Misimiro
Sehr geehrte Frau Henkers Mein Name ist Mario und ich lebe mit meiner Frau und meinen zwei Söhnen in Griechenland. Unser älterer Sohn wird im Februar 5 Jahre alt und unser jüngerer Sohn wird im Januar 3 Jahre alt. Wir sind eine multikulturelle Familie. Ich selber bin Deutsch - Grieche und meine Frau kommt aus den Philippinen. Deshalb wachsen unsere Kinder auch 3 Sprachig auf. Seit etwa 3 Wochen haben wir große Schwierigkeiten mit unserem jüngeren Sohn. Nach einer Magendarm Grippe und zwei kurzen Krankenhausaufenthalten, hat diese Situation begonnen. Dabei muss ich sagen, dass der erste Krankenhausaufenthalt ohne Probleme verlaufen ist, jedoch beim zweiten hatte er Schmerzen und hat sehr viel geweint. Nun aber zur Situation, er hat immer wieder sehr extreme Wutanfälle. Z.B. hatte er seinen ersten Wutanfall ein paar Tage nach dem er wieder gesund war. Seine Mutter und ich haben ihn und seinen Bruder von der Spielgruppe abgeholt. Auf dem Nachhauseweg musste ich kurz mit seinem Bruder von einem anderen Weg gehen. Dabei wurde er wütend. Wir erklärten ihm zwar, dass der Papi und sein Bruder kurz etwas abholen müssen, doch dass wir uns nach kurzer Zeit zu Hause treffen werden. Als ich dann später zu Hause ankam, war meine Frau noch nicht da und kurz darauf bekam ich einen Anruf, dass er (unser Sohn) völlig wild um sich schlägt, krazt, beißt, fürchterlich brüllt und meine Frau ihn nicht nach Hause bringen kann. Diese Situation hielt etwas mehr als eine Stunde an. Er beruhigte sich auch nicht, als seine Großeltern mit dem Auto ankamen, um meiner Frau zu helfen, ihn nach Hause zu bringen. So etwas ähnliches geschah noch ein mal nach einem Museumsbesuch, weil er nicht nach Hause gehen wollte. Aber noch schlimmer ist es, dass er jede Nacht zwei mal aufwacht und solche Wutanfälle hat. Er brüllt, schlägt und tritt um sich, krazt sich selber, rupft an seinen Haaren und beißt. Das heißt, er beißt, tritt und krazt auch uns, wenn wir auf verschiedene Weise versuchen ihn zu beruhigen. Es ist sehr schlimm, weil wir alle als Familie unter diesem Verhalten leiden. Wir haben keinen Schlaf, auch sein Bruder wacht manchmal durch das gebrüll auf. Wir befinden uns in einer Stressituation, weil wir auch Angst davor haben, dass das nicht nochmal draußen Tagsüber passiert. Wir waren auch schon mit ihm im Krankenhaus, in der Kinder und Jugendpsychiatrischen Abteilung, aber selbst dort konnten sie uns nicht wirklich weiterhelfen und wollten uns Medikamente verschreiben, was ich nicht für eine gute Idee halte. Es tut mir leid, dass ich so viel geschrieben habe, aber ich versuche die Situation so gut wie möglich zu beschreiben, damit Sie sich ein Bild machen können. Ich Danke Ihnen im Vorraus für jegliche Ratschläge die Sie uns geben können. Liebe Grüße Mario
Guten Tag, aus der Distanz kann ich die Gründe für die plötzlich auftretenden Wutanfälle Ihres Sohnes kaum einschätzen. Da eine zeitliche Nähe zu dem - sicherlich belastenden - Krankenhausaufenthalt besteht, wäre es naheliegend hier einen Zusammenhang zu vermuten. Ihr Sohn war starken Schmerzen und damit sicherlich auch Ängsten ausgeliefert. War er im Krankenhaus von einem der Eltern begleitet? Eine solche Situation kann bei einem Dreijährigen heftige Wut auslösen. Diese tritt oft erst dann auf, wenn die problematische Situation beendet ist. Daher könnte die Wut jetzt Sie als Eltern treffen, weil er vor Ihnen keine Angst hat wie vor dem Personal im Krankenhaus. Auch kann das Gefühl des Ausgeliefertseins dazu führen, dass Ihr Sohn jetzt im familiären Rahmen bestimmen möchte, um dieses schreckliche Gefühl nicht mehr erleben zu müssen. Daher wird er so wütend, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Dies ist zudem ein ganz normaler Teil der Trotzphase. Sie ist bei Ihrem Sohn möglicherweise durch seine Vorerfahrungen besonders intensiv. Es mag auch eine Rolle spielen, dass er der Jüngste in der Familie ist, der sich vielleicht nicht genügend beachtet fühlt. Ein Dreijähriger hat noch keine Frustrationstoleranz und ist seinen schwierigen und belastenden Gefühlen hilflos ausgeliefert. Die Entwicklung von Frustrationstoleranz muss er mit Ihrer Hilfe erst lernen. Daher ist es für Ihren Sohn sehr wichtig, dass Sie ihn trösten und beruhigen, weil er so schreckliche Gefühle haben muss, die ihn überwältigen. Er braucht zudem die Sicherheit, dass Sie ihn mit diesen schlimmen Gefühlen aushalten und ihm helfen, sich zu beruhigen. Sie können einen Dreijährigen so halten, dass er weder sich noch noch andere verletzen kann. Es ist wichtig, dass Sie ihn sozusagen vor sich selbst beschützen. Das gibt ihm Halt und Orientierung. Möglicherweise hat er sich im Krankenhaus nicht von Ihnen geschützt gefühlt, weil Sie ihm die Schmerzen nicht ersparen konnten. Ein Dreijähriger kann noch kein Verständnis dafür haben, dass das in manchen Situationen nicht möglich ist. Sprechen Sie mit ihrem Sohn darüber, auch wenn er manches noch nicht verstehen kann. Erklären Sie ihm, dass Sie wissen, wie schlimm das für ihn war, dass es jetzt aber vorbei und er wieder gesund ist. Sie können versuchen, ihm in beruhigtem Zustand zu erklären, was er machen kann, um nicht so wütend werden zu müssen. So kann Ihr Sohn allmählich lernen, Frustrationstoleranz zu entwickeln. Das kann mit Medikamenten nicht gelingen. Mir erscheint es auch wichtig, dass Sie sich von der Sorge frei machen, ein solcher Vorfall könne nochmal draußen passieren. Es geht hier nur um Ihren Sohn und Ihre Interaktion mit ihm. Was andere Leute dazu meinen, darf Ihnen herzlich egal sein. Ohnehin kennen Eltern solche Situationen selber. Ihr Sohn wird Ihren Stress spüren. Das könnte eine Eskalation begünstigen. Wenn Sie (möglichst) gelassen bleiben (dann passiert es eben nochmal, ist nicht ungewöhnlich in der Trotzphase, wir werden das schon schaffen), kann Ihr Sohn erleben, dass Sie mit der Situation angstfrei umgehen. Auch dies verschafft ihm Sicherheit, die er braucht. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
Misimiro
Vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort und Ihre guten Ratschläge. Ich werde mir alles von Ihnen Vorgeschlagene zu Herzen nehmen. Leider gibt es hier in meiner Stadt kaum kompetente Kinderpsychologen und man wird sofort an Kinderpsychiater verwiesen. Deshalb war Ihre Nachricht für mich sehr hilfreich und erleichternd, damit ich mit solchen Situationen besser umgehen kann. Mit freundlichen Grüßen und meinen besten Wünschen Mario
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