Geschrieben von Erdbeere81 am 23.01.2020, 9:20 Uhr |
Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Manchmal nervt es derart...
Beruflich habe ich ein Informationsschreiben vom Oberlandesgericht erhalten.
2 Satz:
Mit Blick auf die oft diffizile xyProblematik... werde ich die Möglichkeit der Inzidenterprüfung ....nur sehr restriktiv wahrnehmen.
Ich dachte ich wäre nicht dumm, aber ich muss diffizil und inzidenter googlen und restriktiv wird auch nicht oft verwendet.
Warum kann man nicht schreiben:
Mit Blick auf die schwierige xyProblematik ... werde ich die Möglichkeit der zufälligen Prüfungen ... nur eingeschränkt wahrnehmen.
Ist dadurch der Sinn des Satzes so sehr verschoben?
Das Postfach ist morgens voll mit Emails und anstatt die wichtige Information zu lesen und anzuwenden, muss ich erst das Schreiben übersetzen.
grrr
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von tabalugalilli am 23.01.2020, 9:27 Uhr
Ich musste jetzt erst mal "Geschwurbel" googeln ;-)
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Erdbeere81 am 23.01.2020, 9:29 Uhr
Das Wort habe ich allerdings hier im aktuell gelernt. :-) :-) :-)
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Leena am 23.01.2020, 9:52 Uhr
Ehrlich gesagt, diffizil und restriktiv sind für mich normale Worte, die ich auch im Alltag oder in Schreiben benutze. Und die "Inzidenterprüfung" ist wohl ein vom BGH eingeführter Terminus, der oft benutzt wird - bei entsprechenden Thematiken.
Ich versuche ja schon, manche Schreiben möglichst "barrierearm" zu formulieren mit einfachen kurzen Worten ohne Fremdwörter oder Fachausdrücke, wenn ich das Gefühl habe, der Adressat versteht mich sonst nicht. Aber im Normalfall würde ich auch von diffizil oder restriktiv schreiben, wobei ich die "Inzidenterprüfung" bei einem "Laien" nicht verwenden würde.
Mein Lieblingswort in einem Anwaltsschreiben war übrigens mal "Fungibilität" - das musste ich auch erst nachschlagen und sah spontan sprießende Pilze vor mir.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von DK-Ursel am 23.01.2020, 10:12 Uhr
Ja gut ,Leena, sicher haben manche Leute das drauf (die, die so schreiben, vermutlich ja), aber man muß bitte-danke auch mal an den Rezipienten (haha) denken.
Meine Mutter sprach sehr gutes Deutsch, aber eben relativ einfach - und überlange Sätze á la Siegfried Lenz oder eben viele Fremdwörtern hatte sie nicht so gelernt. Sie hatte die normale Volksschule, wie das für Mädchen früher üblich war, und hat keine Fremdsprache gelernt.
Rückschlüsse darauf waren also auch nicht möglich.
Und es gbt ganz sicher auch heute noch solche Menschen,die NICHT auf Gymnasium und Co waren und sich NICHT täglich damit beschäftigen, was der Briefschreiber gerade tut, und dennoch gern verstünden, was ihnen da geschrieben wird, weil sie ansonsten auch nicht dumm sind.
Sowas ist unhöflich in meinen Augen, denn es ist Hervorheben der eigenen "Künste" an den Menschen vorbei, die es nicht verstehen, die es aber in erster Linie angeht.
Ich hätte auch nachschlagen müssen, Abitur hin und Studium her samt Fremdsprachen - Geschwurbel jedoch aus dem Wortklang geschlossen
Gruß Ursel, DK
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Lauch1 am 23.01.2020, 10:23 Uhr
Naja, das ist halt Juristendeutsch und im Zweifel kann man sich ja entsprechend beraten lassen. Ist doch bei medizinischen Befunden genau so.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Berlin! am 23.01.2020, 10:38 Uhr
Na ja. Klingt so, als wenn Dir ein Jurist geschrieben hat. Und die verwenden solche Worte ganz selbstverständlich. So, wie Ärzte auch Fachwörter verwenden einfach, weil es oft ganz normal für sie ist. Betriebsblind.
Am OLG gibt es Anwaltszwang, also Schriftverkehr fast ausschließlich unter Juristen.
Das macht es jetzt nicht besser für Dich, soll nur eine Erklärung sein.
Und so schlimm war es dann ja auch nicht, wenn Du auch nich hier schreiben konntest ;-)
Inzidenterprüfung Nachtrag
Antwort von Berlin! am 23.01.2020, 10:54 Uhr
....das hat nichts mit Zufall oder zufällig zu tun.
Wie kann man denn auch zufällig etwas prüfen?
Eine Inzidenterprüfung im Rechtssinne beschreibt einfach nur, dass ein Sachverhalt innerhalb eines anderen geprüft wird. Oft wird dann zur Klärung des konkreten Sachverhalts noch nie andere Rechtsfrage aus einem anderen Sachverhalt inzident geprüft, also innerhalb der Prüfung.
Und inzident ist für den Juristen etwa ein so normales Wort wie Urteil, Beschluss oder Bauchweh.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Silvia3 am 23.01.2020, 11:08 Uhr
Na ja, das Ding heißt halt Inzidentprüfung und hat in dem von dir dargestellten Kontext eine ganz besondere Bedeutung mit etwaigen Rechtsfolgen. Die kann man jetzt nicht einfach in Zufallsprüfung umtaufen. Erstens würde es das nicht treffen, zweitens würden es Fachleute nicht verstehen und drittens könntest du der Behörde im Zweifelsfall vors Knie schießen, weil sie dir eine nicht präzise Auskunft gegeben haben.
Juristische Terminologie muss man halt lernen. Und da du in diesem beruflichen Umfeld arbeitest, kann man von dir erwarten, dass du das tust. Diffizil und restriktiv würde ich bei Menschen mittlerer Bildung eigentlich als bekannt voraussetzen. (z.B. Restriktionen = Einschränkungen und Englisch: difficult = schwierig).
Silvia
Re: Fremdwörter?
Antwort von cube am 23.01.2020, 11:31 Uhr
Finde ich nicht - sie gehören nicht zum alltäglichen Sprachgebrauch und man kann darüber streiten, warum nicht.
Denn tatsächlich bedeuten sie ja nicht einfach nur "schwierig" - sondern "kompliziert, hohe Genauigkeit erfordernd". Und eben nicht "einschränkend". sondern ganz konkret "Recht eines andere ein- oder beschränken". Ein ziemlicher Unterschied zu dem simplen "einschränkend/eingeschränkt"
Heißt: diese Worte erklären sehr viel genauer oder auch feiner, was ich sagen will.
Ich persönlich finde es sogar schade, dass wir unsere Sprache immer oberflächlicher nutzen und der Wortschatz immer kleiner wird.
Ärgerlicher finde ich, dass so viele Anglizismen benutzt werden, wo es tatsächlich gar nicht notwendig wäre.
Merke ich besonders an unserem Schulkind, das ganz oft englische - oder vielmehr denglische Wortkreationen - vorliest und ich dann immer erklären muss, dass es - warum auch immer - Englisch ist aber kein korrektes und so weiter.
Re: Inzidenterprüfung Nachtrag
Antwort von Erdbeere81 am 23.01.2020, 11:32 Uhr
Vielen Dank für die Erklärung, das habe ich nicht über Google rausbekommen.
Passt aber besser zum Sachverhalt.
Ich bemühe mich immer zu überlegen wer der Empfänger meiner Schreiben ist und dann auch ggf. in einfacher Sprache den Brief zu formulieren.
Hab jetzt gerade mal aus Neugier auf meinem Flur gefragt, Kollegen aus dem gehobenen Dienst und ein Architekt sitzen hier.
Alle 4 kannten die Begriffe nicht.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Erdbeere81 am 23.01.2020, 11:35 Uhr
jap vom englischen difficult habe ich es jetzt auch abgeleitet.
restriktiv kannte ich.
Wie gerade geschrieben, ich habe 4 Kollegen auf dem Flur gefragt (gehobener Dienst und ein Architekt) die kannten die Begriffe auch nicht.
Jetzt habe ich sie ja gelernt, Inzidenterprüfung leider erst dank rub verstanden.
Re: "difficilis"
Antwort von cube am 23.01.2020, 11:37 Uhr
ist der Ursprung und lateinisch = schwierig, mühsam - in Abgrenzung zu facilis = leicht, mühelos
Re: Inzidenterprüfung Nachtrag
Antwort von Hase67 am 23.01.2020, 11:42 Uhr
"Kollegen aus dem gehobenen Dienst und ein Architekt sitzen hier."
So was ist ja nicht unbedingt eine Bildungsfrage, sondern eine Frage der einschlägig verwendeten Begriffe. Und da haben Juristen eben eine andere Wortwahl (die auch nur so wirklich genau bezeichnet, was sie bezeichnen soll) als ein Architekt oder ein Beamer im gehobenen Dienst. Natürlich wird das in der Kommunikation mit Menschen, die aus einem anderen Kontext stammen, zur verklausulierten Fachsprache für die Person, die diesen Jargon nicht gewöhnt ist.
Du hättest sicherlich auch anrufen und fragen können, was damit im Detail gemeint ist, statt erst mal in der Abteilung herumzufragen. Leider scheut man sich gerne, das zu tun, in der irrigen Annahme, dann für "dumm" gehalten zu werden. Dabei hat das mit "dumm" gar nichts zu tun. Ein promovierter Jurist versteht auch keine Arztberichte oder der Arzt die Literaturkritiken in der ZEIT.
Okay, der "Beamer" im gehobenen Dienst solte natürlich ein Beamter sein :-D
Antwort von Hase67 am 23.01.2020, 11:44 Uhr
o.T.
Na ja.....
Antwort von Berlin! am 23.01.2020, 11:57 Uhr
....wenn es keine Juristen sind, dann wunder mich das auch nicht.
Wobei: restriktiv finde ich wirklich ein alltägliches Wort.
Falsch!
Antwort von Berlin! am 23.01.2020, 12:00 Uhr
Ärzte können grundsätzlich alles und wissen und verstehen auch alles.
Das liegt daran, dass sie ungefähr auf dem selben Level sind, wie Gott. Nur eben ein paar Jahre älter.
SCNR
Re: Falsch!
Antwort von Hase67 am 23.01.2020, 12:55 Uhr
Das gilt aber nur für Herz- und Neurochirurgen.
Die Feld-Wald-Wiesen-Kinderärzte und Allgemeinmediziner lesen die Zeitung mit dem Fremdwörterbuch.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Blueberry am 23.01.2020, 14:19 Uhr
Ich hörte kürzlich zum ersten Mal den Begriff "Dezenz". Mir war durchaus gleich klar, was das Wort bedeutet, da es in dem Zusammenhang logisch war und mir "dezent" ja geläufig ist. Aber dass es da ein entsprechendes Substantiv gibt, wusste ich bis dahin nicht.
Auch falsch.
Antwort von Petra28 am 23.01.2020, 14:48 Uhr
Nur der Pathologe weiß und kann alles, aber dann ist es leider zu spät.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Petra28 am 23.01.2020, 14:55 Uhr
Restriktiv, diffizil und Fungibilität sind mir bekannt, Inzidenterprüfung hätte mir nichts gesagt.
Mich nervt so etwas nicht, ich lerne gerne dazu, auch und gerade während der Arbeit.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Anna3Mama am 23.01.2020, 15:52 Uhr
Ich kenne das von meinen Vertriebskollegen(sorry Sales Manager):
"Gibt es da keine off-the-shelf-solution? Um das Time-to-market zu verbessern, sollten wir jetzt echt agil (sprich ätschail) agieren und einfach mal out of the black box brainstormen. Das IOT im Fokus!"
Jo. Ich hab da ein paar meetings gebraucht ... um zu blicken wovon sie sprechen. Nicken und lächeln. Inzwischen kann ich mithalten
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Hase67 am 23.01.2020, 15:58 Uhr
Bis auf IOT versteht man das ja sogar. Was ist denn IOT? Bin zu faul zum Googeln.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Anna3Mama am 23.01.2020, 16:15 Uhr
Internet of things
Ja... irgendwann versteht man es schon... aber so als altes Haus nicht alles auf Anhieb
Vor allem wenn es in einer Geschwindigkeit runtergespult wird...
Meine Schwester (social media business) kann das noch viel besser, aber das kann ich hier nicht wiedergeben, weil ich einfach froh bin, wenn ich so viele Bruchstücke verstehe, dass ich ungefähr weiss, was sie mir sagen will
Ähnlich einem Gespräch auf englisch mit Chinesen ... oder Indern... I love it!
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Hase67 am 23.01.2020, 17:28 Uhr
Danke, da hätte ich auch drauf kommen können. Ich hab beruflich viel mit verschiedenen Textsorten und Sprachformen zu tun, das geht vom französischen Rapper über den Sanofi-Pharmareferenten bis hin zum Opernregisseur. Juristen sind GsD seltener darunter, da muss ich immer mühsam in vergleichbaren Texten recherchieren oder Kolleginnen im Nachbarbüro fragen...
Inder begegnen mir nur am Telefon mit der berühmt-berüchtigten Satzeinleitung "Goooodday, Maddam, I'm calling you from Microsoooft" Weiter kommt er meistens nicht, weil ich dann auflege.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von cube am 23.01.2020, 17:45 Uhr
Oh ja!! Die kenn ich auch :-)
Mein Brüller war aber: "Du!!! Frauuuu!!! Du sprechen mit ..."
Ich: "Hallo? Mit wem spr"
Unterbrechung: "Du! Frau! Hören? Du zuhören!!!"
Ich wusste nicht ob ich lachen oder weinen sollte, das man offenbar der deutschen Sprache so gar nicht mächtigen Menschen überhaupt die letztendlich demütigende Aufgabe gibt, irgendwo anzurufen und sich so zum Deppen machen zu müssen.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Anna3Mama am 23.01.2020, 18:16 Uhr
immerhin, Respekt, dass Du das soweit verstehst.
Nee, ich sollte Sachen mit denen diskutieren, für die ich schon im Deutschen jede Hirnwendung brauche. Ich bin echt zu alt für diesen Mist
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Anna3Mama am 23.01.2020, 19:42 Uhr
Dazu sag ich jetzt besser nix....
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von Leena am 23.01.2020, 20:00 Uhr
Wenn ein Bediensteter eines OLG eine dienstliche Mail an eine andere Behörde verschickt, finde ich es tatsächlich nicht unhöflich, sondern einfach nur "fachspezifisch".
An betroffene Bürger selbst schreiben auch Richter meiner Erfahrung nach "einfacher", man merkt ja aus den Schriftsätzen auch schon ungefähr, wie der Empfängerhorizont sich darstellt.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von kaempferin am 23.01.2020, 23:17 Uhr
Ich auch - und überhaupt in Internet-Foren. Mir gefällt das Wort (Geschwurbel) aber.
Re: Geschwurbbel mit Fremdwörtern
Antwort von kirshinka am 30.01.2020, 7:49 Uhr
Echt jetzt?
Ich hab’s verstanden.
Ich rege mich immer auf, wenn ich angewiesen werde, einfach Texte zu schreiben - immer diese Annahme dass alle anderen schwer von Begriff seien.
Terry Jones (Monty Python) ist tot...
Hilfe - Formulierung Bewerbung
Bei abgebrochenen Kontakt Angehörige über Todesfall informieren?
Rosenheim-Cops - Joseph Hannesschläger ist gestorben
Rosenheim-Cops - Joseph Hannesschläger ist gestorben
Sohn lädt Teller so voll
Welche Matratzen habt ihr so?
The Crown- Megxit
Darf man einen auseinandergerissenen 50-Euro-Schein einfach zusammenkleben?