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Im Fokus der Forschung:
Sprachentwicklung bei Kindern
Wie lernfähig sind Babys und Kleinkinder wirklich? Wie schnell lernen sie neue Worte?
Um diese Fragen beantworten zu können,
dürfen Kleinkinder bei einem wissenschaftlichen Experiment in Hannover sogar schon fernsehen. |
Kleinkinder dürfen im Dienste der Forschung Filme schauen
In dem Fünf-Minuten-Film sitzen die Zweijährigen auf dem Schoß ihrer Mütter und sehen die bewegten Bilder. Eine Sprecherin beschreibt das Geschehen, beispielsweise wie ein Mann einen Ballon schwenkt: „Der Mann telpt einen Ballon“. Oder sie sagt, während eine Frau eine Decke schüttelt: „Die Frau waupt eine Decke“. Können sich die Kleinen die Fantasiewörter einprägen und nach einer Woche die entsprechenden Tätigkeiten zuordnen?
Moderne Methode: das Eyetracking gibt Aufschluss
Das möchte das Team um Prof. Ulrike Lüdtke vom Lehrstuhl Sprachpädagogik und Sprachtherapie der Universität Hannover herausfinden und nutzt dazu die moderne Methode des Eyetracking, bei dem die Augenbewegungen der Kinder aufgezeichnet und analysiert werden. Mit Hilfe der Computertomographie können außerdem die aktiven Gehirnregionen sichtbar gemacht werden. Das Ergebnis bestätigt: Schon Kleinkinder können sich die genannten Wörter merken!
Babys im Interesse der Wissenschaft
Die frühkindliche Entwicklung rückt seit mehreren Jahren immer mehr in den Fokus der Forschung. Wissenschaftler - Mediziner, Psychologen und Sprachforscher - wollen ergründen, wie es um die intellektuellen Fähigkeiten der Allerkleinsten bestellt ist. In speziellen Babylaboren, die in vielen Städten entstanden sind, wird das Verhalten der Babys in Experimenten beobachtet. Nicht ohne Folgen, diese Entwicklung trug dazu bei, dass die intellektuellen Fähigkeiten von Säuglingen heutzutage ganz neu bewertet werden. Mittlerweile ist klar, dass Babys schon im Mutterleib lernen und mathematische, physikalische und psychologische Dinge bereits im Alter von einem halben Jahr begreifen.
Besonders interessant: Die Erforschung wie Babys ihre Muttersprache lernen. So weiß man heute, dass Babys schon eine Menge über ihre Sprache wissen, bevor sie selbst überhaupt das erste Wort sagen können. So reagieren deutsche und französische Babys im Alter von sechs Monaten schon völlig unterschiedlich auf Betonungsmuster.
Welche Rolle spielen Gefühle beim Sprechen lernen?
An der Universität Hannover möchte man herausfinden, wie Kinder Sprache lernen und inwieweit dabei Gefühle eine Rolle spielen. So sollen Sprachstörungen künftig schneller festgestellt und therapiert werden können. Und natürlich ist die Interaktion mit der Mama von großer Bedeutung. Läuft hier etwas schief, hat das Auswirkungen. So können -laut empirischen Studien- in einer schwierigen Gefühlslage überdurchschnittlich oft Sprachprobleme ausgelöst werden. Prof. Ulrike Lüdtke erläutert: „Schon direkt nach der Geburt erwartet ein Kind ein positives kommunikatives Gegenüber, das ihm direkt antwortet. Bei Frauen mit einer postnatalen Depression oder einer Borderline-Störung wird diese positive Kommunikationserwartung enttäuscht oder es kommt die falsche beziehungsweise negative emotionale Reaktion.“
Wie Mamas mit ihren Babys sprechen und welche Auswirkung diese Kommunikation hat, testen die Wissenschaftler auch in einer Feldstudie. Im Rahmen dieser Untersuchung erhalten die Mamas eine Kamera, welche über der Wickelkommode angebracht wird und diese zeichnet die Mama und ihr Baby beim Wickeln auf.
Schwangerschaft und Babyalter prägen Sprachentwicklung
Die Weichen für die Sprachentwicklung werden schon früh, nämlich während der Schwangerschaft und im Babyalter gestellt. Darin ist sich Sprachforscherin Prof. Ulrike Lüdtke sicher: „Die meisten Eltern wissen das intuitiv und kommunizieren vom ersten Tag an spielerisch und mit viel Freude mit ihren Kindern.“ Würden nun noch die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den ganz frühen Spracherwerb in die Praxis gebracht werden, könnten davon viele profitieren. „Man könnte Elterntrainings verbessern, Erzieherinnen und Tagesmütter besser schulen und die häufig prekären Lebensbedingungen von ganz jungen oder alleinerziehenden Müttern finanziell verbessern.“
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