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Geschrieben von stjerne am 26.01.2012, 17:57 Uhr

Selbstwahrnehmung - Lehrermeinung :-(

Letzte Woche hatte ich das Halbjahresgespräch mit dem Lehrer meiner Tochter (zweimal im Jahr haben alle Eltern ein Gespräch, um zu hören, "wie es so läuft").

Mal wieder gab es eine riesige Schere zwischen der Selbstwahrnehmung meiner Tochter und der Meinung des Lehrers.
Sie: Ich bin in allen Fächern schlecht, außer in Sport.
Er: Es läuft in allen Fächern bestens, außer in Rechtschreibung, aber auch das bekommt sie wohl noch hin.

Ich war ziemlich erschüttert, dass sie sich so kritisch sieht, wobei ich das ja auch schon lange beobachte und mir ohnehin nie vorstellen konnte, dass das in der ganzen Dramatik zutreffen konnte.
Zwei Tage vor dem Gespräch sagte sie mir noch mit Tränen in den Augen: "Ich wäre so gerne auch eine gute Schülerin". Wenn ich ihr dann sage, dass sie das doch ist, dass der Lehrer zufrieden ist, dass wir sie sowieso lieben, egal, wie es in der Schule läuft, dann tröstet sie das im Moment, setzt sich aber nicht fest.

Inzwischen glaube ich den (oder zumindest einen) Grund gefunden zu haben:
Sie vergleicht sich mit einem Freund, der mit Abstand Klassenbester ist. Der Junge ist vermutlich hochbegabt, auf jeden Fall ein Hochleister, macht immer alles mit Zuckerguss und Sternchen. Noten gibt es bei unserer Schule ja nicht, aber wenn es welche gäbe, läge sie vermutlich bei 1-2 und er überall bei 1+
Sie ist also nicht so gut wie er und ihrer Logik nach ist sie daher schlecht. Das hat sie mir jedenfalls so gesagt, es heißt nach jedem guten Test auch immer nur "aber X hat 0 Fehler, aber X kann das besser, aber X macht das schöner..."

Ja bitte, was ist das für ein Maßstab? Es wird immer jemanden geben, der besser ist, als man selbst. So macht sie sich doch die Schulzeit zur Hölle.
Selbst wenn sich die Wege der beiden nach der 4. vielleicht trennen (was schade wäre, denn sie sind gute Freunde), das Problem ist ja nicht, dass er sich "erdreistet" einfach besser zu sein (der Böse!), das Problem ist, dass meine Tochter damit nicht klarkommt. Das könnte ja dann in einer anderen Klasse mit anderen Kindern leicht wieder passieren.

Vielleicht wird es noch verstärkt dadurch, dass sie sich seit dem Windelalter kennen und durchaus auch mal sie diejenige war, die die Nase vorn hatte (selbstbewusster im KiGa usw), vielleicht schmerzt es besonders, das Szepter so gründlich abzugeben, aber das gehört zum Leben doch dazu!

Hat jemand auch mal sowas erlebt? Natürlich bauen wir unsere Tochter nach Kräften auf, aber ich habe immer das Gefühl, sie will das gar nicht hören, sie will nur mal "besser" sein.
(Sollte ich den Lehrer bestechen?



Für die Humorlosen: Das war ein Witz!)

 
9 Antworten:

Re: Selbstwahrnehmung - Lehrermeinung :-(

Antwort von Dor am 26.01.2012, 18:10 Uhr

Also man nennt diesen Effekt "negative Attribuierung" von Leistung und das Vergleichen innert der Klasse auch den Big Pond little fish Effekt, d.h. dass Schüler sich innerhalb der Klasse vergleichen und nicht objektiv ihre Kompetenzen ansehen.

Dagegen arbeiten kann die LP, indem sie, die Leistung des Schülers erst bewertet, nachdem sich der Schüler selbst dazu geäussert hat (was bei Schriftlichem schwierig ist, klar), dann vor allem die günstige Einschätzung des Schülers bestärkt. Falls er sich - wie deine Tochter - nur negativ einschätzt, antwortet der Lehrer am besten mit Zweifel " da kenne ich dich aber ganz anders"

und das ganze Spielchen nach dem Motto steter Tropfen höhlt den Stein...

Mädchen neigen zusätzlich dazu, Erfolge, weniger ihren Fähigkeiten zuzuschreiben, als Glück, leichter Test usw.. Das sit ebi deiner Tochter der Fall. Misserfolge hingegen attribuieren Mädchen oft internal stabil "ich bin zu dumm, cih kann das nicht" Jungs würden es auf den Test schwieben udn auf den Lehrer. das alles kann amn nachlesen in Pädagogischer Psychologie.

Günstig wäre, wenn deine Tochter zu sich sagen würde. ich habe mich gründlich vorbereitet, deshalb lief es gut. Das liegt mir. Ich habe mich angestrent und Erfolg gehabt.

LG

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Lernprozess

Antwort von Tinai am 26.01.2012, 18:23 Uhr

Hallo,

so etwas gibts und meine Tochter hatte solche Anwandlungen auch mal. Aber da hilft nur Geduld und die immer wieder kehrende Bestätigung, dass die Menschen verschieden sind, verschiedene Talente haben und Ausprägungen der Talente. Und anstatt zu bedauern, dass man selbst nicth so gut ist (es gibt immer jemand bessern immer), sollte sie lernen sich daran zu freuen, dass andere das so gut können - insbesondere, wenn es ihr Freund ist.

Aber diese Erkenntnis und diese Einsicht braucht Zeit.

Grüße Tina

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Re: Selbstwahrnehmung - Lehrermeinung :-(

Antwort von RR am 26.01.2012, 19:36 Uhr

Hallo
wir hatten dieses Gespräch am Dienstag u. die Lehrerin war regelrecht begeistert dass sich unser Sohn so gut selbst eingeschätzt hat (ich bin überall super nur die Arbeitszeit muss etwas schneller werden).....

Sie hat uns auch erzählt dass einige "tief stapeln" - also so wie deine Tochter.... andere sehen sich "als super" die eher so im Mittelbereich sind.....

Du schreibst sie kennt den Jungen seit Windelalter..... mal Hand aufs Herz: hast du sie oft mit ihm verglichen u. auch mal gesagt "aber xy ist schon besser im krabbeln.... rennen.... basteln etc. als du???" Oft überträgt es sich ja aufs Kind, irgendein anderer ist immer besser......

viele Grüße

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hier genau umgekehrt

Antwort von mams am 26.01.2012, 20:37 Uhr

meine söhne sind immer davon überzeugt, dass sie die besten der klasse sind. in der realität sieht es so aus, dass sie nicht schlecht sind, aber bei weitem nicht "die besten". so herum geht es also aus.

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Re: Selbstwahrnehmung - Lehrermeinung :-(

Antwort von Holzkohle am 26.01.2012, 20:58 Uhr

Hey, Du sprichst mir aus der Seele, ich hatte das hier schon mehrfach angedeutet, dass wir das gleiche Problem haben.

Bei meinem Sohn ist es ganz schlimm und zieht sich leider über alle Bereiche seines Lebens. In seinem Verein z.B., unsere Mannschaft war anfangs sehr klein, gerade so groß, dass wir bei einem Turnier starten durften. Er spielt Baseball. Er hat im Vergleich zu den anderen Jungen, die dort sind, sehr spät angefangen, erst vor einem Jahr. Die Anderen spielten da aber schon über ein Jahr lang und konnten dementsprechend auch schon so Einiges.
Mein Sohn hat einen ziemlichen Ehrgeiz entwickelt, kann aber mit Niederlagen nicht umgehen. Als er im ZWEITEN Training den Ball nicht traf, warf er alles aufn Boden und tobte und meckerte. Als er im vierten (?) Turnier für DEN (einzigen!!!!) Punkt der Mannschaft sorgte (wir lagen glaube ich mit 0:12 im Rückstand), ein Spieler "home" kam, aber mein Sohn nicht auf die 1. Base, da brach er in Tränen aus... Er wäre so schlecht, er wäre so Kacke, ALLE ANDEREN (selbst, die keinen einzigen Ball getroffen haben) wären ja VIEL besser. Dabei übersieht mein Sohn, dass er a) von allen am kürzesten dabei war und b) sehr wohl für nen PUNKT gesorgt hat, auch wenn er mit einer kleinen persönlichen Niederlage verbunden war, nämlich, es nicht auf die erste Base zu schaffen...

Oder in der Schule. Er ist von allen Schülern seiner Klasse der beste (Junge), gleichauf ist ihm ein Mädchen, auch gleichalt. Im Übrigen auch seine BESTE Freundin :) Neulich haben sie einen mehrseitigen Mathetest geschrieben, ihm fehlten zwei oder vier Punkte zur vollen Punktzahl, das war natürlich ein super Erfolg und er war (mit seiner Freundin) der Beste... Mein Sohn sah das nicht, für ihn war nur ausschlaggebend, dass er die volle Punktzahl nicht erreicht hat, ergo ist er doof und kann nichts...

Wenn 100 Kinder ein Wettrennen machen und mein Sohn kommt als Zweiter ins Ziel, hört er vorm Ziel auf zu rennen und lässt sich überholen, weil er ja nicht Erster wird... UND SO WEITER.

Die Lehrerin meinte ebenfalls, und das weiß ich auch durch seine Therapien, dass er eine völlig falsche Selbstwahrnehmung hätte. Das ginge wohl einigen Kindern in der Klasse so, aber bei ihm sei es extrem ausgeprägt. Erklären kann sie sich das nicht, denn er IST GUT, verdammt noch mal. Er ist eigentlich in fast allem gut, was er anrührt. Aber er sieht das nicht, er sieht immer nur seine Misserfolge und wenn Andere etwas gut machen - und da sie es in seinen Augen vielleicht sogar besser machen als er selbst, hält er sich für einen Versager...

Ich habe jetzt beschlossen, mit einem Kompetenztraining anzufangen und höre mich schon seit einer Zeit um. Außerdem hat die Lehrerin angefangen, ein Heft zu führen... Nach jedem Tag muss mein Sohn auf die eine Seite des Heftes einen Stempel machen, er hat drei zur Auswahl. Ein Grinsegesicht, ein Gesicht mit gerade gezogenem Mund und ein trauriges Gesicht. Grinsen steht für "der Tag lief super", traurig also für "lief mal gar nicht".... Während mein Kind ein trauriges Gesicht reinhaut, macht die Lehrerin ein Grinsegesicht daneben- sie nimmt den Tag - also SEINEN Tag - ganz anders wahr als er selbst.

Nach vier Wochen,d ie wir dieses Heft jetzt führen, ist allerdings zu merken, dass mein Sohn dadurch gelernt hat, sich selbst besser einzuschätzen. Vielleicht wäre das auch was für Euch...

Übrigens - selbst wenn Du den Lehrer bestechen würdest (ich weiß, dass es ein Witz sein soll), selbst DANN würde Deine Tochter noch was finden, an dem sie zu mäkeln hätte...

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Re: Selbstwahrnehmung - Lehrermeinung :-(

Antwort von stjerne am 26.01.2012, 21:02 Uhr

"Du schreibst sie kennt den Jungen seit Windelalter..... mal Hand aufs Herz: hast du sie oft mit ihm verglichen u. auch mal gesagt "aber xy ist schon besser im krabbeln.... rennen.... basteln etc. als du???" Oft überträgt es sich ja aufs Kind, irgendein anderer ist immer besser......"

Ja, Hand aufs Herz: Sowas fiele mir im Traum nicht ein!
Ich vergleiche meine Kinder nicht. Auch nicht miteinander. Die Kleine kann vieles nicht, was die Große in dem Alter konnte, fiele mir NIE ein, ihr das zu sagen. Und auch mit X habe ich meine Große nie verglichen. Abgesehen davon: Damals war meine Tochter besser im Krabbeln, Sprechen und Basteln als X...

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@alle

Antwort von stjerne am 26.01.2012, 21:05 Uhr

Ich danke Euch für die vielen hilfreichen Meinungen. Da waren einige Sachen bei, die ich mit meiner Tochter probieren werde.

@Holzkohle
Wir gründen dann eine Selbsthilfegruppe und sammeln Bestechungsgelder, okay?

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Re: Selbstwahrnehmung - Lehrermeinung :-(

Antwort von berita am 27.01.2012, 11:49 Uhr

Hmm, ich würde wohl versuchen, meinem Kind gegenüber seine besonderen Stärken zu verdeutlichen. Und den Lehrer dabei durchaus versuchen, ins Boot zu holen. Denn immer nur hören, wie andere besonders gelobt werden, kann schon frustrierend sein, auch wenn man selbst eine gute Leistung gebracht hat. Meine Tochter schreibst z.B. mit ihrer Freundin zusammen Geschichten, die sie dann in der Klasse vorlesen dürfen und viel Anerkennung dafür erhalten. Oder die Kinder stellen vor, welches Instrument sie gerade lernen und zeigen, was sie schon gut beherrschen. So bekommt jeder Lob und besondere Aufmerksamkeit, nicht nur das hochbegabte Kind mit "Zuckerguss und Sternchen". Dass der Lehrer sich im Gespräch positiv geäussert hat, ist schonmal gut, aber die Frage ist eben, was im Unterricht so passiert und wie dort die unterschiedlichen Ergebnisse bei einem Test o.ä. präsentiert werden, wenn überhaupt. Meistens wird heutzutage eigentlich ein direkter Vergleich unterlassen, auch wenn es natürlich nicht immer vermeidbar ist, dass die Kinder sich die Punktzahl der anderen anschauen.

In der Freizeit würde ich auch schauen, was mein Kind besonders gut kann und das dann speziell fördern. Idealerweise dann ein Hobby oder Sport, den der "Superjunge" nicht so gut beherrscht :-) Natürlich muss deine Tochter auch lernen damit klarzukommen, dass es Leute gibt, die in bestimmten Dingen besser sind als sie. Aber das ist eindeutig weniger frustierend, wenn man dafür an anderer Stelle sein Selbstbewusstsein wieder autanken kann.

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@berita

Antwort von stjerne am 28.01.2012, 13:23 Uhr

"Idealerweise dann ein Hobby oder Sport, den der "Superjunge" nicht so gut beherrscht :-) "

Eigentlich eine gute Idee...
In der Realität sieht es so aus: Beide spielen Fußball, natürlich ist er besser. Zum Glück sind sie aber nicht in der selben Mannschaft. Und beide besuchen einen Kunstkurs zusammen.
Da war ich damals tatsächlich nicht so glücklich, dass die Mutter davon Wind bekam und ihn sofort auch anmeldete. Denn kreativ zu sein, ist ihr ganz großes Ding. Sie sprüht vor Ideen und ist immer am glücklichsten, wenn sie die umsetzen kann. Sie ist aber kein Kind, das gut kleine Details malt oder naturgetreu abzeichnet, sie geht mehr in Farben und Harmonien auf, zeichnen kann X natürlich besser.

Klingt jetzt so, als wäre der Junge die Pest... So ist es natürlich nicht, aber für meine Tochter ist es tatsächlich ein Problem.

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