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Geschrieben von Fredda am 05.11.2014, 14:07 Uhr

Toller Beitrag über Nachkriegskinder

hat eine Freundin von mir geschrieben:

www.brigitte.de/frauen/stimmen/nachkriegskind-1220230

 
64 Antworten:

Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von rala_25 am 05.11.2014, 14:27 Uhr

Sehr guter Artikel.
Schick ich mal meiner Mum (Jahrgang ´66).

LG

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Pamo am 05.11.2014, 14:36 Uhr

Ein guter Beitrag, der Lust macht auf mehr.

Ich habe mich mit dem Buch "Die vergessene Generation" von Sabine Bode das erste Mal mit dem Thema beschäftigt.

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Ich bin auch ein Nachkriegskind.

Antwort von Petra28 am 05.11.2014, 14:38 Uhr

Und ich kann bestätigen, dass das in mir wirksam ist. Bei mir kommt jedoch noch hinzu, dass die meisten meiner Generation diese Erfahrung nicht teilen.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Hase67 am 05.11.2014, 14:39 Uhr

Schöner Text, und in manchen Sachen finde ich mich auch wieder. Richtig "Kriegsgeneration" waren meine Eltern zwar nicht (Jahrgänge 41 und 44, also zu jung, um selbst aktiv am Krieg beteiligt zu sein), aber es stimmt in der Tat, dass die Folgen eines großen Krieges noch viele Generationen nachwirken. Viele meiner Zeitgenossinnen kennen ja das Gefühl (vor allem die Frauen), ihre Eltern, die in ihren Familien ja viel Schlimmeres erlebt hatten, keine allzu großen Frechheiten oder Aufmüpfigkeiten bieten zu dürfen und handeln heute noch vorauseilend hilfsbereit und sich selbst zurücknehmend, auch wenn es gegen ihre ureigensten Interessen ist...

LG

Nicole

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nächste Generation

Antwort von Jule9B am 05.11.2014, 15:14 Uhr

Ich bin ja wieder eine Generation später und konnte mit dem Artikel nichts anfangen. Was ich an Kriegsfolgen mitgekriegt habe, war eben ständiges Knausern (immer was für schlechte Zeiten zurücklegen), eher fettiges Essen (an alles und jedes kam "ein Stich gute Butter" dran - weil man eben früher keine hatte, der Inbegriff von Luxus für meine Oma) und alles musste aufgegessen werden, und wenn noch 10 Kartoffeln übrig waren, man stand nicht vom Tisch auf, ehe nicht alles verputzt war.

Ja, und die Namen.... viele Kinder sind nach irgendwelchen im Krieg gefallenen oder seit dem Krieg vermissten Verwandten benannt worden, aber in der Generation meiner Eltern, in meiner gar nicht mehr.

Schuldgefühle, deutsche Schuld und sowas kenne ich vom Gefühl her gar nicht. Nervig fand ich den geschichtsunterricht, in dem das Dritte Reich immer und immer wieder durchgekaut wurde, dabei gäbe es auch andere wichtige und fürs Selbstwertgefühl der deutschen förderliche Themen, von denen man keine Ahnung hat, wenn man sich nichtmal privat damit beschäftigt. Besuch eines KZ - Himmelherrgott, das ist nichts für zarte Gemüter und nicht jeder sollte dazu generalverpflichtet sein, nur weil er in Deutschland aufwächst!!

Ebenso wie den Film "Schindlers Liste" oder "Der Junge im gestreiften Pyjama" zu sehen. "Das Tagebuch der Anne Frank" zu lesen und "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl". Ich fühle mich insofern mehr wie die Generation, die so richtig überinformiert wurde, zum Glück lässt das jetzt wohl wieder etwas nach, denn der Schuss kann auch nach hinten losgehen. ;) Wir konnten es nicht mehr hören und haben schon bei der leisesten Andeutung dieser Themen Brechreiz bekommen. Als sollte uns zwangsweise das schlechte Gewissen anerzogen werden, das die Generation vor uns wohl viellicht hatte... oder das die Leute hatten, die die Lehrpläne für die Schulen gemacht haben. ;)

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Re: Ich bin auch ein Nachkriegskind.

Antwort von Pamo am 05.11.2014, 15:33 Uhr

Welche Erfahrung genau teilen sie nicht? *kopfkratz*

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Nikas am 05.11.2014, 15:43 Uhr

Alles, was nicht aufgearbeitet, geklärt und was verdrängt und totgeschwiegen wird, bleibt und schafft sich vielerlei Bahn, nicht nur in der nächsten und übernächsten Generation, und egal ob bei den Opfer- oder Täternachfahren. Deshalb ist die Welt ja so, wie sie ist, deshalb haben wir immer wieder Kriege, Gewalt etc., deshalb müssen wir uns ja täglich in den Medien dies und jenes anschauen oder erleben es hautnah.
Mein Großvater war im ersten, mein Vater im zweiten Weltkrieg. Auch deshalb bin ich so, wie ich bin. Ob und wie man das dann abarbeitet, hängt letztendlich vom eigenen Charakter/Temperament ab ;-)

Und dann stelle man sich die vielen Menschen vor heute in der Welt, die noch nie Friedenszeiten erlebt haben.

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Re: nächste Generation

Antwort von Nikas am 05.11.2014, 16:03 Uhr

Jule, dass Du so auf den Geschichtsunterricht reagiert hast, liegt nicht am Geschichtsunterricht, sondern an Dir und Deiner Vorgeschichte aus deiner Familie und Deinem Umfeld.

Und da geht nicht plötzlich ein "Schuss nach hinten los", aus heiterem Himmel quasi. Nein. Sondern - als Beispiel - etwa das, was wir aktuell an Rechtsextremismus in D erleben, sind durchgehende Linien, die nie abrissen; immer wieder weitervererbt und weitergetragen von den Tätern auf die Nachwachsenden. Kein Mensch wird als Rassist oder Menschen- und Selbsthasser geboren. Das alles liegt bitteschön zuallerletzt am nach Deiner Meinung übertriebenen Geschichtsunterricht oder an irgendwelchen Filmen.

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Re: nächste Generation

Antwort von Pamo am 05.11.2014, 16:06 Uhr

Danke dass du das so schön erläuterst, Nikas!

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Re: nächste Generation

Antwort von Fredda am 05.11.2014, 16:15 Uhr

Danke auch von mir, die sich über Jules Beitrag richtig erschreckt hatte.

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Re: nächste Generation

Antwort von Jule9B am 05.11.2014, 16:17 Uhr

Bei uns ist durch jahrelanges Herumreiten auf dem Dritten Reich und so weiter definitiv ein gewisser Überdruss entstanden. Jedes Jahr war es wieder Thema im Geschichtsunterricht, die Deutschlektüren nahmen das Thema wieder auf, die Englischlektüren auch (wir haben "When Hitler stole pink rabbit" auf englisch gelesen), Filmvorführungen in der Aula verpflichtend für ganze Jahrgänge ("Schindlers Liste")... wozu sollte das führen?

Sicher ist man auch unbewusst geprägt von seinen Vorfahren, bei uns zuhause war der Krieg nie groß Thema (weil meine Eltern den krieg selber auch nicht erlebt haben, Großeltern nicht vorhanden waren bzw. nicht über den Krieg reden wollten), in der Schule sollte man aber offensichtlich zu einem gewissen Schuldgefühl erzogen werden ... das ging vielen meiner Klassen-/Stufenkameraden auf den Senkel. Wir hatten das Gefühl, die ältere Generation will ihr Schuldgefühl oder was auch immer auf jeden Fall auf uns übertragen.

Wir sind Mitte der 70er Jahre geboren (selbst unsere Eltern waren Nachkriegskinder) - uns war klar, dass man sich mit der Vergangenheit seines Volkes auseinander setzen muss, doch fühlten wir uns keineswegs verantwortlich oder schuldig an Dingen, die Jahrzehnte vor unserer Geburt passiert waren. WIr hätten uns gern auch mit anderen Kapiteln unserer Vergangenheit auseinandergesetzt, was in der Schule jedoch leider nicht vorgesehen war.

Jedes Jahr kam der jeweils neue Geschichtslehrer am Anfang des Schuljahres und verkündete das "neue" (alte) Thema: "Dieses Jahr geht es ums Dritte Reich." Wer aus meiner Generation weiß denn mehr über Geschichte seines Volkes als dass man nur die Machtergreifung Hitlers und die anschließende Zeit im Schlaf herunterbeten kann... ich finde das schade. Man reduziert sich (als Volk) so sehr auf etwas sehr Negatives.

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Re: nächste Generation

Antwort von Pamo am 05.11.2014, 16:21 Uhr

Jule, ich bin die gleiche Generation wie du. Bei mir in der Schule lief es ähnlich wie bei dir. Nur empfand ich es ganz, ganz anders als du.

Ich überlege gerade, ob die o.g. Literatur (z.B. das von mir genannte Buch) für dich nicht ganz besonders interessant wäre, denn es nimmt eine ganz andere Perspektive auf. Ich fand, dass es viele "Unzulänglichkeiten" unserer Eltern- und Großelterngeneration so erklärte, dass man mehr Verständnis für sie haben konnte. Auch wenn man nicht alles gutheißt.

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Re: nächste Generation

Antwort von DecafLofat am 05.11.2014, 16:33 Uhr

ich bin auch teil jules generation, geb 1979.
mich hat's im unterricht nicht besonders genervt, es ist halt unsere jüngste vergangenheit, meine zwei lehrer die uns das thema nahebrachten waren aber auch mit die besten die ich in meiner gesamten schullaufbahn je hatte. dennoch sieht man ja aber, die präsenz hat offenbar nichts in den köpfen bewirkt, ansonsten wären wir nicht da wo wir jetzt schon wieder angekommen zu sein scheinen.
mein augenöffnerbuch zu diesem thema war übrigens "Vaterland".
ich bin seit einigen jahren besonders interessiert am nahostkonflikt, am judentum an sich, aber einer generalschuld war ich mir nie bewusst. und das obwohl meine oma und mein opa (beide jahrgang 1934) noch brutal ausländerfeindlich waren. und dennoch (oder deswegen?) haben zwei ihrer töchter amerikaner geheiratet. als ich alt genug war eine eigene meinung zu haben und mich zu belesen, hab ich sie einfach als störrische alte menschen empfunden, die eben schuldige für ihr nichts-erreichen im leben suchten. und ihre "nebenbuhler" waren wohl eben die gastarbeiter.
mein opa war ein arschloch, das habe ich auch zu lebzeiten von ihm schon so empfunden.
spannend finde ich die situation in der familie meines mannes, seine eltern sind irgendwann in den 40er jahren geboren. die familie seines vaters war absolut linientreu im dritten reich, und die familie seiner mutter auf der flucht, weil verfolgt. bei seiner mutter wirken die kriegswirren bis heute nach - sie wurde auf der flucht nach ungarn im zug im niemandsland geboren. nie hat sie ihr trauma überwunden, leidet an schweren depressionen und fühlt sich immer als opfer, egal in welchem kontext. sei es im job, sie ist immer diejenige mit den schlimmsten schülern, in der partnerbeziehung, als mutter, als nachbarin, als schwiegermutter... ein sehr anstrengender mensch.

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Re: nächste Generation

Antwort von Jessi757 am 05.11.2014, 16:40 Uhr

Ich stimme Dir voll und ganz zu!

Beim ersten Durchgang Geschichte 2. Weltkrieg war ich betroffen. Gerade auch durch die Lektüre Anne Frank und den Film Schindlers Liste.
Aber mit jeder weiteren Wiederholung dieses Themas nahm mein Schuldgefühl und mein Interesse an diesem Thema ab.
Mittlerweile kann man ja nicht mal mehr fernsehen ohne davon verfolgt zu werden. Fast jede Doku handelt davon...
Ich bin es so leid ständig irgendwelche Politiker von Deutschlands Schuld faseln zu hören.
Wir wissen es.
Einmal reicht.
Ständig drauf rumreiten stumpft ab.
Ich schalte bei diesem Thema um und denke : Genug! Vorbei! Das ist Jahrzehnte her und man muss es loslassen.
Nicht vergessen, aber loslassen.
Man muss nicht ständig von diesem Thema umgeben sein um es nicht zu vergessen.

LG
Jessi

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Re: Ich bin auch ein Nachkriegskind.

Antwort von Franke am 05.11.2014, 16:55 Uhr

Vielleicht 1965/70 als Kind alter Eltern oder zumindest eines alten Vaters geboren?



Und andere im selben Alter mit jungen Eltern, die vom Krieg wenig oder nichts mitbekommen haben?

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Genau so ist es.

Antwort von Petra28 am 05.11.2014, 18:22 Uhr

Ich bin sogar noch später geboren, hatte aber einen verhältnismäßig alten Vater (er ist inzwischen verstorben), der am Krieg über die gesamte Laufzeit als Soldat teilnehmen musste. Er hat nur ganz wenig davon erzählt, dennoch hat es mich geprägt. Mein Vater hat als junger Mann andere Menschen umbringen müssen, er hat erlebt, wie es seinen besten Freund zerfetzt hat, er hat gehungert, Gewaltmärsche durchgemacht und wochenlang bei Tag und Nacht draußen im Regen im Matsch gesessen. Das Grauen steckte in ihm drin, er wollte es mich nicht sehen lassen, aber es hat sich dennoch auf mich ausgewirkt und es steckt mir "in den Knochen".

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Nun, mein Vater ist auch in Deutschland aufgewachsen.

Antwort von Petra28 am 05.11.2014, 19:20 Uhr

Er war auch generalverpflichtet - fünf lange Jahre. Unter anderem hat er die zerfetzten Überreste seines besten Freundes aufsammeln dürfen. Ob es bei ihm Brechreiz ausgelöst hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Damit Dir das nicht passiert oder Deinem Bruder oder Deinen Kindern und Enkeln - deshalb hat man Dich informiert. Mir ist klar, dass in der Pubertät vieles "Brechreiz" verursacht, was in der Schule so gelehrt wird, aber heute bist Du erwachsen und Du bist selbst Lehrerin und müsstest es besser wissen.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von kravallie am 05.11.2014, 19:35 Uhr

kann mit dem artikel nichts anfangen, bin 67er, meine eltern 32 er und 37er geflüchtet aus siebenbürgen und sudetendeutschland.
vll liegts daran.

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Re: In der DDR

Antwort von Franke am 05.11.2014, 19:36 Uhr

. . . könnte der staatlicherseits propagierte Antifaschismus das Entstehen einer rechtsextremen Szene gefördert haben. So von wegen grundsätzlich gegen alles, was von Honecker & Co. kommt.

Generell in Deutschland, zu wenig Information, zu viel Information? Von rechts außen wird geklagt über zu viel Information, aber bei dem, was von der Seite so verbreitet wird, stellt sich dann wieder die Frage, ob es nicht noch mehr Information sein müsste.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Fredda am 05.11.2014, 19:40 Uhr

Ich finde den Artikel sehr gut, auch wenn in meiner Familie offen kommuniziert wurde. (Eltern beide Jahrgang 35) - über die Verwandten im Widerstand und die in der Partei, die FLucht, die Bunkernächte, die Besatzung etc. Es geht ja darum, auch zu verstehen, wie andere die Dinge sehen und wovon sie beeinflusst sind.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Maxikid am 05.11.2014, 19:50 Uhr

Meine Mutter ist Jahrgang 58 und in Litauen geboren. Ihr Vater war Russe. 1963 kamen sie nach D. Mein Vater war Jahrgang 47. LG maxikid

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von kravallie am 05.11.2014, 19:52 Uhr

meine mama und ihre tante wurden von den tschechen an die wand gestellt, sie war vollwaise mit 6.
mein papa war lange im kinderheim, weil seine mama arbeiten mußte, das hat er nie verwunden.

da werden/waren widerstand unwichtig.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Maxikid am 05.11.2014, 20:01 Uhr

Mein Opa wurde in den Mundgeschossen und ein Bein war total hin. Er hat kaum geredet und war stärker Alkoholiker und sehr aggressiv. Mein anderer Opa, aus D, hat immer wieder erzählt wie er meine Oma damals , zu Fuss bei seinen Schwiegereltern aus Österreich, nach Hamburg holte. Kennengelernt haben die sich in NL als Funker. LG maxikid

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Fredda am 05.11.2014, 20:09 Uhr

Ich mag hier nun gar nicht erzählen, was bei meinen Eltern und Großeltern, Onkeln und Tanten an Schrecklichem passiert ist, es sollte ja kein Wettbewerb sein...

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Ich kann es Dir nicht sagen.

Antwort von Petra28 am 05.11.2014, 20:09 Uhr

Wobei ich die Doppelquote habe: Nachkriegskind und Wendekind.

Ich persönlich kann es einfach nicht nachvollziehen, wie man rechts denken kann. Ich verstehe links - halte das aber für eine Utopie. Rechts verstehe ich aber so gar nicht.

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Es ist kein Wettbewerb.

Antwort von Petra28 am 05.11.2014, 20:13 Uhr

Es ist ein "Ins-Bewusstsein-Rücken". Ich finde das gut und richtig.

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Re: Es ist kein Wettbewerb.

Antwort von Kiki.pt am 05.11.2014, 20:53 Uhr

Onkel meiner Mutter ist im todesmarsch von auschwitz gestorben
Mein deutscher Großvater wurde an die vorderste Front geschickt weil er sich nicht von seiner jüdischen Frau scheiden lassen wollte. Die war dann mit ihren Töchtern (meine Mutter und Tante) auf der Flucht.
Großvater starb an der Front.
Was meine omi erlebt hat... Sie hat es in ihr Grab mitgenommen.
Meine Mutter 39 Jahrgang meint dass sie sich kaum erinnern kann (oder will?)
Ich habe die Flucht aus Portugal miterlebt (nelkenrevolution) sicher nicht vergleichbar mit Weltkrieg aber traumatisch genug.

Ich denke wenn man sich ein wenig damit beschäftigt ist Aufklärung nie zu viel bzw genug

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fredda

Antwort von PatriciaKelly am 05.11.2014, 21:06 Uhr

erzähl doch bitte trotzdem....

ich hatte jahrelang schuldgefühle. aber nicht anerzogen.die kamen von alleine durch die filme und bücher die ich gesehn und gelesen hab.
mittlerweile hab ich keine schuldgefühle mehr.

mein opa, 21 geb., war soldat und war an der front. sein vater wurde zum volkssturm eingezogen und nie wieder gesehen.
und seine mutter wurde von den russen vor seinen augen am bahnhof erschossen als sie nur kurz sein gewehr hielt. und paar sek später fuhr der zug ab und opa saß drin und konnte nichts mehr machen.
dann ist er gar nicht mehr nach hause nach ostpreussen zurück sondern hat sich hier arbeit gesucht und meine oma kennen und lieben gelernt bis zum schluss

meine oma von hier wurde im zug beschossen als sie von der schule nach hause wollte. zuig hielt an und alle raus in den wald. paar m weiter traf eine kugel den lokführer und er war tot.

oma erzählt vom krieg, wenn man sie fragt. manchmal weint sie.
aber ich fragte sie viel. weil ja nur noch sie da ist.
opa aus ostpr. hätte ich viel mehr fragen müssen aber damals war ich zu klein.

so hat glaub ich fast jede deutsche familie sein päckchen aus dieser zeit zu tragen
der eine mehr der andere weniger.

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Re: fredda

Antwort von PatriciaKelly am 05.11.2014, 21:08 Uhr

nachtrag:

oma hat mal erzählt wie ihre mutter die nachricht vom tod ihres jüngsten sohnes, er war 21 oder so, bekam.
sie schlug die hände vors gesicht und rief "he kümp nich wieer he kümp nich wieer" ( er kommt nicht wieder er kommt nicht wieder)
das hab ich im ohr mit ihrer stimme wenn ich daran denk,...das is das was mich am meisten beschäftigt weil das am lebendigsten ist.
und die szene von opa im zug.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Leena am 05.11.2014, 21:37 Uhr

"Lust auf mehr" macht mir dieser Artikel nicht, dafür erkenne ich in mir selbst viel zu viel von dem wieder, was dort geschrieben und beschrieben wird. Meine Eltern sind vor dem Krieg bzw. im Krieg geboren... ich bin über 15 Jahre jünger als die Autorin, nach der Altersangabe, aber trotzdem. :-(

Ich bin allerdings auch mit drei meiner Großelternteile sehr eng aufgewachsen (ein Großvater war gefallen), vielleicht erkenne ich auch deshalb vieles wieder.

Vor allem der Satz mit dem "An diesen Sonntagen verdichtete sich mein Gefühl, dass das, was mir gezeigt und gesagt wurde, nicht mit dem übereinstimmte, was ich spürte" - oh ja, genau das!!!! Auch wenn bei uns diese Sonntage bei Kaffee und Sahnetorte stattfanden, ohne Kümmel und Korn - dasselbe in grün.

Und trotzdem - oder deswegen, keine Ahnung! - kann ich auch nachvollziehen, was Jule9b über den Geschichts- bzw. Schulunterricht zu dem Thema geschrieben hat. Dabei geht's mir gar nicht mal so um "andere fürs Selbstwertgefühl der deutschen förderliche Themen", das Thema an sich finde ich sehr interessant.

"Schindlers Liste" haben wir damals als "Schulvorstellung" angeschaut, einen echten Zugang zu dem Film hatte ich allerdings nicht - dazu haben wir ihn (für mein Empfingen) viel zu sehr analysiert, zerlegt, Bedeutung gegrübelt, was steht wofür... Judith Kerr habe ich gerne und außerhalb der Schule gelesen, und "Anne Frank" habe ich ganz privat und freiwillig gelesen, in verschiedenen Ausgaben, hatte mir dann sogar ein Buch gewünscht, bei dem verschiedene Ausgaben verglichen wurden, was zunächst "zensiert" worden war etc. pp., mit Hintergrund und Drumrum und was weiß ich, das Haus in der Prinsengracht hatten wir auch besichtigt... auch nichts für "zarte Gemüter", aber trotzdem halte ich es tatsächlich für genauso wichtig und notwendig wie z.B. den Besuch eines KZ. Wir waren Anfang 1990 in Buchenwald - mir war später nie wieder ein KZ-Besuch so eindrucksvoll wie damals, als noch der alte DDR-Aufklärungsfilm lief, mit den großen Aufmärschen und Hitlerjugend-Versammlungen, die alle "dem Führer" zujubelten - und das war dann (ja, war es!) ganz schlimm und schrecklich - und dann wurden Bilder von Ulbricht und co. gezeigt, denen Bataillionen von Jungpionieren zujubelten, und das war dann ganz toll und richtig. Wirklich, dieser DDR-KZ-Film war für mich das, was mich persönlich zu dem Thema am meisten "erreicht" hat, getroffen hat, was weiß ich...

In meiner Familie wurde (auch in der Generation meiner Großeltern, mit meinen drei Großelternteilen und einer Großtante, die in den 90er Jahren dann bei uns wohnte) das Thema Krieg und Vertreibung schon thematisiert, vor allem die Flucht aus dem heutigen Polen allerdings bzw. die Zeit einiges vor dem Krieg... und diese fragmentarischen, floskelhaften, unlogischen bruchstückhaften Erinnerungen, von denen in dem Artikel die Rede ist - verdammt, wie gut ich die kenne.

Und trotzdem habe ich es irgendwann nicht mehr "ertragen" (im Sinne von: ich konnte mich innerlich nicht mehr darauf einlassen), wenn im Schulunterricht in x Fächern in alljährlicher Wiederholung das Thema "durchgekaut" wurde.

Was mir auch sehr in Erinnerung ist, war eine Veranstaltung mit einem Zeitzeugen - wir hatten damals Ignatz Bubis in der Schule, und wir durften ihm Fragen stellen etc., wurden aber vorher sehr "gebrieft", was wir ihn fragen durften und was nicht (Stichwort vor allem Frankfurter Häuserkampf). Die Veranstaltung eskaliert dann allerdings, als ein sehr linksbewegter Mitschüler dann doch eine Frage zum Immobilienteil stellte... ging gar nicht, dass er nicht der Schule verwiesen wurde, war so ungefähr alles...

Dieses "wir Deutschen sind schuld", was unsere Lehrer uns lehrplanbewusst immer wieder "vorgesetzt" haben - das hing uns irgendwann wirklich meilenweit zum Halse raus. Wie weit meine Vorfahren "Schuld" auf sich geladen haben, weiß ich nicht bzw. kann ich nicht ermessen, aber auch wenn / selbst wenn - ICH kann nichts dafür, ich hafte nicht für meine Vorfahren, und ich selbst bin erst viel später geboren worden. Es gehört zu meiner Geschichte, es prägt mich - ja, ja, alles richtig, ja. Aber "Schuld" trage ich daran nicht, und wenn zu viele Lehrer von mir ein bestimmtes aktives Verhalten erwarten, nur weil ich Deutsche bin... dann löste das damals in mir eher Widerstand aus.

Womit ich auf keinen Fall sagen möchte, dass die Beschäftigung mit dem Thema gerade für "uns hier" nicht existentiell wichtig wäre, man muss einigermaßen "Bescheid wissen", das ist für mich die Grundlage für so ziemlich alles. Übrigens in so ziemlich allen Bereichen, ja.

Ich glaube, bei mir war es eher das "Wie", als das "Was", was bei mir als Schüler diese "Übersättigung" und diese "Abwehrhaltung" ausgelöst hat...

Was für mich persönlich, im Umgang mit meinen Kindern, das Wichtigste aus meinen Erfahrungen ist - ich rede mit meinen Kindern auch über solche Themen, die meine Mutter (immer noch) als "nicht kindgeeignet" ablehnt und totschweigt. Im Grunde genau wegen das, was in diesem einen Satz in dem Artikel steht: "An diesen Sonntagen verdichtete sich mein Gefühl, dass das, was mir gezeigt und gesagt wurde, nicht mit dem übereinstimmte, was ich spürte."

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wer ist eigentlich WIR?

Antwort von SchwesterRabiata am 06.11.2014, 6:50 Uhr

die komplette Generation? Es liest sich alles sehr pauschal.
Ich komme auch aus Mitte 70er und im Prinzip gebe ich Dir mit einigem Recht, was Du beschreibst, ABER ich empfand das anders. ich fand das interessant, auch wenn es in zig Fächern auf verschiedene Art und Weise durchgekaut wurde, in Deutsch mit diversen Büchern, in Religion und Geschichte (aber da auch erst am der 9. Klasse glaube ich, wir sind chronologisch die Weltgeschichte hochgegangen ;-)) Im Antiquariat meines Großonkels (ja, ein Kriegsmann, der für die Sammlung von Geschichtsdokumenten gelebt hat) zu suchen und zu finden, war so ziemlich das tollste für mich.
Bei uns zu Hause, also im Elternhaus, war das auch nicht so wirklich Thema, die Großeltern haben auch nicht so viel erzählt, zumindest kaum eigene Erfahrungen, es wurde eher pauschal gesagt. Woher ich einige Famiiliengeschichten weiß, weiß ich gar nicht, sie sind halt da ;-) Der desartierte Opa mit Kopfschuß, die Oma mit Kind quer durch Deutschland.... aber viel mehr kam da nicht, außer das große Wissen meines Großonkels, aber auch das waren kaum persönliche Erlebnisse.
Und letztendlich ist aus mir weder ein rechts gestellter Mensch, aber auch kein "ich habe ein schlechtes Gewissen für die Taten mir unbekannter Menschen, die fast alle schon tod sind, aber die gleiche Nationalität hatten wie ich"-Mensch.
Ich glaube in Deiner Liste von Büchern fehlt noch "Die Welle", die indirekt ja auch thematisiert ;-).

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Bookworm am 06.11.2014, 7:04 Uhr

Wir können uns hier in D noch so viel "nicht schuldig", "andere Generation" etc. fühlen, wie wir wollen, solang im Ausland bei jedem Pups (Bsp: Fußball usw.) die "Deutsche sind Nazis"-Karte gezogen wird.

Auch heutige Kinder sollten das wissen und darauf gefasst sein.

Mich hat als Kind besonders die Judenverfolgung sehr angerührt (Bücher von Kerr, Anne Frank, etc.), auch schon bevor das in der Schule drankam.

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Auch an Jule

Antwort von pflaumenbaum am 06.11.2014, 7:42 Uhr

Ich bin auch dein Jahrgang (1980) und es ist ja im Prinzip meine Elterngeneration (und älter), die sehr unter diesem Schweigen gelitten hat. Darauf hat man vielleicht sicher mit etwas starker Überaufklärung reagiert, aber ja doch aus nachvollziehbaren Gründen? Meine Mutter hatte immer große Angst, dass "sowas", also sowas wie das dritte Reich, nochmal wiederkommen könnte.
Ansonsten glaube ich aber, dass es noch in der Gesellschaft so viel Selbstreflexion gab wie heute, bzw. gibt es ja sogar einen Imperativ zur Selbstreflexion, wer das nicht tut, ist ein Hornochse, oder so. Genauso glaube ich nicht, wie Nikas, dass man durch Aufklärung und Aufarbeitung alle Probleme lösen kann, das ist mir zu sehr Rationalitätsglaube.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Feuerpferdchen am 06.11.2014, 8:58 Uhr

ich lese gerade ein Buch und zwar das "Lied der Stare nach dem Frost", dieser Artikel, auf den Du verweist, passt total zu dem Thema. Kennt jemand das Buch? Sehr spannend und emotional. Ich sehe mich nicht als Nachkriegskind, Jahrgang 66, aber ich finde auch, dass der Krieg nie vergessen werden darf

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von kravallie am 06.11.2014, 9:20 Uhr

ich verstehe das mit den Schuldgefühlen einfach nicht, einen Wettbewerb starten wollte ich auch nicht, nur sagen, ich wüsste nicht, wofür ich mich schuldig fühlen sollte....

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 9:44 Uhr

Kravallie, es geht nicht um Schuld.

Es geht schlicht darum zu verstehen warum unsere Eltern so sind wie sie sind bzw. warum unsere Großeltern so waren wie sie waren. Denn manche der Macken sind generationübergreifend. Und dies schildern ein paar Bücher ganz gut. Hat bei mir eine Verständnistür geöffnet.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von kravallie am 06.11.2014, 10:43 Uhr

dann liegt es daran, daß ich meine Eltern ziemlich unbemackt fand, bzw die macken, die sie hatten nichts mit dem krieg zu tun haben/hatten.
fragen kann ich niemanden mehr.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 10:59 Uhr

Kravallie, du kommst mir gerade vor wie jemand der steif und fest behauptet, dass Fußball nix taugt - ohne jemals ein Spiel gesehen zu haben.

Aber das ist nicht schlimm. Höchstens ein bisschen schade für dich - vielleicht.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von kravallie am 06.11.2014, 11:01 Uhr

pamo, das ist auch nicht schlimm, daß ich dir so vorkomme.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 11:07 Uhr

Dann ist ja gut.

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Wenn wir das "dritte Reich" jetzt mal beiseite lassen können,

Antwort von Leewja am 06.11.2014, 11:34 Uhr

dann können wir auch endlich mal Hiroshima beiseite lassen, finde ich. Und Tschernobyl, das muss echt nicht ebi jedem sich bietenden Anlass, wie AKW-Diskussionen wieder angeführt werden, das ist doch 30 jahre her! Und den Vietnamkrieg muss man mal auch nicht mehr erwähnen. Ach, und der Bürgerkrieg der USA, ich bitte Euch, das sind ja schon JAHJRHUNDERTE!!! wen interessiert denn das heute noch?


Weiß doch jeder, dass jede generation wie strahlend weiße Blätter ihre ganz eigene Geschichte schreibt und prägungen, Erfahrungen, ideen, gedanken etc. der Vorgenerationen ÜÜÜÜberhaupt keinen Einfluss auf unser heutiges Denken haben. das kann man alles abhaken, in Archive stecken und ignorieren, braucht man alles nicht.



oder?

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Hier auch nochmal danke!

Antwort von Fredda am 06.11.2014, 11:42 Uhr

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Re: Wenn wir das "dritte Reich" jetzt mal beiseite lassen können,

Antwort von Hase67 am 06.11.2014, 12:01 Uhr

@Leewja: Im ersten Moment war ich auch betroffen, so ein (für meine Begriffe auf den ersten Blick krudes) Posting ausgerechnet von Jule (sie ist ja schließlich Lehrerin, aber nicht für Geschichte, oder?) zu lesen. Allerdings habe ich es dann beim nächsten Lesen doch etwas anders verstanden, nämlich in dem Sinne, dass durch das "Bombardement" auf allen Kanälen und die Überbetonung gegenüber anderen Themen eher eine Abwehrhaltung als eine Bewusstmachung kreiert wurde. Da scheinen die Erfahrungen doch irgendwie sehr individuell zu sein in der Generation derer, die jetzt so Mitte bis Ende 30 sind (du gehörst ja auch dazu).

Wir haben die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Folgen seinerzeit auch ausgiebig thematisiert, später im Studium kam dann natürlich noch der französische Part mit Vichy, Collaboration und Résistance hinzu. Ich selbst hatte nie das Gefühl einer "Übersättigung" oder fühlte mich "zum Schuldgefühl gezwungen". Ich könnte auch heute nicht generell sagen, dass ich mich als Deutsche "schuldig" fühle oder dass ich das jemals getan hätte. Ich habe allerdings auch erst mit 35 plus überhaupt angefangen, mich ernsthaft mit geschichtlichen Entwicklungen in dem Sinne auseinanderzusetzen, dass sie die aktuelle (Welt)politik prägen, mein Geschichtsverständnis war davor nicht sehr tief. Der Gesamtüberblick oder das Gespür dafür, was das für die Menschen seinerzeit bedeutete, fehlte mir in Schule und Studium komplett, das hat der Unterricht nie vermittelt.

Für mich kommt in dem Artikel, wie gesagt, viel stärker zum Ausdruck, wie der Krieg Menschen psychologisch geprägt hat: erst die Traumatisierung der direkt betroffenen mit nachfolgender Verdrängung, Depressionen, verleugneten Schuldgefühlen, Aggressionen, dann mit einer einsamen Generation von Kindern, die ihre Eltern nicht über Gebühr beanspruchen durften, dann vielleicht eine Generation von Kindern, die sich trotzig gegen dieses "Schwere, Betroffene" gewehrt hat und viel später dann vielleicht mal Generationen von Kindern, die aufgrund des größeren Abstands auch in der Lage sind zu reflektieren, was da mit ihrer Eltern-, Großeltern- und Urgroßelterngeneration psychisch passiert ist.

Hier in Freiburg gibt es eine Psychologin, die mit alten Menschen arbeitet, deren Kriegs- und Nachkriegstraumata sich erst im Alter, z. B. mit Entwicklung einer Demenz, die die Schleusen der Rationalität wegbrechen lässt, Bahn brechen. Kürzlich gab es dazu einen Artikel in der hiesigen Zeitung, ich fand es gleichzeitig interessant und bestürzend, wie lange man schlimme Erinnerungen wie eine tickende Zeitbombe mit sich herumtragen kann, ohne dass sie je ins klare Bewusstsein dringen...

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Re: Wenn wir das "dritte Reich" jetzt mal beiseite lassen können,

Antwort von Häsle am 06.11.2014, 12:13 Uhr

Genau ;-)

Natürlich gehört all das, in jedem Land, in den Geschichtsunterricht.

Wenn ich zurückdenke, kommt es mir aber auch so vor, als ob in Geschichte (88-97) nichts anderes als das Dritte Reich und der II. Weltkrieg behandelt wurden. Ein kleines bisschen Kaiserreich und I. Weltkrieg, und dass es den 30-jährigen Krieg gab, wurde auch erwähnt.

Allerdings hat mich das nicht gestört, weil dieses Thema wenigstens anschaulich und beeindruckend gestaltet wurde. Filme, Treffen mit Zeitzeugen, einige Lektüren, Ausflüge zu Gedenkstätten und Ausstellungen etc.
Für mich war das interessant und erschreckend. Und damals, in meiner heilen Welt, zumindest in den ersten Jahren, einfach unvorstellbar, wie fehlgeleitet und grausam ein "Volk" sein kann.

Ich hätte es aber gut gefunden, wenn auch die anderen Themen interessanter dargeboten worden wären, nicht nur so nebenbei, damit man wieder mal zum Dritten Reich wechseln kann.

Schuldgefühle hat es bei mir nie geweckt. Woran das liegt, weiß ich nicht. An den Lehrern? Weil ich erst 77 geboren wurde, mein Vater 51, meine Mutter 57 (noch dazu in USA)? Mein Opa ist gestorben, als ich 7 Jahre alt war, meine Oma wollte nie über den Krieg reden. Erst nach ihrem Tod haben wir herausgefunden, dass ihr erster Mann, ihre große Liebe, mit Anfang 20 im Krieg gefallen war. Sie hat dann den erstbesten Kriegsheimkehrer geheiratet...
Der Bruder meiner Oma hatte einen Bauernhof und hat dort jüdische Flüchtlinge versteckt.

In der Familie meines Mannes war das viel mehr Thema. Sein Opa war hochdekorierter Flieger. Seine Oma wurde von einem "Ami" vergewaltigt.
Die andere Oma ist eine Heimatvertriebene.

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Re: Wenn wir das "dritte Reich" jetzt mal beiseite lassen können,

Antwort von lotte_1753 am 06.11.2014, 12:30 Uhr

Naja, das Phänomen ist ja, dass das 3. Reich auch in der AKW-Diskussion (oder jeder anderen Diskussion) angeführt wird. Und wahrscheinlich von beiden Seiten und mehr als einmal. Man kann sich auch ernsthaft fragen, ob diese Serien wie Hitlers Frauen und Hitlers Schäferhunde wirklich zum Verständnis der Geschichte notwendig sind (ohne sich als Trottel darstellen lassen zu müssen). Manchmal kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, es geht in diesen Formaten nur darum, Männer in schicken Uniformen zu zeigen. Man kann sich schon fragen, ob dieser Überfluss nicht kontraproduktiv ist.

Meine Kinder sind vielleicht noch ein bisschen klein, aber es wird interessant zu sehen, wie sie sich 3 oder 4 Generationen später mit der deutschen Schuld auseinandersetzen. Jetzt nicht was das Wissen angeht, sondern das Gefühl persönlicher Schuld und Betroffenheit, das glaube ich jedes in den 70er und 80er Jahren in der BRD aufgewachsene Kind kennt. Also zumindest war es (und ist es) bei mir so.

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Re: Wenn wir das "dritte Reich" jetzt mal beiseite lassen können,

Antwort von pflaumenbaum am 06.11.2014, 12:34 Uhr

Mein Sohn weiß auf jeden Fall schon, dass Hitler ein Arschloch war. Das kam durch den Film "Belle", ganz toller Film übrigens. Er hat sich auch schon überlegt, wie man die Kriege durch Zeitreisen ungeschehen machen könnte.
Krieg wird für die Menschen immer Thema bleiben.

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Vielleicht kommt einem das auch nur so vor

Antwort von pflaumenbaum am 06.11.2014, 12:38 Uhr

Weil es ein so beeindruckendes bzw betroffen machendes Thema ist.

Anne Frank, das rosa Kanichen, damals war es Friedrich, alles Lektüren, die mir sehr stark in Erinnerung geblieben sind, im Gegensatz zu anderen Büchern.

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regelmäßige Dokumentarfilme über den 2. Weltkrieg

Antwort von Feuerpferdchen am 06.11.2014, 12:56 Uhr

Ich schätze mal, Du meinst den ZDF-Infokanal, wo regelmäßig diese Dokumentationen gezeigt werden.
Ich würde mir den Vierteiler Holocaust, der Ende der 70er Jahre gezeigt wurde, noch einmal anschauen. Ich weiß gar nicht, warum der nicht wiederholt wird. Der hat bei mir als Teenager wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen.

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Re: regelmäßige Dokumentarfilme über den 2. Weltkrieg

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 13:08 Uhr

Feuerpferdchen, war das nicht eine US-Schmonzette? Ich habe es (leider) nie gesehen, kann mich aber erinnern dass in der BRAVO viel darüber berichtet wurde.

Übrigens fand ich auch Schindlers Liste doof tränendrüsendrückig und hollywoodesk.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Strudelteigteilchen am 06.11.2014, 13:17 Uhr

Mir kommt sie eher so vor, als ob sie sagt, daß sie keinen Bezug zu Fußball hat, weil sie keinen kennt, der sich Spiele anschaut.

Zum Artikel:
Den Artikel selber fand ich jetzt etwas - hmm, wie sag ich es? - plakativ? Ich bin nur unwesentlich jünger als die Autorin, aber ich habe nie eine gescheuert bekommen, habe nie schnapsseelige Familienfeiern erlebt, kein plötzliches Schweigen und kenne auch diese Sonntagsfamilienkaffeekultur gar nicht. Falsche Familie, vielleicht, aber da nerven mich dann Sätze, die sowas auf die "wir Nachkriegskinder"-Ebene heben, zumal gleich am Anfang. Denn obwohl ich mich nur zu gerne in das "Wir" der Autorin hätte einfangen lassen wollen - schon der 4. Satz hat mich aus dem Kollektiv hinausgekegelt, dankeschön. She lost me there.

Mit der Schuldfrage kann ich auf persönlicher Ebene auch nichts anfangen, weil - ohne ins Detail gehen zu wollen - meine Herkunftsfamilie nachweisbar und "offiziell bekannt" auf der "richtigen" Seite des Dramas stand.

Vielleicht fällt es mir deswegen leichter, die kollektive Schuld "anzunehmen". Auch der alberne deutsche "ich will nicht immer mit Hitler verbunden sein"-Trotz stellt ja wieder eine Verbindung zu Hitler her, lustigerweise. Und wir brauchen uns doch nicht einzubilden, daß man ganz aktuelle politische Diskussionen - zum Beispiel um Waffenlieferungen und deutsche Militäreinsätze im Ausland - jemals von unserer nationalen Vergangenheit trennen kann. Das wird nicht gehen - und zwar komplett unabhängig davon, zu welchem Ergebnis man letztendlich kommt.

Derzeit wird viel Bohei gemacht um den Mauerfall - auch jüngste deutsche Geschichte, und untrennbar mit dem Nationalsozialismus verbunden. Wie kann man seinen Kindern die Mauer erklären, wenn man Hitler unter den Tisch fallen läßt, das geht doch gar nicht!? Es ist sinnvoll und wichtig für eine Nation, sich als Kontinuität - als Entität mit einer Geschichte und einer Zukunft - zu sehen. Dazu gehören auch die kollektiven Traumata und die kollektive Schuld. Nicht als Wesensmerkmal (also nicht "wir sind eine schuldige Nation"), aber als Teil dessen, was uns ausmacht (im Sinne von "wir als Nation sind so, wie wir sind, weil wir im 3. Reich Schuld auf uns geladen haben").

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Thema "in der Familie"...

Antwort von Leena am 06.11.2014, 13:32 Uhr

Vielleicht ist das auch ein springender Punkt bei dieser ganzen Diskussion, inwieweit das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg und die anschließende Nachkriegszeit in der Familie "Thema" war...

Meine Mutter stammt aus dem heutigen Polen, mein Vater aus dem Großraum Berlin, sie haben allerdings beide Flucht und Vertreibung miterlebt und dieses "die Russen kommen". Die Großmütter meines Vaters wurden bei von russischen Soldaten vergewaltigt - die eine zu Hause, die hat sich später dann selbst erhängt, die andere unterwegs auf der Flucht... die andere ging offenbar sehr viel pragmatischer damit um. Die Mutter meiner Mutter wurde auf der Flucht mehrfach vergewaltigt, teilweise auch vor den Augen der Kinder... ja, ich glaube, das hat meine Mutter extrem geprägt. Meine Großmutter hatte immer wieder sehr depressive Phasen.

Aber sowohl für meine Mutter als auch für meinen Mann ist mit dem Krieg die Welt, wie sie sie kannten, quasi "untergegangen" und alles war danach komplett anders.

Allerdings ist mein Vater sehr anders mit der Thematik umgegangen als meine Mutter, glaube ich - er hat mir öfters vom Krieg erzählt, aber mehr als "Normalität im Kinderleben", mehr als Kind mit großen Augen, das zugeschaut hat - bei allem möglichen und unmöglichen. Er hat auch seinen Vater nach dessen Zeit als Soldat befragt - und mein Großvater hat auch geantwortet, ohne Ohrfeigen o.ä. Von sich aus erzählt hat mein Großvater aus dieser Zeit allerdings nie - meistens erzählte er von seiner Kindheit und Jugend in Weststernberg... Mein Vater war auch sonst immer derjenige, der mir Dinge wirklich erzählt hat, die dunklen Familiengeschichten etc. kenne ich nur von ihm - meine Mutter hat sich immer darüber aufgeregt, er durfte mir sowas eigentlich gar nicht erzählen...

Meine Mutter war der "Augen zu und was ich nicht sehe, das gibt es nicht"-Typ, und genau das hat sie uns Kindern auch vorgelebt. Über unerfreuliche Dinge spricht man nicht, Punkt.

Ich glaube, dieses Negieren und diese Selbst-Zensur hat mich aber leider viel mehr geprägt als die pragmatische Redebereitschaft meines Vaters... als Kind habe ich halt immer bei meiner Mutter gespürt, dass die Welt, die ich empfand, und die Welt, wie sie lt. meiner Mutter war, nicht deckungsgleich war - und entsprechend immer an mir gezweifelt. Es kam erst viel später, ab Teenager-Alter etwa, dass mein Vater mir manche Dinge doch noch erzählt hat...

Heute macht es mich fast wütend, vor allem auf meine Mutter, wie viel von der "Familiengeschichte" ich selbst heute noch quasi als "Last" mit mir herum schleppe, wie sehr ich mich selbst in diesem Artikel wiedererkenne, obwohl ich doch nun wirklich mehrere Jahrzehnte nach Kriegsende erst geboren wurde. Diese Großfamilie mit ihrem bedingungslosen Zusammenhalt, die ich früher als Kind immer als hehres Ideal vorgelebt bekam - die empfinde ich heute als verlogen, als "schöner Schein", als extremen Widerspruch zwischen dem Bild, das nach außen vermittelt wurde, und dem tatsächlichen Zustand im Inneren. Man regelte die Dinge eben unter sich, nach eigenen Regeln. *würg*

Vielleicht ist es im Grunde genau das, was ich meiner Mutter vorwerfe - dass sie einerseits eindeutig auch so ein Nachkriegskind ist, wie in dem Artikel beschrieben, dass sich bedingungslos und ohne zu fragen um ihre Mutter und andere Verwandte dieser Generation kümmerte - andererseits aber genau das genau so auch von meiner Schwester und mir erwartete und einforderte. Es hat nicht funktioniert. :-(

Vielleicht kann ich ansatzweise, und gerade durch die Beschäftigung mit diesem Thema, irgendwo ein wenig nachvollziehen, warum meine Mutter so geworden ist, wie sie ist. Aber ich bin definitiv (noch?) nicht so weit, dass ich nachvollziehen kann, warum sie all das nie irgendwie in Frage gestellt hat, warum sie nie versucht hat, manche Muster zu durchbrechen... statt alles nochmal wiederholen zu wollen.

Demgegenüber staune ich in der Familie meines Mannes bei meiner Schwiegermutter immer wieder, wie wenig die 30er und 40er Jahren im Leben meiner Schwiegermutter irgendwie "Eindruck gemacht" haben oder "bleibende Spuren hinterlassen" o,ä. ... nein, irgendwie anscheinend extrem wenig. Sie kommt aus einem winzigen Kuhkaff im tiefsten Sauerland, ihr Vater musste nicht in den Krieg, die Familie hat vorher und nachher in demselben Ort in demselben Haus mit denselben Nachbarn gewohnt, gut, sie erinnert sich an ein paar Umzüge von Uniformierten durch ihren Heimatort, die sie aber anscheinend, so, wie sie jetzt darüber spricht, nicht wirklich anders empfunden hat als die regelmäßigen uniformierten Umzüge vom örtlichen Schützenverein. Okay, sie hat Hunger und Lebensmittelknappheit miterlebt - aber beides gab es dort bei ihnen offenbar vorher schon und war insoweit "normal" und "nichts besonderes". Gut, nach dem Krieg kamen dann ein paar Flüchtlingsfamilien - meine Schwiegermutter wundert sich heute noch, dass Menschen, die weder aus dem Sauerland stammen noch katholisch sind, im Grunde auch nur ganz normale Menschen sein können... ;-)

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von kravallie am 06.11.2014, 13:37 Uhr

*Mir kommt sie eher so vor, als ob sie sagt, daß sie keinen Bezug zu Fußball hat, weil sie keinen kennt, der sich Spiele anschaut*

danke, stt.
kam mir schon total plemplem vor.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 13:40 Uhr

Ihr beiden seid mir zu hoch.

Falls es mal zu einer Alters-WG kommt, werde ich da wohl das Dummerchen sein.

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Natürlich ist das der springende Punkt

Antwort von Strudelteigteilchen am 06.11.2014, 14:04 Uhr

Und mMn auch "Grundthema" des verlinkten Artikels.

Kleiner privater Tip: Gestehe deiner Mutter das Recht zu, selber zu entscheiden, wie sie mit ihren ganz persönlichen, eigenen Traumata umgeht. Ja, das prägt auch Dich - aber in Deinem (unserem) Alter ist man dann doch selber für seine eigene Aufarbeitung verantwortlich und schiebt sowas nicht (mehr) auf die Eltern ab.

Aber vielleicht kommt dieser Tipp zu früh. Ich erlebe gerade, wie meine jüngere Schwester sich an unserer Mutter abarbeitet. Mir tut das in der Seele weh, weil da so viel Geschirr zerbrochen wird, aber man kann es wohl nicht verhindern, dieses "Abarbeiten" braucht seine Zeit und man kann es durch weise Ratschläge von Leuten, die es hinter sich haben, nicht beschleunigen *schiefgrins*.

Aus diversen ganz aktuellen Gründen, die mit dem AP und der deutschen Vergangenheit nicht das allergeringste zu tun haben, stelle ich mir derzeit öfter vor, wie KindKlein in 30 Jahren vor mir steht und mir vorwirft, ständig alles hinterfragt, aufgearbeitet, thematisiert und bewußt gemacht zu haben. Dann werde ich ihn darauf hinweisen, daß ich geprägt wurde von einer Kindheit und Jugend, in der genau das nicht gemacht wurde, und es daher damit vielleicht ein wenig übertrieben habe.

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Re: Toller Beitrag über Nachkriegskinder

Antwort von Steffi528 am 06.11.2014, 15:27 Uhr

Job mäßig arbeite ich ja auch mit der Generation aus dem Krieg hier zusammen.
Und Job mäßig arbeite ich an anderer Stelle mit Menschen zusammen, die "schon wieder" auf der Flucht sind.
Eine kleine Anekdote einer christlichen Irakerin mit Familie: Die Großsippe hatte alles Geld zusammen gelegt, um einer Teilfamilie den Schlepper zu bezahlen. Es wurde gelost, das Los fiel aus sie und ihren Mann sowie der kleinen Tochter. Die Flucht glückte, sie kamen hier in Deutschland "an". Ich begleitete die Familie 6 Monate. In den 6 Monaten erreichte zweimal die Familie hier die Nachricht, das andere Teile der Familie mit Mann und Maus (also auch den Kindern) erschossen worden waren.
Die Irakerin wusste nicht wohin mit ihren Tränen, das sie ausgelost wurden und Geschwisterfamilien und Cousins, Nichten, Neffen kein Losglück hatten und nun Tod waren.
Diese Traumata treffen auch hier wieder aktuell ein und ich habe noch ein paar anderer geschichten in dem bereich auf Lager.
Ich kann daher auch als Nachkriegsenkelin mit dem Text etwas anfangen, weil er leider aktuell im Übertragenen Sinne ist.

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"Ich rede und ich singe und wenn es sein muss, werd ich schreien" (R.Mey)

Antwort von jori am 06.11.2014, 16:53 Uhr

Allein aus Respekt vor jedem einzelnen Menschenleben werde ich das dritte Reich niemals beiseite lassen können. Das hat doch nichts mit SCHULD und BÖSE, DASS DU DEUTSCHER BIST zu tun. Es geht um MENSCHEN und das, was sie einander antun.

Ich bin sehr froh, dass es genug gibt (und auch hier in diesem Beitrag), die NICHT abhaken und NICHT genervt sind.... und bin ebenso wie ihr sehr erschrocken über die Beiträge.

Reinhard Mey "Die Kinder von Izieu" (unbedingt anhören, wer es noch nicht kennt)

Sie war‘n voller Neugier, sie war‘n voller Leben,
Die Kinder, und sie waren vierundvierzig an der Zahl.
Sie war‘n genau wie ihr, sie war‘n wie alle Kinder eben
Im Haus in Izieu hoch überm Rhonetal.
Auf der Flucht vor den Deutschen zusammengetrieben,
Und hinter jedem Namen steht bitteres Leid,
Alle sind ganz allein auf der Welt geblieben,
Aneinandergelehnt in dieser Mörderzeit.
Im Jahr vierundvierzig, der Zeit der fleiß‘gen Schergen,
Der Spitzel und Häscher zur Menschenjagd bestellt.
Hier wird sie keiner suchen, hier oben in den Bergen,
Die Kinder von Izieu, hier am Ende der Welt.

Joseph, der kann malen: Landschaften mit Pferden,
Théodore, der den Hühnern und Küh‘n das Futter bringt,
Liliane, die so schön schreibt, sie soll einmal Dichterin werden,
Der kleine Raoul, der den lieben langen Tag über singt.
Und Elie, Sami, Max und Sarah, wie sie alle heißen:
Jedes hat sein Talent, seine Gabe, seinen Part.
Jedes ist ein Geschenk, und keines wird man denen entreißen,
Die sie hüten und lieben, ein jedes auf seine Art.
Doch es schwebt über jedem Spiel längst eine böse Ahnung,
Die Angst vor Entdeckung über jedem neuen Tag,
Und hinter jedem Lachen klingt schon die dunkle Mahnung,
Daß jedes Auto, das kommt, das Verhängnis bringen mag.

Am Morgen des Gründonnerstag sind sie gekommen,
Soldaten in langen Mänteln und Männer in Zivil.
Ein Sonnentag, sie haben alle, alle mitgenommen,
Auf Lastwagen gestoßen und sie nannten kein Ziel.
Manche fingen in ihrer Verzweiflung an zu singen,
Manche haben gebetet, wieder andre blieben stumm.
Manche haben geweint und alle, alle gingen
Den gleichen Weg in ihr Martyrium.
Die Chronik zeigt genau die Listen der Namen,
Die Nummer des Waggons und an welchem Zug er hing.
Die Nummer des Transports mit dem sie ins Lager kamen,
Die Chronik zeigt, daß keines den Mördern entging.

Heute hör‘ ich, wir soll‘n das in die Geschichte einreihen,
Und es muß doch auch mal Schluß sein, endlich, nach all den Jahr‘n.
Ich rede und ich singe und wenn es sein muß, werd‘ ich schreien,
Damit unsre Kinder erfahren, wer sie war‘n:
Der Älteste war siebzehn, der Jüngste grad vier Jahre,
Von der Rampe in Birkenau in die Gaskammern geführt.
Ich werd‘ sie mein Leben lang sehn und bewahre
Ihre Namen in meiner Seele eingraviert.
Sie war‘n voller Neugier, sie war‘n voller Leben,
Die Kinder, und sie waren vierundvierzig an der Zahl.
Sie war‘n genau wie ihr, sie war‘n wie alle Kinder eben
Im Haus in Izieu hoch überm Rhonetal.

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Natürlich nicht auslassen...

Antwort von Jule9B am 06.11.2014, 17:43 Uhr

Ich sage nicht, dass man das Thema nicht unterrichten soll oder dass es nicht wichtig ist. Jedem hier ist klar, dass die Zukunft eines Volkes mit seiner Vergangenheit verknüpft ist...

Bei uns war es damals halt echt sehr viel und das hat mich und etliche meiner Klassenkameraden sehr gestört damals, ich weiß noch wie wir darüber diskutiert haben, ob unsere Vergangenheit denn wirklich nur immer auf ein dunkles Kapitel reduziert dargestellt werden muss.

Natürlich sollte man über sowas bescheid wissen und Zusammenhänge verstehen. Ich denke, dass man inzwischen zu einem "gesunderen Maß" gefunden hat.

In Englisch unterrichten wir auch über Themen wie den Bürgerkrieg in den USA, Rassenkonflikte mit der ganzen Geschichte von der Sklaverei bis zur aktuellen Situation, es geht um den amerikansichen Traum genauso wie um Kritik an diesem Konstrukt, aber darüber werden normale alltägliche Themen nicht ausgespart. Wir sollen die Kinder zu mündigen Bürgern erziehen, dazu gehört kritisches Hinterfragen, ein möglichst breit gefächertes Hintergrundwissen, allerdings muss man zu dem Zweck nicht alles und jedes "zerpflücken", das kommt dann oft rüber wie "madig machen".
Teenager sind in dem Alter unheimlich willig auf jeden Zug aufzuspringen, sich zu engagieren - und leicht beeinflussbar, weil sie in dieser speziellen Zeit ihres Lebens sind, wo es eben darauf ankommt, Verantwortung zu übernehmen, Position zu beziehen, sich dadurch zu definieren, wie man zu etwas steht. Da muss man aufpassen, dass man vorsichtig zu Werke geht.

Aber jetzt bin ich doch zu weit vom AP abgewichen. Entschuldigt bitte. ;)

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Aber das liegt doch in der Natur der Sache

Antwort von Strudelteigteilchen am 06.11.2014, 18:05 Uhr

Meine Kinder stehen etwas genervt-erstaunt vor dem Mauerfall-Gedöns, weil die kein Bild davon haben. In 25 Jahren wird da auch weniger Bohei drum gemacht, in 50 Jahren noch weniger, und in 2000 Jahren gibt es eine Sonderbriefmarke, die nur Numismatiker interessiert (weil kein Mensch mehr Briefe schreibt *lach*).

Je weiter etwas weg ist, desto theoretischer, kühler, pragmatischer wird es betrachtet. Deswegen galoppiert man im Geschichtsunterricht durch die Steinzeit und wird dann zur Neuzeit hin immer langsamer, genauer und "zerpflückender". Man hat mehr Bezug zum eigenen Leben, man sieht die Zusammenhänge zum heute klarer, und man schlägt sich mit Zeitzeugen herum, die die Deutungshoheit beanspruchen und gegenteilige Meinungen gerne als persönlichen Angriff begreifen.

Schau Dir mal die aktuelle Diskussion an darüber, wer jetzt "schuld" ist am Mauerfall. Kohl (oder seine Frau - das weiß man ja immer nicht so genau) ist persönlich beledigt, weil man seinen Anteil an der Wiedervereinigung in Frage stellt. Und daraus folgt das übliche Gehacke und Gekeife. Meine Kinder meinen, daß man damit doch mal langsam durch sein müßte.

So ist das mit den Sachen, die sich von aktuellen Ereignissen zu geschichtlichen Ereignissen verwandeln - sie fordern viel Aufmerksamkeit, um sich, quasi, in der Geschichte richtig einsortieren zu können. Ich bin mir recht sicher, daß die Römer auch eine Weile den Eindruck hatten, daß die Varusschlacht doch langsam mal durch sein dürfte als Diskussionsthema.

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Re: Jule - USA

Antwort von Franke am 06.11.2014, 18:19 Uhr

Mich beschäftigt die Tatsache, dass US-Amerika mit riesigem Aufwand den Faschismus in Europa niedergerungen hat und wenn es die soldiers überlebt haben und wieder nach Hause kamen, dann hieß es da wieder und noch für etliche Jahre auf Parkbänken und vor öffentlichen Toiletten "whites only" oder "non-whites only".

In meinen Augen ist das ein so krasser Widerspruch, dass der doch eigentlich körperliche Schmerzen verursachen muss? Wie haben die Leute das erklärt, dass es beides auf einem Planeten geben kann?

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Re: Jule - USA

Antwort von Strudelteigteilchen am 06.11.2014, 18:21 Uhr

Dir ist aber schon mal aufgefallen, daß Juden zum größten Teil weiß sind?

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Re: Jule - USA

Antwort von Franke am 06.11.2014, 18:25 Uhr

Das Thema ist, dass Menschen ganz offiziell nach ihrer Abstammung sortiert / bewertet wurden - in den USA um etliche Jahre länger als in Deutschland.

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Re: Jule - USA

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 18:26 Uhr

Ja, wenn die Helden nach Hause kamen dann wollten sie in ein unproblematische Welt mit geklärten Fronten kommen: Die Frauen am Herd, die Schwarzen auf dem Baumwollfeld oder bei sonstigen Dienstleistungen und die Kinder gehorsam und dankbar.

Man hat diesen Widerspruch nicht erklärt, man hat ihn nicht als solchen empfunden. Das war halt "Ordnung".

Mein amerikanischer Großvater starb als Rassist, mein deutscher Großvater starb als Holocaustleugner.

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Re: Jule - USA

Antwort von Pamo am 06.11.2014, 18:31 Uhr

Der Grund für diese "Sortierung" ist aber genau dafür, um Zustände wie im 3. Reich zu vermeiden.

Damit sag ich nicht, dass das Projekt gelungen ist, ich bin selber eine große Kritikerin davon.

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Richtig, aber...

Antwort von Strudelteigteilchen am 06.11.2014, 18:33 Uhr

.... dieser "Gesamtzusammenhang" wurde erst später hergestellt. Bis in die 60er Jahre hinein ging es um konkrete Menschengruppen, nicht um Diskriminierung an sich.

Schwarze waren im 3. Reich relativ unbehelligt - es gab ja auch nur wenige. Okay, sie waren nicht arisch, aber es gab keine sytematische Verfolgung wie bei Juden, Sinti, Roma etc.

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