Es läuft nicht rund um Kiga…

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Es läuft nicht rund um Kiga…

Hallo Frau Ubbens, meine Kleine ist 4 Jahre, aktuell sehr herausfordernd, da sie seit Neustem ein großes Nähebedürfnis hat. Zuletzt hatte sie uns mehrmals die Nacht geweckt zum Kuscheln, nun schläft sie in ihrem Bett zumindest ein und darf dann zu uns. Ich versuche ihr die Nähe und Aufmerksamkeit so gut es geht zu geben, aber setze auch hin und wieder Grenzen. Ich befürchte sie kompensiert mit dieser Suche nach Nähe und Aufmerksamkeit, die Ablehnung aus der Kita-Gruppe. Ich habe das Gefühl, sie fühlt sich dort sehr alleine. Sie ging immer gerne in den Kiga (halbtags), aber seit nun drei Wochen ist es jeden Morgen ein riesengroßer Trennungsschmerz. Sie geht dort seit einem Jahr hin. Das letzte Elterngespräch verlief eigentlich recht positiv, uns wurde gesagt sie wäre schon super beim Vorschulprogramm, sehr begeisterungsfähig und würde überall ins Spiel mit Kindern finden. Hält sich an die Regeln, macht toll mit. Auch in anderen Gruppen hat sie Bekanntschaften. In ihrer eigenen Gruppe hat sie keine festen Freundschaften. Und die Auswahl an Gleichaltrigen ist sehr begrenzt. Es sind nur zwei weitere Mädels da, die sich aber schon als Beste Freundinnen gefunden haben und meine Tochter häufig nicht mitspielen lassen, ein drittes Mädchen spricht kein Deutsch und ist für meine Tochter die gerne ausgiebig Rollenspiele spielt, leider nicht so interessant. Die Größeren Vorschulkinder, die sie laut Aussage der Erzieher kognitiv und verbal in die Tasche stecken könnte, sehen in ihr keine Spielpartnerin, da sie körperlich natürlich deutlich kleiner ist und schließen sie immer wieder nach gewisser Zeit aus. Sie soll laut Erziehern lernen, dass die Großen auch unter sich sein wollen. Die Kleineren findet meine Tochter nicht so spannend, sie darf aber auch bei denen nicht immer mitspielen. Laut Kita hat sie einen Entwicklungsvorsprung von 2 Jahren. Sie lesen heraus, aktuell hat sie einfach keinen Anschluss in der eigenen Kita-Gruppe. Ich spüre sie fühlt sich abgelehnt und alleine. Die Erzieher sagen, sie würde neuerdings überall ,,an-Ecken“ … versucht scheinbar die Aufmerksamkeit der Kinder durch ,,Pisacken“ zu erregen. Heute hat meine Tochter ein anderes Kind gebissen, weil sie nicht mitspielen durfte. Für mich ist das ein Verzweiflungsakt, sie ist sonst so gar nicht. Sie musste dafür auf den ,,stillen Stuhl“, erneut die Erfahrung von Ausschluss. Ich versuche ihr zu erklären, dass sie durch so ein Verhalten keine Freunde finden wird, aber auch die Monate zuvor war sie nur betrübt deswegen wurde aber dennoch nicht mitspielen gelassen. Ich bin überfordert. Irgendwie läuft es nicht rund, aber meine Tochter wird sich anpassen. Es war für sie sehr schlimm auf dem stillen Stuhl, ich denke sie wird das nicht so schnell nochmal machen. Aber was macht das mit ihr, wenn sie jeden Morgen weint weil sie sich so unwohl fühlt und überwiegend Ablehnung erfährt ? Private Treffen mit einzelnen Freundinnen laufen total harmonisch ab, keine Probleme. Mit ihrem kleinen Bruder geht sie sehr liebevoll um. Ich kann es mir einfach nicht erklären, wieso sie überhaupt abgelehnt wird. Sie ist eigentlich ein total Sympathie-Träger, ein Sonnenschein. Sie kann sehr fordernd im Spiel sein, sodass sie hier und da noch lernen muss, dass mal ein Kind keine Lust mehr hat. Aber ist dieses Grenzen austarieren nicht auch Teil der normalen Entwicklung? Ich denke über alles mögliche nach wie Gruppenwechsel, Kitawechsel? Was kann ich meiner Tochter denn in dieser Situation pädagogisch wertvolles tun? Ich brauche ihren Rat.

von Melissa91 am 24.01.2023, 15:40



Antwort auf: Es läuft nicht rund um Kiga…

Liebe Melissa91, bitten Sie im Kindergarten um ein Gespräch - Extratermin, nicht zwischen Tür und Angel. Sprechen Sie über Ihren Eindruck und hören sich die Schilderungen der Erzieher an. Welches Konzept fährt der Kindergarten? Gibt es feste Gruppen oder können die Kinder beispielsweise nach dem Morgenkreis die Gruppen wechseln bzw. gibt es gruppenübergreifende Angebote? Hätte Ihre Tochter die Möglichkeit, sich selbständig Kinder in anderen Gruppen zum Spielen zu suchen oder ist sie an die eigene Gruppe gebunden? Fragen Sie nach, ob die Option bestehen würde, die Gruppe zu wechseln und ob ein Schnuppern möglich ist. Ggf. suchen Sie auch das Gespräch mit der Leitung, wenn die Erzieher sich auf nichts einlassen können. Und ganz wichtig, erzählt Ihre Tochter, dass sie immer alleine spielt usw. oder berichten auch die Erzieher davon? Oder ist das der Eindruck Ihrer Tochter und die meiste Zeit des Tages spielt sie doch mit anderen Kindern? Vielleicht besteht in der Einrichtung die Möglichkeit, als Eltern mal einen Tag zu hospitieren? Dann können Sie sich selbst ein Bild machen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 26.01.2023



Antwort auf: Es läuft nicht rund um Kiga…

Dein Tochter scheint im KiGa zwischen allen Stühlen zu sitzen. Die Jüngeren sind für sie langweilig und umgekehrt ist sie zu weit für diese. Die Älteren sehen sie als "Kleine" an und wollen sie auch nicht wirklich mitspielen lassen bzw. spielen schon anders. Beides verständlich. Die Gleichaltrigen haben sich aber schon gefunden und da ist sie offenbar also auch raus. Erschwerend kommt hinzu, dass sie offenbar gerade weit voraus ist und dadurch vermutlich selbst auch Probleme hat, sich Jüngeren oder Älteren anzupassen. Schwierige Situation. Ich sehe hier aber auch die Erzieherinnen ein Stück weit in der Pflicht dafür zu sorgen, dass sie nicht überall ausgeschlossen wird. Habt ihr mal mit der Kita gesprochen, welche Maßnahmen sie selbst anpeilen, um deine Tochter besser zu integrieren? Bzw. so etwas kann ja auch andere Kinder betreffen und zu erwarten, dass sich ein Kind dann halt einfach überall anpassen muss, geht ja nicht. Nach dem Motto "du passt halt gerade nirgendwo rein - da musst du halt zurück stecken". Was sagen die Erzieherinnen? Wie gedenken sie vorzugehen oder empfehlen sie sogar selbst einen Wechsel? Bzgl. eines Wechsels wäre ja aber nicht gesagt, dass sie nicht in einer neuen Gruppe/andere Kita das gleiche Problem hat.

von cube am 24.01.2023, 17:49



Antwort auf: Es läuft nicht rund um Kiga…

Liebe Cube, Vielen Dank für deine Antwort und die treffenden Formulierungen sprechen mir aus der Seele. Es wird tatsächlich erwartet, dass sie sich der Situation anpasst. Sie sagten, dass sie es für eine Phase halten, in der sie ihren Platz finden muss. Sie mischen sich in Streitigkeiten nur ein, wenn sich ein Kind massiv bedrängt fühlt ansonsten müssen die Kinder lernen, die zwischenmenschlichen Probleme selbst zu lösen. Ich habe manchmal die Befürchtung sie überschätzen das Können meines Kindes und erwarten zu viel von ihr, weil sie so verständig ist und dadurch älter wirkt. Aber ich bin ratlos, denn regulär kann diese Problematik in jeder Gruppe erneut auftreten. Eventuell könnte ich mal anfragen ob sie in eine andere Gruppe schnuppern darf… Ich weiß gar nicht wie ich ihr denn helfen könnte :( wenn es die Erzieher nicht tun.

von Melissa91 am 24.01.2023, 18:53



Antwort auf: Es läuft nicht rund um Kiga…

Und umgekehrt könnte ich sagen, dass man als Erzieher auch eingreifen muss, wenn ein Kind "massiv ausgegrenzt wird". Ich verstehe schon den Punkt der Erzieherinnen - aber hier geht es ja nicht um kleine Unstimmigkeiten, bei denen Kinder üben sollen, diese selbst zu klären. Eine Phase - ja, könnte natürlich sein, hört sich aber aus deiner Beschreibung nicht so an. Zumal deine Tochter ja total gegen ihren eigentlichen Charakter und bisheriges Verhalten körperlich (beißen) wird. Natürlich geht das nicht - aber das scheint ja eher Ausdruck eine Frustration zu sein, an der sie alleine nichts ändern kann. Und du auch nicht - du bist ja nicht im KiGa. Du kannst zu Hause ja nur deine Tochter nochmal darauf ansprechen und in diesem Fall eher stärken als noch zusätzlich Druck zu machen. Mit "stärken" meine ich, ihr das Gefühl zu vermitteln, dass nicht SIE sozusagen falsch ist und deswegen keiner mit ihr spielen mag etc. Evt. würde ein Gruppenwechsel Sinn machen, wenn sie dort eben mehr gleichaltrige Kinder hat UND mit denen dann auch spielen darf (also keine Gruppen schon feststehen, in die sie wieder nicht rein kommt). Das würde ich vorher aber auch gut mit der Kita abklären. Also ob sie nach einem erfolgreichen Schnuppern auch wirklich wechseln darf und vor allen Dingen auch was passiert, wenn es dort aber auch nicht klappt. Wenn die Erzieherinnen dieser anderen Gruppe es ähnlich handhaben, kann es dort genau so schnell wieder kippen. Ja, einerseits muss ein Kind natürlich auch lernen, dass es nicht immer so läuft, wie man gerne hätte. Man Kompromisse schließen muss oder auch manchmal gerade niemanden findet zum spielen, der genau so passt wie man es schön fände - was sich ja auch wieder ändern kann. Auf der anderen Seite meine ich nach wie vor, dass die Erzieherinnen hier durchaus auch die Pflicht haben, Kinder zu integrieren. Auch Kinder, die sich gerade schwer tun aus welchen Gründen auch immer. Ich bin gespannt, was Frau Uebbens rät.

von cube am 25.01.2023, 09:23



Antwort auf: Es läuft nicht rund um Kiga…

Das kommt mir sehr sehr bekannt vor, unser Sohn war in einer ähnlichen Situation, nur etwas jünger. Auch der "Stille Stuhl" wurde in der alten Kita angewendet, weswegen wir die Kita gewechselt haben und dort war dann auch das Kind wie ausgewechselt, im positiven Sinne. Viel Glück!

von RichardSaum am 25.01.2023, 11:17



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