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von spiky73  am 04.04.2016, 14:24 Uhr

Warum bleiben Frauen so oft unter ihren beruflichen Möglichkeiten?

So, ich schleiche mich mal hier ein und hänge mich an Leena ran...

Auch ich habe nicht 'Karriere' gemacht, wozu auch? Dazu bin ich nicht der Typ. Aber dass ich hinter 'meinen Möglichkeiten' geblieben bin, das weiß ich auch so...

Bei mir spielen da mehrere Faktoren rein:

1. Wie Leena schon sagte, die Erziehung. Nun sind meine Eltern schon Nachkriegs- und keine Kriegskinder mehr, aber trotzdem sollten meine Brüder und ich immer in allem die Besten sein. Ich nehme an, vor allem mein Vater wollte da gerne etwas kompensieren. Wir wurden zwar gefördert und alles, aber unsere Bedürfnisse wurden da nicht wirklich wahrgenommen.
2. Das führte dann auch dazu, dass ich einen Beruf ergriff, der mir nicht wirklich lag. Mein Vater hatte mich zwar nicht dazu 'gezwungen', eine Banklehre zu absolvieren, aber er hat auch keine Alternativen aufgezeigt, bzw. schlecht geredet. Und da ich damals, so kurz vor dem Abi, schon andeutete, dass ich gleich nach dem Abschluss ausziehen werde, hat er mir auch gleich deutlich gesagt, dass ich nicht erwarten könne, dass er mir ein Studium bezahlen wird.
Inzwischen steht meine große Tochter so langsam vor der Entscheidung, wohin es beruflich mal gehen soll. Als ich darüber - und über meine eigenen Erfahrungen - mit meinem jüngsten Bruder vor ein paar Monaten sprach, meinte er über meine damalige Situation: "Wie kann ein Vater sein Kind in einen Beruf drängen, in dem man Verständnis und Interesse für Zahlen mitbringen muss, wenn das Kind künstlerisch und sprachlich begabt ist und mit Zahlen nichts am Hut hat?" - im Grunde genommen hat er damit ja bestätigt, dass ich mir das damals alles nicht eingebildet habe...
3. Ob ich mit einem anderen Beruf glücklicher geworden wäre vermag ich rückblickend natürlich nicht zu sagen. Ich war lange auf der Suche nach 'meiner' Nische und habe sie auch gefunden: als (unstudierte) Übersetzerin bei den US Streitkräften. Mit meinem Job hadere ich inzwischen sehr oft und muss mich meist zur Arbeit schleppen. Es liegt aber nicht an der Tätigkeit (Übersetzen) an sich, sondern an dem ganzen Drumherum. Die Stelle wird immer mehr beschnitten, es gibt wenig zu tun - Unterforderung kann einem auch den Spaß an der Arbeit vermiesen. Jobalternativen gibt es hier in der Region allerdings nicht, und von diesem Arbeitgeber möchte ich auch nicht weg...
4. Dann kommt noch hinzu, dass ich eigentlich immer Kinder wollte. Wenigstens diesen Herzenswunsch, dieses Lebensziel konnte ich mir erfüllen... Mit einem Mann hat es leider nicht geklappt, inzwischen kann ich mir auch gar nicht mehr vorstellen, überhaupt nochmals einen Partner zu haben. Jedenfalls ist dies im Vergleich zur Arbeit vielleicht die gewichtigere Lebenskomponente... Das alles hätte ich mir auch anders vorgestellt. Wäre mir eine Rama-Familie vergönnt gewesen, dann wäre beruflich vielleicht auch alles anders gekommen.
Wären mein erster Freund und ich zusammen geblieben, hätte ich ihm vielleicht in der Firma irgendwann das Büro gemacht und das hätte mir gereicht... Er hat sich von mir getrennt, als ich mitten in der Abschlussprüfung zur Bankkauffrau war, prima Timing. Danach hatte ich einen Freund, der planlos war wie ich was die berufliche Zukunft angeht. Ich war die überwiegende Dauer dieser Beziehung über arbeitslos und überlegte mir auch, nochmals eine Ausbildung oder Umschulung zu machen. Das habe ich jedoch in erster Linie aus finanziellen Gründen verworfen. Ein Studium war übrigens keine Option, ich hätte gar nicht gewusst, was ich studieren sollte... Als ich mich dann von diesem Menschen trennte, ging ich unmittelbar darauf nach Frankfurt und habe jahrelang Zeitarbeit gemacht. Aufgrund diverser Erfahrungen war ich sehr lange nicht in der Lage (psychisch) eine Festanstellung einzugehen. Gut, bei der Zeitarbeitsfirma war ich ja fest angestellt, aber ich lief nicht Gefahr, jahrelang auf Gedeih und Verderb und mangels Alternative auf einen Arbeitgeber festgenagelt zu sein...
Dann kamen Kind1, dann nach einer Weile mein jetziger Job, dann Kind2.

Hätte ich zu irgendeinem Zeitpunkt eine wirklich funktionierende, tragfähige Partnerschaft gehabt, hätte ich vielleicht nur noch halbtags gearbeitet, oder eine Dreiviertelstelle... Vielleicht hätte ich auch ein Fernstudium aufgenommen.
Aber seit 16 Jahren bin ich für mich und erst ein, dann zwei Kinder verantwortlich. Ich muss das Geld für drei Personen heranschaffen, einigermaßen den Kopf für die Kinder und ihre Nöte frei haben - bei mir bleibt meist der Haushalt auf der Strecke, weil das der Bereich in meinem Leben ist, den ich am ehesten vernachlässigen kann, auch wenn ich über das Chaos in unserer Bude nicht glücklich bin. Dazwischen versuche ich, nicht selbst irgendwie unter die Räder zu kommen, irgendwie reibt man sich da doch sehr auf...

Und das allerallerletzte, woran ich jetzt, zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben, noch denke ist, ob ich unter meinen Möglichkeiten bin oder nicht. Sondern ich versuche, meine Kinder einigermaßen vernünftig groß zu bekommen und mir noch ein paar Träume zu bewahren - für den Ruhestand in 22 Jahren...

 
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