällen mit schwerverletzten (die meisten gehen zum glück aber glimpflich aus), schlägereien mit verletzten oder anderen unglücksfällen (wie der besoffene, der in einer discothek eine steintreppe runterstürzte und eine offene schädelverletzung davontrug) oder auch mal ungeklärten todesfällen (wo dann eben ein soldat oder angehöriger tot im bett liegt).

wir haben mit diesen sachen ja eigentlich unmittelbar nichts zu tun - wir müssen zum glück nur ganz, ganz selten unser warmes kuscheliges büro verlassen, und wenn, dann meist aus nichtigem anlass. nicht bei so schlimmen anlässen.

allerdings bekommen wir es halt schon insofern mit, dass wir diejenigen sind, die dann am telefon hängen und das verbindungsglied zur "deutschen seite" sind. sprich, telefonate mit der polizei, mit deutschen kliniken (falls eben ein schwerverletzter eingeliefert wurde - oft sind dann die art der verletzung zu erfragen oder überhaupt mal herauszufinden, WO genau die betreffende person überhaupt eingeliefert wurde...) - und solche dinge... und dann erfassen wir abschliessend irgendwann den fall im computer.
normalerweise sind diese fälle, wenn sie ersterfasst werden, auch noch nicht abgeschlossen - oft stehen dann ja auch noch solche dinge wie testergebnisse von blutproben aus und sowas... dann kommt es im computer eben zu nachträgen. und sämtliche übersetzungen, von einsatzberichten der polizei, diverser gutachten, zeugenaussagen und so fertigen wir natürlich auch an.

kurz, man ist in die sache dann doch involviert, zwar nicht direkt, aber indirekt. und es geht einem nach.

am samstag kam dann noch ein angeblicher vergewaltigungsfall (hier jedoch: männl. opfer) dazu (meist entpuppen sich diese sachen dann aber als windeier oder racheakte von ex-freundinnen), also war ich auch noch den mittag damit beschäftigt, in der sache in der gegend herumzutelefonieren.

bei dem einen unfall mit todesfolge war es damals so, der vollbesetzte wagen ist frühmorgens nach einer partynacht von der fahrbahn (autobahn) abgekommen und hat eine befestigungsmauer neben der fahrbahn quasi "mitgenommen". die helfer haben die ganzen insassen dann abtransportiert (zu dem zeitpunkt lebten noch alle) und einer davon ist erst zu einem späteren zeitpunkt verstorben.

bei diesem unfall vom wochenende war es jedoch so, der wagen kam von der fahrbahn (autobahn) ab, stürzte eine böschung hinunter, überschlug sich mehrfach, mähte ein paar bäume um und blieb am fuß der böschung liegen.
einer der insassen wurde währenddessen aus dem fahrzeug katapultiert und verletzte sich derart, dass er auf der stelle tot war. da hätten auch wiederbelebungsmaßnahmen nichts mehr genutzt.

jedenfalls haben die ermittler vor ort (u.s. militärpolizei, CID ermittler, deutsche polizei) das ganze fototechnisch festgehalten und diese fotos bekamen wir auch zu sehen. die ganzen persönlichen dinge, die am unfallourt aufgelesen wurden, wie geldbeutel, ausweise und all sowas (also alles, was die kerle bei sich trugen und was dann von ihnen und aus dem auto geschleudert wurde) lagen dann in klarsichtbeutel eingeschweisst bei uns im wachraum rum.

sprich: man ist mit der sache dann doch so intensiv konfrontiert, dass man eben nicht "einfach so" abschalten kann.

mir ging vorgestern und gestern den ganzen tag das gesicht des getöteten im kopf rum. irgendwie hab ich diesen blick gar nicht mehr aus meinen gedanken gekriegt. gestern und heute hätte ich dann tagschicht gehabt - als dann gestern der unfall natürlich DAS gesprächsthema war, hab ich urlaub genommen und bin heim. und ich merke, dass ich so langsam wieder runterkomme.

aber: hier gibt es doch bestimmt die ein oder andere, die ebenfalls einen belastenden beruf ausübt. sei es als krankenschwester, altenpflegerin, erzieherin (mit jugendlichen aus entsprechenden verhältnissen betraut) oder so... was tut ihr denn zur entspannung, um abzuschalten, um runterzukommen?
denn man härtet doch sicher bis zu einem gewissen punkt ab, aber nicht so ganz? könnte den ein oder anderen rat, kopfstreichler oder was auch immer grad gut gebrauchen...

lg,
martina.

 
6 Antworten:

Ich selbst nicht aber ...

Antwort von Madleen1974 am 02.03.2010, 11:22 Uhr

2 Freundinnen von mir sind Krankenschwester und erzählte mir sehr oft darüber wie es ist Krankenschwester zu sein.

Sie konnte den Beruf nacher nicht mehr ausführen, weil sie unter andere Intensiv -Schwester war.

Die war so mit den Nerven runter das sie irgendwann aufhörte. Sie ist jetzt in einen Sanitätshaus beschäftigt.


Die andere Freundin war lange Zeit Krankenschwester auch sie hat zu tun gehabt mit den Schicksalen, Sie hat dann Depression bekommen und bekam Tabletten.

Sie war dann auch lange Zeit zu Hause.
Nun arbeitet Sie in einen Krankenhaus für Depression und vorher war sie auf eine Station für Alkoholiger.

Sie trotz allem noch zu kämpfen.

Manche können abschalte manche nicht.

Letztens hat doch meine Tochter diesen Toten gefunden und ich hab ihn auch gesehen, es geht einen lange noch durch den Kopf und ich nehme an was Du gesehen hast ist viel schlimmer, da es ein Unfall war.

Ich würde Dir vorschlagen, das Du Dich in eine Notafllseelsorge begibts wenns nicht anders mehr geht.
L.G

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Re: o.t.: mal was loswerden muss... und frage dazu...

Antwort von suchepotentenmannfürsleben am 02.03.2010, 11:49 Uhr

Hallo Martina!

ich habe auf ganz andere Weise mit schrecklichen und erschreckenden Ereignissen zu tun, sehe furchtbare Bilder und erlebe Grenzsituationen.

Leicht ist das nicht, aber man erarbeitet sich mit der Zeit und wachsender Erfahrung eine *besondere* Einstellung dazu.
Ich bin da alles andere als abgehärtet - und ehrlich gesagt, möchte ich auch nicht abhärten, denn dann würde mir die Empathie und das Mitgefühl verloren gehen und das fände ich traurig.

Natürlich nimmt man schlimme Erlebnisse mit nach Hause. Unserem Team hilft dann reden, reden, reden. Das wissen alle, und jeder hört dem anderen auch zum 36763 Mal zu, wenn es nötig ist - das verteilt die Last gefühlt auf mehrere Schultern, auch wenn die eigentliche Last manchmal nur ein einziger oder wenige Personen tragen.

Es dauert bei MIR ein paar Tage, bis ich runtergekommen bin - manche Bilder kommen immer wieder, einige verschwinden und kommen nur zu bestimmten Anlässen. Meist muss ich zwei oder dreimal "drüber schlafen", um wieder einigermaßen in *meinem* Leben anzukommen, nachhängen tut einem das viel länger.

Ich versuche, die zwangsweise sich aufdrängenden Gedankengänge *es hätte auch jemandem aus meiner Familie treffen können* nicht ständig wieder zuzulassen.
Tut man das, involviert man sich nämlich noch viel mehr in diese Tragödien, und das ist sicher nicht gut!
Dagegen hilft es, sich die positiven Seiten des Berufes, die Erfolgserlebnisse ins Gedächtnis zu rufen. In der Regel sind doch Erfolge häufiger und Tragödien selten.

Ich drücke dich mal
Vielleicht nimmst du dir heute deine Kinder und ihr macht einen kleinen Frühlingsausflug oder gönnt euch ein Eis? :-)Wäre eine gute Ablenkung für dich! Und positive Erlebnisse kannst du jetzt gut gebrauchen!

LG
S

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Re: Ich selbst nicht aber ...

Antwort von groschi am 02.03.2010, 11:51 Uhr

ich bin krankenschwester. bewußt habe ich mich gg kinderkrankenschwester entschieden, denn das hätte ich nie machen können.
meine einstellung ist, dass der tod zum leben gehört.ich habe einige menschen begleiten dürfen. bei den meisten war es abzusehen; da war der tod eine ersehnte erlösung. diese fälle konnte ich mit meinem kittel abstreifen. andere schicksale gehen mir heute noch nicht aus dem kopf: das verstorbene unfallopfer, während der unfallschuldige mit paar kleineren blessuren überlebt hat (alkohol am steuer). oder der junge, der mit polizei und JA in die notaufnahme kam mit schlimmsten verletzungen im analbereich. oder die alte dame, die so gerne ihre tochter wiedergesehen hätte und diese paar stunden zu spät kam..
ich weiß noch, als ich als frischling in der notaufnahme nachtdienst hatte, ich mich über den harten,beinahe menschhassenden zynismus des diensthabenden arztes aufregte. er versprach mir, nach paar wochen im dienst, würde ich ähnlich ticken. und er hatte recht. man legt sich eine schale zu....nirgendswo wirst du dreckigere witze wie in so manchen schwesternzimmer hören.
ansonsten hilft reden, reden, reden....mit kollegen, verwandten und therapeuten

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Oh ja

Antwort von Luca Miguel am 02.03.2010, 13:27 Uhr

das kenn ich gut....
Ich arbeite ja im ambulanten Pflegedienst. Wenn wir Krebspatieten haben, die dann auch noch sehr jung sind...dann sterbe ich jedesmal mit und brauche ne zeitlang das los zu werden.
Auf der anderen Seite bin ich aber auch sehr abgestumpft. Ich merke das immer wieder. Hauptsächlich privat. Wenn meine Mutter was hat, dann kann ich sie einfach nicht betüddeln, wie es vielleicht andere Töchter machen würden.Es nervt mich manchmal selbst, aber ich schätze mal das 18 Jahre Pflege das nun mal mit sich bringen.
Einen guten Tipp habe ich aber leider nicht für dich :-(

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Re: Oh ja

Antwort von Ima am 02.03.2010, 13:53 Uhr

Als ich noch im wohnheim (alternative wohnform für straffällig gewordenen mädchen - sprich die "sozialisierungsmaßnahme" statt kanst) gearbeitet habe, war ich am anfang erschrocken darüber, wie "rüde" meine kollegen teilweise über den biographischen background oder die aktuellen situationen der mädchen geredet haben. nach einiger zeit habe ich dann festgestellt, dass meine ausdrucksweise bei der übergabe nach einem schichtblock (26 - 30 stunden dienste incl. nachtdienst) an den nächsten kollegen genauso war. es fällt leichter, zumindest nach außen hin, die distanz zu halten, wenn man möglichst wenig emotional darüber spricht. nach einiger zeit liegen einem die mädels nunmal am herzen, da möchte ich nicht drüber nachdenken, was passiert, wenn sie mal wieder abgängig sind (drogen, prostitution etc.) bzw. möchte ich nicht ständig schicksale mitnehmen, die so unvorstellbar hart sind (häufig missbrauch und misshandlung). auch die frustration, weil die erfolsgquote in diesem job nicht sonderlich hoch ist, kann ich mir nicht immer vor augen halten.
besonders hart waren die beiden todesfälle in der zeit - beide mädchen sind nichtmal 18 geworden - sowie das "abrutschen" eines der mädchen in die drogensucht. diesen verfall zu sehen war für mich eine grenzerfahrung.
im "inneren" bleibt das natürlich schon hängen, ich hab viel von "meinen" mädchen geträumt in der zeit.
geholfen hat auch reden, reden, reden - mit kollegen, mit engen vertrauten oder auch "mit mir selbst". mir war ein ausgleich wichtig, zu der zeit bin ich viel spazieren gegangen, irgendwie war die natur so ein bereich, in den meine "knastis" nicht eindringen konnten. außerdem habe ich sehr bewusst schöne dinge getan, die mich "zerstreut" haben.
ich arbeite ja jetzt in einem weitaus "entspannteren" berufsfeld und merke, dass ich leichter lebe, aber eben auch diese dankbarkeit für meine biographie, für meinen weg, abebbt. ich nehme viel mehr als selbstverständlich hin. das finde ich manchmal schade.
außerdem fehlt mir dieses art von sozialarbeit, aber mit eigenem kind sind die prioritäten ebem anders.

also, liebe martina, es ist normal, dass du es mitnimmst, aber such dir einen ausgleich - wie auch immer der aussieht.
sei ganz lieb , gerade den tot möchte man ja nicht presentiert haben in der regel.

ima

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Re: o.t.: mal was loswerden muss... und frage dazu...

Antwort von gummibärle am 02.03.2010, 20:03 Uhr

Hey.

Kenne ich nur zu gut

Was mir hilft:
1. weinen Ich habe bis jetzt nach jeder Reanimation die ich miterlebt habe geheult (auch wenn es erst Stunden später war)

2. reden. Normalerweise rede ich nur mit anderen Pflegekräften drüber ("die wissen was ich meine"), vor kurzem hab ich mit einem Oberarzt geredet, er hatte irgendwie eine andere Sichtweise- aber ich konnte das Ganze von seinem Blickwinkel betrachten. Das hat mir in diesem Fall geholfen.

3. sich Zeit zum trauern/verarbeiten/ abschließen lassen. Mir gehen oft Schicksale nach, es ist für mich besser ein paar Stunden zu grübeln als es in die hinterste Ecke meines Gehirn zu verbannen. Danach kann ich es schneller akzeptieren, dass es nunmal so ist und wir nichts dran ändern können.

4. Fortbildungen zum Umgang mit Tod/Sterbenden werden bei uns zum Glück regelmäßig angeboten.

LG

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