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von Nurit  am 25.03.2015, 13:37 Uhr

Katastrophen-Frage

Ich kann (aufgrund eigener Erlebnisse) mit dem Tod nicht richtig umgehen, das schon mal vorab.
Ich vermeide Live-Ticker zu Tsunami, Flugzeugabsturz etc.., das Wissen darum das es passiert ist, reicht mir schon, um das Grauen nachempfinden zu können, was alle Beteiligten Menschen druchstehen müssen.

Mir ist aber aufgefallen, dass meine Tochter (17) solche Dinge wie ein Schwamm aufsaugt und gefühlte 100 Mal am Abend zu mir kommt, um mir z.B. zu sagen, dass sie jemanden kennt (über irgendeine dumme FB-Gruppe oder so), der jemanden kennt, der da jetzt irgendjemanden verloren hat..Mir schlägt das quer und ich hatte dewegen heute einen fetten Streit mit ihr. In der Vergangenheit hatten wir das Thema schon so oft und ich habe immer wieder meinen Standpunkt klar gemacht. Sie wirft mir jetzt mangelnde Empathie vor.
Sind Jugendliche so; ist das normal und entwicklungsbedingt und ich muss lernen, es zu akzeptieren? Bin ich mit meiner Ablehnung, mir solche Themen über Gebühr reinzuziehen, unnormal?
Ich finde ihr Verhalten so sensationsgeil und furchtbar..
Wie geht ihr damit ggf. um?

LG,
nurit
Ich habe

 
13 Antworten:

Re: Katastrophen-Frage

Antwort von faraday am 25.03.2015, 13:49 Uhr

Mit Teenagern habe ich keine Erfahrung, aber bei meinen Kindern erlebe ich es oft ähnlich.
Als mein Sohn in der ersten Klasse war, ist noch im ersten Monat ganz plötzlich ein Kind aus seiner Klasse gestorben. Ich fand das ganz schlimm und war wahnsinnig traurig, mein Sohn dagegen meinte lapidar, für ihn ist das nicht schlimm, er hat den Jungen noch gar nicht richtig gekannt, er war noch nicht mit ihm befreundet und deswegen wäre er jetzt auch nicht traurig. Im ersten Moment fand ich das total kaltherzig, aber im Grunde hatte er ja recht. Auch ich hab ja nicht um den Jungen selbst -den ich auch nur vom Schulfoto her kannte- getrauert, sondern hatte einfach wahnsinniges Mitleid mit den Eltern und irgendwie auch das Gefühl, das der Tod auf einmal ganz nah war.
Über diesen Gesamtzusammenhang hat sich mein damals kleiner Sohn halt gar keine Gedanken gemacht.
Vielleicht ist das ja bei Deiner Tochter ähnlich, Kinder und Jugendliche fühlen sich ja noch irgendwie unsterblich und sehen in so einer Situation eher die Sensation als die Tragik und sehen es nicht so wie wir, wie schnell es doch einen selbst oder das eigene Kind treffen kann.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von fsw am 25.03.2015, 14:46 Uhr

Habe heute einen sehr guten Bericht darüber im Radio gehört.Einige hier schreiben ja immer,sie schauen in solchen Momenten keine Nachrichten... Der Seelsorger im Radio sagte heute morgen,dass das immer wieder Anschauen/Anhören dieser Nachrichten eine Art Trauerbewältigung und Verarbeitung der Schocks ist.Dies sei für viele ,,normal" und sogar hilfreich in der Trauer.Also auch für Angehörige in (anderen) Trauermomenten ist dieses Wiederholen,Hören,Sehen und Herausfinden der Ursache sehr wichtig.So,wie zum Beispiel Angehörige nun an die Unglücksstelle fliegen wollen.Auch das gehört zum Verstehen und Wahrhaben wollen dazu und ist wichtig für Angehörige.Ich denke schon,dass auch manche Lehrer mit den Schülern darüber reden.Ich hoffe,du verstehst,was ich meine.Jeder trauert ja auch anders.Manche können und wollen es nicht sehen und darüber reden,manche wollen reden.Da gibt es kein richtig und kein falsch.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von fsw am 25.03.2015, 14:56 Uhr

Ach ja,habe eben nochmal gelesen.Streiten brauchst du also in solch einer Situation nicht mit deiner Tochter.Sie ist sicher NICHT senationsgeil,sie möchte genau dann/jetzt ihre Gefühle,Angst,Bedenken...loswerden und vertraut genau jetzt dir.Erkläre ihr im Ruhigen,dass du damit nicht gut umgehen kannst.Das ist keine Schande.Gerade,weil du eben schlechte Erfahrungen gemacht hast.Sie hat diese schlechten Erfahrungen evtl. noch gar nicht.Sei froh,dass sie darüber reden kann,auch wenn es dir schwerfällt.Für viele ist der Umgang und das Thema Tod tabu.Ich konnte bis vor ca.6 Jahren mit dem Thema auch nichts anfangen.Deshalb machte ich eine Ausbildung als Hospizhelfer(1 Jahr),um manches überhaupt zu verstehen.Vor 2 Jahren machte ich noch einmal 1 Jahr Ausbildung zum Familien-Begleiter für das Kinderhospiz.Inzwischen sehe ich Einiges mit anderen Augen.Wenn du Frage hast,kannst du gern jederzeit fragen.Liebe Grüße,fsw!

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von Pampersmami am 25.03.2015, 15:13 Uhr

Dadurch , dass mich der Tod eines über alles geliebten Menschen absolut unvorbereitet getroffen hat, halte ich es so wie Du!
Es hat mir damals so zu gesetzt, dass ich auch prinzipiell solche Ereignisse jetzt meide, wo ich genau weiß ,oder ahne wie sich Angehörige fühlen wenn man jemanden so plötzlich verliert !
Würde ich das an mich ranlassen , spüre ich genau dieselbe Verzweiflung wie damals!
Es gibt 4 Phasen/Typen der Trauerbewältigung und ALLE sind OK - ich denke wir gehören zum Verdrängungstyp:-(
Ala "was ich nicht sehe, ist nicht wirklich da und kann MIR nicht weh tun"-(bis es einem auf die Füße fällt -Ob das so gut ist? Ich denke nicht aber ich will es trotzd. nicht ändern)

Deine Tochter ist da eben ganz anders und hat Redebedarf auch völlig richtig und auch irgendwie besser finde sogar ,ganz ohne jetzt auf Sensationsgier zu pochen.

Ich finde den Satz "die Zeit heilt alle Wunden" nur teilweise richtig , da man die Narben davon ewig hat und ab und zu tun Sie einfach weh-und in dem man so etwas nicht sehen "will" versucht man sich viell. ein Stück auch selbst zu schützen!

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von lisa182 am 25.03.2015, 15:25 Uhr

Liebe Nurit,

ich schließe mich fsw an, glaube es gibt kein richtig oder falsch.

Du kannst aus deiner Lebenserfahrung heraus (leider) das Grauen nachempfinden. Weise, wie du bist, schützt du dich davor. So wie du es beschrieben hast.

Andere haben andere Lebenserfahrungen. Manchen hilft es (mit den richtigen Menschen) über schlimme Dinge so lange zu reden, bis sie es verarbeitet haben.

Deiner Tochter graut es (zu ihrem Glück) nicht. Es gruselt sie nur. Auch wenn das was passiert ist traurig ist, kann das leichte Gruseln faszinierend sein. Das ist nicht furchtbar sondern menschlich.

Gleichzeitig sollte sie es akzeptieren, wenn du nicht darüber sprechen willst. Vielleicht kannst du irgendwie so sagen "Ich will wirklich kein Wort mehr darüber hören. Das erinnert mich an xy und es geht mir dabei sehr schlecht. Ich halte das fast nicht aus." Wenn sie nicht aufhören kann würde ich raus gehen. Aber nicht verurteilen, dass es sie interessiert, oder sie Infos sucht. Nur bist du nicht die Richtige um darüber zu reden.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von lisa182 am 25.03.2015, 15:34 Uhr

Vielleicht ist gruseln in diesem Fall nicht ganz stimmig. Sondern eher sich berühren lassen wollen.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von Johanna3 am 25.03.2015, 15:52 Uhr

Erkläre ihr doch mal wie z.B. das Schneeballsystem funktioniert. Nach wenigen Runden würde jeder jeden "kennen"....weltweit.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von Antje04 am 25.03.2015, 17:23 Uhr

Sicher, dass sie sensationsgeil ist? Sie will möglicherweise darüber reden, damit sie es verarbeitet. Verständlich, wenn es um Verarbeitung geht. Schwierig, weil es Dir zu nahe geht. Aber sie muss Deinen Standpunkt verstehen, und Ihr zusammen einen Mittelweg finden.
Es wäre von ihrer Seite aus empathielos (was sie dir vorwirft), wenn es bei ihr Sensationsgeilheit sein sollte.
Wenn sie weiß, was in Dir vorgeht, wundert mich die Bemerkung über fehlende Empathie.
Früher (sehr viel früher) war ich anders, und musste unbedingt solche Dinge ansehen und darüber reden. Schon seit längerem meide ich diese Dinge, genauso wie Du, aus Selbstschutz, weil sie mir zu nahe gehen.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von Antje04 am 25.03.2015, 17:26 Uhr

Je mehr Lebenserfahrung man hat, um so mehr "tangiert" so ein Geschehen. Wir haben Kinder, können das Grauen nachvollziehen und schützen uns, indem wir das so weit wie möglich ausblenden.
Bei Jugendlichen ist das anders. (Siehe erwähnte "Unsterblichkeit")

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von kangaru am 25.03.2015, 19:05 Uhr

Ich kann nur für mich sprechen, die Kinder sind noch klein.

Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, der unglaublich doll mit anderen mit fühlt, in Freude wie auch in Trauer.
Der Gedanke, was sich da in Düsseldorf abgespielt haben muss treibt mir selbst jetzt beim schreiben die Tränen in die Augen...

Von daher meiden auch ich so lange es geht TV und Zeitung bei solchen Tragödien.
Meine Mutter ist genauso, sie hat es mal so erklärt bekommen:
Es ist ein Schutzreflex der eigenen Psyche, man würde zerbrechen, ließe man das ganze Elend an sich ran.

Kann sich deine Tochter mit wem anderes dazu austauschen? Vater? Tante?

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von stella_die_erste am 25.03.2015, 21:27 Uhr

Ich kann Dich verstehen, ich finde allein die Tatsache, dass so eine Tragödie, die für viele Menschen nicht zu verkraften ist, dermassen medienwirksam ausgeschlachtet und überall diskutiert wird, schon abartig.

Würde mein Kind SO damit umgehen, hätte ich damit auch ein Problem, denn ich finde den Umgang mit derlei Katastrophen schlichtweg pietätlos.

Vielleicht ist das einfach unsere Gesellschaft und man muss sich daran gewöhnen..ich weiß es nicht.
Mir wird bei dem Gedanken an Facebook-Debatten, N24 & Co einfach nur kotzübel und ich mag auch hier nicht darüber reden.

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von Leena am 25.03.2015, 21:44 Uhr

Ich kann im Moment mit Tod und Trauer gar nicht umgehen, und bei mir flossen schon die Tränen, als heute morgen auf dem Weg zur Arbeit im Autoradio der Pastor bei seinem "Zuspruch am Morgen" über Trauer und Gottvertrauen beim Sterben redete... okay, nicht wegen der Toten des Absturzes, die ich ja gar nicht kannte... egal, nicht mein Thema, im Moment. Ich versuche auch, dem Thema in den Medien möglichst aus dem Wege zu gehen.

Ich finde es auch irgendwie "schlimm", wenn die Opfer des Absturzes jetzt Namen und Gesichter bekommen, wenn man hört, u.a. die Opernsängerin ... mit Mann und Kind... finde ich persönlich irgendwie "zu nah".

Dass andere mit dem Thema umgehen, finde ich aber auch völlig legitim, ich glaube auch nicht, dass es etwas mit "Sensationsgeilheit" zu tun haben muss, es ist einfach eine andere "Strategie", mit dieser Thematik umzugehen und seinen Weg zu finden.

Meine Kinder sind allerdings auch eher "distanz-suchend" und lassen Dinge eher ungern an sich ran...

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Re: Katastrophen-Frage

Antwort von Astrid18 am 26.03.2015, 2:52 Uhr

Ich würde es als Versuch Deiner Tochter sehen, das unfassbare zu verstehen. Ein Flugzeugabsturz hat ja schon etwas bedrohliches, die Vorstellung, da komplett seinem Schicksal ausgesetzt zu sein. Die letzten Abstürze waren ja weit weg, und daher nicht so unmittelbar an Deiner Tochter dran wie der jetzige.

Es ist ihre Art, mit dem Schock, dem Memento Mori umzugehen. Wir alle verdrängen den Tod aus unserem Alltag, natürlich, aber wenn wir damit konfrontiert werden, müssen wir damit umgehen können.

Wenn Du das nicht kannst, dann erkläre ihr das und sucht nach einem anderen Ansprechpartner.

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