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Geschrieben von charty am 02.09.2015, 9:07 Uhr

Zu Polen und den Flüchtlingen

Wenn Ihr erlaubt, möchte ich - ohne eine große Diskussion loszutreten - mal kurz meine eigenen Erfahrungen einbringen. Da ich geschäftlich mit Polen zu tun habe und erst im Juli wieder in Oberschlesien gewesen bin, ergaben sich natürlich auch zum Thema Flüchtlinge Gespräche. Und ehrlich gesagt, war ich sehr verwundert über die extrem ablehnende Haltung derjenigen, mit denen ich gesprochen habe, vor allem, weil es sich hier um Rechtsanwälte und Akademiker handelte, von denen ich weiß, dass sie auch viel herumkommen und die Nachrichten verfolgen.

Aber letztendlich konnte ich die Haltung schon ein wenig nachvollziehen und sie mussten schlussendlich auch zugeben, dass auch Polen helfen sollte und muss. Das Thema Solidargemeinschaft EU haben sie allerdings bis heute nicht wirklich verinnerlicht.
Warum die Polen so negativ eingestellt sind, liegt offensichtlich an folgenden Gründen:

1. Von den Politikern und den Medien werden die Flüchtlinge meist als Wirtschaftsflüchtlinge dargestellt. Über die Hintergründe in den jeweiligen Ländern wird zu wenig berichtet und die Polen (und nicht nur die Polen) wollen nicht andere Menschen durchfüttern.
Über die Kriegs- und Verfolgungsituationen durch z.B. IS oder Al Shabaab in den jeweiligen Ländern haben sie ein absolut unzureichendes Wissen.

Zudem werden nur die Anzahl der aufzunehmenden Menschen publiziert, aber nicht, wie sie über das Land verteilt werden sollen. Die Rede war wohl Anfang des Jahres von 1.000 - 1.500 Menschen und im Juli von ca. 2.500 Flüchtlingen. Von den Planungen der Regierung, wie das alles gehandelt werden soll, sind die Polen so gut wie nicht informiert. Auch das schürrt Unsicherheit.

2. In Polen gibt es bis dato fast keine schwarzen Menschen. Sie sind der Bevölkerung unheimlich. Und genau das greifen die Politiker und Medien immer wieder auf: Die Geschichte vom bösen schwarzen Mann. Die Schwarzen sind kriminell etc. Damit rücken aber die kriminellen Probleme, die nicht nur Polen mit anderen osteurpäischen Ländern haben, in den Hintergrund.

3. Religion. Es ist richtig, dass die Polen ein Problem mit Menschen haben, die nicht christlich orientiert sind. Sie vergessen allerdings, dass auch viele der Flüchtlinge Christen sind und u.a. auch deshalb verfolgt und getötet werden. Und nicht alle, die dem Islam angehören, sind kriminell. Dass es viele Ähnlichkeiten zwischen Bibel und Koran gibt, ist den Polen auch nicht bewusst. Die Toleranz ist hier sehr niedrig. Auch hier müsste mehr Aufklärung passieren.

Bei diesen Gesprächen hat mir sicher geholfen, dass ich aufgrund eines Schulprojektes meiner Tochter zum Thema Al Shabaab mit im Flüchtlingscafé war, in dem sie Flüchtlinge interviewt hat. Der direkte Kontakt mit den Flüchtlingen hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und die Erfahrungen habe ich meinen polnischen Geschäftsfreunden auch erzählt. Sie waren entsetzt darüber, was einige erleiden mussten und, dass ihr Leid im Heimatland so groß war, dass es ihnen eigentlich egal war, ob sie auf der Flucht sterben, Hauptsache sie haben eine Chance zu überleben etc. Berichterstattungen mit Interviews mit Flüchtlingen gibt es in den Medien scheinbar so gut wie gar nicht, weshalb die Menschen sich in Polen auch kein Bild von dem Leid, insbesondere Todesangst, in den jeweiligen Ländern machen können.

Sorry, das ist jetzt etwas lang geworden. Was ich eigentlich sagen wollte, dass ich über all die Jahre der Geschäftsbeziehungen die Erfahrung gemacht habe, dass wenn eine ordentliche Aufklärung innerhalb des Landes geschieht, auch die Polen einsichtig sein können, wobei ich hier natürlich nur von wenigen Menschen sprechen kann und nicht für die Polen im Allgemeinen.

Vg Charty

 
5 Antworten:

Wie empfinden es die Menschen dort?

Antwort von Marianna81 am 02.09.2015, 10:21 Uhr

Werden sie auch als fremdenfeindlich und intolerant bezeichnet?

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Re: Wie empfinden es die Menschen dort?

Antwort von charty am 02.09.2015, 10:59 Uhr

Wie meinst Du das? Meinst Du, ob die Polen in Polen als fremdenfeindlich und intertolerant bezeichnet werden oder so gesehen werden?
Ich hatte den Eindruck, dass sie sich selbst nicht wirklich so sehen.
Polen ist kein wirkliches Multikulti-Land wie jetzt z.B. Deutschland, Frankreich, England. Sie haben keine wirklichen Erfahrungen mit Menschen ausserhalb Europas, zumindest im gesellschaftlichen Zusammenleben. Stimmt zwar so nicht ganz, denn es sind mittlerweile viele Asiaten da aus Korea usw. aufgrund der in Polen niedergelassenenen Firmen, aber das ist für die Polen etwas anderes. Das sind Menschen, die kommen zum Arbeiten für ihre Firmen. Da spielen die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und/oder Religionen keine wirkliche Rolle.
Bei den Flüchtlingen haben sie einfach Bedenken, dass diese sich wirklich integrieren wollen, dass sie sich vom Staat aushalten lassen wollen und kriminell sein könnten. So wird ihnen das offensichtlich suggeriert. Und sie haben Bedenken, dass ihre sog. "heile" Welt bzw. Gesellschaftsstruktur sich verändern könnte.

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Genau, so meinte ich das

Antwort von Marianna81 am 02.09.2015, 11:03 Uhr

ich finde es sehr auffällig wie schnell in Deutschland man als fremdenfeindlich bezeichnet wird wenn es um das Thema Flüchtlinge geht.
Scheint ja in anderen Ländern anderes zu sein.

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Re: Genau, so meinte ich das

Antwort von Lauch1 am 02.09.2015, 13:38 Uhr

Ja, aber nur in den Ländern, die von der EU am meisten profitieren, im Gegenzug aber zu Nichts bereit sind.
Scheint mir nicht sehr erstrebenswert zu sein (wobei die Meinung der jeweiligen Regierung ja nicht mit der der Gesamtbevölkerung übereinstimmt).

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Re: Genau, so meinte ich das

Antwort von wolke76 am 02.09.2015, 14:42 Uhr

Sie schrieb, dass die Polen sich selbst nicht als fremdenfeindlich sehen.

Die Deutschen, die von anderen Deutschen als fremdenfeindlich empfunden werden, sehen sich selbst auch nicht so!

Ich finde also, du kannst es nicht vergleichen, wie sich die Leute selbst sehen u d wie sie von anderen gesehen werden.


Zum Thema Polen kann ich selber nichts sagen, darüber weiß ich zuwenig. Aber die Infos im AP finde ich sehr interessant.

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