Sonnenblume 1812
Guten Tag, ich brauche Rat zum richtigen Verhalten meinerseits. Mein Sohn ist im Dezember 4 geworden, seit einigen Monaten machen mir seine Wutanfälle etwas Sorgen. Wir erziehen ihn bedürfnisorientiert und ich habe stets versucht auf seine Wünsche einzugehen, wenn es möglich ist. Und darauf zu achten, dass wenn er müde ist, wir eher zuhause Buch lesen, als nochmal rausgehen. Wenn er Hunger haben könnte, er immer rechtzeitig was zu essen bekommt usw. Natürlich ist er trotzdem mal ärgerlich geworden, hat kurz geschrien oder geschmollt und sich dann recht schnell beruhigt. Seit 2-3 Monaten ist es aber viel stärker geworden. Er schreit richtig laut und sehr lange (bis zu 30min), zerrt an mir oder schubst, zittert dabei am ganzen Körper und kriegt fast keine Luft mehr. Der Grund für seinen Ärger sind oft kleine Kleinigkeiten (aus meiner Sicht) und daher nicht immer für uns nachvollziehbar: Beispiel 1: Er war am Wochenende mit dem Papa Schlittenfahren. Sie sind mit dem Auto zum Parkplatz gefahren. Ausgestiegen. Mein Mann hat ihn auf dem Schlitten ein Stück über den Schnee gezogen. Dann kamen sie an eine breite Autostraße, die man überqueren muss, um zum Schlittenhügel zu kommen. Mein Sohn wollte nicht vom Schlitten absteigen. Ihn über die Autostraße auf dem Schlitten zu ziehen, war aber nicht möglich, da zu gefährlich und kein Schnee auf der Straße. Das hat mein Mann ihm freundlich erklärt. Er muss bitte über die Straße laufen und da drüben zieht er ihn weiter. Resultat: Mein Sohn hat sehr lange sehr laut geschrien (ca. 20-30min) und geweint. Er kam nicht aus seinem Frust raus. Klammerte sich an den Schlitten und stand nicht auf. Mein Mann konnte aber nicht nachgeben, weil zu gefährlich. Eine Alternative (ich trage dich über die Straße) wurde nicht akzeptiert. Irgendwann hat er sich dann beruhigt. Frage: ist es normal, dass ein Kind sich so lange wegen sowas so stark aufregt? Wie können wir ihm helfen sich schneller zu beruhigen? Beispiel 2: Es kam ein Paket bei uns zu Hause an. Mein Mann trug das Paket in den Keller und machte es auf. Als mein Sohn das bemerkte, schrie er sofort los. „Paket wieder zukleben, ich will das aufmachen“. Hätte er das in normaler Lautstärke gesagt, hätte ich das für ihn gemacht. Da er aber sofort laut geschrien hat und im Befehlston mir befohlen hat „Mama kleb das Paket jetzt zu“ und mich Richtung Treppe geschubst hat, damit ich runtergehe, habe ich mich geweigert. Das hat ihn sehr wütend gemacht. Er brüllte, zerrte an meinem Pulli, schubste mich. Ich sagte „Dein Verhalten macht mir Angst. Bitte beruhige dich und sag es mir freundlich“. So ging das ungefähr 20-30min. Dann setzte er sich zitternd und atemlos auf einen Stuhl und schniefte so 5 min, bis er wieder normal atmen konnte. Ich habe dann gefragt „Soll ich dich umarmen?“. Er kam zu mir und umarmte mich ganz lang (was er echt selten tut). Ich sagte „ich hab dich lieb, auch wenn du wütend bist, aber ich möchte nicht, dass du mich so anschreiest. Wenn du freundlich bist, helfe ich dir gerne“. Er nickte und wir gingen in die Küche, wo er einen Kakao trinken wollte. Danach fragte er ruhig und freundlich „Mama, kannst du das Paket jetzt zukleben?“ Ich sagte ja, und machte es. Danach gingen wir zusammen runter und er packte es aus, so wie er ursprünglich es wollte. Frage: Wäre es besser gewesen, sofort nachzugeben, damit er sich nicht so in Rage schreit? Es wäre ja für mich möglich gewesen, das Paket einfach kurz zuzukleben, aber ich wollte nicht nachgeben, solange er mich anschreit und rumkommandiert. Wenn wir bei seinem Schreien tun, was er will, lernt er dann, dass er schreien muss, um gehört zu werden oder eher, dass wir bereit sind, ihm zu helfen, wenn es geht? Beispiel 3: Mein Mann wollte Muffins backen. Mein Sohn sagte, nein nicht machen. Mein Mann fragte, willst du mir helfen? Mein Sohn sagte, nein heute nicht backen. Er spielte dann mit mir und wir fuhren einkaufen. Als wir zurückkamen, war der Backofen an. Mein Sohn fragte, was ist da drin? Mein Mann sagte „Muffins“. Daraufhin fing mein Sohn an zu schreien. „Nein, ich habe Nein gesagt, heute keine Muffins, hol sie da raus, ich werfe sie in den Müll, ich zerknülle sie.“ Mein Mann „Die Muffins sind für mich, du muss nichts davon essen.“ Mein Sohn „nein, nein, du darfst heute keine Muffins machen“. Mein Mann „Du kannst nicht darüber bestimmen, was ich tue. Wenn ich Muffins essen will, dann mach ich mir Muffins“. Lautes Geschrei. Mein Mann läuft weg. Mein Sohn klammert sich an sein Bein. „Hol sie da jetzt raus, ich mach sie kaputt“. Mein Mann wird böse. „Lass mich sofort los. Stop. Sofort“. Er hatte unser Baby auf dem Arm und sie hat angefangen zu weinen, weil es ihr Angst machte. Ich setzte mich auf den Boden, umarmte meinen Sohn und mein Mann lief weg. Mein Sohn schubste mich weg und lief Papa hinterher. Und schrie noch kurz. Ich sagte. „Hey, wir wollten doch mit den Fotos noch das Poster basteln“. Keine Reaktion. Geschrei. Ich „also entweder wir machen das jetzt sofort, oder heute gar nicht, es ist schon spät.“ Ich laufe mit den Fotos nach oben. Mein Sohn meckert, überlegt, läuft mir hinterher. Als wir am Tisch sitzen und basteln, sagt er „Heute keine Muffins, ich wollte heute keine Muffins“. Ich „die sind für Papa“. Er „Papa darf heute keine Muffins essen. Ich mach sie kaputt“. Ich „Nein, wir machen Lebensmittel nicht kaputt. Sollen wir sie zum Abkühlen auf die Terasse rausstellen?“ Er überlegt. „Ja, bis morgen rausstellen.“ Ich „willst du morgen einen essen?“ Er „Nein“ überlegt. „Ich will nächstes Jahr einen essen“ Ist einen Moment still, dann „Geht das?“ Ich „wir können einen Muffin für dich einfrieren, dann geht das vielleicht“. Er „ok, das machen“. Fragen: Mein Mann sagt, unser Sohn will mit seinem Verhalten und dem Schreien über uns bestimmen und kontrollieren, was wir tun. Ich glaube hingegen, dass er meistens nicht anders kann, weil ihn seine Gefühle übermahnen und er mit der Wut nicht anders umgehen kann. Aber manchmal wie bei den Muffins, verstehe ich es auch nicht so ganz. Was stimmt denn nun? Könnte er mit 4 seine Gefühle schon so weit kontrollieren, dass er bewusst entscheidet, ich schreie jetzt, bis ich es xy bekomme? Wie sollen wir reagieren? Was wäre richtig, Grenzen setzten oder Bedürfnisse erfüllen? Ist das die berühmte Wut- und Trotzphase? Wann wird das besser? Danke und beste Grüße
Guten Tag, aus der Distanz betrachtet scheint die Einschätzung Ihres Mannes richtig. Ihr Sohn kämpft - ganz alterstypisch - mit Ihnen um Macht und Grenzen. Er hat noch wenig Frustrationstoleranz entwickeln konnen - auch ganz altersgerecht. Daher gerät er in heftige Wut, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Das sehen Sie sicher richtig. Er wird aber nicht lernen, mit Frustrationen besser umzugehen, wenn er immer seinen Willen bekommt. Für Ihren Sohn ist es sehr wichtig, dass er Sie als starke Eltern erleben kann. Er sollte erfahren, dass Sie seine Wutanfälle aushalten können, wie Sie ihm das bereits vermitteln. Er braucht aber auch die Orientierung, dass Sie die Grenzen setzen und bestimmen, was bei Ihnen zu Hause passiert. In Ihrem ersten Beispiel hätte Ihr Mann also mit dem Schlitten zum Auto umkehren können, denn Ihrem Sohn ging es ja gar nicht mehr ums Rodeln. Ihr zweites Beispiel zeigt gut, wie Sie mit der Frustration Ihres Sohnes umgehen könnten. Für ihn wäre es wichtig gewesen, dass Sie ihn in seiner Frustration begleiten und trösten, weil er das Paket nicht öffnen konnte (Schade, das war ja blöd jetzt für dich. Nächstes Mal achtest du mit drauf, dass...). Wenig hilfreich ist es, wenn Sie versuchen, eine Handlung rückgängig zu machen (wieder Zukleben), die schon stattgefunden hat. Das verleitet Ihren Sohn zu der Annahme, dass er sich durch heftige Willensäußerungen die Realität zurechtbiegen kann. In Ihrem dritten Beispiel hat Ihr Mann deutlich die Grenze gesetzt. Die Versuche Ihres Sohnes, den Konflikt immer wieder zu beleben, dürfen Sie ruhig ignorieren. Muffins sind dann einfach kein Thema mehr. Ihr Sohn benötigt die Sicherheit, dass Sie seine körperlichen Angriffe deutlich unterbinden. Er muss ja sonst unbewusst fürchten, dass Sie ihn dafür strafen. Um der Strafangst zu entgehen, könnte er sich noch mehr "aufbauen", um seine Macht zu demonstrieren. Das kann zu einem ungünstigen Kreislauf werden. Ihr Sohn kann seine Gefühle noch nicht bewusst kontrollieren und das Schreien gezielt einsetzen. Er hat aber gelernt,dass sein Schreien bei Ihnen die Reaktionen auslöst, die ihm erlauben, seinen Willen durchzusetzen. Ihr Sohn ist nicht mehr in der klassischen Trotzphase, die mit ca. zwei Jahren entwicklungsgerecht ist. Machtkämpfe um Grenzen begleiten die gesamte Entwicklung und sind gerade im Alter Ihres Sohnes typisch. Sie werden für diese Entwicklungsphase aufhören oder sich reduzieren, wenn Ihr Sohn gelernt hat, sich anzupassen und Ihre Vorgaben zu akzeptieren. Das sind die nötigen Erfahrungen, die ihm in der Entwicklung weiterhelfen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
Ähnliche Fragen
Liebe Frau Henkes, seit einigen Wochen ist mein 9Jähriger Sohn wie ausgewechselt. Wir haben regelmäßig Diskussionen, er ist außerordentlich frech und widerspricht in vielen Situationen grundsätzlich. Gestern war wieder so eine Situation. Er sollte seine Sachen zusammenpacken, weil er bald zum Tennistraining los musste. Er weigerte sich, ich ...
Guten Tag, unser Sohn ist 10 Monate alt und hat seit Kurzem schon ganz viele Wutanfälle. Ich kenn das nur von Kleinkindern bis jetzt und weiß nicht wirklich, wie ich damit umgehen soll, damit er nicht so oft so verärgert und traurig sein muss. Also ich weiß schon: liebevolles Begleiten, Erklären warum was nicht möglich ist jetzt, Alternative ...
Hallo Frau henkes, Unser Sohn, 1 klasse hat in der letzten Zeit eine extrem niedrige Frustrationstoleranz. Bei Kleinigkeiten geht er hoch, weint, schimpft aber auch sehr unangemessen mit uns mit den neuesten aufgeschbappten svhimpfwörtern. Er versucht seit Schuleintritt immer cool zu sein und kässt auch gar nichts mehr sagen, bzw in manchen Ph ...
Hallo Frau Henkes, es geht um meine 3 jährige Tochter, die sich gerade in einer sehr schwierigen Phase befindet. Sie ist im Dezember große Schwester geworden. Die ersten Wochen war sie sehr eifersüchtig und wollte ihre kleinen Schwester nicht so richtig akzeptieren. Sie wusste, dass wir ein Baby haben, aber sie wollte sich nicht mit uns um es k ...
Sehr geehrte Frau Henkers Mein Name ist Mario und ich lebe mit meiner Frau und meinen zwei Söhnen in Griechenland. Unser älterer Sohn wird im Februar 5 Jahre alt und unser jüngerer Sohn wird im Januar 3 Jahre alt. Wir sind eine multikulturelle Familie. Ich selber bin Deutsch - Grieche und meine Frau kommt aus den Philippinen. Deshalb wachsen un ...
Hallo Frau Henkes, Ich mache mir Sorgen um die Entwicklung meines 5 Jährigen Sohnes. Er ist an sich ein sehr aufgeschlossenes und Energie geladenes Kind. Gleichzeitig sensibel und feinfühlig. Auffällig ist, dass er versucht alle zu umschmeicheln mit Liebesbekundungen, so als würde er Angst haben, dass er sonst nicht gemocht werden würde. Seit J ...
Guten Tag Frau Henkes, Ich bin etwas verzweifelt wegen dem Verhalten von meinem Sohn (5,5 Jahre). Seit ein paar Wochen hat er im Kindergarten richtige Wutanfälle. Meistens wenn ihn ein anderes Kind schubst oder haut. Dann rennt er weg und wirft Sachen auf den Boden. Er ist in einem Waldkindergarten und letztes Mal ist er wohl ca. 200 Meter wegg ...
Liebe frau Henkes, Sie geben sehr wertvolle Rückmeldungen. Auf diesem Wege danke ich Ihnen für ihre tolle Arbeit hier im Forum! Unsere Tochter, 5 Jahre, war immer schon ein sehr gefühlsstarkes, autonomes Kind. Immer wieder hat sie wütende Perioden, in denen sie IMMER Zuhause haute, biss, Sachen umwarf etc. Diese Perioden gingen aber immer wi ...
Guten Tag, mein Sohn ist vor kurzem 4 Jahre alt geworden, geht seit einem Jahr in den Kindergarten und hat eine 10 Monate alte Schwester. Er hat immer schon sehr an Gewohnheiten festgehalten und hatte immer schon regelmäßig Wutanfälle, aber in letzter Zeit ist es besonders schlimm. Er möchte, dass ich immer alles gleich mache. Mit ihm gleic ...
Hallo, Meine Tochter hat seit ca. 3 Wochen immer mal wieder Wutanfälle. Erst einmal muss ich sie ca. 20 mal auffordern etwas zu tun, zum Beispiel die Schuhe anziehen. Wenn wir vom Kindergarten nach Hause laufen, bleibt sie auf halber Strecke stehen und läuft wieder zurück. Nach mehrmaligem auffordern nehme ich sie auf den Arm. Sie wehrt sich u ...
Die letzten 10 Beiträge
- Angst vor Krippe nach mehrfachem gebissen werden
- Thema Sterben
- extreme Schüchternheit
- Kleinkind bleibt nicht bei Oma
- Baby 4 Monate weint bei älterem Bruder
- Trennungssituation Kita
- Altersgerechter Umgang mit Provokationen (33 Monate)
- Angstanfälle
- 2,5 jährige Wutanfälle/Schreikrampf
- Kind (2 Jahre) schimpft mit sich selbst