Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Wutanfälle

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Wutanfälle

Lisa0909

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Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, Ich habe mich schon einmal bezüglich der Wutanfälle meines 2 Jahre und 8 Monate alten Sohnes an Sie gewendet. Diese Wutanfälle werden gefühlt immer heftiger. Ich schaffe es meist ruhig empathisch und einfühlsam zu sein. Leider nicht immer. Ich habe auch noch eine 15 Monate alte Tochter die nun immer öfter von meinem Sohn während dieser Anfälle angegriffen wird. Ich weiß nicht wie ich mit allem umgehen soll. Ich habe sehr viel gelesen und weiß theoretisch was zu tun ist, aber in der Praxis schaffe ich es nicht immer diesem Stand zu halten. Während seiner Wutanfälle macht er hier alles kaputt. Aber das Schlimmste er haut mit seinem Kopf auf den Boden sobald ich ihn daran hindere Dinge kaputt zumachen. In den Ratgebern steht, dass man die Kinder wütend lassen soll, dass diese sich selbst nie so schwer verletzen würden. Aber ich kann mir doch nicht mit anschauen wie er seinen Kopf auf den Boden knallt?! Oder doch ? Obwohl ich recht schnell eingegriffen habe hat er bereits ein kleines Hörnchen. Ich muss zugeben, dass ich es in diesen Situationen nicht schaffe ruhig zu bleiben. Ich greife ein und im ersten Schreck schimpfe ich auch. Ich weiß, dass das falsch ist aber ich weiß andererseits nicht wie ich diese Situationen auflösen kann. Ein Schnuller würde ihn beruhigen. Davon habe ich bisher abgesehen.Haben Sie einen Rat für mich? Mfg,Lisa


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Hallo, ich finde Ihre Frage ist ein gutes Beispiel für den Unterschied von Theorie und Praxis. In der Praxis sind wir als emotionale Menschen dabei mit all dem, was wir aus unserer Geschichte mitbringen. Das lässt sich nicht vermeiden und ich glaube sogar, dass das einen Teil der besonderen Beziehung ausmacht. Theorien, auch die besten, sind für mich Richtungen/Ideale, aber auch die Richtigsten werden erst lebendig durch die handelnde Person. Um es ganz drastisch auszudrücken glaube ich, eine ehrlich verzweifelt schreiende Mutter ist verstehbarer als eine äußerlich beherrschte, aber innerlich wütende und brodelnde M..(Bitte nicht als Vorschlag verstehen) Das Kind möchte ja unbedingt "Wirkung" erzielen. Eltern und Kinder müssen sich kennenlernen, die Grenzen und Möglichkeiten voneinander erkennen und damit leben lernen. Zur konkreten Situation: Solche Situationen bedeuten das Austesten was geht und wenn "nötig", schlagen sich die Kinder selbst, um Wirkung zu erzielen. Das ist eine sehr emotionalisierte Situation und auf die reagiert man nach seinem eigenen Naturell. Was ist wichtig? Dass ihr Kind lernt, wo die Grenzen sind, vor allem, dass es die Schwester nicht verletzen darf. Dass es wütend sein darf und deshalb weder abgewertet noch gekränkt wird. Dass Sie für ihn da sind, aber auch Ihre Grenzen haben und bestimmte Handlungen nicht dulden (und diese Grenzen setzen Sie!). Wie das dann konkret abläuft ist immer wieder und zwischen den Familien verschieden und da kann die Theorie nur einen groben Rahmen liefern. Wenn Sie das so gut machen wie Sie können, gibt es keinen Grund für ein schlechtes Gewissen. Das zeigt sich ja oft, wenn wir es besser gekonnt hätten (und können dann daraus lernen). Für die Kinder ist das eine schwierige Zeit (s.a. den Text zum Trotz). Sie wollen sich zeigen und bekommen, aus ihrer Sicht, nur Grenzen gesetzt. Mal diese Perspektive einzunehmen hilft auch ein bißchen. Ich wünsche Ihnen ausreichend Geduld und Zuversicht für diese Phase. Dr.Ludger Nohr


frau_e_2017

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Mein Sohn fängt auch bei Wutanfällen an, Dinge kaputt zu machen. Ich lass ihn aber nicht allein wüten oder schicke ihn ins Zimmer - ich glaub da wär schon einiges kaputt im Haus. Ich nehm ihn in den Arm und "begleite" ihn, ansonsten verliert er sich vollkommen in seiner Wut. Es mag bei manchen Kindern funktionieren, dass sie sich alleine beruhigen, bei uns aber sicher nicht.


Lisa0909

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@frau_e_2017: Ich habe auch des Öfteren versucht ihn während des Wutanfalls festzuhalten. Meistens reagiert er darauf aber nicht gut. Wehrt sich schmeißt sich hin und her und schlägt nach seiner kleinen Schwester die voller Angst auf meinem Schoß sitzt. Interessanterweise beruhigt er sich schon nach einer Zeit alleine. Lenkt sich Spielsachen ab und kommt dann kuscheln. Dies kann aber eine Zeit dauern und bis dahin läge hier alles in Schutt und Asche wenn ich nicht eingreifen würde.:( Alleine lasse ich ihn auch nie bei einem Wutanfall. Als er noch nichts kaputt gemacht hat saß ich immer neben ihm auf dem Boden und habe ihm immer wieder meine Arme angeboten. Diese Situation sind so heftig, dass ich am ganzen Körper zittere Und leider schon auch ab und an, wahrscheinlich einfach nur in der Hoffnung dass dies endlich endet. Wohl wissend dass es falsch ist… Anschließend habe ich auch immer ein extrem schlechtes Gewissen.


Lisa0909

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* ich meine geschimpft


Schnecki2014

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Also ich finde, du brauchst kein schlechtes Gewissen haben, wenn du deinen Sohn mal anschreist. Mein Sohn ist schon fast 4 und hat erst seit ca 1 Jahr diese Wutanfälle. Sie werden aber gefühlt immer schlimmer. Und ich schreie auch. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, das ist das einzige, das ihn da rausholt. Ich schreie, er fängt an zu weinen und die Situation löst sich auf. Ist nicht ideal, das ist mir schon klar und ich verwende das Schreien auch nicht als System. Ich will nur sagen, auch Mütter sind Menschen und können nicht immer ruhig, überlegen und pädagogisch wertvoll reagieren.


Lisa0909

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Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, ich bedanke mich herzlich für Ihre aufbauende Antwort und ebenso für Ihre tolle Arbeit in diesem Forum! Mit freundlichen Grüßen , Lisa


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